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Hakan Lans

STDMA-Datenlink

Preiskategorie
KMU/Forschung
Technisches Gebiet
Elektrische Maschinen und Geräte, Energie
Firma
-
Hakan Lans, ein 60-jähriger Schwede mit buschigem Schnauzbart und einem Kopf voller Ideen, kann auf eine lange Liste prominenter Erfindungen verweisen. Abgesehen von der Entwicklung einer frühen Computer-Maus und von Farbgrafiken für den Computer, hat Lans die See- und Luftfahrtindustrie durch die Erfindung des STDMA-Datenlinks revolutioniert. Diese Erfindung ist gegenüber der Radartechnik ein großer Sprung nach vorn mit neuen hochgradigen Genauigkeiten - und einem unermesslich höheren Grad an Sicherheit.

Ein himmelweiter Unterschied in punkto Genauigkeit

Ein Blick hinauf zum Himmel scheint ein Blick in offene und unendliche Weiten zu sein. Aber der Luftraum über modernen Flughäfen ist oft genauso verstopft wie eine Stadtautobahn.

Als unermüdlicher Freizeitpilot mit mehrmotorigen Flugzeugen kennt Hakan Lans das Problem der Flugverkehrskontrolle nur zu gut. Als Lans 1981 erstmals über das US-amerikanische Globalpositionssystem GPS las, liefen seine Gedanken auf Hochtouren und führten ihn zu der Ansicht, dass die vom GPS an ein Flugzeug übermittelbare Information über dessen exakte dreidimensionale Position mit anderen Piloten am Himmel geteilt werden sollte.

Wenn diese Übertragung im Sekundentakt wiederholt und auf einem Bildschirm im Cockpit angezeigt würde, so Lans' Schlussfolgerung, könnten Piloten nicht nur die Position ihrer eigenen Flugzeuge und der in ihrer Umgebung befindlichen Flugzeuge erkennen, sondern auch Rufzeichen, geplante Flugstrecken und Geschwindigkeiten anderer Objekte. Die Flugverkehrskontrolle würde natürlich über die gleiche Anzeige verfügen, so dass Flugzeuge mit zielgenauer Präzision durch die stark genutzten Lufträume der Welt gesteuert werden könnten.

Lans erkannte, dass dazu nichts weiter nötig war als eine Vorrichtung zur ständigen Verteilung der Informationen zwischen den verschiedenen Empfängern und ging somit unverzüglich an die Arbeit, die letztlich in den STDMA-Datenlink mündete - seine Erfindung, die einen Meilenstein darstellt.

Genauer als Radar

Zur STDMA-Erfolgsgeschichte gehört ein recht umfangreiches Vorspiel in Form von praktischer Erfahrung, harter Arbeit und einer großen Menge Geld. Lans hat fast 40 Jahre Erfahrung in der wissenschaftlichen Forschung in verschiedenen Funktionen am Schwedischen Verteidigungsinstitut und an der Universität Stockholm und brauchte für die Entwicklung, Erprobung und Demonstration des STDMA-Datenlinks etwa 15 Jahre sowie Risikokapital in einem Wert von zirka 25 Mio USD, bevor das Patent 1997 schließlich veröffentlicht wurde.

Durch Nutzung des GPS-Systems ist STDMA heute fester Bestandteil von zwei Weltstandards der Verkehrssicherung: VDL Mode 4 für den Luftverkehr, weltweit normiert durch die Internationale Zivilluftfahrtorganisation, und AIS-System, ein vorgeschriebener Weltstandard für die Seeschifffahrt. In punkto Genauigkeit und Zuverlässigkeit stellen diese Systeme einen Quantensprung gegenüber dem Radar dar, dem traditionell für die Schiffs- und Luftverkehrskontrolle eingesetzten Verfahren.

Radar hat nicht nur hohe Einrichtungskosten, sondern auch eine begrenzte Genauigkeit. Wenn zwei Flugzeuge in unbehagliche Nähe zueinander kommen, können ihre Signale kollidieren. Das bedeutet, dass die Flughäfen den Luftverkehr mit großen Sicherheitsabständen führen müssen, was natürlich zur Ausbremsung von Flugzeugen und zu Verspätungen führt, die Jahr für Jahr Milliarden Euro kosten. Allein in Europa werden diese Kosten auf jährlich 4 bis 6 Mrd EUR geschätzt.

Hier bietet der STDMA-Datenlink ein enormes Verbesserungspotential und der wichtigste Punkt ist die Genauigkeit. Satelliten bestimmen Positionen auf 0,5 bis 10 Meter genau und Radar kann da einfach nicht mithalten.

Präzision ist aber nicht der einzige Vorzug, den Lans' System gegenüber dem Radar aufweist. Während ein Radarsystem die Position anzeigt, die ein Flugzeug 10 Sekunden zuvor eingenommen hat, kann das erheblich kostengünstigere satellitenbasierte System nicht nur die aktuelle Position des Flugzeuges anzeigen, sondern auch die beabsichtigte Flugrichtung. Der STDMA-Datenlink von Lans kann bis zu 9.000 mobile Objekte in einem Verkehrssystem verwalten, das ist über fünf Mal so viel wie jedes andere System verarbeiten kann. Damit ist der STDMA-Datenlink auf die Zukunft des Luftverkehrs vorbereitet, der Prognosen zufolge weiter zunehmen wird.

Es gibt aber noch mehr: Da alle Piloten sehen, wo sie sich selbst und wo sich die anderen Flugzeuge befinden, können sie im Fall einer unmittelbar drohenden Midair-Kollision schnell und eigenständig reagieren. Mit anderen Worten: Piloten fliegen nicht mehr blind und hängen nicht mehr von den Funksprüchen der Luftverkehrskontrolle ab.

Ein Meilenstein in der Luft und zu Wasser

Experten sehen diesen Datenlink als eine der wichtigsten Erfindungen an, die jemals im Bereich der Seeschifffahrt und des Luftverkehrs gemacht wurden, und es kann nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Technik in allen Flugzeugen realisiert ist.

Die Europäische Kommission hat ca. 200 Mio EUR zur Förderung des Systems aufgewendet und große Unternehmen und Airlines - wie Lufthansa, Alitalia und SAS - haben es in über 150.000 Flugstunden getestet. In Russland, wo eine relativ überalterte Radartechnik eingesetzt wird, hat man sich für den kompletten Umstieg auf das System mit Lans' Datenlink entschieden.

Im Bereich der Seefahrt ist das AIS-System, welches den STDMA-Datenlink verwendet, bereits verbindlicher Weltstandard geworden. Aufgrund terroristischer Drohungen hat das US-Ministerium für Innere Sicherheit vorgeschrieben, dass alle größeren Schiffe, die US-amerikanische Häfen anlaufen, die AIS-Technik verwenden. Damit kennen die Verantwortlichen in den Häfen jederzeit die Fracht, die Position, den Zielhafen und die Geschwindigkeit der Schiffe.

Als unermüdlicher Erfinder arbeitet Lans bereits an einem neuen Projekt, aber er spricht nur zurückhaltend über Einzelheiten seiner Pläne - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Hier stellt sich die Frage, ob wir nicht den Himmel befragen sollten, um näheres über Art und Wesen seiner nächsten potentiellen Entdeckung in Erfahrung zu bringen.

Funktionsweise

Die beiden großen Navigationssysteme, in denen der STDMA-Datenlink verwendet wird, basieren auf dem gleichen Prinzip: Da die Position von GNSS-Satelliten (GPS, GLONAAS, Galileo) in Bezug zum Erdmittelpunkt jederzeit bekannt ist, lässt sich die dreidimensionale Position (Breite, Länge und Höhe) eines beweglichen Objekts, z. B. eines Flugzeugs, mit Hilfe von vier GPS-Satelliten und einfacher Trigonometrie exakt berechnen. Diese Information wird anschließend über Funkwellen, GNSS-Empfänger und Lans' STDMA-Patent an alle Teilnehmer des Verkehrssystems - hauptsächlich Flugzeuge und Luftverkehrskontrolle - übertragen.

Da die Flugzeuge sich mitunter mit unglaublich hohen Geschwindigkeiten fortbewegen, müssen für den Informationsaustausch die Mitteilungen über die gleichen Funkfrequenzen häufig wiederholt werden. Der STDMA-Datenlink, ein Computer-Algorithmus, löst dieses Problem dadurch, dass sehr kurze gebündelte Datenübertragungen (so genannte Bursts) einer Vielzahl von Stationen zeitlich so organisiert werden, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt immer nur eines der Objekte überträgt. Der Algorithmus ist selbstorganisierend, das heißt, es sind keine Steuerfunktionen notwendig. Auf diesem Wege werden detaillierte Informationen der mobilen Objekte - wie Rufzeichen, Höhe, Kurs und Fluggeschwindigkeit über Grund des Flugzeugs - in regelmäßigen Zeitabständen bis hin zum Bruchteil einer Sekunde übertragen.

In dem System hat jeder Teilnehmer in Echtzeit Zugriff auf die gleichen Daten über ähnliche Grafikanzeigen, was die Situationseinschätzung und Flexibilität stark verbessert, da die Piloten in die Lage versetzt werden, zu jedem Zeitpunkt genau zu sehen, wo sie sich im Moment im Verhältnis zu anderen Flugzeugen und in welcher Höhe über dem Boden befinden.

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