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Tue Johannessen, Ulrich Quaade

Ammonia storage to reduce NOx

Preiskategorie
Kleine und mittlere Unternehmen
Technisches Gebiet
Verfahrenstechnik
Firma
Amminex AS
Ein Team dänischer Forscher hat eine Methode entwickelt, Ammoniak durch Bindung an ein in Form gepresstes Metallsalz als Feststoff zu speichern. Die Innovation eröffnet neue Möglichkeiten für eine Nutzung der energiereichen Chemikalie als sichere Wasserstoffquelle für Brennstoffzellen und Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb. Außerdem kann sie in Systeme integriert werden, die satte 99 % der Stickoxide aus Dieselabgasen herausfiltern.

Gewinner des Europäischen Erfinderpreis 2016

Ammoniak ist eine Art unbequemer Superheld. Es kann Gutes bewirken, ist aber schwer zu bändigen. Ammoniakgas, das stetig in die Abgasanlage eines Dieselmotors geleitet wird, spaltet die potenziell schädlichen Stickoxide (NO und NO2, Sammelbezeichnung NOx) in harmlosen Wasserdampf und Stickstoff. Die Lagerung des giftigen und ätzenden Ammoniaks ist jedoch sperrig (in Gasform), teuer (in flüssiger Form) oder sogar beides (als gefrorener Feststoff).

Eine kompakte und praktische Lagerung von Ammoniak erschien lange Zeit unwahrscheinlich. Doch dann steckte ein Team dänischer Wissenschaftler unter der Leitung von Johannessen und Quaade die Köpfe zusammen und entwickelte einen völlig neuen Lösungsansatz. Sie fanden heraus, dass bestimmte Metallsalze, z. B. Strontiumchlorid, Ammoniak wie ein Schwamm aufsaugen. So passt ein 100 g schwerer Würfel dieses Feststoffs, der bis zu 50 g festes Ammoniak enthält, in eine Handfläche, während die gleiche Menge in gasförmigem Zustand ein Volumen von 60 l hätte.

Gesellschaftlicher Nutzen

Johannessen, Quaade und ihre Kollegen, darunter Claus Hviid Christensen, Jens Kehlet Nørskov und Rasmus Zink Sørensen, haben ein Unternehmen gegründet, um gegen Verschmutzung vorzugehen. Die möglichen Einsatzbereiche des festen Ammoniaks mit dem Markennamen AdAmmine sind vielfältig. Beispielsweise könnte es als Wasserstoffspeicher dienen. Der Wasserstoff, der dann freigesetzt wird, könnte als Treibstoff für einen Verbrennungsmotor oder auch für eine Brennstoffzelle eingesetzt werden. Zurzeit ist die häufigste Verwendung von AdAmmine jedoch die Neutralisierung von Stickoxidemissionen bei Dieselmotoren. Diese werden um 99 % reduziert - ein Wert, der konkurrierende Verfahren weit übertrifft.

Die Erfindung des Teams läutet eine neue Ära ein. Gängige Abgasreiniger auf Harnstoffbasis wirken erst bei Temperaturen über 200 °C. Auf Langstrecken ist das kein Problem, weil die Motoren dann die nötige Aufwärmzeit haben. Auf Kurzstrecken bei Fahrten innerorts werden solche Temperaturen jedoch selten erreicht. Mit AdAmmine beginnen die Systeme bereits ab einem Fünftel der Zeit mit der Stickoxidneutralisierung. Wenn die Technologie zum Industriestandard für die Abgasreinigung wird, kann sie die Luft in Städten und in deren Umgebung sauberer und gesünder machen.

Wirtschaftlicher Nutzen

Der Nutzen, den die Verringerung von Schadstoffen in der Luft mit sich bringt, lässt sich finanziell nur schwer bewerten. Laut einem Bericht des französischen Senats kosten die Folgen der Luftverschmutzung (nicht nur aus Autos) das Land jährlich etwa 100 Mrd. EUR, wobei Gesundheitsausgaben den größten Posten ausmachen. Die Reduzierung von durch Dieselmotoren verursachtem Smog mithilfe von Technologien wie AdAmmine würde die durch Schadstoffemissionen bedingten Kosten senken, da rund 44 % der Stickoxidbelastung auf den Verkehr entfallen.

Der Einfluss von AdAmmine auf dem Automobilmarkt lässt sich leichter bemessen. Amminex hatte bereits vier erfolgreiche Investmentrunden und soll über Eigenkapital in Höhe von 5,1 Mio. EUR verfügen. Da der Jahresumsatz von etwa 4,3 Mio. EUR reinvestiert wird, verzeichnet Amminex noch keinen Gewinn. Das Unternehmen hat sich jedoch große Ziele gesetzt. Es will eine Alternative anbieten, die die aktuellen AdBlue-Systeme zur Abgasreinigung bei Dieselmotoren ersetzt, deren Zahl sich bis 2025 in Europa voraussichtlich verdreifachen wird

Funktionsweise

Das Team aus Dänemark hat nicht nur die Abgasreinigungssysteme entwickelt, die entweder standardmäßig oder nachträglich in Dieselfahrzeuge eingebaut werden können, sondern außerdem einen Herstellungsprozess für die kleinen Würfel aus Metallsalz zur Ammoniakspeicherung entwickelt.

Zur Herstellung dieser Würfel wird flüssiges Ammoniak mit Strontiumchlorid oder einem anderen Metallsalz in Verbindung gebracht. Dabei werden Druck und Temperatur kontrolliert, um die Effizienz der Absorption zu optimieren. Die Salzkristalle absorbieren das Ammoniak, sie dehnen sich aus und werden zu einem feinen Pulver. Im patentierten Amminex-Prozess wird dieses Pulver zu einem kompakten Würfel gepresst, der gegenüber dem Pulver ein Vielfaches der Ammoniakmenge pro Volumeneinheit enthält.

Das Team hat festgestellt: Auch nach dieser Komprimierung setzt das Metallsalz bei Erhitzung kontrolliert Ammoniak frei. Sobald die ersten Ammoniakmoleküle in den äußeren Bereichen des Würfels freigesetzt werden, bauen sie ein Netz aus Kanälen und Löchern auf, durch die auch das Ammoniak aus dem Inneren des Würfels nach außen gelangt.

Die Erfinder

Tue Johannessen wurde am 14. November 1971 geboren. Er promovierte 1998 an der DTU (Dänemarks Technische Universität) in Chemieingenieurwesen und arbeitete dort anschließend als außerordentlicher Professor. Sein Kollege Ulrich Quaade war ebenfalls außerordentlicher Professor an Dänemarks Technischer Universität (DTU) als die beiden mit Christensen und Nørskov ein gemeinsames Forschungsprojekt auslagerten und das Spin-off-Unternehmen Amminex gründeten. Quaade wurde am 27. Mai 1969 geboren. Er erlangte seinen Doktortitel in Physik 1995 an der Süddänischen Universität (SDU). Claus Hviid Christensen wurde am 31. Dezember 1968 geboren und machte einen Masterabschluss in Chemie an der Universität Kopenhagen. Jens Kehlet Nørskov wurde am 21. September 1952 geboren. Er hat einen Doktortitel in theoretischer Physik von der Universität Aarhus in Dänemark.

Wussten Sie das?

Johannessen, Quaade und ihre Kollegen haben sowohl den Produkt- als auch den Firmennamen vom Wort Ammoniak abgeleitet. Amminsalze (oder Metallamminkomplexe) sind Verbindungen aus einem Metall und Ammoniak. Sie dienen nicht nur als Speichermaterial für Ammoniak, sondern können auch in vielen anderen Bereichen angewandt werden, z. B. in Krebsmedikamenten (Cisplatin) oder bei der Papieraufbereitung. 2012 waren Farouk Tedjar und Jean-Claude Foudraz unter den Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis. Sie haben die bindende Kraft von Ammoniak und Metallen genutzt, um eine Methode zur Wiederaufbereitung der wertvollen Metalle in Lithium-Ionen- und anderen Batterien zu entwickeln.

 

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