Erfindung: Bionische Beinprothesen
Dank der Erfindung bionischer Knie- und Fußgelenkprothesen des US-amerikanischen Biophysikers Hugh Herr vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) können Menschen mit amputierten Gliedmaßen ohne Mobilitätseinschränkungen leben und sogar als Weltklasse-Athleten antreten.
Hugh Herrs bionisches Knie, das 2007
vorgestellt wurde, ermöglicht Beinamputierten einen flüssigen, natürlichen
Gang. Erreicht wird dies durch eine Kombination aus Mikroprozessoren und einem
Dämpfungsmechanismus, der sich an die Körperhaltung und die Gewichtsverteilung
dynamisch anpasst. Die Entwicklung intelligenter Prothesen gilt als Meilenstein
gegenüber den statischen Prothesen wie dem Jaipur-Fuß aus dem Jahr 1971 und hat
weltweit das Leben Tausender Menschen mit amputierten Gliedmaßen verändert.
Herr und seinem Team der Biomechatronik-Forschungsgruppe am MIT gelang der Durchbruch, indem sie die dynamische Reaktion des Knies auf Druck und Gewicht mithilfe einer dämpfenden magnetischen Flüssigkeit nachahmten, die durch Sensoren in der Prothese gesteuert wird. Der produktive Erfinder entwickelte auch die BiOM T2, die erste batteriebetriebene Fuß- und Fußgelenkprothese der Welt, die die Funktion des Fußes mit einem komplexen Netz aus Mikroprozessoren nachahmt. Sie kam 2010 auf den Markt.
Gesellschaftlicher Nutzen
Jedes Jahr unterziehen sich weltweit etwa drei bis vier Millionen Menschen schwerwiegenden Amputationen und erfahren dadurch starke Einschränkungen in ihrer Mobilität und ihrer Lebensweise. Allein in den USA werden jährlich etwa 185 000 Amputationen vorgenommen. Etwa 1,5 von 1 000 Personen sind in der Zivilbevölkerung von Amputationen betroffen, bei Angehörigen der Streitkräfte ist der Anteil höher.
Die Erfindungen von Hugh Herr haben bereits das Leben Hunderter Menschen mit amputierten Gliedmaßen verändert. Bis April 2014 wurden mehr als 1 000 BiOM-T2-Fußgelenkprothesen für Patienten angepasst, von denen fast die Hälfte US-Veteranen waren. Im Moment kostet die Fußgelenkprothese etwa 35 000 EUR (40 000 USD) pro Stück, aber der gesellschaftliche Nutzen ist in Bezug auf eine eigenständige Lebensweise und mögliche Erwerbstätigkeit von unschätzbarem Wert.
Wirtschaftlicher Nutzen
Als Mitbegründer der Ablegerfirma iWalk investierte Herr im Jahr 2007 zunächst 20 Mio. EUR (25 Mio. USD) in die Perfektionierung bionischer Prothesen. Das privat geführte Unternehmen heißt inzwischen BionX Medical Technologies, es beschäftigt 45 Angestellte und hat zwischen 2011 und 2014 Erträge von 30,8 Mio. EUR (35 Mio. USD) erwirtschaftet. Das isländische Unternehmen Össur, aktuell zweitgrößter Prothesenhersteller der Welt, fertigt Herrs Knieprothese in Lizenz. Die Knieprothese mit dem Markennamen RHEO KNEE ist in der neuen, dritten Generation jetzt wetterfest. Össur verzeichnete 2015 Umsätze in Höhe von 434 Mio. EUR (483 Mio. USD), wobei der Anteil an bionischen Produkten 16 % der Verkäufe von Prothesen ausmachte.
Das Wachstumssegment, zu dem die bionischen Prothesen von Hugh Herr gehören, entwickelt sich extrem schnell: Laut SA-Business Research & Consulting erreichte der Markt für mikroprozessorgesteuerte Prothesen im Jahr 2015 weltweit einen Wert von 393,4 Mio. EUR (434,4 Mio. USD). Langfristig schätzen die Marktforscher von Global Industry Analysts, dass der weltweite Markt für Prothesen bis 2017 auf einen Wert von 19,2 Mrd. EUR ansteigen könnte.