Erfindung: Gezieltes Krebsmedikament
Der US-amerikanische Chemieingenieur Robert Langer vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist der Wegbereiter eines neuen therapeutischen Ansatzes zur Krebsbekämpfung, bei dem die Krebsmedikamente über eine Kapsel aus biologisch abbaubarem Kunststoff verabreicht werden. Dieses Verfahren hat sich als äußerst wirkungsvoll bei der Bekämpfung aggressiver Krebsarten und anderer Erkrankungen erwiesen.
Robert Langers ausgeklügelte Methode wurde
1996 für die klinische Verwendung zugelassen und beruht auf einer
Arzneimittelgruppe, die die Angiogenese, also die Bildung neuer Blutgefäße zur
Versorgung von Krebstumoren, hemmt. Weil Angiogenese-Hemmer ihre Wirksamkeit
verlieren, wenn sie in die Blutbahn injiziert werden, versuchte Langer es mit
einem anderen Ansatz: Er überzog die Medikamente mit scheibenförmigem
"Biokunststoff" und implantierte sie genau dort, wo der Tumor lag,
damit die Wirkstoffe in den Medikamenten ihre volle Wirkung entfalten konnten.
Der Durchbruch gelang Robert Langer, indem er biologisch verträgliche Polymere zu Bausteinen verband, die zu Kapseln für die Medikamentenverabreichung, zu kardiovaskulären Stents oder sogar zu Trägermaterial für die Züchtung von neuem Körpergewebe weiterverarbeitet werden können.
Gesellschaftlicher Nutzen
Der Hirntumor Glioblastom (Glioblastoma multiforme) ist die häufigste und aggressivste Art von primären Tumoren des Zentralnervensystems. Die betroffenen Patienten haben im Durchschnitt nur noch 15 Monate zu leben. Laut dem US-amerikanischen Krebsforschungsinstitut National Cancer Institute wurde 2015 bei 22 850 Erwachsenen in den USA eine Krebsart des Gehirns oder eines anderen Teils des Zentralnervensystems diagnostiziert, wobei 15 320 dieser Fälle tödlich verliefen. 52 % aller primären Hirntumoren sind Glioblastome. Aufgrund der Nähe zu gesundem Gewebe sind sie besonders schwer zu behandeln.
Robert Langers Methode für die gezielte Verabreichung von Medikamenten wurde 1996 zugelassen und hat seither die Ergebnisse in der klinischen Praxis bedeutend verbessert: In klinischen Studien lag die Überlebensrate mit dieser Methode bei 63 %, in der Kontrollgruppe waren es nur 19 %. Bis heute wurden weltweit mehr als 20 Mio. Patienten mit Angiogenese-Hemmern behandelt, und bei über 1 Mio. wurde eine Therapie auf Basis von Langers Biokunststoff angewandt, beispielsweise durch den Einsatz kardiovaskulärer Stents, die mit Medikamenten überzogen waren.
Wirtschaftlicher Nutzen
Unter dem Markennamen Gliadel® für die Behandlung von Glioblastomen generierte Langers Erfindung 2006 etwa 32,5 Mio. EUR (35,8 Mio. USD) Umsatz für den japanischen Arzneimittelhersteller Eisai, der 2012 die Rechte an der Technologie an Arbor Pharmaceuticals mit Sitz in den USA übergab. Langers Erfindungen gaben den Anstoß für eine neue Art der Behandlung von Prostatakrebs, Endometriose und Geisteskrankheiten und waren am Markt äußerst erfolgreich: Das in Biokunststoff verkapselte Medikament Zoladex® des Herstellers AstraZeneca (gegen Prostatakrebs) brachte 2013 einen Reingewinn von etwa 905 Mio. EUR ein, Risperdal® Consta® (gegen Schizophrenie) im Jahr 2014 etwa 1,4 Mrd. EUR.
Als Vermittler zwischen Forschung und Wirtschaft leitet Langer das weltgrößte biomedizinische Forschungslabor, das Zuschüsse von über 10 Mio. USD jährlich erhält und mehr als 100 Forscher beschäftigt. Der Markt für die Behandlung von Glioblastomen, unter anderem mit dem von Langer entwickelten Medikament Gliadel®, wird laut GBI Research voraussichtlich von 273 Mio. EUR (301 Mio. USD) im Jahr 2013 auf 566 Mio. EUR (623 Mio. USD) im Jahr 2020 anwachsen. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von 10,9 %.