Erfindung: Diagnose-Kit für Entwicklungsländer
Bei der Erfindung von Helen Lee, Forscherin an der Universität Cambridge, handelt es sich um ein Diagnose-Kit zur Blutuntersuchung mit sofortigem Ergebnis. Es wurde speziell für ressourcenarme Regionen der Erde entwickelt und dient dem Direktnachweis ansteckender Krankheiten, wie HIV, Hepatitis B und Chlamydien. Die Kits liefern schnelle und einfach zu deutende Ergebnisse und tragen so dazu bei, einige der tödlichsten Krankheiten der Welt zu erkennen und besser zu behandeln.
Durch die robusten Diagnosetests, die 2011
vorgestellt und von der Hämatologin Helen Lee entwickelt wurden, kann in Afrika
südlich der Sahara und in anderen Entwicklungsregionen ganz anders mit
ansteckenden Krankheiten verfahren werden. So wird ein einfacher Blutplasmatest
durchgeführt, der innerhalb von Minuten Ergebnisse liefert, ohne dass
Fachpersonal oder eine klinische Infrastruktur nötig ist. Mit dem Test lässt
sich außerdem die Viruslast im Blut bestimmen - ein wichtiger Faktor bei
der medizinischen Behandlung.
Der Durchbruch gelang Lee, indem sie sich auf eine Testmethode konzentrierte, bei der die Ergebnisse nicht nur mithilfe teurer Mikroskope oder anderer Darstellungstechniken, sondern mit dem bloßen Auge erkennbar sind. Der Test ist ganz einfach: Das Blut eines Patienten wird in einem Einwegröhrchen auf einen Teststreifen aufgetragen, der auf Nukleinsäuren basiert. Befindet sich virale RNA in den Blutplasmaproben, wechselt der Streifen die Farbe. Im Gegensatz zu anderen Tests müssen die Röhrchen zur Lagerung und zum Transport nicht gekühlt werden und eignen sich daher ideal für die Bedingungen in Afrika. Die Kits können neun Monate lang bei bis zu 37 °C aufbewahrt werden.
Gesellschaftlicher Nutzen
Während die Ausbreitung von HIV in den Industrieländern weitgehend unter Kontrolle ist, schreiten die Ansteckungen in Regionen wie Subsahara-Afrika weiter fort. Aktuell sind dort etwa 25 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert, laut Weltgesundheitsorganisation sind das 70 % der betroffenen Bevölkerung weltweit. Um die Pandemie einzudämmen, sind Diagnose und Behandlung unverzichtbar, doch die mangelnde klinische Infrastruktur steht dem Erfolg nach wie vor im Weg.
Helen Lees Erfindung ist kostengünstig und genau. Damit löst sie drei Hauptprobleme, die bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten in ressourcenarmen Regionen auftreten: Erstens liefern die Tests Ergebnisse, ohne dass eine Kühlung, geschultes Personal oder eine umfangreiche Ausstattung nötig sind; somit eignen sie sich ideal für Test- und Therapieeinrichtungen in Entwicklungsländern. Zweitens sorgen die Sofortergebnisse dafür, dass die Patienten nicht unbehandelt bleiben und die Einrichtung vor der Diagnose wieder verlassen, was auf 30-70 % aller Patienten zutrifft. Drittens zeigen die Tests die Viruslast im Blut von Patienten an, die für die Bestimmung der Medikamentendosis bei der Behandlung eine wichtige Rolle spielt.
Wirtschaftlicher Nutzen
Die Tests werden von Lees Start-up-Unternehmen Diagnostics for the Real World Ltd (DRW) als SAMBA (Simple AMplification Based Assay, einfacher Test auf Amplifikationsbasis) vermarktet. In Malawi, Uganda und immer mehr anderen Regionen wurden in Zusammenarbeit mit Partnern wie Ärzte ohne Grenzen bisher 40 000 Menschen auf HIV getestet. Mit einem SAMBA-Gerät können bis zu vier Blutproben gleichzeitig untersucht werden. Die Kosten für einen Test liegen bei 15 EUR (17 USD). Das Gerät wird elektrisch betrieben, kann aber kann bei einem Stromausfall auf Batterien mit achtstündiger Betriebszeit umgestellt werden. Die HIV-Analyse zur Therapieüberwachung mit SAMBA hat kürzlich die CE-Kennzeichnung in der EU erhalten.
Diagnostics for the Real World ist ansässig im kalifornischen Sunnyvale und als Non-Profit-Abteilung an der Universität Cambridge in England. Das Unternehmen hat bisher 60 Mio. EUR (65 Mio. USD) an Fördergeldern aus den Bereichen Forschung und Gesundheit erhalten, u. a. von Organisationen wie UNITAD, den National Institutes of Health (NIH) und dem Wellcome Trust. DRW entwickelt patientennahe Labordiagnostik für ressourcenarme Regionen auf Basis eines Höchstgewinns von 15 %. Der Markt der patientennahen Labordiagnostik ist weltweit im Wachstum begriffen. Sein Wert lag 2013 bei geschätzt 12,7 Mrd. EUR (14,1 Mrd. USD) und dürfte bis 2022 bei einer jährlichen Wachstumsrate von 9,7 % auf 28,7 Mrd. EUR (32,7 Mrd. USD) ansteigen.