Erfindung: Flüssigkeitsturbine
Die neuartige Wasserturbine, die der tschechische Bauingenieur Miroslav Sedláček an der Tschechischen Technischen Universität Prag erfunden hat, erschließt Potenziale zur Stromerzeugung aus Wasserläufen mit niedriger Fließgeschwindigkeit, wie Bächen und kleinen Flüssen. Damit eröffnen sich zahlreiche bisher unerforschte Quellen nachhaltiger Energie.
Mit einer von
Miroslav Sedláček entwickelten und seit 2015 vermarkteten schaufellosen
Wasserturbine lassen sich Wasserströme auf neuartige Weise in elektrische
Energie umwandeln. Damit erweitert sich der Anwendungsbereich der
Wasserkrafttechnologie auf eine Vielzahl bislang ungenutzter Quellen, wie
Meeresgezeiten und kleine Bäche. Die "Flüssigkeitsturbine" von Sedláček
ist eine gangbare Alternative zu den konventionellen Wasserkraftgeneratoren,
mit denen seit ihrer Entwicklung in den 1880er-Jahren Energie aus Wasser
erzeugt wurde. Während bei konventionellen Generatoren Schaufeln in
Wasserläufen mit hoher Fließgeschwindigkeit unter Wasser eingesetzt werden,
stützt sich die Flüssigkeitsturbine auf physikalische Gesetze, um den
natürlichen Wasserfluss in einen Druck nach oben umzuwandeln und auf diese
Weise Strom zu erzeugen.
Sedláček erzielte seinen Durchbruch, indem er sich ein interessantes hydrodynamisches Prinzip zunutze machte: die Strömung, d. h. eine Wirbeldynamik, die enorme Mengen an Energie freisetzen kann. Sedláček nutzte den natürlichen Sog des Wassers und pumpte das Wasser durch ein speziell geformtes Turbinengehäuse. Damit konnte er Strom mit einer Leistung von bis zu 10 Kilowattstunden (kWh) täglich erzeugen und Wirkungsgrade von 50-60 % erzielen. Der Strom aus einer solchen kleinen Turbine reicht aus, um den Bedarf von fünf Familien in Europa oder eines gesamten afrikanischen Dorfs zu decken.
Gesellschaftlicher Nutzen
Die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen stellt mit einem jährlichen Ausstoß von 10 Mrd. Tonnen CO2 (ScienceDaily) nach wie vor eine erhebliche Umweltbelastung dar. Die Europäische Union hat es sich zwar zum Ziel gesetzt, 20 % ihres Energiebedarfs bis 2020 aus nachhaltigen Ressourcen zu decken, dennoch gehen 25 % des derzeitigen Stromverbrauchs auf Kohle zurück. In Deutschland, dem größten Produzenten von Wind- und Solarenergie in der EU, werden 45 % der Energie aus Kohle erzeugt (Bloomberg).
Die Stromerzeugung aus Wasserkraft könnte jetzt für den Energiemix an Bedeutung gewinnen, da mit der Erfindung von Sedláček die Palette der nutzbaren Wasserressourcen erheblich erweitert wird. Angaben der European Ocean Energy Association zufolge wird die Energieerzeugung aus Meereswellen und Gezeitenströmungen in Europa bis 2050 rund 188 Gigawatt betragen und damit 15 % des Strombedarfs in Europa und bis zu 20 % des nationalen Strombedarfs in einigen Ländern decken können.
Wirtschaftlicher Nutzen
Die Erfindung von Sedláček wird seit Juni 2015 durch das Start-up-Unternehmen Vortex Hydrokinetics LLC unter dem Markennamen SETUR Bladeless Turbine in 16 Ländern vermarktet. Die schaufellose Turbine wird zurzeit u. a. vom deutschen Energiekonzern E.ON im Hinblick auf die kommunale Energieerzeugung geprüft. Das in Palm Beach, Florida, ansässige Unternehmen Vortex Hydrokinetics LLC beschäftigt sieben Mitarbeiter, die an Wasserkraftprojekten arbeiten, und ist ein Tochterunternehmen von Ocean Energy Industries. Mit seiner WaveSurfer-Technologie werden bereits mehr als 32 Megawatt Leistung pro Anlage erzeugt, z. B. in Avacha, Ukraine.
Darüber hinaus wird die Erfindung seit Oktober 2015 durch das in Prag ansässige Unternehmen P.F-Economy Consulting Ltd. unter dem Markennamen Bladeless Rolling Turbine (BRT) vermarktet. BRT ist für kleinere Anwendungen in Flüssen und Bächen ausgelegt.
In der Europäischen Union arbeiten zurzeit eine Million Menschen im Bereich der erneuerbaren Energien, einem Markt mit einem Jahreswert von über 130 Mrd. EUR, der jährlich erneuerbare Energien im Wert von 35 Mrd. EUR exportiert. In der EU werden zurzeit 15,3 % der Brutto-Endenergie aus nachhaltigen Energiequellen (Sonne, Wind, Wasser) gewonnen. Pike Research geht davon aus, dass in Nordamerika bis 2017 aus der Gewinnung hydrokinetischer Energie ein Umsatzvolumen von insgesamt 148,7 Mio. EUR (163,27 Mio. USD) erreicht wird.