Erfindung: Energiesparender Rotationsluftverdichter
Mit der Erfindung des energiesparenden Blade Compressors könnte Steve Lindsey den milliardenschweren Markt der Luftverdichter revolutionieren. Druckluft wird häufig als "vierter Hilfsstoff" bezeichnet, und so finden sich Kompressoren über die verschiedensten Branchen hinweg fast überall, ob in Produktionsmaschinen oder Klimaanlagen. Lindseys hocheffiziente, ölfreie Konstruktion ist eine umweltfreundliche Alternative zu den weitverbreiteten Kolbenkompressoren. Mit dem neuen Kompressor werden Energieeinsparungen von etwa 20 Prozent erzielt.
Beim herkömmlichen Hubkolbenverdichter, dessen
Funktionsweise seit den 1930er-Jahren nahezu unverändert ist, wird die Luft
mithilfe eines Kolbens beim Auswärtshub in einen Zylinder gesogen und danach,
wenn sich der Kolben nach innen bewegt, komprimiert. Diese Kompressoren sind
nicht nur laut, sie arbeiten auch ineffizient, denn die Hälfte ihrer Bewegung -
und damit die Hälfte der Energie, die sie verbrauchen - wird nicht für die
Kompression selbst, sondern für deren Vorbereitung verwendet.
Zwar gibt es durchaus andere Technologien, doch eine einfache und effektive Alternative zum Kolbenkompressor war bislang noch nicht gefunden worden - bis Steve Lindsey kam.
Lindseys Blade Compressor, der durch sein britisches Start-up-Unternehmen Lontra lizenziert wird, arbeitet mit einer neuartigen und mechanisch eleganten Verdrängungsmethode. In seinem Kompressor ist der Zylinderbereich als ringförmige Kammer ausgeführt. Ein Kolbenblatt bewegt sich durch die Länge dieser Kammer hindurch und komprimiert dabei die vor ihr befindliche Luft, während es gleichzeitig die hinter ihr liegende Luft einzieht. Mit dieser kontinuierlichen Kompression überwindet der Blade Compressor den größten Nachteil des konventionellen Kolbenkompressors. Seine einzigartige Geometrie verringert die Belastung, der die beweglichen Teile ausgesetzt sind, ganz erheblich. Dadurch arbeitet der Kompressor auch erstaunlich leise, und er hat hervorragende Abdichtungseigenschaften, was zu seiner Effizienz beiträgt.
Gesellschaftlicher Nutzen
Luftverdichter sind Energiefresser. In Europa gehen etwa 10 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in der Industrie auf das Konto von Kompressoren. In manchen Bereichen, beispielsweise bei der Wasseraufbereitung oder im Produktionssektor, sind es sogar bis zu 40 Prozent. Lindsey ging die Sache mit der Energieeffizienz frontal an und zeigte 2012 bei einem Testlauf in einer Wasseraufbereitungsanlage in Großbritannien, dass sein Blade Compressor in der Lage ist, den Stromverbrauch um mehr als 20 Prozent zu senken.
Lontra sieht gerade in der Wasseraufbereitung einen der Bereiche, die am meisten von der Effizienz des Blade Compressors profitieren könnten. Aber auch in der Zementherstellung, in der Papierindustrie und zahlreichen weiteren Produktionsbereichen könnte der Blade Compressor gewinnbringend eingesetzt werden - im Wesentlichen überall dort, wo Luftdrücke von bis zu 10 bar benötigt werden.
Angesichts der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Blade Compressors könnten laut Lontra in Europa jährlich zwei Terawattstunden Strom (das entspricht ungefähr dem Energieverbrauch einer Großstadt mit 200 000 Haushalten) sowie 860 000 Tonnen CO2 eingespart werden. In Anerkennung dieses Potenzials wurde Lontra von Carbon Trust unterstützt, einer in England ansässigen Organisation, die Unternehmen dabei hilft, ihre Kohlendioxidemissionen zu reduzieren.
Lontra plant, die Einsatzmöglichkeiten der Technologie des Blade Compressors zu erweitern und auch auf die Verdichter in der Automobiltechnik auszudehnen. Dies könnte zur Entwicklung kleinerer und effizienterer Motoren führen - mit gleicher, wenn nicht gar besserer Leistung als die heutigen Modelle.
Wirtschaftlicher Nutzen
Der Blade Compressor könnte den eher stagnierenden globalen Markt der Luftverdichter, dessen Wert auf mindestens 23,5 Milliarden EUR jährlich geschätzt wird, neu beleben. Lontra ist kein produzierendes Unternehmen, sondern es vermarktet das geistige Eigentum, indem es Lizenzen für die Nutzung der Technologie des Blade Compressors in diversen Branchen erteilt. 2014 schloss Lindseys Unternehmen mit dem schweizerischen Pumpenhersteller Sulzer einen Vertrag, dessen Wert mit 117 Millionen EUR angegeben wird und in dessen Rahmen Sulzer Abwasseraufbereitungsanlagen mit der neuen Technologie beliefert. Auf diese Weise kommt der Blade Compressor in 150 Ländern zum Einsatz.
2016 erhielt Lontra eine Förderung von 50 000 EUR aus dem Rahmenprogramm "Horizont 2020" der EU, das auf KMU abzielt, die das größte Potenzial zur Entwicklung bedeutender innovativer Produkte für einen globalen Markt zeigen. Lontra wird den Einsatz der Blade Compressor-Technologie schwerpunktmäßig in der Lebensmittelbranche und der Pharmaindustrie vorantreiben. Dort wird der Kompressor in pneumatischen Fördersystemen eingesetzt. Bei dieser weitverbreiteten Methode, Produkte und Materialien während des Produktionsablaufs zu befördern, werden diese durch Röhren geblasen.
Lontra ist außerdem eine Partnerschaft mit Shield Group Engineering in England eingegangen. In ihrem ersten gemeinsamen Projekt ging es darum, Wege zur Optimierung von Massenproduktionsabläufen aufzuzeigen. Dabei wurden Lizenznehmern und Partnern beträchtliche Produktionskapazitäten zur Verfügung gestellt.