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Die Rolle des EPA

Letzte Aktualisierung: 15.11.2022

Hosited country flags in front of EPO building in Munich near Isar

 

Die Rolle des EPA

Die 39 Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation haben das Europäische Patentamt (EPA) mit der Prüfung europäischer Patentanmeldungen und der Erteilung europäischer Patente betraut. Die Prüfung erfolgt unter strenger Beachtung der von diesen Mitgliedstaaten geschaffenen Rechtsgrundlage: dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ). Das bedeutet, dass die allgemeine Entscheidung darüber, was patentierbar ist und was nicht, von den Mitgliedstaaten getroffen wird, die im Verwaltungsrat der Organisation vertreten sind und bei grundlegenden Änderungen des Rechts in einer diplomatischen Konferenz zusammenkommen. Die Aufgabe des EPA besteht darin, die von den Mitgliedstaaten festgelegten Regeln auf konkrete Fälle anzuwenden, d. h. auf jede einzelne europäische Patentanmeldung und jedes einzelne europäische Patent.

Auf Biotechnologiepatente findet darüber hinaus die EU-Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen ("Biopatentrichtlinie") Anwendung. Diese Richtlinie wurde 1999 in das EPÜ integriert. Das EPA folgt außerdem den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs über die korrekte Auslegung der Richtlinie und hat sie in seine Arbeitspraxis übernommen.

Etwa 4 % aller Patentanmeldungen beim EPA entfallen auf den Bereich der Biotechnologie: Im Jahr 2021 waren dies 7 611 der eingegangenen 188 600 europäischen Patentanmeldungen. Die meisten Biotechnologiepatente betreffen pharmazeutische Produkte (70 %), gefolgt von industriellen Verfahren (26 %) und Landwirtschaft (nur 4 %).

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In den allermeisten Fällen sind europäische Patentanmeldungen und europäische Patente in diesem Bereich unumstritten. Die öffentliche Debatte dreht sich um eine sehr kleine Zahl von Patentanmeldungen, die Tiere und Pflanzen zum Gegenstand haben.

Als eine internationale öffentliche Einrichtung ist das EPA einer Politik der Zusammenarbeit und der Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet, auch wenn es um biotechnologische Erfindungen geht. Daher führt das EPA offene und transparente Diskussionen mit allen Akteuren des Patentsystems und der Öffentlichkeit. Wir arbeiten eng mit den EU-Institutionen zusammen und treffen uns regelmäßig mit Interessengruppen wie z. B. Nichtregierungsorganisationen, um ihnen Informationen und technisches Fachwissen zur Verfügung zu stellen und wichtige Entwicklungen im Bereich der Biotechnologiepatente zu erörtern. Seit 2016 hat das EPA in Fragen der Patentierbarkeit von Pflanzen und der Innovation im Pflanzensektor eine enge Zusammenarbeit mit dem Gemeinschaftlichen Sortenamt – der für die Erteilung von Sortenschutzrechten zuständigen EU-Agentur – etabliert.

Patentprüfung im EPA
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Für alle Erfindungen, die in den Bereich der roten, weißen oder grünen Biotechnologie fallen, kann Patentschutz beantragt werden. Angemeldet werden können beispielsweise mikrobiologische Verfahren, aus dem tierischen Körper isolierte Zellen oder Nukleinsäuren oder Immunassays. Sie werden von einer "Prüfungsabteilung" bewertet, die sich aus drei hochqualifizierten Wissenschaftlern und/oder Ingenieuren zusammensetzt. Bei biotechnologischen Erfindungen handelt es sich dabei um Experten bzw. Expertinnen auf dem jeweiligen Gebiet der Biotechnologie. Bei Bedarf wird ein Patentrechtsexperte/eine Patentrechtsexpertin als viertes Mitglied berufen, um die Abteilung zu beraten. Ein europäisches Patent wird nur erteilt, wenn alle gesetzlich festgelegten sachlichen und formalen Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Das EPA unterzieht alle Patentanmeldungen einer sorgfältigen Prüfung. Auf allen Gebieten der Technik insgesamt führt weniger als die Hälfte der Anmeldungen zu einem Patent. In der Biotechnologie ist die Erteilungsrate nochmals deutlich niedriger: Auf weniger als 30 % der Patentanmeldungen wird ein europäisches Patent erteilt. Ein erteiltes Patent unterscheidet sich häufig von der eingereichten Anmeldung, da Änderungen vorgenommen werden, damit der Schutzumfang dem Beitrag auf dem jeweiligen Gebiet angemessen ist. In den Richtlinien für die Prüfung beim Europäischen Patentamt gibt es einen Abschnitt, der sich speziell mit der Prüfung biotechnologischer Erfindungen befasst.

Jeder – ein Unternehmen, eine Nichtregierungsorganisation oder eine Einzelperson – der der Meinung ist, dass ein bestimmtes europäisches Patent nicht hätte erteilt werden dürfen, kann innerhalb von neun Monaten nach der Erteilung Einspruch dagegen einlegen. Die Einspruchsschrift muss eine Begründung und Beweismittel wie z. B. veröffentlichte Dokumente enthalten. Das Patent wird dann von einer neu zusammengesetzten Einspruchsabteilung aus drei oder vier Prüfern nochmals geprüft, und sowohl der Patentinhaber als auch der Einsprechende werden in einer öffentlichen Verhandlung gehört. Diese Prüfung kann zur Zurückweisung des Einspruchs, zur Aufrechterhaltung des Patents in eingeschränktem Umfang oder zum Widerruf des Patents führen.

Gegen Entscheidungen im Prüfungs- und Einspruchsverfahren kann ein Antrag auf Überprüfung durch die unabhängigen Beschwerdekammern des EPA gestellt werden. Diese können Entscheidungen der Prüfungs- und Einspruchsabteilungen, die nicht im Einklang mit den rechtlichen Anforderungen getroffen wurden, aufheben und dabei erteilte europäische Patente einschränken, widerrufen oder die Erteilung eines Patents anordnen.

Europäische Patente unterliegen außerdem der Zuständigkeit der nationalen Patentgerichte in den Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation. In den Staaten, in denen ein europäisches Patent wirksam wird, kann dessen Gültigkeit also wiederum angefochten werden. Mit der Einführung des einheitlichen Patentsystems wird es möglich, die Gültigkeit von Patenten, die vom EPA erteilt wurden, vor dem Einheitlichen Patentgericht, einem spezialisierten internationalen Gericht, anzufechten.

Transparenz

Das Patentsystem fördert die Transparenz. Patentanmeldungen werden 18 Monate nach ihrer Einreichung veröffentlicht. Somit werden detaillierte Informationen über die neuesten technischen Entwicklungen offenbart, auf denen Wettbewerber aufbauen können. Mittels Akteneinsicht beim EPA kann die Öffentlichkeit Prüfungsverfahren verfolgen und es können Einwendungen Dritter eingereicht werden. Anmeldungen, die sich auf ein bestimmtes Gebiet der Biotechnologie beziehen, lassen sich anhand der Gemeinsame Patentklassifikation ganz einfach identifizieren.

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