D 0001/79 (Zulassungsbedingungen) 11-07-1980
1. Zur europaeischen Eignungspruefung koennen nur Bewerber zugelassen werden, die ein Praktikum unter Leitung eines anerkannten zugelassenen Vertreters abgelegt haben.
2. Das Praktikum auf Vollzeitbasis muss ausschliesslich der Ausbildung gedient haben.
3. Die vom Bewerber verlangten Nachweise sollten bereits der Pruefungskommission, nicht aber erstmals der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vorgelegt werden; sie sollten so ausfuehrlich wie moeglich sein.
Zulassungsbedingungen
Praktikum auf Vollzeitbasis
Nachweis über Praktika und Beschäftigung der Bewerber
I. Am 27. September 1979 hat sich der Beschwerdeführer zur ersten europäischen Eignungsprüfung für die beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter angemeldet.
II. Zur Bekräftigung seiner Behauptung daß er während eines Zeitraums vor mindestens vier Jahren im Sinne vor Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für die beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter, nachstehend "Vorschriften" genannt, auf Vollzeitbasis gearbeitet hatte, legte der Beschwerdeführer folgende Unterlagen vor:
a) ein Schreiben eines zugelassenen Vertreters, der seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat und dort als Patentanwalt arbeitet, vom 21. September 1979
b) ein Schreiben eines in Großbritannien wohnhaften und dort arbeitenden Patentanwalts, dessen Firma Büros in verschiedenen Städten, unter anderem auch in München hat, vom 26. September 1979.
III. Nach dem Schreiben vom 21. September 1979 handelte es sich bei dem Beschwerdeführer um einen amerikanischen Patentanwalt, der von 1968 bis 1978 in enger Zusammenarbeit mit dem betreffenden deutschen Patentanwalt Patentanmeldungen beim Deutschen Patentamt und bei Patentämtern anderer europäischer Länder eingereicht und weiterbearbeitet hat. Während dieser Zeit bearbeitete der Beschwerdeführer in voll verantwortlicher Position für eine amerikanische Gesellschaft Patentanmeldungen in Europa und hatte seinen Wohnsitz in Deutschland. Er arbeitete eng mit dem deutschen Patentanwalt zusammen, soweit es um Patentanmeldungen und Einsprüche beim Deutschen Patentamt ging, und beriet sich mit ihm in bezug auf Strategie und Koordinierung bei Patentangelegenheiten in anderen europäischen Ländern.
IV. Nach dem Schreiben vom 26. September 1979 ist der Beschwerdeführer seit 1. August 1978 im Münchner Büro der Firma des Verfassers als dessen Assistent beschäftigt und wirkt unter dessen Aufsicht bei der Vorbereitung, Einreichung und Weiterbearbeitung von Patentanmeldungen vor dem Europäischen Patentamt mit.
V. In einer Entscheidung vom 30. Oktober 1979 lehnte die Prüfungskommission die Bewerbung mit der Begründung ab, daß der Beschwerdeführer nicht den Nachweis für die Erfüllung der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Vorschriften genannten Bedingungen erbracht habe.
VI. In bezug auf das erste Schreiben war die Prüfungskommission der Ansicht, daß der Verfasser des Briefes und der Beschwerdeführer genau im umgekehrten Verhältnis zueinander standen, wie dies in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Vorschriften verlangt wird; dort ist nämlich vorgesehen, daß der zugelassene Vertreter den Praktikanten angeleitet haben muß.
VII. Aus dem zweiten Schreiben ging nach Ansicht der Prüfungskommission hervor, daß der Verfasser des Schreibens nicht in der Lage war, von London aus den Beschwerdeführer in München bei seiner täglichen Arbeit zu beraten, anzuleiten und zu unterstützen, da ja kein direkter persönlicher Kontakt bestand und keine Möglichkeit einer direkten Kontrolle der vom Beschwerdeführer ausgeführten Arbeiten gegeben war.
VIII. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 7. November 1979 gegen die Entscheidung der Prüfungskommission Beschwerde eingelegt und diese wie folgt begründet:
1. Die Nichtzulassung zur Prüfung basiere auf einer zu engen, nicht gerechtfertigten Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Vorschriften; insbesondere seien die dort verwendeten Worte "Praktikum", "Leitung" und "Assistent" von der Prüfungskommission nicht in der richtigen Weise gedeutet worden;
2. in der angefochtenen Entscheidung sei die langjährige Erfahrung des Beschwerdeführers in europäischen Patentangelegenheiten nicht erwähnt worden;
3. die berufliche Laufbahn und die Erfahrung des Beschwerdeführers sowohl in den USA als auch in Europa seien nicht berücksichtigt worden.
IX. In seinem Schreiben vom 7. November 1979 legte der Beschwerdeführer zusätzliche Angaben vor, die über den Inhalt der der Prüfungskommission übermittelten Schreiben der beiden zugelassenen Vertreter hinausgingen. Diese Angaben betrafen im wesentlichen folgendes:
a) Der Beschwerdeführer unterlag in seiner Tätigkeit auf dem Gebiet des Patentrechts und Patentverfahrens in Europa festen Anordnungen und Anweisungen.
b) Was das erste Schreiben anbelangt, so lag die endgültige Entscheidung darüber, was in Patentangelegenheiten vor dem Deutschen Patentamt getan werden sollte und was nicht, stets bei dem Verfasser dieses Schreibens, der dem Beschwerdeführer die entsprechenden Anweisungen erteilte.
c) Der zugelassene Vertreter, für den der Beschwerdeführer gegenwärtig arbeitet und der den zweiten Brief verfaßt hat, besucht in der Tat regelmäßig das Münchner Büro seiner Firma. Außerdem bestehen zwischen London und München so gute Verbindungen - Postverbindungen, telefonische und telegrafische Verbindungen, Fernschreiber, Flugverbindungen -, daß die beiden Städte nicht wirklich weit voneinander entfernt sind.
d) Der Beschwerdeführer war als Vertreter vor dem Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten sowie vor dem Distriktsgericht von Columbia und dem Gerichtshof des Staates Oklahoma zugelassen und war 25 Jahre lang "Haus"-Patentanwalt einer großen amerikanischen Gesellschaft. Er hatte 18 Jahre Erfahrung in der Bearbeitung ausländischer Patentanmeldungen für diese Gesellschaft, davon 13 Jahre in Europa.
1. Die Beschwerde genügt Artikel 23 Absatz 2 der Vorschriften und ist folglich zulässig.
2. In Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung heißt es, daß die Bewerber, die sich zur europäischen Eignungsprüfung melden, nachweisen müssen, daß sie "entweder in einem der Vertragsstaaten ein mindestens vierjähriges Praktikum auf Vollzeitbasis unter Leitung einer oder mehrerer Personen, die in der Liste gemäß Artikel 134 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens eingetragen sind, abgelegt haben und daß sie während dieser Zeit als Assistent dieser Personen an einer Vielzahl von Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit "europäischen Patentanmeldungen und Patenten anfallen, beteiligt waren;".
3. Gemäß den in Artikel 24 Absatz 2 der Vorschriften enthaltenen Übergangsbestimmungen hat die Prüfungskommission während eines Zeitraums von vier Jahren - der bereits läuft - die von den Bewerbern ausgeübten Tätigkeiten auf dem Gebiet nationaler Patentanmeldungen und Patente bei der Festlegung der Beschäftigungszeiten im Sinne des Artikels7 Absatz 1 Buchstabe b zu berücksichtigen.
4. Nach Artikel 16 Absatz 2 Buchstabe b der Vorschriften ist der Anmeldung zur europäischen Eignungsprüfung eine Bescheinigung über die Praktika oder die Beschäftigungszeit im Sinne des Artikels7 Absatz 1 Buchstabe b, die von einem zugelassenen Vertreter oder dem Arbeitgeber des Bewerbers ausgestellt sein muß und Art und Umfang der von dem Bewerber ausgeübten Tätigkeit beschreibt, beizufügen.
5. Die Prüfungskommission war der Ansicht, daß das Schreiben des deutschen Patentanwalts vom 21. September 1979 nicht den Nachweis erbrachte, daß die Bedingungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i der Vorschriften erfüllt waren. Die Prüfungskommission vertrat die Meinung, daß nach den in diesem Brief enthaltenen Angaben der Beschwerdeführer als Bevollmächtigter seines Arbeitgebers handelte und dem deutschen Patentanwalt Anweisungen erteilte. Dies war nach Ansicht der Prüfungskommission genau die Umkehrung des Verhältnisses, wie es in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b vorgesehen ist.
6. Der Beschwerdeführer macht in seiner Beschwerde geltend, daß er durchaus angeleitet wurde, weil er Untersuchungen und Entwürfe im Zusammenhang mit den deutschen Fällen seines Arbeitgebers durchführte, die dann dem deutschen Patentanwalt unterbreitet wurden, der sie in der Regel übernahm, der aber die endgültige Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen hatte und dann dem Beschwerdeführer entsprechende "Anweisungen" (sic) gab.
7. Die Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten ist der Auffassung, daß dieses Argument nicht stichhaltig ist und daß die Prüfungskommission den Bewerber zu Recht ausgeschlossen hat. Nach den zur Verfügung stehenden Unterlagen war die Beziehung eindeutig so, daß der Beschwerdeführer im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Beschwerdeführer und dem betreffenden deutschen Patentanwalt jederzeit die Möglichkeit hatte, die Patentsache seines Arbeitgebers diesem Patentanwalt zu entziehen und einem anderen deutschen Patentanwalt zu übertragen, der bereit war, in der vom Beschwerdeführer für richtig befundenen Art und Weise zu verfahren.
So lag die endgültige Entscheidung in Wirklichkeit immer beim Beschwerdeführer.
Unseres Erachtens kann eine solche Beziehung rechtlich nicht als Beziehung betrachtet werden, in der der Beschwerdeführer unter Leitung des Patentanwalts arbeitete, und wir weisen die gegenteilige Behauptung des Beschwerdeführers daher zurück.
8. In dem Schreiben vom 21. September 1979 heißt es auch, daß der Beschwerdeführer "in voll verantwortlicher Position für eine amerikanische Gesellschaft Patentanmeldungen in Europa bearbeitete".
Da somit nicht seine gesamte Arbeitszeit der Ausbildung gewidmet war, sondern ein Teil dieser Arbeitszeit der beruflichen Arbeit diente, die sich über viele europäische Länder erstreckte, ist klar, daß die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer i gestellte Bedingung "Praktikum auf Vollzeitbasis" nicht erfüllt war.
9. Da der Beschwerdeführer für den Verfasser des zweiten Schreibens nicht während der vorgeschriebenen Mindestzeit von vier Jahren gearbeitet hat, brauchen wir über die anderen Punkte dieser Beschwerde nicht zu befinden, denn die Beschwerde muß bereits aus dem vorstehend dargelegten Grund zurückgewiesen werden. Insbesondere brauchen wir keine Entscheidung darüber zu treffen, ob das Erfordernis der "Aufsicht" im zweiten Schreiben angemessen nachgewiesen ist.
10. Als Hinweise für künftige Beschwerden sei noch hinzugefügt, daß
i) Unterlagen, in denen ein Nachweis erbracht werden soll, dem Prüfungsausschuß zur Verfügung gestellt und nicht erst der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vorgelegt werden sollten und daß
ii) die Unterlagen, in denen der Nachweis über Praktika und Tätigkeit im Angestelltenverhältnis sowie über Art und Dauer dieser Tätigkeit erbracht werden soll, so ausführlich wie möglich sein sollten.
Eine bloße Behauptung reicht nicht aus. Die Unterlagen müssen so ausführliche Angaben enthalten, daß die Prüfungskommission in voller Sachkenntnis entscheiden kann.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
Die Beschwerde gegen die Entscheidung der Prüfungskommission vom 30. Oktober 1979 wird zurückgewiesen.