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D 0027/97 18-08-1999
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I. Mit Entscheidung vom 24. April 1997 hat der Disziplinarrat des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter (im Folgenden abgekürzt: Disziplinarrat) gegen die Patentanwälte ... und ... eine Warnung gemäß Artikel 4 (1) a) und 6 (2) b) der Vorschriften in Disziplinarangelegenheiten von zugelassenen Vertretern (im Folgenden abgekürzt: Vorschriften) ausgesprochen.Das Verfahren vor dem Disziplinarrat war durch eine Anzeige von ... gegen ... ausgelöst worden.
II. Mit Schreiben vom 26. Mai 1997,eingegangen beim Europäischen Patentamt am gleichen Tag, hat ... (Beschwerdeführer) gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt. In der Begründung, die am 20. Juni 1997 einging, hat er im wesentlichen vorgetragen, es sei zu bedauern,daß der Disziplinarrat keinerlei Maßnahmen getroffen habe, die Vorgänge aufzuklären, die zu der gegen ihn ausgesprochenen Warnung geführt hätten. Soweit der Disziplinarrat offenbar davon ausgehe, er habe in seinem Verhalten gegenüber seinem früheren Partner, ..., gegen die ihm obliegenden Berufspflichten verstoßen, seien die entsprechenden Annahmen unbegründet. Er sei sich nicht bewußt,die beruflichen Regeln in irgendeiner Weise verletzt zu haben.
III. Der Beschwerdeführer beantragte
die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung des Disziplinarrates,
hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
IV. Mit Schreiben vom 25. März 1998 hat ... zu der Beschwerdebegründung des Beschwerdeführers Stellung genommen und im wesentlichen ausgeführt, daß die Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer, die der Entscheidung des Disziplinarrates zugrunde liegen, insoweit gerechtfertigt seien, als ... durch sein Verhalten eine Schädigung der Interessen von Mandanten beziehungsweise eines anderen zugelassenen Vertreters in Kauf genommen habe.
V. In seiner Erwiderung vom 12. Juni 1998 auf das voraufgehend genannte Schreiben des ... hat der Beschwerdeführer im wesentlichen ausgeführt, daß die von ... behaupteten Vorgänge, aus denen ein unkollegiales und wettbewerbswidriges Verhalten des Beschwerdeführers abzuleiten sei, jeder Grundlage entbehrten. Er habe jederzeit während der leidvollen Auseinandersetzung mit ... auf ein korrektes Verhalten geachtet, so daß die gegen ihn ausgesprochene Warnung nicht gerechtfertigt sei.
VI. In einer Mitteilung vom 16. Dezember 1998 hat die Kammer dem Beschwerdeführer und ... ihre vorläufige Beurteilung des Falles mitgeteilt,insbesondere daß nach ihrer Auffassung die angegriffene Entscheidung unzureichend begründet und die Angelegenheit daher an die erste Instanz zurückzuverweisen sei. Ferner äußerte die Kammer die Ansicht, daß sowohl der Beschwerdeführer als auch ... als betroffene zugelassene Vertreter zu betrachten und damit am Beschwerdeverfahren beteiligt seien.
VII. Mit ihren Schreiben vom 15. Januar 1999 beziehungsweise 25. Februar 1999 haben sowohl der Beschwerdeführer wie auch ... auf entsprechende Anfrage der Kammer ihr Einverständnis mit der Verwendung der deutschen Sprache in dem anhängigen Verfahren erklärt. Der Beschwerdeführer hat darüberhinaus angeregt, die ihn und ... betreffenden Vorfälle in getrennten Verfahren zu behandeln,und im übrigen der sachlichen Beurteilung durch die Kammer zugestimmt. ... hat weiterhin erklärt, daß er seine "Anzeige vom 31.01.1996" zurücknimmt, daß damit aber keine Abkehr vom bisherigen Sachvortrag oder von der Wertung der Ausführungen des Beschwerdeführers zum Ausdruck gebracht werden soll.
VIII. Die Kammer hat dem Präsidenten des Europäischen Patentamtes und dem Präsidenten des Rats des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter nach Artikel 12 der Vorschriften Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
1. Die Verfahrenssprache vor dem Disziplinarrat war Englisch. Im Beschwerdeverfahren haben die Beteiligten ihr Einverständnis erteilt,dass eine andere Amtssprache, d. h. Deutsch,als Verfahrenssprache verwendet wird. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA kann im schriftlichen Verfahren vor dem EPA auch eine andere Amtssprache als Verfahrenssprache verwendet werden,sofern alle Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (z. B.: J 18/90, ABl EPA 1992, 511; J 30/90; T 788/91; T 489/93). Da im Disziplinarverfahren kein öffentliches Interesse an der Beibehaltung der von der ersten Instanz bestimmten Verfahrenssprache besteht, kann diese Rechtsprechung auch auf das Verfahren vor der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten Anwendung finden.
2. Die Beschwerde ist zulässig (Artikel 22 (1) der Vorschriften).
3. Nach dem der Entscheidung des Disziplinarrats zugrunde liegenden Sachverhalt waren sowohl der Beschwerdeführer als auch ... Anzeigeerstatter und zugleich betroffene zugelassene Vertreter, auch wenn das Verfahren durch eine Anzeige von ... ausgelöst wurde. Wäre ... nur Anzeigeerstatter gewesen, hätte der Disziplinarrat gegen ihn keine Disziplinarmaßnahme verhängen dürfen. Die Vorinstanz hat beide Anzeigen in einem gemeinsamen Verfahren behandelt. Dazu hätte es einer Zustimmung der beiden zugelassenen Vertreter im Sinne von Artikel 12. (2) der Ergänzenden Verfahrensordnung des Disziplinarrates bedurft. Eine solche scheint aber im vorliegenden Fall nicht erteilt worden zu sein. Es könnte höchstens von einem konkludenten Verhalten der Beteiligten im Sinne einer stillschweigenden Zustimmung ausgegangen werden. Jedenfalls sind aber sowohl der Beschwerdeführer als auch ... als betroffene zugelassene Vertreter (und nicht nur als Anzeigeerstatter) am Verfahren vor der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten beteiligt.
4. Wie bereits in der Mitteilung der Kammer vom 16. Dezember 1998 ausgeführt worden ist, läßt die Begründung der angefochtenen Entscheidung keine logische Kette zwischen einem nachgewiesenen Sachverhalt (Tatbestand), dessen Subsumtion unter bestimmte Rechtsnormen und den daraus abgeleiteten Rechtsfolgen erkennen. Für die Kammer ist es nicht nachvollziehbar, auf welche konkreten Tatsachen die Vorinstanz ihre Entscheidung gestützt hat. So heißt es in ihrem ersten Teil "Facts relating to the complaint", die in den Briefen der Beteiligten angegebenen Tatsachen seien "somewhat obscure and also contradictory to some degree". Dennoch werden offenbar bestimmte Tatsachen als erwiesen angesehen, die einen Vorwurf gegen beide Beteiligte rechtfertigen sollen. Um welche konkrete Vorgänge es sich aber dabei handelt, ist aus der Entscheidung nicht ersichtlich.
5. Aus den voraufgehend genannten Gründen kann die Richtigkeit der Entscheidung der Vorinstanz nicht überprüft werden. Der Begründungsmangel stellt eine Verletzung von Artikel 17 (1) der Ergänzenden Verfahrensordnung des Disziplinarrates in Verbindung mit Regel 68 (2) EPÜ dar,so dass wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels die Zurückverweisung der Angelegenheit an den Disziplinarrat zur weiteren Entscheidung anzuordnen ist (Artikel 22 (3) der Vorschriften in Verbindung mit Artikel 111 (1) S. 2 EPÜ).
6. Da der Disziplinarrat Vorwürfe einer Verletzung beruflicher Regeln, die ihm schriftlich zur Kenntnis gebracht werden, von Amts wegen untersucht, hat die Zurücknahme der Anzeige von ... nicht die Folge, daß das Verfahren beendet wird. Dies um so weniger, als ... an seinem Sachvortrag festhält.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an den Disiziplinarrat zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.