J 0018/03 (Frist zur Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr) 03-09-2004
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I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, daß die am 11. August 1999 international eingereichte Euro-PCT Anmeldung der Beschwerdeführerin mit Wirkung vom 1. März 2002 als zurückgenommen gilt, weil die 3. Jahresgebühr mit Zuschlag nicht rechtzeitig entrichtet worden ist.
II. Die Beschwerdeführerin hatte die Gebühr mit Zuschlag erst am 2. April 2002 gezahlt, obwohl sie eine Mitteilung des Europäischen Patentamts erhalten hatte, daß die 3. Jahresgebühr zum 31. August 2001 fällig geworden sei, aber noch bis zum 28. Februar 2002 mit Zuschlag nachgezahlt werden könne.
III. Auf die daraufhin mit Schreiben vom 22. Mai 2002 getroffene Feststellung des Europäischen Patentamts, daß die Anmeldung mangels rechtzeitiger Zahlung als zurückgenommen gelte, beantragte die Beschwerdeführerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, begründete diesen Antrag und legte eine eidesstattliche Versicherung vor.
IV. Da die erforderliche Wiedereinsetzungsgebühr nicht entrichtet worden war, fragte das Europäische Patentamt am 31. Juli 2002 telefonisch beim anwaltlichen Vertreter der Beschwerdeführerin danach an. Dieser erklärte, die Zahlung solle durch die Beschwerdeführerin selbst erfolgen, er werde der Sache nachgehen.
V. Nachdem auch in der Folgezeit keine Zahlung einging, setzte das Europäische Patentamt den Vertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. September 2002 davon in Kenntnis, daß der Wiedereinsetzungsantrag als nicht gestellt gelte, weil die Wiedereinsetzungsgebühr bis dahin nicht gezahlt worden ist.
VI. Am 8. Oktober 2002 zahlte der Vertreter der Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzungsgebühr und beantragte am 27. November 2002 eine beschwerdefähige Entscheidung.
VII. Diese erließ das Europäische Patentamt am 13. Dezember 2002 und begründete sie damit, daß ein Antrag auf Wiedereinsetzung nach Artikel 122 (3) Satz 3 EPÜ erst als gestellt gelte, wenn die Wiedereinsetzungsgebühr bezahlt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe zwar einen begründeten Wiedereinsetzungsantrag eingereicht, jedoch nicht die erforderliche Gebühr bezahlt.
VIII. Hiergegen legte die Beschwerdeführerin am 7. Februar 2003 Beschwerde ein, zahlte die erforderliche Beschwerdegebühr am 10. Februar 2003 und begründete die Beschwerde am 14. April 2003 wie folgt:
IX. Zwar habe ihr Vertreter in der Tat beim Telefongespräch am 31. Juli 2002 dem Europäischen Patentamt mitgeteilt, daß sie sich selbst um die Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr kümmern wolle, und er der Sache nachgehen werde. Vom 1. August bis 15. September 2002 sei er aber arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Deshalb habe er der Sache nicht nachgehen können. Er habe die Angelegenheit vergessen bis er die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 25. September 2002 erhalten habe. Er habe diese Mitteilung wegen der Verwendung des Wortes - "gilt" als zurückgenommen - auch nicht als Bescheid, der in Rechtskraft erwächst, sondern lediglich als Erinnerungsschreiben aufgefaßt. Deshalb sei die Zahlung am 8. Oktober 2002 rechtzeitig eingegangen, da erst am 13. Dezember 2002 eine Entscheidung nach Regel 69 (2) EPÜ getroffen worden sei.
Zur Glaubhaftmachung hat die Beschwerdeführerin ein ärztliches Attest vorgelegt, in dem bescheinigt wird, daß ihr anwaltlicher Vertreter in der Zeit vom 1. August bis 15. September 2002 arbeitsunfähig erkrankt war, sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres anwaltlichen Vertreters.
X. In einem Zwischenbescheid legte die Kammer ihre vorläufige Ansicht dar die im wesentlichen den untenstehenden Entscheidungsgründen entspricht, und gab der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu Ausführungen hierzu.
Die Beschwerdeführerin hat - außer der Beschwerdebegründung - keine weitere Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgegeben.
XI. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß:
Die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Wiedereinsetzungsgebühr zwar nicht innerhalb der Frist gezahlt aber später entrichtet worden sei.
1. Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet und ist damit zulässig.
2. Die verspätete Zahlung der 3. Jahresgebühr mit Zuschlag am 2. April 2002 - statt bis zum 28. Februar 2002 - hat nach Artikel 86 (3) EPÜ zur Folge, daß die Anmeldung als zurückgenommen gilt.
3. Zwar kann die Beschwerdeführerin in die versäumte Zahlungsfrist nach Artikel 122 EPÜ wiedereingesetzt werden, wenn sie trotz Beachtung aller nach den gegebenen Umständen gebotenen Sorgfalt verhindert war diese Frist gegenüber dem Europäischen Patentamt einzuhalten (Artikel 122 (1) EPÜ). Darauf ist sie auch mit Schreiben des Europäischen Patentamts vom 22. Mai 2002 hingewiesen worden.
3.1. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wiedereinsetzungsantrag vom 17. Juli 2002 auch begründet und die zur Begründung dienenden Tatsachen glaubhaft gemacht, so daß die Voraussetzungen gemäß Artikel 122 (3) Satz 1 EPÜ von ihr erfüllt worden sind.
3.2. Ein Wiedereinsetzungsantrag gilt allerdings erst als gestellt, wenn die Wiedereinsetzungsgebühr entrichtet ist (Artikel 122 (3) Satz 2 EPÜ).
3.3. Wie die Kammer bereits in ihrem Zwischenbescheid ausgeführt hat, folgt aus dieser Fiktion der Antragstellung erst mit dem Zeitpunkt der Gebührenzahlung, daß die Wiedereinsetzungsgebühr innerhalb derselben Fristen zu zahlen ist, die Artikel 122 (2) EPÜ für die Einreichung eines Wiedereinsetzungsantrags vorschreibt.
3.4. Artikel 122 (2) Satz 1 EPÜ legt fest, daß der Wiedereinsetzungsantrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses für die Einhaltung der Frist - hier der Frist zur Zahlung der dritten Jahresgebühr - einzureichen ist. In ihrem Zwischenbescheid hat die Kammer weiter ausgeführt, daß hier davon ausgegangen werden kann, daß die Beschwerdeführerin durch die Feststellung des Europäischen Patentamts gemäß Regel 69 (1) EPÜ im Schreiben vom 22. Mai 2002 erstmals von ihrer Fristversäumung erfahren hat und dadurch das Hindernis zur Fristeinhaltung weggefallen ist. Deshalb hätte die Wiedereinsetzungsgebühr - unter Berücksichtigung der 10-Tagesfrist nach Regel 78 (2) EPÜ - bis zum 5. August 2002 bezahlt werden müssen.
3.5. Wie die Kammer in ihrem Zwischenbescheid weiter ausgeführt hat, ist die Beschwerdeführerin in dem Schreiben des Europäischen Patentamts vom 22. Mai 2002 auch darauf hingewiesen worden, daß bei Stellung eine Wiedereinsetzungsantrags die nach Artikel 122 EPÜ vorgeschriebenen Fristen und Formerfordernisse zu beachten sind. Von einem Rechtsanwalt muß erwartet werden, daß er eine solche Vorschrift spätestens nach einem solchen Hinweis durchliest und die Frist- und Formerfordernisse - wie das Erfordernis eine Wiedereinsetzungsgebühr zu zahlen - zur Kenntnis nimmt, wenn er einen Wiedereinsetzungsantrag in Betracht zieht.
3.6. In jedem Fall aber kann ein Wiedereinsetzungsantrag nach Artikel 122 (2) Satz 2 EPÜ nur innerhalb eines Jahres nach Ablauf der versäumten Frist zulässig gestellt werden (Wie dies auch in der deutschen Zivilprozeßordnung und im deutschen Patentgesetz ebenso geregelt ist). Dabei wird im Fall der Versäumung der Frist zur Zahlung einer Jahresgebühr die 6- Monatsfrist, innerhalb derer die Jahresgebühr mit Zuschlag noch gezahlt werden kann, in die Berechnung der Ausschlußfrist von einem Jahr miteinbezogen.
Deshalb ist im vorliegenden Fall die Jahresfrist nach Artikel 122 (2) Satz 2 EPÜ am 31. August 2002 abgelaufen, so daß die Wiedereinsetzungsgebühr am 8. Oktober 2002 auch aus diesem Grund nach Ablauf der für die Einreichung eines Wiedereinsetzungsantrags vorgeschriebenen Ausschlußfrist von 1 Jahr bezahlt worden ist.
4. Aus Artikel 122 (5) EPÜ folgt, daß eine Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr im Hinblick auf die nach Artikel 122 (2) Satz 1 EPÜ einzuhaltende 2-Monatsfrist ebenso ausgeschlossen ist, wie eine Wiedereinsetzung in die nach Artikel 122 (2) Satz 3 EPÜ vorgeschriebene Jahresfrist.
5. Weil die beantragte Wiedereinsetzung deshalb mangels fristgerechter Zahlung der Wiedereinsetzungsgebühr nicht gewährt werden kann, hat der Formalprüfer der Prüfungsabteilung mit der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt, daß die Anmeldung nach Artikel 86 (3) EPÜ als zurückgenommen gilt.
Die Beschwerde muß daher ohne Erfolg bleiben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.