T 0135/00 (Heptafluorpropan/SOLVAY) 05-03-2002
Download und weitere Informationen:
Verfahren zur Herstellung von 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan (R227)
I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die am 3. Dezember 1999 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 539 989 die am 4. Februar 2000 eingegangene Beschwerde eingelegt und am 13. April 2000 eine Beschwerdebegründung eingereicht. Das Streitpatent enthielt 2 Ansprüche, deren einziger unabhängiger wie folgt lautete:
"1. Verfahren zur Herstellung von 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan, dadurch gekennzeichnet, daß man 2-Chlorheptafluorpropan mit Wasserstoff in einem Molverhältnis von 1:1 bis 1:3 in der Gasphase an einem Palladium, enthaltenden Träger-Katalysator bei Temperaturen von 100 bis 300 C und Drucken von 1 bis 5. bar umsetzt."
II. Im Verfahren vor der Einspruchsabteilung war das Streitpatent in seinem gesamten Umfang vom Beschwerdegegner (Einsprechende) wegen unzureichender Ausführbarkeit der Erfindung und mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderem folgende Druckschriften genannt:
(1) WO-A-91/05752, (2) US-A-2 942 036, (3) GB-A-1 578 933, (4) EP-A-349 115, (6) EP-A-434 407, (8) Chemistry of Organic Fluorine Compounds, M. Hudlický, 2nd (Revised Edition), 1976, reprinted 1992, und (9) Schriftsatz mit Versuchsbericht des Anmelders im Prüfungsverfahren vom 27. Juni 1995.
III. Die Einspruchsabteilung stellte in der angefochtenen Entscheidung, der die erteilten Ansprüche zugrunde lagen, fest, daß der Gegenstand des Streitpatents zwar ausführbar sei, jedoch im Hinblick auf die Druckschriften (1) und (2) bis (4) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Druckschrift (1) stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar, da dort derselbe Reaktionstyp (Hydrodehalogenierung) für dasselbe Ausgangsmaterial (2-Chlorheptafluorpropan) beschrieben und ebenfalls die Minimierung der unerwünschten Bildung von olefinischen Nebenprodukten als Ziel anvisiert werde. Hiervon unterscheide sich das streitgegenständliche Verfahren durch die Verwendung eines anderen Katalysators und einer niedrigeren Reaktionstemperatur. Hinsichtlich Wasserstoffmenge und Reaktionsdruck liege eine Überschneidung beider Verfahren vor. Das beanspruchte Verfahren ergebe indessen keinen patentbegründenden Vorteil gegenüber dem in Druckschrift (1) beschriebenen. Bei diesem bekannten Verfahren trete ebenfalls die unerwünschten Olefin-Bildung kaum in Erscheinung, da hier eine Selektivität von 99,4 % erreicht werde (Beispiel 6). Der Vergleich der erzielten Raum-Zeit-Ausbeute im Beispiel des Streitpatents mit jener in den Beispielen 5 und 6 der Druckschrift (1) ergebe laut Angabe im Versuchsbericht (9) zwar eine Verbesserung, dieser Vorteil werde jedoch durch den Nachteil einer niedrigeren Selektivität kompensiert. Folglich bestünde die Aufgabe des Streitpatents lediglich in der Bereitstellung eines weiteren, alternativen Verfahrens. Das beanspruchte Verfahren habe im Hinblick auf die Druckschriften (2) bis (4) nahegelegen, nachdem hierin die Hydrodehalogenierung von Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffen mit Pd-Trägerkatalysatoren gelehrt werde. Von der Anwendung dieser Verfahrensalternative auf den Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoff 2-Chlorheptafluorpropan, der aus der nächtliegenden Druckschrift (1) bekannt gewesen sei, sei der Fachmann auch nicht abgehalten worden. Daher zeige das beanspruchte Verfahren keine erfinderische Qualität.
IV. Der Beschwerdeführer hat zur erfinderischen Tätigkeit im wesentlichen vorgetragen, daß im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung die Druckschrift (1) und die Druckschriften (2) bis (4) den Gegenstand des Streitpatent nicht nahelegten. Ausgehend von der Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik, insbesondere den Beispielen 5 und 6, werde der Patentgegenstand durch den andersartigen Katalysator, die Reaktionstemperatur, den Druck und das molare Verhältnis des eingesetzten Wasserstoffs charakterisiert. Demgegenüber habe die patentgemäße Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens mit geringerer Bildung unerwünschter Olefine und erhöhter Raum-Zeit-Ausbeute bestanden. Die erfolgreiche Lösung dieser Aufgabe sei mit den Versuchsberichten im Schriftsatz vom 6. November 2001 und im Schriftsatz (9) belegt. So zeige der letztere Versuchsbericht, daß das Verfahren des Anspruchs 1 eine höhere Raum-Zeit-Ausbeute ergeben könne. Keine der weiteren angezogenen Druckschriften lege das beanspruchte Verfahren mit der Verwendung eines Pd-Trägerkatalysators nahe. Die Druckschrift (6) spreche zwar auf Seite 6, Zeilen 29 bis 35. ein Dehalogenierungsverfahren des patentgemäßen Ausgangsproduktes 2-Chlorheptafluorpropan unter Verwendung eines Pd-Katalysators an, jedoch werde hierbei als Endprodukt Hexafluorpropylen erzeugt, welches ein patentgemäß unerwünschtes Olefin sei. Diese Druckschrift weise folglich von der anspruchsgemäßen Erfindung weg. Das aus Druckschrift (2) bekannte Dehalogenierungsverfahren mittels Pd-Trägerkatalysator erzeuge stets auch Olefine, so daß hieraus gerade keine Anregung zur Vermeidung der patentgemäß unerwünschten Olefin-Bildung zu entnehmen sei. Die Druckschriften (3) und (4) beträfen die Hydrodehalogenierung von C2-Chlor-Fluor-Verbindungen mit Pd-Trägerkatalysatoren und sprächen das Problem der unerwünschten Olefin-Bildung nicht an. Deren Lehren seien auch auf die anspruchsgemäß eingesetzte C3-Verbindung 2-Chlorheptafluorpropan nicht zu übertragen. Die Druckschrift (3) werde in der nächstliegenden Druckschrift (1) als damaliger Stand der Technik gewürdigt, der nicht zufriedenstellend und verbesserungsbedürftig sei. Dies weise zusätzlich von einer Kombination beider Druckschriften weg.
V. Der Beschwerdegegner hat seinen Einwand der mangelnden Ausführbarkeit der Erfindung nach Artikel 100 b) EPÜ im Beschwerdeverfahren nicht aufrecht erhalten. Zur erfinderischen Tätigkeit hat er im wesentlichen vorgetragen, daß die Druckschrift (1) den nächstliegenden Stand der Technik darstelle. Demgegenüber habe die Aufgabe nicht in der verminderten Bildung von unerwünschten Olefinen bestehen können, da die Selektivität, welche ein Maß für die Bildung von Nebenprodukten darstelle, in den Beispielen 5 und 6 dieser Druckschrift jener im Beispiel des Streitpatents überlegen sei. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute durch das streitgegenständliche Verfahren trete nicht über die gesamte Breite des Anspruchs 1 ein. So könne eine verbesserte Raum-Zeit-Ausbeute nur auf eine kontinuierliche, nicht jedoch auf eine diskontinuierliche (Batch-) Verfahrensweise zutreffen, welch letztere gleichwohl vom geltenden Anspruch 1 mitumfaßt werde. So könne auch die Durchflußmenge der Reaktanden durch den Reaktor im Beispiel des Streitpatents beliebig verringert werden, ohne den Bereich des geltenden Anspruchs 1 zu verlassen, obwohl als Folge davon die behauptete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute ausbleibe. Daher habe die Aufgabe des Streitpatents nicht in der Bereitstellung eines verbesserten, sondern lediglich eines weiteren Verfahrens zur Herstellung von Heptafluorpropan bestanden. Die Druckschrift (1) enthalte einen direkten Bezug auf die Druckschrift (3), weswegen eine Kombination dieser beiden Druckschriften naheliege. Die Druckschrift (3) betreffe ein Hydrodehalogenierungsverfahren von Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffen mit einem Pd-Trägerkatalysator. In deren Beispiel 7, Tabelle VII werde diese Reaktion bei 280 C, unter Normaldruck und mit einem molaren Verhältnis des eingesetzten Wasserstoffes von 3:1 durchgeführt, ohne daß Olefin gebildet werde. Die naheliegende Kombination dieser spezifischen Verfahrensweise der Druckschrift (3) mit der Lehre der Druckschrift (1) führe ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Verfahren. Dieselbe Schlußfolgerung gelte auch für die Kombination der Lehre der Druckschrift (1) mit jener der Druckschrift (2). Letztere beschreibe die Hydrodehalogenierung eines spezifischen Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffes mit einem Pd-Trägerkatalysator, wobei zwar auch zusätzlich zwei bestimmte Olefine erzeugt würden, welche jedoch im streitgegenständlichen Verfahren wegen der unterschiedlichen chemischen Struktur des Ausgangs-Kohlenwasserstoffes nicht entstehen könnten, wie sich aus der Druckschrift (8) ergebe. Die Lehre der Druckschrift (4) ähnele jener der Druckschrift (3) und führe daher in Verbindung mit der Druckschrift (1) ebenfalls in naheliegender Weise zum Patentgegenstand. Die Druckschrift (6) gebe auf Seite 6, Zeilen 29 bis 35 einen Hinweis, daß die Verwendung eines Pd-Katalysators bei der Umsetzung von 2-Chlorheptafluorpropan mit Wasserstoff zu einem Austausch von Chlor durch Wasserstoff, d. h. einer Hydrodehalogenierung, führe und daß gegebenenfalls vorhandene olefinische Doppelbindungen durch Wasserstoffaddition reduziert würden. Auch entstünden olefinischen Doppelbindungen gemäß Seite 7, Zeilen 20 und 21 lediglich bei höherer Reaktionstemperatur. Damit stehe die Lehre der Druckschrift (6) im Einklang mit jener der Druckschriften (1) bis (4). VI. Der Beschwerdeführer hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in unveränderter Form aufrechtzuerhalten.
Der Beschwerdegegner hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung, die am 5. März 2002 stattfand, wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)
Der Beschwerdegegner hat den Einwand der mangelnden Ausführbarkeit wegen unzureichender Offenbarung der Erfindung im Beschwerdeverfahren nicht aufgegriffen und in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausdrücklich fallengelassen. Nachdem die Kammer überdies keine Veranlassung sieht, von sich aus die Ausführbarkeit in Zweifel zu ziehen, erübrigen sich weitere Ausführungen hierzu.
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Einziger Streitpunkt im Beschwerdeverfahren ist die Frage, ob der Widerruf des Streitpatents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit durch die Einspruchsabteilung aufrechtzuerhalten ist.
3.1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan durch Hydrodehalogenierung von 2-Chlorheptafluorpropan mit Wasserstoff in Gegenwart eines Katalysators. Die Druckschrift (1) beschreibt nun ein Verfahren zur Herstellung von Heptafluorpropan auf dem gleichen Syntheseweg. Die Kammer betrachtet daher diese Druckschrift, im Einklang mit der Vorinstanz, dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner, als nächstliegenden Stand der Technik.
Die genannte Druckschrift (1) offenbart in ihren Beispielen 5 und 6 ein Verfahren zur Herstellung von 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan durch Hydrodehalogenierung von 2-Chlorheptafluorpropan mit Wasserstoff in der Gasphase in Gegenwart eines nickelhaltigen Katalysators bei einer Reaktionstemperatur von 450 bzw. 500 C, einem Druck von circa 17 bar und einem molaren Verhältnis von Wasserstoff zu Chlorheptafluorpropan von 8:1 bzw. 9:1. In Beispiel 6 beträgt die Selektivität 99,4 % bei einem Umsatz von 91,3 %. Die geringe Bildung von unerwünschten Olefinen stellt die Druckschrift als Vorteil des Verfahrens heraus (Seite 1, Zeile 35; Seite 2, Zeile 30; Seite 5, Zeilen 8 bis 10).
3.2. Ausgehend von diesem nächstliegenden Stand der Technik hat der Beschwerdeführer insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer als auch in seinen Schriftsätzen vom 13. April 2000, Punkt 3 sowie vom 6. November 2001, Punkte 3.2 und 3.3 vorgetragen, daß er die patentgemäße Aufgabe gegenüber der Druckschrift (1) in der Bereitstellung eines verbesserten Verfahrens zur Herstellung von Heptafluorpropan mit a) geringerer Bildung unerwünschter Olefine und b) erhöhter Raum-Zeit-Ausbeute sehe.
3.3. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt das Streitpatent das Verfahren zur Herstellung von 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan gemäß Anspruch 1 vor, in welchem die Umsetzung an einem Pd-Trägerkatalysator bei einer Temperatur von 100 bis 300 C, einem Druck von 1 bis 5 bar und einem molaren Verhältnis des eingesetzten Wasserstoffs zu Chlorheptafluorpropan von 1:1 bis 3:1 durchgeführt wird.
3.4. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem Beschwerdegegner ist streitig, ob die technische Aufgaben a) und b) gemäß obigem Punkt 3.2 durch die vorgeschlagene anspruchsgemäße Lösung erfolgreich gelöst wird.
3.4.1. Zur Glaubhaftmachung des geltend gemachten Vorteils der verringerten Bildung von unerwünschten Olefinen des beanspruchten Verfahrens gegenüber der nächstliegenden Druckschrift (1), d. h. der erfolgreichen Lösung der technischen Aufgabe a), hat der Beschwerdeführer seinen Versuchsbericht vom 6. November 2001 angezogen.
3.4.1.1. Dieser Versuchsbericht enthält ein erfindungsgemäßes Beispiel und drei Vergleichsbeispiele. Für das erfindungsgemäße Beispiel wird zwar eine Olefinbildung von 0 % und für die Vergleichsbeispiele eine Olefinbildung von 1 bis 14 % angegeben. Indessen wird im Beispiel 6 der Druckschrift (1) eine Selektivität von 99,4 % erzielt, was eine geringere Olefinbildung von höchstens 0,6 % bedeutet. Außerdem wird in den Vergleichsbeispielen des Versuchsberichtes ohne Ausnahme ein Pd-Trägerkatalysator verwendet, während in der Druckschrift (1) ein nickelhaltiger Katalysator eingesetzt wird. Daher stehen die Vergleichsbeispiele des Versuchsberichtes weder hinsichtlich des verwendeten Katalysators noch der erzielten Ergebnisse mit dieser Entgegenhaltung in Einklang. Sie spiegeln nicht wahrheitsgetreu den nächstliegenden Stand der Technik und die Auswirkungen der patentgemäß vorgeschlagenen Lösung, nämlich im wesentlichen die Verwendung eines geträgerten Pd- an Stelle eines nickelhaltigen Katalysators, auf die Olefinbildung wider.
Aus diesen Gründen ist der vom Beschwerdeführer vorgenommene Vergleich unlauter und somit ungeeignet, eine Verbesserung des anspruchsgemäßen Verfahrens hinsichtlich der geringeren Bildung von Olefinen gegenüber Druckschrift (1) glaubhaftzumachen.
3.4.1.2. Die Kammer kommt folglich zu dem Schluß, daß der gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik behauptetete Vorteil der geringeren Bildung von unerwünschten Olefinen nicht hinreichend belegt ist.
Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern können Vorteile, auf die sich der Patentinhaber-Beschwerdeführer gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik beruft, die aber nicht hinreichend belegt sind, bei der Ermittlung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (siehe z. B. Entscheidung T 20/81, ABl. EPA 1982, 217, Punkt 3 der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall ist daher der behauptete Vorteil der geringeren Bildung von Olefinen des anspruchsgemäßen Verfahrens gegenüber der nächstliegenden Druckschrift (1) mangels hinreichenden Nachweises nicht bei der Festlegung der patentgemäßen Aufgabenstellung heranzuziehen.
3.4.2. Zur Glaubhaftmachung des geltend gemachten Vorteils der erhöhten Raum-Zeit-Ausbeute des beanspruchten Verfahrens gegenüber der nächstliegenden Druckschrift (1), d. h. der erfolgreichen Lösung der technischen Aufgabe b), hat der Beschwerdeführer den Versuchsbericht (9) angezogen. In diesem Versuchsbericht wird die vom Beschwerdeführer errechnete Raum-Zeit-Ausbeute der Beispiele 5 und 6 der Druckschrift (1) mit 0.09 Mol/l h und des Beispiels der Streitpatentschrift mit 2 Mol/l h angegeben.
3.4.2.1. Die für das streitgegenständliche Verfahren errechnete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute gegenüber der nächstliegenden Druckschrift (1) kann indessen nur auf die in diesem Beispiel angewandte kontinuierliche Verfahrensweise zutreffen, nicht jedoch auf eine diskontinuierliche (Batch). Gleichwohl umfaßt das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents auch die diskontinuierliche Verfahrensweise, welche somit die geltend gemachte Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute nicht aufweist. Diese Feststellung ist vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht bestritten worden.
3.4.2.2. Die für das streitgegenständliche Verfahren errechnete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute gegenüber der nächstliegenden Druckschrift (1) beruht auf den spezifischen Verfahrensparametern des Beispiels des Streitpatents, insbesondere auf den dort konkret angegebenen Durchflußmengen der Reaktanden durch den Reaktor. Diese Stoff-Durchflußmengen sind jedoch willkürlich gewählt und unterliegen anspruchsgemäß keinen Einschränkungen. So können die Durchflußmengen der Reaktanden durch den Reaktor im Beispiel des Streitpatents beliebig verringert werden, ohne den Bereich des geltenden Anspruchs 1 zu verlassen. Als Folge des verringerten Stoffdurchsatzes reduziert sich zwangläufig die Raum-Zeit-Ausbeute der streitgegenständlichen Verfahrensweise dramatisch, so daß die behauptete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute dann ausbleibt. Daher tritt eine Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute nicht im gesamten beanspruchten Umfange ein. Auch diese Feststellung ist vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht bestritten worden.
3.4.2.3. Folglich vermag der Versuchsbericht (9) den gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik behaupteteten Vorteil der höheren Raum-Zeit-Ausbeute nicht über die gesamte Breite des geltenden Anspruchs 1 glaubhaft zu machen.
Gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern kann eine technische Aufgabe - hier die Erzielung einer höheren Raum-Zeit-Ausbeute - jedoch nur dann bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, wenn sie als erfolgreich gelöst angesehen werden kann, d. h. wenn im vorliegenden Fall glaubhaft ist, daß im wesentlichen alle beanspruchten Verfahrensweisen eine verbesserte Raum-Zeit-Ausbeute ergeben (siehe z. B. T 939/92, ABl. EPA 1996, 309, Entscheidungsgründe Punkte 2.5.4 bis 2.6). Dieses Erfordernis spiegelt den allgemein anerkannten Grundsatz wider, daß der Umfang des durch ein Patent verliehenen Ausschließungsrechtes dem technischen Beitrag zum Stand der Technik entsprechen und durch diesen begründet sein soll. Nachdem im vorliegenden Fall die Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute nicht über die gesamte beanspruchten Breite eintritt, ergibt sich die Schlußfolgerung, daß die Erfindung wie sie im geltenden Anspruch 1 breit definiert ist, keine erfolgreiche Lösung dieser technischen Aufgabe b) darstellt, mit der Folge, daß die behauptete Verbesserung der Raum-Zeit-Ausbeute bei der Festlegung der objektiven Aufgabenstellung des Streitpatents und der Beurteilung dessen erfinderischer Tätigkeit unbeachtet bleibt.
3.4.2.4. Damit können im Ergebnis auch etwaige Zweifel an der zahlenmäßigen Berechnung des Beschwerdeführers hinsichtlich der in den Beispielen des Standes der Technik erzielten Raum-Zeit-Ausbeute dahinstehen, welche dadurch ausgelöst werden, daß die Druckschrift (1) das zu deren Berechnung notwendige Reaktorvolumen nicht nennt und das tatsächliche Reaktorvolumen aus den angegebenen Außenmaßen des Reaktors nur durch gedankliche Annahmen, die der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht wiederzugeben vermochte, bestimmt werden kann.
3.5. Aus diesen Gründen ist die vorstehend in Punkt 3.2 angeführte Aufgabenstellung umzuformulieren. Ausgehend von Druckschrift (1) als nächstliegendem Stand der Technik liegt dem Streitpatent somit lediglich die objektive Aufgabe zugrunde, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von im wesentlichen olefinfreiem 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan bereitzustellen (s. a. Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 10 bis 12).
3.6. Der Beschwerdegegner hat die erfolgreiche Lösung dieser patentgemäßen Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Herstellungsverfahrens nicht bestritten. Auch im Hinblick auf den Versuchsbericht vom 6. November 2001 des Beschwerdeführers hat die Kammer keinen Anhaltspunkt, den Erfolg der Lösung von sich aus in Zweifel zu ziehen. So zeigt das einzige erfindungsgemäße Beispiel 1 dieses Versuchsberichtes, daß bei patentgemäßer Verfahrensweise 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan frei von Olefinen erzeugt wird, denn es werden 0 % Hexafluorpropylen und 0 % Pentafluorpropylen gemessen.
3.7. Es bleibt nun zu untersuchen, ob der Stand der Technik dem Fachmann Anregungen bot, die genannte objektive Aufgabe durch die Bereitstellung des anspruchsgemäßen Verfahrens zu lösen.
3.7.1. Die Druckschrift (6) beschreibt ein Verfahren zur Dehalogenierung von 2-Chlorheptafluorpropan in Gegenwart von Wasserstoff zum Olefin Hexafluorpropylen. Auf Seite 6, Zeilen 29 bis 31 warnt diese Entgegenhaltung vor der Verwendung von Pd-Katalysatoren im Verfahren als schlechte Wahl, da diese Katalysatoren, zusätzlich zu dem gewünschten Produkt, auch zu einer Substitution des Chloratoms durch Wasserstoff in der Ausgangsverbindung führen. Das hier gewünschte Produkt ist das Olefin Hexafluorpropylen und die Substitution des Chloratoms durch Wasserstoff wird patentgemäß als Hydrodehalogenierung bezeichnet, die hier Heptafluorpropan ergibt. Damit lehrt die Druckschrift (6), daß beim Einsatz von Pd-Katalysatoren durch Dehalogenierung der Ausgangsverbindung 2-Chlorheptafluorpropan Hexafluorpropylen und gleichzeitig durch deren Hydrodehalogenierung Heptafluorpropan entsteht. Folglich entnimmt der Fachmann dieser Druckschrift, daß bei der Umsetzung der anspruchsgemäßen Ausgangsverbindung 2-Chlorheptafluorpropan unter der Verwendung eines Pd-Katalysators das anspruchsgemäße Zielprodukt Heptafluorpropan nur vergesellschaftet mit einem Olefin, nämlich dem Hexafluorpropylen, erhalten werden kann.
Vor die patentgemäße Aufgabe gestellt, ein weiteres Verfahren zur Herstellung von im wesentlichen olefinfreiem 1,1,1,2,3,3,3-Heptafluorpropan bereitzustellen (siehe Punkt 3.5 supra), weist die Lehre der Druckschrift (6), daß bei der Verwendung eines Pd-Katalysators Heptafluorpropan nicht olefinfrei erzeugt wird, sondern das Olefin Hexafluorpropylen gleichzeitig entsteht, den Fachmann von der Erfindung weg. Diese Lehre bringt ihn davon ab, die Verwendung eines Pd-Katalysators zur Erzeugung eines im wesentlichen olefinfreien Endproduktes in Betracht zu ziehen. Der Fachmann wird umso mehr durch seine zu keiner Zeit bestrittenen Kenntnis, daß die Bildung von Hexafluorpropylen wegen seiner Giftigkeit zu vermeiden ist (siehe Streitpatentschrift Spalte 1, Zeilen 10 bis 12), davon abgehalten, den erfindungsgemäßen Weg bei seinem Streben nach einer Lösung der patentgemäßen Aufgabe zu beschreiten. Die Lehre der Druckschrift (6) hat somit zur Folge, daß die Verwendung eines Pd-Trägerkatalysators im Herstellungsverfahren, welche die in Anspruch 1 vorgeschlagene Lösung darstellt, nicht als für den Fachmann naheliegend angesehen werden kann.
3.7.2. Der Beschwerdegegner hat eingewandt, daß im Verfahren der Druckschrift (6) gegebenenfalls vorhandene olefinische Doppelbindungen im Endprodukt durch Wasserstoffaddition reduziert würden. Dieser Behauptung steht entgegen, daß im Verfahren der Entgegenhaltung gerade ein Endprodukt mit einer olefinischen Doppelbindung, nämlich Hexafluorpropylen, erhalten wird.
Der Beschwerdegegner hat des weiteren eingewandt, daß gemäß Seite 7, Zeilen 20 und 21 olefinische Doppelbindungen lediglich bei höherer Reaktionstemperatur entstünden, weswegen über die Steuerung der Reaktionstemperatur die Bildung der Doppelbindungen vermieden werden könne. Am angegebenen Ort der Druckschrift (6) werden indessen lediglich Bereiche für die Reaktionstemperatur angegeben, ohne irgendeine Verknüpfung mit der Bildung von Doppelbindungen oder mit deren Vermeidung zu enthalten, so daß die Einwände des Beschwerdegegners nicht von den Tatsachen gestützt werden.
3.7.3. Nach einem weiteren Einwand des Beschwerdegegners enthalte die nächstliegende Druckschrift (1) einen direkten Bezug auf die Druckschrift (3), weswegen eine Kombination dieser beiden Druckschriften naheliege. Die Druckschrift (3) betreffe ein Hydrodehalogenierungsverfahren von Chlor-Fluor-Kohlenwasserstoffen mit einem Pd-Trägerkatalysator. Im Beispiel 7, Tabelle VII werde diese Reaktion bei 280 C, unter Normaldruck und mit einem molaren Verhältnis des eingesetzten Wasserstoffes von 3:1 durchgeführt, ohne daß Olefin gebildet werde. Die naheliegende Kombination dieser spezifischen Verfahrensweise der Druckschrift (3) mit der Lehre der Druckschrift (1) führe ohne erfinderisches Zutun zum beanspruchten Verfahren.
Die nächstliegende Druckschrift (1) nennt die Druckschrift (3) auf Seite 1, Zeile 16, allerdings würdigt sie diese als damaligen Stand der Technik, dessen Nachteile, z. B. hinsichtlich Olefinbildung (Seite 1, Zeile 35, Seite 2, Zeile 30, Seite 5, Zeilen 8 bis 10), es zu überwinden galt. Die Darstellung der Lehre der Druckschrift (3) in der Druckschrift (1) als nicht zufriedenstellend und verbesserungsbedürftig weist im Gegensatz zum Vorbringen des Beschwerdegegners gerade von einer Kombination der Lehre beider Druckschriften weg, so daß der Fachmann gerade davon abgehalten wird, diesen Weg bei seinem Streben nach einer Lösung der patentgemäßen Aufgabe zu beschreiten.
Auch das einzige Beispiel der Druckschrift (3), in dem keine Olefin-Bildung gemessen wird, vermag den Fachmann nicht in die vom Beschwerdegegner aufgezeigte Richtung einer Kombination dieser Lehre mit der Druckschrift (1) zu lenken. Dieses spezielle Beispiel der Druckschrift (3) betrifft die Hydrodehalogenierung einer C2-Chlor-Fluor-Verbindung, nämlich von 2-Chlortetrafluorethan, in Gegenwart eines Pd-Katalysators, bei welcher angabegemäß kein Olefin entsteht. Im Verfahren des Streitpatents wird hingegen von einer individuellen C3-Chlor-Fluor-Verbindung ausgegangen, für welche die Druckschrift (6) lehrt, daß sie in Gegenwart eines Pd-Katalysators Olefin bildet (siehe Punkt 3.7.1 supra). Dies zeigt dem Fachmann unzweifelhaft, daß die Lehre dieses speziellen Beispiels der Druckschrift (3) für diese spezifische C2-Chlor-Fluor-Verbindung 2-Chlortetrafluorethan gelten mag, jedoch nicht auf die im patentgemäßen Verfahren eingesetzte individuelle C3-Chlor-Fluor-Verbindung 2-Chlorheptafluorpropan übertragen werden kann.
Insoweit vermag das Vorbringen des Beschwerdegegners die Kammer nicht zu überzeugen, so daß aus den oben genannten Gründen die beanspruchte Lösung durch die Druckschrift (3) nicht nahegelegt wird.
3.7.4. Dieselbe Schlußfolgerung gilt im Ergebnis auch für die Druckschrift (4), denn sie enthält keine zusätzlichen Informationen in Hinsicht auf die patentgemäße Aufgabe und die anspruchsgemäße Lösung, die zu einer Veränderung der Beurteilung des Naheliegens führen könnten. So beschreibt sie ebenfalls die Hydrodehalogenierung von 2-Chlortetrafluorethan in Gegenwart eines Pd-Katalysators, ohne den Kern der erfindungsgemäßen Zielrichtung anzusprechen, ein im wesentlichen olefinfreies Endprodukt zu erhalten. Folglich vermag die Druckschrift (4) dem Fachmann auch keine Anregung zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe zu geben.
3.7.5. Der Beschwerdegegner hat schließlich auch die Druckschrift (2) angezogen, welche ein Verfahren zur Umsetzung von Trichlorpentafluorpropan mit Wasserstoff in Gegenwart eines Pd-Katalysators beschreibt. Dieses Verfahren führt gleichzeitig zu Pentafluorpropan und den Olefinen Pentafluorpropen und Monochlorperfluorpropen (Spalte 1, Zeilen 56 bis 60; Spalte 3, Zeile 25). Laut Ausführungsbeispielen 1 bis 3 werden die Olefine in diesem Verfahren auch in wesentlichen Mengen erzeugt, nämlich Pentafluorpropen mit 15 bis 27 % und Monochlorperfluorpropen mit 10. bis 41 % (Spalte 3, Zeile 75; Spalte 4, Zeilen 1 bis 4, 32 bis 35, 63 und 64).
Die Druckschrift (2) enthält zwar einen Hinweis auf die Verwendung eines Pd-Katalysators in einem Verfahren der patentgemäßen Art, allerdings lehrt sie die dabei unvermeidliche Bildung von olefinischen Fluorpropenen. Dies widerspricht der patentgemäßen Aufgabenstellung, nämlich ein Verfahren zur Erzeugung eines im wesentlichen olefinfreien Fluorpropans bereitzustellen. Daher vermag die Druckschrift (2) dem Fachmann auch keine Anregung zu deren Lösung zu geben.
Der Beschwerdegegner hat nun eingewandt, daß die beiden speziellen olefinischen Fluorpropene, die sich im Verfahren der Druckschrift (2) bildeten, im streitgegenständlichen Verfahren wegen der unterschiedlichen chemischen Struktur der Ausgangsverbindung nicht entstehen könnten, wie sich aus der allgemeinen Druckschrift (8) ergebe. Daher habe der Fachmann die unerwünschte Bildung von Olefinen nicht befürchtet, wenn er die Verfahrensweise der Druckschrift (2) auf das Verfahren der Druckschrift (1) übertrage, wodurch er in naheliegender Weise zum Patentgegenstand gelangt sei.
Ob die beiden speziellen olefinischen Fluorpropene, die sich im Verfahren der Druckschrift (2) ausgehend von Trichlorpentafluorpropan bilden, nun im streitgegenständlichen Verfahren ausgehend von 2-Chlorheptafluorpropan entstehen können oder nicht und ob der Fachmann sich gegebenenfalls dessen bewußt war, kann jedoch dahinstehen, denn die Schlußfolgerung des Beschwerdegegners, der Fachmann habe deswegen die unerwünschte Bildung von Olefinen im streitgegenständlichen Verfahren nicht befürchtet, ist jedenfalls unzutreffend. Sie läßt das Wissen des Fachmanns um die Lehre der Druckschrift (6) unberücksichtigt, die ihm die Erkenntnis nachgerade aufdrängt, daß bei der Umsetzung der patentgemäßen Ausgangsverbindung 2-Chlorheptafluorpropan das olefinische Hexafluorpropylen gebildet wird (siehe Punkt 3.7.1 supra). Der Fachmann ist sich somit im Widerspruch zum Vorbringen des Beschwerdegegners bewußt, daß die Bildung eines Olefins zu befürchten ist, wenn er von der patentgemäßen Ausgangsverbindung 2-Chlorheptafluorpropan ausgeht. Aus diesem Grund kann auch dieser Einwand des Beschwerdegegners nicht durchgreifen.
3.8. Die Kammer kommt daher zu dem Schluß, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents dem Fachmann durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wird und damit auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 52 (1) und 56 EPÜ beruht.
Der abhängige Anspruch 2 betrifft eine weitere Ausgestaltung des Herstellungsverfahrens gemäß Anspruch 1 und wird von dessen Patentfähigkeit getragen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtenen Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.