T 0780/00 02-12-2002
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Kolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit
Neuheit und erfinderische Tätigkeit - nach Änderung (bejaht)
Zustimmung zu Ausführungen einer Begleitperson - erteilt (Abschnitt 5)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 23. Mai 2000 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, in welcher festgestellt wurde, daß die geänderte Fassung des Patents EP 0 734 494 den Erfordernissen des EPÜ genügt, unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr, die am 24. Juli 2000 eingegangene Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist am 29. September 2000 eingegangen.
II. Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) in Verbindung mit den Artikeln 52 (1) und 56. EPÜ und im Hinblick auf Artikel 100 b) EPÜ angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war aber der Auffassung, daß die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem während der mündlichen Verhandlung am 10. April 2000 gestellten Antrag der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) nicht entgegenstünden.
III. Für die Argumentation im Beschwerdeverfahren wurden folgende Druckschriften herangezogen:
E1: US-A-4 354 715
E2: DE-A-1 902 235
E3: DE-A-3 236 536
E5: GB-A-2 253 884
E8: EP-A-0 631 050.
IV. Am 2. Dezember 2002 wurde mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents EP 0 734 494.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des Hilfsantrags I oder II, eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
V. Der der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegende Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage mit
- einem Pumpengehäuse (10), das einen Einlaß (12) für Hydraulikflüssigkeit in das Gehäuse (10) und einen Auslaß (14) aufweist, durch den geförderte Hydraulikflüssigkeit aus dem Gehäuse (10) austritt,
- einem im Pumpengehäuse (10) geführten Kolben (16), der Arbeitshübe ausführt, um Hydraulikflüssigkeit vom Einlaß (12) zum Auslaß (14) zu fördern,
- einer Ventilbaugruppe (20) im Förderweg der Hydraulikflüssigkeit durch das Gehäuse (10),
- einem Antrieb (18), der den Kolben (16) zum Fördern durch das Gehäuse (10) bewegt, und
- einer Rückstellfeder (34), die den Kolben (16) in Richtung auf den Antrieb (18) vorspannt, wobei
- der Kolben (16), die Rückstellfeder (34) und die Ventilbaugruppe (20) als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt im Pumpengehäuse (10) angeordnet sind,
dadurch gekennzeichnet, daß die Baugruppe mittels eines Teils (32) der Ventilbaugruppe (20) zusammengefügt ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I hat folgenden Wortlaut:
"Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage mit
- einem Pumpengehäuse (10), das einen Einlaß (12) für Hydraulikflüssigkeit in das Gehäuse (10) und einen Auslaß (14) aufweist, durch den geförderte Hydraulikflüssigkeit aus dem Gehäuse (10) austritt,
- einem im Pumpengehäuse (10) geführten Kolben (16), der Arbeitshübe ausführt, um Hydraulikflüssigkeit vom Einlaß (12) zum Auslaß (14) zu fördern,
- einer Ventilbaugruppe (20) im Förderweg der Hydraulikflüssigkeit durch das Gehäuse (10),
- einem Antrieb (18), der den Kolben (16) zum Fördern durch das Gehäuse (10) bewegt, und
- einer Rückstellfeder (34), die den Kolben (16) in Richtung auf den Antrieb (18) vorspannt,
dadurch gekennzeichnet, daß
- der Kolben (16) direkt vom Pumpengehäuse (10) geführt ist,
- daß der Kolben (16), die Rückstellfeder (34) und die Ventilbaugruppe (20) als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt und direkt in das Pumpengehäuse (10) eingesetzt sind, und
- daß die Baugruppe mittels eines Teils (32) der Ventilbaugruppe (20) zusammengefügt ist."
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag II ist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I durch zusätzliche Merkmale weiter eingeschränkt.
VI. Zur Stützung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des, der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Anspruchs 1 sei gegenüber dem aus den Figuren 8 und 11 der E8 zu entnehmenden Gegenstand nicht neu. Dasjenige Merkmal dieses Anspruchs, wonach der Kolben der Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe im Pumpengehäuse geführt werde, umfasse nicht nur eine direkte Führung des Kolbens im Gehäuse, sondern auch eine indirekte Führung. Aus E8 sei aber bereits eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe bekannt, bei welcher der Kolben in einem im Pumpengehäuse gelagerten Pumpenzylinder, und damit indirekt im Pumpengehäuse geführt werde. Der Pumpenzylinder bilde außerdem einen Federtopf einer Ventilbaugruppe und halte zugleich eine eigenständig handhabbare Baugruppe zusammen, die aus dem Kolben, einer Kolbenrückstellfeder und der Ventilbaugruppe bestehe.
Außerdem beruhe der Gegenstand des dem Hauptantrag zugrundeliegenden Anspruchs 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Aus E3 sei eine Kolbenpumpe bekannt, die sämtliche Merkmale des Oberbegriffs von dem, dem Hauptantrag zugrundeliegenden Anspruch 1 zeige und von der sich der Gegenstand dieses Anspruchs lediglich dadurch unterscheide, daß die aus Ventilbaugruppe, Kolben und Rückstellfeder bestehende Baugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt sei. Eine derartige Maßnahme sei jedoch durch E2 nahegelegt. E2 betreffe zwar einen Bremshauptzylinder, der Fachmann würde die daraus zu entnehmende Lehre, mittels eines Teils einer Ventilbaugruppe eine aus dieser Ventilbaugruppe, einem Kolben und einer Rückstellfeder bestehende Baugruppe zusammenzufügen, aber auch bei einer Kolbenpumpe für eine Fahrzeugbremsanlage berücksichtigen. Zum einen sei den Ausführungen auf Seite 14, Zeilen 22 bis 25 der E5 zu entnehmen, daß ein Bremshauptzylinder und eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zu einem gemeinsamen System gehörten. Zum anderen sei der grundsätzliche Aufbau und die Funktion beider Vorrichtungen gleich, insbesondere weil der in E2 gezeigte Bremshauptzylinder auch Bremsfluid fördern würde.
Darüber hinaus sei auch das Vorsehen der zusätzlichen Merkmale von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I naheliegend. Ob der Kolben einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe direkt vom Gehäuse oder von einer im Gehäuse angeordneten Gleitbuchse geführt werde, liege im Ermessen des Fachmanns. Da jedes Bauteil Geld koste, sei er jedoch eher bestrebt, auf eine Gleitbuchse zu verzichten und den Kolben direkt im Gehäuse zu führen, so wie es z. B. aus E1 bekannt sei. Die Anordnung der aus E2 bekannten Baugruppe direkt im Gehäuse der in E3 gezeigten Kolbenpumpe, derart, daß der Kolben direkt vom Pumpengehäuse geführt werde, sei daher eine selbstverständliche Maßnahme. Dies gelte umso mehr, als eine solche Anordnung auch schon aus E2 bekannt sei.
Folglich beruhe auch der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags I nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
VII. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Ausführungen widersprochen und hat folgendes vorgebracht:
Dasjenige Merkmal des ihrem Hauptantrag zugrundeliegenden Anspruchs 1, wonach der Kolben der Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe im Pumpengehäuse geführt werde, könne unter Berücksichtigung der Beschreibung nur so verstanden werden, daß der Kolben direkt im Pumpengehäuse geführt werde. Nachdem der zur Kolbenpumpe nach Figur 8 der E8 gehörige Kolben nur indirekt im Pumpengehäuse geführt werde, stehe E8 dem Gegenstand dieses Anspruchs nicht neuheitsschädlich entgegen.
Außerdem sei dieser Gegenstand durch den entgegengehaltenen Stand der Technik auch nicht nahegelegt. Ausgehend von einer Kolbenpumpe gemäß E3 würde der Fachmann die einen Hauptbremszylinder betreffende E2 niemals berücksichtigen, weil an diesen völlig andere Anforderungen gestellt würden als an eine gattungsgemäße Kolbenpumpe. Während der Kolben eines Bremshauptzylinders bei einem Hub von 2 bis 3 cm maximal 100 Hübe pro Minute zum Druckaufbau ausführen müßte, würde der Kolben einer gattungsgemäßen Pumpe bei einem Hub von nur 1 bis 3 mm etwa 3000 Hübe pro Minute zur Förderung einer Bremsflüssigkeit ausführen. Folglich würden bei einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe einerseits und einem Bremshauptzylinder andererseits völlig verschiedene Beanspruchungen, insbesondere Massenträgheiten auftreten, die eine Übertragung von Bauteilausgestaltungen von einer dieser Vorrichtungen auf die andere ausschlössen.
Im Hinblick auf den Anspruch 1 des Hilfsantrags sei dem vorliegenden Stand der Technik außerdem keine Anregung zu entnehmen, bei einer gattungsgemäßen Kolbenpumpe auf eine Gleitbuchse zu verzichten, und schon gar nicht, um damit die Herstellung und die Montage einer solchen Pumpe zu vereinfachen.
Folglich seien die Gegenstände der Ansprüche 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag neu und beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Neuheit
2.1.1. Für die Beurteilung der Neuheit spielt im vorliegenden Fall die Bedeutung des Merkmals von Anspruch 1 eine Rolle, wonach der Kolben im Pumpengehäuse geführt ist. Der Ansicht der Beschwerdegegnerin, daß darunter nur eine direkte Führung des Kolbens im Pumpengehäuse verstanden werden könne, kann sich die Beschwerdekammer nicht anschließen. Es ist zwar richtig, daß aus der Beschreibung des angefochtenen Patents hervorgeht, daß erfindungsgemäß auf eine Gleitbuchse verzichtet und der Kolben direkt in das Pumpengehäuse eingebaut werden soll (siehe z. B. Spalte 1, Zeile 51 bis Spalte 2, Zeile 2 des erteilten Patents). Diese Absicht wird in Anspruch 1 aber nicht deutlich zum Ausdruck gebracht. Vielmehr läßt die dort verwendete Formulierung offen, ob der Kolben direkt oder indirekt im Pumpengehäuse geführt werden soll. Dies gilt umso mehr, als erst in dem von Anspruch 1 abhängigen Anspruch 2 präzisiert wird, daß der Kolben direkt im Pumpengehäuse eingebaut sein soll.
Daher wurde für die vorliegende Entscheidung davon ausgegangen, daß Anspruch 1 sowohl eine direkte, als auch eine indirekte Führung des Kolbens im Pumpengehäuse beansprucht.
2.1.2. Die lediglich für die Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien gemäß Artikel 54 (3),(4) EPÜ zum Stand der Technik gehörige E8 offenbart, insbesondere in Figur 8 eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage (siehe Seite 2, Zeilen 5 bis 8) mit einem Pumpengehäuse (in das die in Figur 8 gezeigte Baugruppe z. B. entsprechend Figur 11 einzusetzen ist), das einen Einlaß für Hydraulikflüssigkeit in das Gehäuse und einen Auslaß aufweist, durch den geförderte Hydraulikflüssigkeit aus dem Gehäuse austritt (für den Fachmann selbstverständlich und somit implizit in Zusammenhang mit Figur 8 der E8 offenbart), einem (indirekt) im Pumpengehäuse geführten Kolben (126), der Arbeitshübe ausführt, um Hydraulikflüssigkeit vom Einlaß zum Auslaß zu fördern, einer Ventilbaugruppe (bestehend aus dem Ventilkörper 162, der Ventilfeder 166 und dem, die Ventilfeder abstützenden Zylinder 304) im Förderweg der Hydraulikflüssigkeit durch das Gehäuse, einem Antrieb, der den Kolben zum Fördern durch das Gehäuse bewegt (siehe Seite 11, Zeilen 39, 40 in Zusammenhang mit Seite 5, Zeilen 16 bis 18), und einer Rückstellfeder (160), die den Kolben in Richtung auf den Antrieb vorspannt, wobei der Kolben, die Rückstellfeder und die Ventilbaugruppe als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt im Pumpengehäuse angeordnet sind.
Diese Baugruppe ist aber nicht mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin wird sie nämlich nicht vom Zylinder (304) zusammengehalten, sondern von dem im Zylinder angeordneten Gleitring (146). Der Zylinder dient lediglich zur Aufnahme des Kolbens (126), der Rückstellfeder (160), des Ventilkörpers (162) und der Ventilfeder (166), er fügt diese Teile aber nicht zusammen. Die Halterung dieser Teile im Zylinder erfolgt ausschließlich durch den Gleitring (146), der so in der Nut (136) des Kolbens und der vom Zylinder gebildeten Kammer (136) angeordnet ist, daß sämtliche Teile der angesprochenen Baugruppe zusammengehalten werden.
2.1.3. Im Hinblick auf die weiteren im Beschwerdeverfahren genannten Entgegenhaltungen wurde die Neuheit des Gegenstands von Anspruch 1, der dem Hauptantrag zugrunde liegt, nicht in Frage gestellt. Eine Überprüfung durch die Beschwerdekammer hat ergeben, daß diese Entgegenhaltungen auch nicht relevanter sind als E8.
Der Gegenstand des der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden Anspruchs 1 ist daher neu.
2.2. Erfinderische Tätigkeit
2.2.1. Der diesem Gegenstand am nächsten kommende, vorveröffentlichte Stand der Technik geht unstrittig aus E3 hervor. Diese Entgegenhaltung offenbart insbesondere in der Figur 2 eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage mit einem Pumpengehäuse (1), das einen Einlaß (verbunden mit dem Ringkanal 24) für Hydraulikflüssigkeit in das Gehäuse und einen Auslaß (stromab vom Ventilelement 12, 13) aufweist, durch den geförderte Hydraulikflüssigkeit aus dem Gehäuse austritt, einem (indirekt) im Pumpengehäuse geführten Kolben (3), der Arbeitshübe ausführt, um Hydraulikflüssigkeit vom Einlaß zum Auslaß zu fördern, einer Ventilbaugruppe (26, 27, 28) im Förderweg der Hydraulikflüssigkeit durch das Gehäuse, einem Antrieb, der den Kolben zum Fördern durch das Gehäuse bewegt (siehe Seite 3, Absatz 3), und einer Rückstellfeder (siehe Anspruch 7 in Zusammenhang mit den Ansprüchen 6, 4 und 1), die den Kolben in Richtung auf den Antrieb vorspannt, wobei der Kolben und die Ventilbaugruppe als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt im Pumpengehäuse angeordnet sind und diese Baugruppe mittels eines Teils (28) der Ventilbaugruppe zusammengefügt ist.
Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach Anspruch 1 nur noch dadurch, daß auch die Rückstellfeder zu der eigenständig handhabbaren und von einem Teil der Ventilbaugruppe zusammengefügten Baugruppe gehört.
Die damit zu lösende Aufgabe kann darin gesehen werden, daß bei einer aus E3 bekannten Kolbenpumpe ein geringer Montageaufwand angestrebt wird.
2.2.2. Nachdem in E3 nicht gezeigt ist, wie die Rückstellfeder bei der in Figur 2 dargestellten Kolbenpumpe angeordnet sein soll, wird sich der Fachmann im Bereich der Kolbenpumpen für Fahrzeugbremsanlagen und in benachbarten Gebieten nach einer geeigneten Anordnung umsehen, mit der die vorangehend genannte Aufgabe gelöst werden kann.
Dabei wird er auch auf die E2 stoßen, aus deren einzigen Zeichnung er die Anregung entnehmen kann, mittels eines Teils (7) einer Ventilbaugruppe (7, 11, 15) eine Baugruppe zusammenzufügen, die nicht nur aus dieser Ventilbaugruppe und einem Kolben (2) besteht, sondern auch noch aus einer Rückstellfeder (16). Daß eine solche Baugruppe eine einfache Montage ermöglicht ist offensichtlich.
Daher ist es für den Fachmann naheliegend, die aus E2 zu entnehmende Anregung, eine Rückstellfeder in eine aus einem Kolben und einer Ventilbaugruppe bestehenden und von einem Teil der Ventilbaugruppe zusammengefügten Baugruppe zu integrieren, auch bei der aus E3 bekannten Kolbenpumpe zu nutzen, um den Montageaufwand auf diese Weise gering zu halten.
2.2.3. Die Ausführungen der Beschwerdegegnerin, wonach der Fachmann die E2 nicht berücksichtigen würde, sind demgegenüber nicht überzeugend. Es ist zwar richtig, daß die Bauteile einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe anderen Beanspruchungen ausgesetzt sind als die Bauteile eines Bremshauptzylinders. Dies spielt im vorliegenden Fall, im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Anordnung der Rückstellfeder von E2 auf die Vorrichtung nach E3, aber keine Rolle. Das Zusammenfügen eines Kolbens mit einer Ventilbaugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe ist sowohl aus E2 als auch aus E3 bekannt. Folglich können die unterschiedlichen Beanspruchungen der Vorrichtungen nach E2 und E3 keinen Einfluß auf diese Ausgestaltung haben. Es gibt auch keinen Grund für die Annahme, daß der Fachmann das Zusammenfügen der in der Kolbenpumpe gemäß E3 ohnehin vorhandenen Rückstellfeder mit der als Federkäfig wirkenden Halterung (28), wie es aus E2 bekannt ist, aufgrund der gegebenen Beanspruchungen ausschließen würde. Auch von der Beschwerdegegnerin wurde hierfür keine Begründung angegeben.
2.2.4. Folglich ist die Beschwerdekammer zur Schlußfolgerung gelangt, daß der Gegenstand des dem Hauptantrag zugrundeliegenden Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3. Hilfsantrag I
3.1. Änderungen
3.1.1. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags I unterscheidet sich von dem in der PCT-Anmeldung (WO-A-95/16859) veröffentlichten Anspruch 1 dadurch, daß er statt auf eine "Kolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit" speziell auf eine "Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage" gerichtet ist, sowie durch die zusätzlichen Merkmale, wonach
a) die Baugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt ist,
b) der Kolben direkt vom Pumpengehäuse geführt ist, und
c) die zur eigenständig handhabbaren Baugruppe gehörigen Teile direkt in das Pumpengehäuse eingesetzt sind.
Die Beschränkung auf die vorangehend genannte Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe ist durch die Beschreibungseinleitung der veröffentlichten Anmeldung (WO-A-95/16859) auf Seite 1, Zeilen 22 bis 32 gedeckt und die zusätzlichen Merkmale sind in Anspruch 3 (Merkmal a), in der Beschreibung auf Seite 2, Zeilen 26 bis 30 sowie der Figur 1 dieser Veröffentlichung offenbart (Merkmale b, c).
3.1.2. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 entsprechen den in WO-A-95/16859 veröffentlichten Ansprüchen 4 sowie 6 bis 14. Die Beschreibung wurde lediglich so geändert, daß sie an den Wortlaut der geänderten Ansprüche angepaßt ist.
3.1.3. Gegenüber dem erteilten Anspruch 1 ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I durch die zusätzlichen Merkmal a, b und c eingeschränkt, sowie durch die Angabe, daß die beanspruchte Pumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit speziell in den Hauptzylinder und/oder in die Fahrzeugbremsen der Fahrzeugbremsanlage vorgesehen ist.
3.1.4. Folglich erfüllen die geänderten Unterlagen gemäß Haupt- und Hilfsantrag sämtliche Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.
3.2. Neuheit
3.2.1. Nachdem der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I sämtliche Merkmale des dem Hauptantrag zugrundeliegenden Anspruchs 1 umfaßt und E8 dem Gegenstand des letzteren Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich entgegensteht (siehe Abschnitt 2.1.2), gilt dies auch für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I.
3.2.2. E1 offenbart (siehe z. B. Figur 4) eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit mit einem Pumpengehäuse, das einen Einlaß (Leitung zwischen Behälter 15 und Einlaßventil 63) für Hydraulikflüssigkeit in die Pumpe und einen Auslaß (Leitung zwischen Raum 61 und Ventil 10) aufweist, durch den geförderte Hydraulikflüssigkeit aus der Pumpe austritt, einem im Pumpengehäuse geführten Kolben (17), der Arbeitshübe ausführt, um Hydraulikflüssigkeit vom Einlaß zum Auslaß zu fördern,
einer Ventilbaugruppe (62) im Förderweg der Hydraulikflüssigkeit durch das Gehäuse, einem Antrieb (20), der den Kolben zum Fördern durch das Gehäuse bewegt, und einer Rückstellfeder (41), die den Kolben in Richtung auf den Antrieb vorspannt, wobei der Kolben direkt vom Pumpengehäuse geführt ist, und wobei der Kolben, die Rückstellfeder und die Ventilbaugruppe direkt in das Pumpengehäuse eingesetzt sind.
Die aus E1 bekannte Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe ist aber nicht zum Fördern von Hydraulikflüssigkeit in den Hauptzylinder (43) und/oder in die Fahrzeugbremsen (7) der Fahrzeugbremsanlage vorgesehen. Vielmehr dient die Pumpe zur indirekten Beeinflussung des Drucks der Hydraulikflüssigkeit zwischen Hauptzylinder und Fahrzeugbremse (über den Signalkolben 26).
Außerdem sind der Einlaß und der Auslaß kein Ein- bzw. Auslaß in das Pumpengehäuse, und die Baugruppe, bestehend aus dem Kolben, der Rückstellfeder und der Ventilbaugruppe ist keine eigenständig handhabbare Baugruppe, sondern sie ist auch noch mit einem weiteren Kolben (signal piston 26) verbunden. Ferner ist diese Baugruppe auch nicht mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt.
3.2.3. Wie aus dem weiter oben stehenden Abschnitt 2.2.1 hervorgeht, offenbart E3 eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe mit allen Merkmalen des Oberbegriffs von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I.
Der Kolben (3) dieser Pumpe ist jedoch nicht direkt vom Pumpengehäuse (1) geführt, sondern von einer in das Gehäuse eingesetzten Gleitbuchse (2). Außerdem sind der Kolben, die Rückstellfeder und die Ventilbaugruppe (26, 27, 28) nicht als eigenständig handhabbare Baugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt und direkt in das Pumpengehäuse eingesetzt. Vielmehr ist in E3 offenbart, daß lediglich der Kolben und die Ventilbaugruppe mittels eines Teils (28) der Ventilbaugruppe zu einer eigenständig handhabbaren Baugruppe zusammengefügt sind, die in die Gleitbuchse (2) eingesetzt ist.
3.2.4. E2 und E5 betreffen keine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe, sondern jeweils einen Bremshauptzylinder.
Der Bremshauptzylinder nach E2 umfaßt einen Kolben (2), eine Rückstellfeder (16) und eine Ventilbaugruppe (7, 11, 15), wobei diese Elemente als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt und direkt in den Bremshauptzylinder eingesetzt sind, und wobei diese Baugruppe mittels eines Teils (7) der Ventilbaugruppe zusammengefügt ist.
E5 offenbart lediglich einen Bremshauptzylinder für zwei voneinander unabhängige Bremssysteme.
3.2.5. Im Hinblick auf die vorangehenden Feststellungen ist der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I neu. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht angezweifelt.
3.3. Erfinderische Tätigkeit
3.3.1. Ausgehend von E3 liegt dem Gegenstand des geänderten Patents gemäß Hilfsantrag die Aufgabe zugrunde, eine gattungsgemäße Kolbenpumpe so weiterzubilden, daß der Herstellungs- und Montageaufwand verringert wird (siehe Beschreibung in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung, Seite 2 (ohne Spalten), Zeilen 12 bis 14).
3.3.2. Zur Lösung dieser Aufgabe ist es gemäß Hilfsantrag I vorgesehen, daß
- der Kolben direkt vom Pumpengehäuse geführt ist,
- der Kolben, die Rückstellfeder und die Ventilbaugruppe als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammengefügt und direkt in das Pumpengehäuse eingesetzt sind, und
- die Baugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe zusammengefügt ist.
3.3.3. Für die Gesamtheit dieser Maßnahmen gibt es im nachgewiesenen Stand der Technik keine Anregung.
Wie bereits im Abschnitt 2.2 dargelegt ist, legt E2 zwar nahe, einen Kolben, eine Rückstellfeder und eine Ventilbaugruppe mittels eines Teils der Ventilbaugruppe als eigenständig handhabbare Baugruppe zusammenzufügen und im Gehäuse eines Elements eines Bremssystems anzuordnen. E2 kann aber nicht dazu anregen, eine derartige Baugruppe direkt in das Gehäuse einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe einzusetzen und den Kolben direkt im Gehäuse zu führen.
Die aus Kolben (2), Rückstellfeder (16) und Ventilbaugruppe (7, 1, 15) bestehende Baugruppe ist zwar gemäß E2 direkt in das Gehäuse des Bremshauptzylinders (1) eingesetzt; dies ist aber bei Bremshauptzylindern die übliche Bauart, wie es z. B. auch durch E5 belegt wird. Die Führung des Kolbens eines Bremshauptzylinders in einer, in dessen Gehäuse eingesetzten Gleitbuchse ist dagegen nicht bekannt und wurde auch nicht nachgewiesen. Folglich kann E2 und auch E5 nicht dazu anregen, auf eine solche Gleitbuchse in einer gattungsgemäßen Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe, wie sie in E3 gezeigt ist, zu verzichten. Dies gilt umso mehr, als sich die Relativbewegungen zwischen Kolben und Gehäuse in einem Bremshauptzylinder einerseits und einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe andererseits aufgrund der unterschiedlichen Funktionen wesentlich voneinander unterscheiden. Bei einem Bremshauptzylinder wird der Kolben primär zum Druckaufbau mit relativ niedriger Frequenz über relativ lange Strecken bewegt. Bei einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe wird der Kolben dagegen primär zur Förderung einer Hydraulikflüssigkeit mit relativ hoher Frequenz über relativ kurze Strecken bewegt. Daher hat eine verschleißmindernde Lagerung des Kolbens bei einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe eine wesentlich größere Bedeutung als bei einem Bremshauptzylinder.
Auch E1 kann nicht dazu anregen, den Kolben einer Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe direkt im Pumpengehäuse zu führen. E1 zeigt in den Figuren 1 und 2 eine direkte Führung von Kolben (16, 17) im Pumpengehäuse, in Figur 3 die Führung eines Kolbens (17) in einem weiteren Kolben (signal piston 26) und einem im Pumpengehäuse angeordneten Ringelement (103) und in Figur 4 die Führung eines Kolbens (17) im Pumpengehäuse und in einem solchen Ringelement (103). Ein Hinweis darauf, die in den Figuren 1 und 2 gezeigte Kolbenanordnung dann zu wählen, wenn der Herstellungs- und Montageaufwand gering gehalten werden soll, ist aus E1 jedoch nicht zu entnehmen.
Doch selbst wenn der Fachmann bestrebt wäre, zur Kostenreduzierung auf ein oder mehrere Bauteile bei der aus E3 bekannten Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe zu verzichten, und es ihm aufgrund seines Fachwissens oder aus der E1 bekannt wäre, daß der Kolben einer solchen Pumpe auch direkt im Pumpengehäuse geführt werden kann, ist es für ihn nicht naheliegend, eine solche Führung bei der Vorrichtung nach E3 vorzusehen. Wie aus E3 ersichtlich ist, dient die dort in Figur 2 gezeigte Gleitbuchse nämlich nicht nur allein zur Führung des Kolbens, sondern auch noch zur Halterung eines Filterelements. Der Verzicht auf die Gleitbuchse in der Vorrichtung nach E3 wäre daher nicht ohne weitere konstruktive Maßnahmen zur Änderung und neuen Anordnung des Filterelements möglich.
3.3.4. Der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags I beruht somit auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4. Aufgrund der vorangehenden Betrachtungen ist die Kammer zur Auffassung gelangt, daß der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag I sowie der darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 die Erfordernisse der Patentierbarkeit erfüllt und diese Ansprüche zusammen mit der vorliegenden Beschreibung sowie den vorliegenden Zeichnungen eine geeignete Grundlage für eine Aufrechterhaltung des Patents im geänderten Umfang bilden.
Daher erübrigt es sich auf den Hilfsantrag II der Beschwerdegegnerin einzugehen.
5. Ausführungen einer Begleitperson während der mündlichen Verhandlung
5.1. Mit Schreiben vom 4. November 2002 (siehe Seite 7, Abschnitt XII, "Weitere Anträge") hatte die Beschwerdeführerin die Teilnahme einer Begleitperson an der mündlichen Verhandlung angekündigt und beantragt, dieser Begleitperson die Erlaubnis zu erteilen, Ausführungen zu machen, weil sie über besondere Kenntnisse im Bereich der Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpen verfüge.
Die Beschwerdegegnerin hat während der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, daß sie damit nicht einverstanden sei und hat beantragt, diese Begleitperson keine Ausführungen machen zu lassen, weil die Beschwerdeführerin nicht angekündigt habe, über welches Thema sie sprechen werde. Dies sei aber gemäß der Entscheidung G 4/95 (ABl. EPA, 1996, 412) eine Voraussetzung dafür, daß die Ausführungen einer Begleitperson zugelassen werden dürften.
5.2. Nach G 4/95 kann es einer Person, die den zugelassenen Vertreter eines Beteiligten begleitet, gestattet werden, unter Aufsicht des Vertreters mündliche Ausführungen zu konkreten rechtlichen oder technischen Fragen zu machen. Solche Ausführungen dürfen nur mit Zustimmung des EPA und nach seinem Ermessen gemacht werden. Bei der Ausübung des Ermessens ist unter anderem zu berücksichtigen, daß rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung ein Antrag auf Zulassung von Ausführungen einer Begleitperson gestellt wurde, in dem der Name und die Qualifikation der Begleitperson angegeben ist und der Gegenstand der beabsichtigten Ausführungen genannt ist.
5.3. Im vorliegenden Fall wurde im Antrag sowohl der Name, als auch die Qualifikation der Begleitperson explizit angegeben. Außerdem wurde beantragt, Ausführungen der Begleitperson zu erlauben, weil diese über besondere Kenntnisse im Bereich der Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpen verfüge. Dies stellt jedoch eine klare Ankündigung der Absicht dar, die Begleitperson Ausführungen über Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpen machen zu lassen, zumal auch das angefochtene Patent auf eine Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpe gerichtet ist.
Da der Antrag so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, daß die Beschwerdegegnerin erstens rechtzeitig darauf hinweisen hätte können, daß nach ihrer Auffassung nicht klar sei, über welchen Gegenstand die Begleitperson beabsichtigt Ausführungen zu machen, oder zweitens sich auf die Ausführungen zum Thema Fahrzeugbremsanlagenkolbenpumpen angemessen hätte vorbereiten können, hat die Beschwerdekammer entschieden, die Ausführungen der Begleitperson zuzulassen; dies umsomehr als für die Kammer jede potentielle Hilfe für die Sachaufklärung eindeutig vorrangig ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche:
1. bis 11 des Hilfsantrags I wie überreicht in der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2002;
Beschreibung und Zeichnungen:
wie von der Einspruchsabteilung aufrechterhalten.