T 0129/02 12-03-2003
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Gerät zum Entfernen von Körperhaaren
Matsushita Electric Works, Ltd.
MEPRO-EPILADY
Verfahren - patentfähige Erfindung (ja)
Verfahren - gewerblich anwendbar (ja)
Neuheit (ja))
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 3. Dezember 2001, die von zwei Einsprechenden eingelegten Einsprüche zurückzuweisen, am 31. Januar 2002 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet und am 15. April 2002 die Beschwerde schriftlich begründet.
II. Die Einsprüche waren auf die Einspruchsgründe nach den Artikeln 100 a) (bzw. den Artikeln 52 (1), 52 (2), 54, 56. und 57), 100 b) und 100 c) EPÜ, gestützt worden.
Im Beschwerdeverfahren wurden nur die auf Artikel 100 a) EPÜ gestützten Einspruchsgründe weiterverfolgt.
III. Am 12. März 2003 fand eine mündliche Verhandlung statt.
IV. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Verfahrensbeteiligte (Einsprechende I) nahm an der mündlichen Verhandlung nicht teil und hatte auch keinen schriftlichen Antrag gestellt.
V. Folgende Entgegenhaltungen haben während des Beschwerdeverfahrens noch eine Rolle gespielt:
D1: FR-A-2 588 732
D6: US-A-5 116 348
D7: US-A-5 108 410
D10: Auszug aus Lueger "Lexikon der Technik"; Bd. 13, Seite 390 "Feinwerktechnik"
D13: US-A-4 575 902.
VI. Die unabhängigen Ansprüche (wie erteilt) lauten wie folgt:
Anspruch 1:
"1. Gerät zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper mit einem in einem Gehäuse (2) gelagerten Motor sowie mit zwei gegeneinander austauschbaren auf das Gehäuse (2) aufsetzbaren und abnehmbaren Aufsatzteilen, nämlich einem ersten als Epilationskopf ausgebildeten Aufsatzteil und einem zweiten Aufsatzteil (20), welches Mittel zur Depilation aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß der Epilationskopf einen von dem Motor in Drehung versetzbaren Epilationszylinder (5) zum Epilieren der Körperhaare aufweist und das zweite Aufsatzteil (20) als Schneidvorrichtung zum Depilieren der Körperhaare ausgebildet ist und in dem zweiten Aufsatzteil (20) ein Getriebe (23) zum Antrieb der Schneidvorrichtung enthalten ist".
Anspruch 3:
"3. Aufsatzteil mit Mitteln zur Depilatiop für ein Gerät zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper mit einem in einem Gerätegehäuse (2) gelagerten Motor und einem Antriebsrad (4) sowie zwei gegeneinander austauschbaren auf das Gehäuse (2) aufsetzbaren und abnehmbaren Ausatzteilen, nämlich einem ersten als Epilationskopf ausgebildeten Aufsatzteil und einem zweiten Aufsatzteil (20), welches die Mittel zur Depilation aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß das zweite Aufsatzteil einen Langhaarschneider (22) und ein integriertes Getriebe (23) aufweist, wobei das Getriebe so ausgebildet ist, daß es von dem Antriebsrad antreibbar ist".
Anspruch 10:
"10. Verfahren zum Entfernen von Körperhaaren, dadurch gekennzeichnet, daß man zunächst ein zweites Aufsatzteil (20) mit einer Schneidvorrichtung und einem betriebe auf ein Haarentfernungsgerät aufsetzt und mit dem zweiten Aufsatzteil die Körperhaare depiliert und anschließend nach einem Zeitraum im Bereich von Tagen das zweite Aufsatzteil (20) gegen ein erstes Aufsatzteil (3) mit einem Epilationszylinder (5) austauscht und mit dem ersten Aufsatzteil die Körperhaare epiliert".
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Patentfähigkeit des Verfahrens nach Anspruch 10 (Artikel 52 (2) und (3) EPÜ)
2.1. Eine Erfindung muß technischen Charakter aufweisen oder, anders ausgedrückt, einen technischen Beitrag zum Stand der Technik leisten. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn sich das Patent auf Verfahren für gedankliche Tätigkeiten oder auf die Wiedergabe von Informationen als solche bezieht (Artikel 52 (2) und (3) EPÜ).
2.2. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein Verfahren zum Entfernen von Körperhaaren. Es handelt sich hier also nicht um eine gedankliche sondern um eine konkrete Tätigkeit mit einem gegenständlichen Ergebnis, nämlich dem Vorhandensein oder der Abwesenheit von Körperhaaren. Der Verfahrensanspruch gibt auch an, wie dieses Ergebnis zu erreichen ist, und zwar durch Vorgabe klarer Anweisungen, wie das Aufsetzen des Haarentfernungsgeräts, das Depilieren der Körperhaare mit diesem Aufsatzteil, anschließend das Abwarten eines Zeitraums, das Austauschen des Haarentfernungsgeräts gegen ein Aufsatzteil mit einem Epilationszylinder und das Epilieren der Körperhaare mit diesem Aufsatzteil.
Dies sind klare Anweisungen, die den Benutzer zum Handeln auffordern und sich damit von einer gedanklichen Tätigkeit oder Wiedergabe von Informationen insofern unterscheiden, als eine gedankliche Tätigkeit oder Wiedergabe von Informationen kein aktives Handeln vom Empfänger voraussetzt bzw. ihn auch nicht dazu anleitet.
2.3. Somit ist Anspruch 10 nicht als eine gemäß Artikel 52. (2), (3) EPÜ von der Patentfähigkeit ausgeschlossene gedankliche Tätigkeit oder Wiedergabe von Informationen anzusehen.
3. Gewerbliche Anwendbarkeit des Verfahrens nach Anspruch 10 (Artikel 57 EPÜ)
3.1. Eine Erfindung gilt als gewerblich anwendbar, wenn ihr Gegenstand auf irgendeinem gewerblichen Gebiet hergestellt oder benutzt werden kann. Daran kann im vorliegenden Fall kein Zweifel bestehen, weil das vorliegende Verfahren als kosmetisches Verfahren in Unternehmen angewendet werden kann, die sich die Verschönerung des menschlichen Körpers zum Ziel gesetzt haben. Solche Unternehmen der Kosmetikbranche, wie z. B. Kosmetik- oder Schönheitssalons, fallen unter den Begriff des Gewerbes im Sinne des Artikels 57 EPÜ, denn dieser Begriff setzt lediglich voraus, daß es sich bei dem Unternehmen um eine auf fortgesetzte, selbständige und auf Gewinn gerichtete Tätigkeit handelt. (Entscheidung T 144/83, Abschnitt 5, ABl. EPA 1986, 301).
3.2. Daß Anspruch 10 vorsieht, zwischen Depilation und Epilation einen Zeitraum im Bereich von Tagen abzuwarten, ist der gewerblichen Anwendbarkeit nicht abträglich, da nicht einsehbar ist, warum ein Verfahren, das in mehrere zeitlich versetzte Schritte unterteilt ist, nicht anwendbar sein sollte (im gegebenen Fall können zwei zeitlich versetzte Termine vereinbart werden, um das Verfahren durchzuführen).
3.3. Das Verfahren nach Anspruch 10 erfüllt somit auch die Voraussetzungen des Artikels 57 EPÜ.
4. Auslegung der Merkmale der Ansprüche 1 und 3
4.1. "Getriebe":
Anspruch 1 beinhaltet das Merkmal wonach "in dem zweiten Aufsatzteil (20) ein Getriebe (23) zum Antrieb der Schneidvorrichtung enthalten ist" und Anspruch 3 beinhaltet das Merkmal wonach "das zweite Aufsatzteil einen Langhaarschneider (22) und ein integriertes Getriebe (23) aufweist".
Die Beschwerdeführerin hat sich auf die in der D10 gegebene Definition berufen und ist davon ausgegangen, daß jede Einrichtung zum Übertragen vom Bewegungen, die wenigstens aus drei Gliedern besteht (wobei eines als Gestell festgelegt sein muß), ein Getriebe darstelle.
Die Beschwerdegegnerin hat die Auffassung vertreten, daß ein Getriebe mindestens zwei in kinetischer Verbindung stehende Elemente zur Übertragung der Bewegung beinhalten müsse.
In der Beschreibung des angefochtenen Patents wird "Getriebe" entweder im Zusammenhang mit einer "Anpassung", "Übersetzung" oder im Zusammenhang mit einem "Antriebsrad", "Kronrad" oder "Ritzel" offenbart (Patentbeschreibung Spalte 2, Zeilen 29, 30 und 41, 42; Spalte 3, Zeilen 27, 28 und 46,47). Es ist auch für einen Fachmann klar, daß im vorliegenden Fall das Getriebe dazu dienen soll, die Schwingfrequenz der Schneidvorrichtung gegenüber der Antriebsraddrehzahl so anzupassen, daß der Schneidevorgang effektiv und schmerzarm durchgeführt werden kann (Patentbeschreibung Spalte 2, Zeilen 29 bis 36).
Daher ist ein Getriebe im Sinne des Patents eine wenigstens aus drei Elementen bestehende Einrichtung, die wenigstens ein Element zur Übertragung, Anpassung oder Umwandlung der Bewegung zwischen dem Element, das die Bewegung in die Einrichtung antriebsseitig eingibt und dem Element, das die aus der Einrichtung abtriebsseitig ausgegebene Bewegung übernimmt, beinhalten muß.
Ein direkter Antrieb, wie zum Beispiel eine einfache Steckverbindung, die die Drehbewegung direkt ohne Zwischenelement weitergibt, stellt also kein Getriebe im Sinne des angefochtenen Patents dar.
Die Kammer möchte auch darauf hinweisen, daß das besagte Getriebe vollständig in dem betreffenden Aufsatzteil anzuordnen ist.
4.2. "Epilationszylinder":
Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, das jedes Epilationsgeräteteil, daß zylinderförmig ist, ein "Epilationszylinder" sei. Die Beschwerdegegnerin war der Ansicht, daß ein Fachmann unter "Epilationszylinder" ein Epilationsgeräteteil verstehe, das die Haare möglichst senkrecht zur Haut auszupfe und daß ein Geräteteil, das, auch wenn es zylinderförmig sein sollte, die Haare aber überwiegend mit seiner Stirnseite und parallel zur Haut auszupfe, kein "Epilationszylinder" sei.
In diesem technischen Bereich wird ein Fachmann unter "Epilationszylinder" ein Epilationsgeräteteil verstehen, bei dem die aktive Fläche, die durch Aneinanderreihen der die Haare auszupfenden Elemente gebildet wird, zylinderförmig ist.
4.3. Da sich der Gegenstand des Anspruchs 3 lediglich auf ein Aufsatzteil bezieht, ist dem Wort "zweite" im Satzteil des kennzeichnenden Teils "daß das zweite Aufsatzteil" keine Bedeutung beizumessen.
4.4. "Langhaarschneider":
Gemäß Anspruch 3 stellt der Langhaarschneider das Mittel zur Depilation dar. "Depilation" wird als Entfernen der Haare an der Hautoberfläche (Patent, Spalte 1, Zeilen 28, 29) definiert. Zusätzlich wird in der Patentbeschreibung, Spalte 3, Zeilen 7 bis 10 angegeben: "Mit Hilfe des Langhaarschneiders können ferner die Körperhaare derart vorbehandelt werden, daß der Benutzer in einem ersten Schritt die Körperhaare an der Oberfläche der Haut abschneidet, ...". Daher ist unter Langhaarschneider im Sinne des Patents eine Langhaarschneidvorrichtung zu verstehen, die die Haare direkt an der Hautoberfläche so kurz wie möglich abschert.
5. Neuheit
5.1. Die Beschwerdeführerin hat die D6 als neuheitsschädlich für die unabhängigen Ansprüche 1 und 3 bezeichnet.
5.2. Ansprüche 1 und 3:
In der D6, Spalte 4, Zeile 62 bis Spalte 5, Zeile 2 wird angegeben: "In an embodiment as shown in figures 10, 11 and 12, depilating member 2, clamping member 45 and housing part 46 are combined to form a depilating unit which can be exchanged with a detachable shaving unit of a shaving apparatus ... The depilating member 2 may then be coupled, for example, directly to the shaft 52 for the rotating shaving member".
Dem ist nicht zu entnehmen, ob die Schneidvorrichtung (shaving unit) anders als durch eine direkte Steckverbindung mit dem Rasierapparat antriebsmäßig verbunden ist. Wie bereits in Abschnitt 4.1 angegeben, ist aber eine direkte Steckverbindung kein Getriebe im Sinne des angegriffenen Patents.
Somit offenbart D6 auch kein im zweiten Aufsatzteil enthaltenes Getriebe. Dies ist aus Figur 11 auch nicht ersichtlich.
Die D6 offenbart auch keinen Epilationszylinder im Sinne des angefochtenen Patents (siehe Abschnitt 4.2, oben), da in D6 die aktive Fläche auch die plane (nicht zylindrische) Stirnseite miteinbezieht.
Daher ist die Neuheit des Gegenstandes der Ansprüche 1 und 3 gegeben.
5.3. Anspruch 10:
Zwar sehen die D6 und die D1 vor, zwei austauschbare Aufsatzteile mit demselben Gehäuse zu verwenden; wie genau mit den offenbarten Geräten verfahren werden soll, ist aus der D6 oder der D1 jedoch nicht zu entnehmen. Insbesondere ist ein Verfahren, das vorsieht, daß zwischen der Depilation und der Epilation ein Zeitraum im Bereich von Tagen liegen soll, aus der D6 oder der D1 nicht zu entnehmen. Aus der D6 und der D1 ist auch kein Aufsatzteil mit einer Schneidvorrichtung und einem Getriebe zu entnehmen. Daher ist das Verfahren nach Anspruch 10 neu.
Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 10 ist von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden.
6. Nächstkommender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 1
6.1. Die Beschwerdeführerin hat die Ansicht vertreten, daß die D1 den nächstkommenden Stand der Technik darstelle.
Dem kann die Kammer nicht folgen. Wie von der Beschwerdeführerin zugestanden, wäre, von der D1 ausgehend, ein Fachmann gezwungen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen, sowohl das Motorgehäuse als auch den Epilationskopf der D1 zu verwerfen, sodaß gegenständlich von der D1 überhaupt nichts übrig bliebe. Derartige Überlegungen können nicht als naheliegend betrachtet werden. Daher kann die D1 nicht den richtigen Ausgangspunkt darstellen, von dem ein Fachmann ausgehen würde, um in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents zu gelangen.
Die Beschwerdeführerin hat weiter ausgeführt, daß die D13 auch ein geeigneter Ausgangspunkt wäre.
Noch geeigneter erscheint aber die D7, die zwar grundsätzlich denselben Geräteaufbau wie die D13 offenbart, aber besser für die Verwendung von Aufsatzteilen geeignet erscheint als die D13.
6.2. Aus der D7 (Figur 2) ist ein Gerät bekannt zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper mit einem in einem Gehäuse (10) gelagerten Motor (60) und einem Epilationskopf, der einen von dem Motor in Drehung versetzbaren Epilationszylinder zum Epilieren der Körperhaare aufweist.
7. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1
7.1. Das Gerät gemäß der D7 (aber auch das Gerät gemäß der D13) unterscheidet sich vom Gerät gemäß Anspruch 1 dadurch, daß:
das Gerät zwei gegeneinander austauschbare auf das Gehäuse aufsetzbare und abnehmbare Aufsatzteile umfaßt, nämlich ein erstes als Epilationskopf ausgebildetes Aufsatzteil und ein zweites Aufsatzteil, welches Mittel zur Depilation aufweist, wobei das zweite Aufsatzteil als Schneidvorrichtung zum Depilieren der Körperhaare ausgebildet ist und in dem zweiten Aufsatzteil ein Getriebe zum Antrieb der Schneidvorrichtung enthalten ist.
7.2. Die zu lösende Aufgabe ist somit darin zu sehen, ein Gerät mit gesteigerter Effektivität und vermindertem Schmerzempfinden vorzuschlagen (siehe Patentbeschreibung Spalte 2, Zeilen 29 bis 35).
Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß das Gerät mit zwei austauschbaren Aufsatzteilen versehen ist, einem Epilationskopf und einem Depilationskopf, wobei im zweiten Aufsatzteil (Depilationskopf) ein Getriebe zum Antrieb der Schneidvorrichtung enthalten ist, um dadurch die Schwingfrequenz der im zweiten Aufsatzteil angeordneten Klinge gegenüber der Antriebsraddrehzahl zu optimieren.
7.3. Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, daß aus der D1 ein Gerät mit zwei Aufsatzteilen bekannt sei und zwar ein Gerät mit einem Epilationskopf und einem Depilationskopf (in Form einer Schneidvorrichtung) und daß es daher für einen Fachmann naheliegend sei, diese Lehre bei der D13 (bzw. der D7) anzuwenden. Ferner sei es für einen Fachmann offensichtlich, daß je nach Bedarf das Aufsatzteil mit der Schneidvorrichtung dem Motorantrieb anzupassen sei und er daher in naheliegender Weise ein Getriebe im betroffenen Aufsatzteil vorsehen würde.
7.4. Die Beschwerdeführerin hatte schriftlich auch vorgetragen, daß die Lehre der D6 mit der der D7 kombiniert werden könne, um so zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen.
7.5. Alledem kann die Kammer nicht folgen.
Beide Druckschriften, die D7 und die D13, offenbaren Geräte, die einen parallel zur Drehachse eines Antriebsrades, "waagerecht" angeordneten Epilationszylinder aufweisen, während die D6 und die D1 Geräte offenbaren mit einer zu dieser Anordnung um 90° versetzten Antriebsachse bzw. mit einem um 90° versetzten schwingenden Antriebsarm. Die Kompatibilität einer für die D6 oder D1 bestimmten Schneidvorrichtung wäre ohne grundlegende Änderungen an den Schneidvorrichtungen nicht gegeben.
Weder die D1 noch die D6 offenbart ein als Schneidvorrichtung ausgebildetes Aufsatzteil, das ein Getriebe beinhaltet. Somit offenbart keine der genannten Druckschriften, ein Getriebe in einem abnehmbaren Aufsatzteil anzuordnen, und daher kann auch eine Kombination dieser Druckschriften dieses Merkmal nicht offenbaren.
Auch der andere Stand der Technik gibt dem Fachmann keinen Hinweis, wie er einen solchen Umbau durchführen sollte.
7.6. Selbst wenn man, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht, davon ausginge, daß ein Fachmann aufgrund seiner allgemeinen Kenntnisse die Verwendung eines Getriebes in Erwägung ziehen würde, wäre es für ihn nicht überschaubar, ob der Nachteil der durch die Aufnahme eines Getriebes bedingten Verteuerung nicht den Vorteil, mit demselben Motorgehäuse zwei austauschbare Aufsatzteile antreiben zu können, übertreffen würde. Deshalb würde ein Fachmann einer aus den vorgeschlagenen Kombinationen resultierenden Umbau nicht vornehmen, wenn er nicht wüßte, daß er sich auch Vorteile daraus erhoffen könne.
7.7. Wie von der Beschwerdegegnerin angedeutet, wäre es einem Fachmann in diesem Fall eher zu unterstellen, daß er, um einen komplizierten Umbau zu vermeiden, auf ein anderes Schneidvorrichtungsprinzip zurückgreifen würde, welches auch ohne Getriebe einsetzbar wäre. Auch eine Regelung der Motordrehzahl könnte er in Betracht ziehen.
7.8. Somit beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
8. Nächstkommender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 3
8.1. Die Kammer hält die D6 für den nächstkommenden Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 3.
8.2. Die D6 (Spalte 4, Zeilen 62 bis 66) offenbart ein Aufsatzteil mit Mitteln zur Depilation für ein Gerät zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper, das eine Schneidvorrichtung aufweist.
9. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 3
9.1. Anspruch 3 hat ein Aufsatzteil für ein Gerät zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper zum Gegenstand. Dies bedeutet, daß das beanspruchte Aufsatzteil lediglich für ein solches Gerät geeignet sein muß. Die im Anspruch enthaltenen Merkmale, die sich auf das Gerät selbst (ohne Aufsatzteile) beziehen, können daher keine einschränkende Wirkung auf das beanspruchte Aufsatzteil haben.
9.2. Das Aufsatzteil gemäß der D6 unterscheidet sich vom Aufsatzteil gemäß Anspruch 3 dadurch, daß:
das Aufsatzteil einen Langhaarschneider und ein integriertes Getriebe aufweist, wobei das Getriebe so ausgebildet ist, daß es von einem Antriebsrad antreibbar ist.
9.3. Die Aufgabe ist darin zu sehen, das Aufsatzteil so zu gestalten, daß es mit einem Motorgehäuse zusammenwirken kann, das das Aufsatzteil über eine Antriebsrad antreibt.
9.4. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, daß ein Getriebe im Aufsatzteil integriert wird.
9.5. Von den von der Beschwerdeführerin angeführten Druckschriften offenbaren lediglich die D1 und die D6 Aufsatzteile mit Schneidvorrichtungen zur Depilation, wobei das Aufsatzteil gemäß der D6 kein Getriebe aufweist und in der D1 nicht näher auf die Ausgestaltung der Schneidvorrichtung eingegangen wird.
9.6. Die D7 offenbart zwar ein Geräteteil zum Entfernen von Haaren am menschlichen Körper, das eine Schneidvorrichtung (200) und ein integriertes Getriebe (182, 188, 203) aufweist, jedoch enthält dieses Geräteteil keine Mittel zur Depilation sondern nur Mittel zur Epilation in Form eines Epilationszylinders. Die darin offenbarte Schneidvorrichtung ist kein Langhaarschneider im Sinne des Patents (siehe Abschnitt 4.4, oben), da er kein Depilationsmittel darstellt, weil, wie in Figur 32 dargestellt und in der Beschreibung Spalte 13, Zeilen 30 bis 33 angegeben, die Schneidvorrichtung die Haare nicht direkt an der Oberfläche der Haut abschneidet, sondern sie auf eine kurze Länge zurückschneidet, sodaß sie noch vom Epilationszylinder erfaßt werden können.
9.7. Die Beschwerdeführerin hat auch vorgebracht, daß ein Fachmann, um das Aufsatzteil dem Motorantrieb anzupassen, aufgrund seiner allgemeinen Kenntnisse in naheliegender Weise ein Getriebe im betroffenen Aufsatzteil vorsehen würde.
9.8. Auch dem kann nicht gefolgt werden.
Beim Gegenstand des Anspruchs 3 handelt es sich lediglich um ein Aufsatzteil mit Langhaarschneider, das von einem Antriebsrad antreibbar ist.
Ein Langhaarschneider kann jedoch von einem Antriebsrad auch ohne Getriebe im Aufsatzteil angetrieben werden. Die Erkenntnis, daß eigentlich eine Anpassung an eine bestimmte Motordrehzahl vorzunehmen ist, beruht auf einer rückschauenden Betrachtungsweise, die nur in Kenntnis des angefochtenen Patents möglich ist.
9.9. Ferner braucht ein Fachmann einen Grund um zu handeln. Es geht nicht darum, ob ein Fachmann den Gegenstand des angefochtenen Patents hätte verwirklichen können, sondern vielmehr, ob er es in der Hoffnung auf eine Lösung der zugrundeliegenden technischen Aufgabe auch getan hätte. Im vorliegenden Fall hätte er auch den Nachteil der durch die Aufnahme eines Getriebes bedingten Verteuerung erkennen müssen und hätte deshalb, solange er auch auf Schneidvorrichtungen, die ohne Getriebe auskommen, zurückgreifen hätte können, auf ein Getriebe verzichtet.
9.10. Daher beruht der Gegenstand des Anspruchs 3 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
10. Nächstkommender Stand der Technik für den Gegenstand des Anspruchs 10
10.1. Für diesen Anspruch können sowohl die D6 als auch die D1 als nächstkommender Stand der Technik gesehen werden.
10.2. Die D6 (Spalte 4, Zeilen 62 bis 66) sowie die D1 (Seite 7, Zeilen 9 bis 17) offenbaren ein Gerät, bei dem eine Depilationseinheit und eine Epilationseinheit austauschbar auf demselben Gehäuse aufgesetzt werden können.
11. Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 10
11.1. Das Verfahren, das implizit durch die D6 und die D1 offenbart wird, unterscheidet sich vom Verfahren gemäß Anspruch 10, dadurch, daß:
ein zweites Aufsatzteil mit einem Getriebe verwendet wird,
sowohl eine Depilation als auch eine Epilation an denselben Haaren vorgenommen werden und
zwischen Depilation und Epilation ein Zeitraum im Bereich von Tagen abgewartet wird.
11.2. Die zu lösende Aufgabe ist darin zu sehen, die Effektivität zu steigern und das Schmerzempfinden zu vermindern (Patentbeschreibung, Spalte 2, Zeilen 29 bis 35; Spalte 4, Zeilen 5 bis 29).
Die Aufgabe wird dadurch gelöst, daß ein zweites Aufsatzteil mit ein Getriebe zum Antrieb der Schneidvorrichtung verwendet wird, um dadurch die Schwingfrequenz der im zweiten Aufsatzteil angeordneten Schneidvorrichtung gegenüber der Antriebsdrehzahl so zu optimieren (Patentbeschreibung, Spalte 2, Zeilen 29 bis 35), daß die Körperhaare durch Depilation auf gleiche Länge vorbereitet werden, was zu einer effektiveren Epilation führt, und daß dank des zeitlichen Abstands zwischen Depilation und Epilation nur noch die Haare, die sich in der ersten und zweiten Wachstumsphase befinden, epiliert werden müssen, wodurch eine geringere Anzahl an Haaren zu zupfen ist und so der Schmerz vermindert wird (Patentbeschreibung, Spalte 4, Zeilen 5 bis 29).
11.3. Die D7 (Figur 32) offenbart ein Gerät, das sowohl eine Schneidvorrichtung als auch einen Epilationszylinder trägt. Die D7, Figur 32, offenbart ein Schneiden der Haare vor der Epilation.
Jedoch entspricht das Schneiden der Haare nicht einer Depilation im Sinne des angefochtenen Patents, weil die Haare nicht direkt an der Hautoberfläche abgetrennt werden.
11.4. Falls ein Fachmann die Lehre der D7 bei einem Gerät gemäß der D6 oder der D1 anwenden wollte (indem er die Haare vor dem Epilieren schneidet), wären die Vorgänge nicht gleichzeitig sondern zeitlich nach einander durchführbar, weil die Tätigkeiten mit zwei verschiedenen Aufsatzteilen durchgeführt werden. In der D7 ist der zwischen Schneiden und Epilieren der Haare liegende Zeitraum konstruktionsbedingt (beide Vorgänge werden versetzt in einen Durchlauf des Gerätes ausgeführt) aber so kurz, daß er praktisch nicht quantifizierbar ist.
Daher kann bei einer Anwendung der Lehre der D7 bei einem Gerät gemäß der D6 oder der D1 auch kein Zeitraum zwischen Depilation und Epilation der im Bereich von Tagen liegt, entstehen.
11.5. Schließlich wird durch keines der zitierten Dokumente offenbart oder nahegelegt, ein Aufsatzteil mit Schneidvorrichtung und Getriebe zu verwenden und auch nicht offenbart oder nahegelegt, einen Zeitraum im Bereich von Tagen zwischen Depilation und Epilation abzuwarten. Somit kann auch keine Kombination der Lehren der zitierten Dokumente zum Gegenstand des Verfahrens nach Anspruch 10 führen.
11.6. Daher beruht das Verfahren nach Anspruch 10 auf einer erfinderischen Tätigkeit.
12. Einen Anlaß, von sich aus die im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemachten Einspruchsgründe nach Artikel 100 b) und e) EPÜ aufzugreifen, hat die Kammer nicht gesehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.