T 0335/03 26-07-2005
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Hauptantrag und Hilfsantrag 2: unzulässig geändert
Hilfsantrag 1: Fußnotenlösung in Konfliktsituation nach Artikel 123 (2) und (3) unzulässig
1. Aus "mit Epoxidharz bedeckt" oder "mit Epoxidharz ausgefüllt" kann weder "mit einer Beschichtung aus Epoxidharz bedeckt", noch "mit einer Beschichtung aus Epoxidharz ausgefüllt" im Sinne einer ursprünglichen Offenbarung abgeleitet werden.
2. Gemäß G 1/93 bietet das EPÜ keine Stütze für eine Fußnote in einem Anspruch, die folgenden Wortlaut hat: "Dieses Merkmal ist Gegenstand einer unzulässigen Erweiterung. Es können keine Rechte aus diesem Merkmal hergeleitet werden."
I. Das europäische Patent Nr. 0 803 711 (Anmeldenummer 96. 118 004.9) wurde von der Einspruchsabteilung mit der Begründung widerrufen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß der ihr vorliegenden Fassung eines Hauptantrags den Schutzbereich des erteilten Patents erweiterte und ein ihr vorliegender Hilfsantrag mit einem Anspruch 1, der eine beschränkende Fußnote enthielt, unzulässig war.
Gegen diese Entscheidung ist von der Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) Beschwerde eingelegt und beantragt worden, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten alternativ in der erteilen Fassung, in einer Fassung mit Fußnote (Disclaimer), einer Fassung des Anspruchs 1 ohne das Merkmal "Beschichtung" und einer Fassung des Anspruchs 1, die auf die Ausführungsform gemäß Figur 6 ("mit Epoxidharz ausgefüllt") gerichtet ist. Für den Fall, dass die Kammer keine Grundlage für eine Fußnoten-Lösung im EPÜ sieht, wird beantragt, diese Rechtsfrage der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.
Die Beschwerdeführerin hat noch das folgende Dokument eingereicht:
D34: "Deutsches Wörterbuch", K.-D. Bünting, Isis, Chur, 1996, Seiten 147 und 165
Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Aus D34 gehe hervor, daß sowohl "beschichten" als auch "bedecken" dieselbe Bedeutung hätten, nämlich "mit einer Schicht versehen". Daher sei daß Merkmal "daß der LED- Chip mit einer Beschichtung aus Epoxiharz bedeckt ist" in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Der Anspruch 1 in der erteilten Fassung gehe daher nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. Dies gelte auch für den Anspruch 1 ohne das Merkmal "Beschichtung", der außerdem im Einklang mit Artikel 123 (3) EPÜ stehe.
Das Ersetzen eines Gegenstands in den Ansprüchen durch einen anderen sei gemäß G 1/93 möglich, wenn die Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung dafür eine Grundlage biete und kein Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ vorliege. Diese Erfordernisse seien bezüglich des anhand der Figur 6 beschriebenen Ausführungsbeispiels ("mit Epoxidharz ausgefüllt") erfüllt.
II. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin I hat unter Hinweis auf die Entscheidungen T 528/93 und G 9/91 ausgeführt, dass der auf die erteilte Fassung gerichtete Antrag unzulässig sei, da die Einspruchsabteilung nicht über diesen Antrag, sondern nur über eine diesem gegenüber eingeschränkte Fassung entschieden habe. Abgesehen davon gehe der Gegenstand des erteilten Anspruchs bezüglich "Beschichtung" über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus. "Beschichten" und "bedecken" seien keinesfalls Synonyme, wie aus den von ihr eingereichten Dokumenten D31 bis D33 hervorgehe:
D31: Lueger Lexikon der Technik, 4. Auflage, Band 8, Seiten 68 und 69
D32: Brockhaus Die Enzyklopädie, 20. Auflage, 3. Band, Seiten 6 und 210
D33: Internetseite der FHTW Berlin ("Hauptgruppen technologischer Arbeitsverfahren nach DIN 8580")
Der erteilte Anspruch sei auch deswegen unzulässig erweitert, weil er zwei Fluoreszenzfilter definiere, eines im Oberbegriff, welches zwischen der Lichtquelle und der Anzeige angeordnet sei, und ein weiteres, welches in den LED-Chip als Epoxidharz mit eingemischten Fluoreszenzteilchen integriert sei. Die Anmeldung lehre aber nur das diskrete oder das integrierte Fluoreszenzfilter. Abgesehen davon sei der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neu und beruhe auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
Durch Weglassen von "Beschichtung" werde der Anspruch so geändert, dass der Schutzbereich erweitert sei. Außerdem beinhalte diese Version ebenfalls noch die unzulässige Erweiterung des "zweifach vorgesehenen Fluoreszenzfilters" und sei diesbezüglich auch nicht klar. Außerdem würde sich die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs genannte Weiterbildung der Anzeige nicht auf den beanspruchten Gegenstand, nämlich die Beleuchtung einer Anzeige, beziehen. Abgesehen davon sei der beanspruchte Gegenstand nicht neu gegenüber D17 (WO-A-97/50132) und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber D9 (US-A-3 875 456) und D3 (EP-A-0 692 406).
III. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin II hat ausgeführt, daß der Anspruch 1 in der erteilten Fassung aufgrund des Merkmals "Beschichtung" Artikel 123 (2) EPÜ verletze. Dieses Merkmal sei im Laufe des Prüfungsverfahrens eingeführt worden, um eine Abgrenzung gegenüber D3 (EP-A-0 692 406) und D5 (JP-A-08 007 614) zu bewirken, welche getrennte Filteranordnungen offenbarten, die den LED-Chip bedeckten. Ein beschränkendes Merkmal, das nicht in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sei, verletze nur dann nicht Artikel 123 (2) EPÜ, wenn es keinen technischen Beitrag zu der beanspruchten Erfindung liefere (G 1/93). Dies sei hier offensichtlich nicht der Fall.
Die Weglassung des Merkmals "Beschichtung" verstoße jedoch gegen Artikel 123 (3) EPÜ, da dadurch der Schutzbereich erweitert werde.
Ein Disclaimer in Form einer Fußnote sei schon in der Entscheidung G 1/93 als unzulässig verworfen worden, da es dafür wegen des verbindlichen Charakters des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ keine Grundlage im EPÜ gebe. Ein solcher Disclaimer sei auch nicht durch die Entscheidungen G 1/03 und G 2/03 gedeckt, die sich insbesondere nicht auf den vorliegenden Fall der unentrinnbaren Falle von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ bezögen.
Der Anspruch 1 gemäß dem sich auf "mit Epoxidharz ausgefüllt" beziehende Antrag verstoße ebenfalls gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Der Schutzbereich sei dadurch erweitert worden, daß durch das neue Merkmal des Ausfüllens mit Epoxidharz keine dünne Schicht erzeugt werde, was im Gegensatz zu der in dem erteilten Anspruch definierten Beschichtung stehe.
IV. Die Beschwerdegegnerin III (Einsprechende IV) hat folgende Dokumente eingereicht (Numerierung durch die Kammer):
D35: Deutsches Wörterbuch, G. Wahrig, 1980, Seiten 584 und 642
D36: German-English Technical and Engineering Dictionary, L. De Vries, 1972, Seiten 119, 156 und 171
Aus D35 gehe hervor, daß "bedecken" nicht das Gleiche bedeute wie "mit einer Schicht versehen". Das werde auch durch D36 bestätigt, wonach "bedecken" und "beschichten" in "to cover" bzw. "to coat" übersetzt würden. Auch das Wort "ausfüllen" habe nicht die Bedeutung von "beschichten". Selbst wenn "bedecken" die Bedeutung von "beschichten" hätte gemäß dem breiten Konzept, wie es aus D34 hervorgehe, so wäre "Beschichtung" eine Auswahl aus diesem breiten Konzept, die nicht aus den Anmeldungsunterlagen in der ursprünglichen Fassung abgeleitet werden könne.
In den ursprünglichen Unterlagen würden die Begriffe "bedecken" (Anspruch 7) und "ausfüllen" (Seite 5, Zeile 8) verwendet, und zwei diesen Begriffen entsprechende Ausführungsformen seien anhand der Figuren 2 bzw. 6 beschrieben. Der Anspruch 1 des Patents entspreche der Ausführungsform von Figur 6, wobei "ausfüllen" in Spalte 4, Zeile 8, erwähnt werde. Das bedeute, daß die ursprüngliche Beschreibung kein "beschichten", sondern nur "ausfüllen" offenbare. Im übrigen sei es übliche Praxis, für die Zulässigkeitsprüfung von Änderungen den Neuheitstest anzuwenden.
Die Streichung des Merkmals "Beschichtung" erweitere den Schutzbereich und verstoße gegen Artikel 123 (3) EPÜ, da dieses Merkmal eine besondere technische Bedeutung habe (G 1/93).
Die Einführung eines Disclaimers in Form einer Fußnote entspreche praktisch der Streichung eines Merkmals und würde daher ebenfalls den Schutzbereich erweitern. Ein solcher Disclaimer sei ganz verschieden von den Fällen gemäß G 1/03 und G 2/03 und sei schon in G 1/93 abgehandelt worden. Es sei daher nicht notwendig, den vorliegenden Fall der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.
Das Ersetzen von "Beschichtung" durch "ausfüllen" verletze Artikel 123 (3) EPÜ wegen der verschiedenen Bedeutung dieser Begriffe.
V. Zur Vorbereitung der von allen Parteien hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung, die am 26. Juli 2005 statt gefunden hat, hatte die Kammer eine vorläufige, sie nicht bindende Stellungnahme abgegeben.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin noch folgende Dokumente eingereicht:
D37: 5 Seiten aus dem Internet am 20. Juli 2005: "Epoxidharz aus Wikipedia, der freien Enzyklopedia"; "Epoxid-Harze flüssig und reaktivverdünnt" der Fa. Wela-Handelsgesellschaft; "Gießharz aus Wikipedia, der freien Enzyklopedia".
D38: Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, Teil I, Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Berlin und München, 2000, Seite 131
Außerdem hat sie zu dem Dokument D34 die Seite 118 (mit einer Definition des Begriffs "ausfüllen") eingereicht.
Die Beschwerdegegnerinnen haben in der mündlichen Verhandlung beantragt, das Dokument D37 nicht in das Verfahren einzuführen, da es nicht relevant sei. Außerdem sei das Veröffentlichkeitsdatum bei diesem Dokument aus dem Internet unklar und der Inhalt reflektiere nicht das allgemeine Fachwissen.
VI. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, das Patent auf der Grundlage eines Anspruchs 1 gemäß einem Hauptantrag bzw. Hilfsanträgen 1 und 2 - alle eingereicht in der mündlichen Verhandlung - aufrecht zu erhalten.
Die Beschwerdegegnerinnen haben in der mündlichen Verhandlung ihre Anträge auf Zurückweisung der Beschwerde wiederholt.
VII. Versionen des Anspruchs 1, die der Entscheidung zugrunde liegen, lauten wie folgt:
Hauptantrag:
"1. Beleuchtung einer Anzeige in einer Beleuchtungsfarbe mit einer durch eine Lichtquelle (4, 18) anderer Farbe als der Beleuchtungsfarbe durchleuchtbaren Anzeige, wobei die Lichtquelle (4,18) auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Anzeige angeordnet ist und zwischen Lichtquelle (4, 18) und Anzeige ein Fluoreszenzfilter (5, 22) angeordnet ist, welcher einen Tell des Lichts der Lichtquelle (4, 18) absorbiert und bei einer höheren Wellenlänge emittiert, dadurch gekennzeichnet daß die Lichtquelle eine einen LED-Chip (18) aufweisende Leuchtdiode ist, daß der LED-Chip (18) mit einer Beschichtung aus Epoxiharz (22), das eingemischte farbige Fluoreszenzteilchen (23) enthält, bedeckt ist, welches für das von dem LED-Chip (18) emittierte Licht den Fluoreszenzfilter bildet, und daß der Fluoreszenzfilter ein Teilfilter ist, durch den ein weiterer Tell des Lichtes des LED-Chips (18) ungefiltert hindurchtretbar ist, wobei die Spektren des nicht absorbierten Lichtanteils (13) und des mit höherer Wellenlänge wieder emittierten Lichtanteils (12) ein Licht mit einem resultierenden Spektrum (14) bilden, mit dem die Anzeige durchleuchtbar ist und wobei die Anzeige eine durchleuchtbare Anzeigetafel (1) ist, die auf einem lichtundurchlässigen Anzeigefeld (2) angeordnet ist und auf deren Rückseite die Lichtquelle (4, 18) angeordnet ist."
Hilfsantrag 1:
"1. Beleuchtung einer Anzeige in einer Beleuchtungsfarbe mit einer durch eine Lichtquelle (4, 18) anderer Farbe als der Beleuchtungsfarbe durchleuchtbaren Anzeige, wobei die Lichtquelle (4, 18) auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Anzeige angeordnet ist und zwischen Lichtquelle (4, 18) und Anzeige ein Fluoreszenzfilter (5, 22) angeordnet ist, welcher einen Teil des Lichts der Lichtquelle (4, 18) absorbiert und bei einer höheren Wellenlänge emittiert, dadurch gekennzeichnet, daß die Lichtquelle eine einen LED-Chip (18) aufweisende Leuchtdiode ist, daß der LED-Chip (18) mit einer Beschichtung* aus Epoxiharz (22), das eingemischte Fluoreszenzteilchen (23) enthält, bedeckt ist, welches für das von dem LED-Chip (18) emittierte Licht den Fluoreszenzfilter bildet, und daß der Fluoreszenzfilter ein Teilfilter ist, durch den ein weiterer Teil des Lichtes des LED-Chips (18) ungefiltert hindurchtretbar ist, wobei die Spektren des nicht absorbierten Lichtanteils (13) und des mit höherer Wellenlänge wieder emittierten Lichtanteils (12) ein Licht mit einem resultierenden Spektrum (14) bilden, mit dem die Anzeige durchleuchtbar ist und wobei die Anzeige eine durchleuchtbare Anzeigetafel (1) ist, die auf einem lichtundurchlässigen Anzeigefeld (2) angeordnet ist und auf deren Rückseite die Lichtquelle (4, 18) angeordnet ist.
Dieses Merkmal ist Gegenstand einer unzulässigen Erweiterung. Es können keine Rechte aus diesem Merkmal hergeleitet werden."
Hilfsantrag 2:
"1. Beleuchtung einer Anzeige in einer Beleuchtungsfarbe mit einer durch eine Lichtquelle (4, 18) anderer Farbe als der Beleuchtungsfarbe durchleuchtbaren Anzeige, wobei die Lichtquelle (4,18) auf der einem Beobachter abgewandten Seite der Anzeige angeordnet ist und zwischen Lichtquelle (4, 18) und Anzeige ein Fluoreszenzfilter (5, 22) angeordnet ist, welcher einen Tell des Lichts der Lichtquelle (4, 18) absorbiert und bei einer höheren Wellenlänge emittiert, dadurch gekennzeichnet, daß die Lichtquelle eine einen LED-Chip (18) aufweisende Leuchtdiode ist, die aus einem Gehäuse (15) besteht, in dem der LED-Chip (18) angeordnet ist, wobei das gesamte Gehäuse (15) mit einem eine Beschichtung bildenden Epoxiharz (22) ausgefüllt ist, das eingemischte farbige Fluoreszenzteilchen (23) enthält, welches für das von dem LED-Chip (18) emittierte Licht den Fluoreszenzfilter bildet, und daß der Fluoreszenzfilter ein Teilfilter ist, durch den ein weiterer Teil des Lichtes des LED-Chips (18) ungefiltert hindurchtretbar ist, wobei die Spektren des nicht absorbierten Lichtanteils (13) und des mit höherer Wellenlänge wieder emittierten Lichtanteils (12) ein Licht mit einem resultierenden Spektrum (14) bilden, mit dem die Anzeige durchleuchtbar ist und wobei die Anzeige eine durchleuchtbare Anzeigetafel(1) ist, die auf einem lichtundurchlässigen Anzeigefeld (2) angeordnet ist und auf deren Rückseite die Lichtquelle (4, 18) angeordnet ist."
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ist u. a. das Merkmal angegeben, dass der LED-Chip mit einer Beschichtung aus "Epoxiharz" (im folgenden: "Epoxidharz"), das eingemischte farbige Fluoreszenzteilchen enthält, bedeckt ist, welches für das von dem LED-Chip emittierte Licht den Fluoreszenzfilter bildet.
2.2 Für die ursprüngliche Offenbarung eines Gegenstands insbesondere mit diesem Merkmal im Sinne von Artikel 123(2) EPÜ sind die ursprünglichen Ansprüche 7 und 8 (siehe A-Schrift) relevant, in denen angegeben ist, dass der LED-Chip mit einem den Farbfilter bildenden eingefärbten Epoxidharz bedeckt ist. Dieser Wortlaut ist auch der ursprünglichen Beschreibung, siehe A-Schrift, Spalte 1, Zeilen 50 bis 58, entnehmbar.
2.3 Das Wort "Beschichtung" ist in den ursprünglichen Unterlagen nirgendwo angegeben, auch nicht in der Beschreibung, siehe A-Schrift, Spalte 3, Zeilen 25 bis 40, des sich auf die Verwendung eines Farbfilters aus eingefärbtem Epoxidharz beziehenden und in Figur 6 gezeigten Ausführungsbeispiels. Gemäß den Zeilen 36 bis 40 ist insbesondere angegeben, dass das gesamte Gehäuse (der Leuchtdiode) mit einem Epoxidharz ausgefüllt ist, das eingemischte farbige Fluoreszenzteilchen enthält. Wie aus der Figur 6 hervorgeht, ist der LED-Chip 18 mit dem Epoxidharz 23 bedeckt, was dem Wortlaut des ursprünglichen Anspruchs 7 entspricht, aber nicht beschichtet.
2.4 Der Begriff "Beschichtung" beinhaltet nämlich die Vorstellung, dass eine Schicht mit einem Verfahren erzeugt worden ist, das ihr zum einen laterale Dimensionen verleiht, die groß sind gegenüber der Dicke, und zum anderen, dass die Schicht fest an dem Körper, auf den sie aufgebracht ist, haftet. Bei der in Figur 6 in perspektivischer Ansicht und damit offensichtlich in etwa maßstabgerecht gezeigten Leuchtdiode ist das Gehäuse, in dem der LED-Chip 18 angeordnet ist, mit Epoxidharz ausgefüllt. Diese Ausfüllung stellt schon deswegen keine den LED-Chip bedeckende Beschichtung dar, weil die Dimensionen der Ausfüllung in vertikaler und horizontaler Richtung in etwa gleich sind. Was im Übrigen die weitere Eigenschaft einer Beschichtung anbelangt, so ist nicht in jedem Fall gewährleistet, dass das Epoxidharz fest an dem LED-Chip haftet, auch wenn Epoxidharz als Kleber Verwendung findet. In jedem Fall sind die Begriffe "bedeckt" und "beschichtet" keine Synonyme. Der Begriff "bedeckt" ist allgemeiner als "beschichtet". Allenfalls wird daher "beschichtet" von "bedeckt" umfasst.
2.5 Diese Interpretation ist durch die von den Parteien zur Begriffsklärung vorgelegten Dokumente gedeckt:
In D31 ist "Beschichten" unter I. definiert als "Aufbringen einer festhaftenden Schicht aus ursprünglich formlosem Stoff auf ein Werkstück." Als Verfahren sind beispielhaft genannt: Aufdampfen, Aufgießen und Galvanisieren. Unter II. und III. ist vom Aufbringen von Filmen bzw. filmartigen Überzügen die Rede. Die genannten Eigenschaften der relativen Dimensionen und des Haftens gehen somit deutlich aus D31 hervor.
D32 definiert "Beschichten" in ähnlicher Weise als "das Aufbringen festhaftender Schichten aus formlosen oder vorgeformten Werkstoffen auf einem Träger". Die genannten Beispiele in verschiedenen Gebieten der Technik verdeutlichen die o. g. Eigenschaft hinsichtlich der relativ geringen Dicke.
Die in D33 gegebene Definition von "beschichten" nennt den Aspekt der festen Haftung, während den angegebenen Beispielen deutlich der Aspekt der relativ geringen Dicke entnehmbar ist.
D34 definiert "beschichten" als "etwas mit einer dünnen Schicht versehen".
D35 definiert "beschichten" als "mit einer Schicht (Kunststoff, Lack u. ä.) versehen und "Beschichtung" als "die Schicht selbst".
D36 übersetzt "beschichten" u. a. mit "to coat, form a layer or a film" und "Beschichtung" mit "coating".
Es ist ersichtlich, dass die Dokumente D34 bis D36 die o. g. Definition einer "Beschichtung" hinsichtlich der Aspekte "Haftung" und "Dicke" stützen.
"Beschichtung" ist aber auch kein Synonym zu dem Begriff "Bedeckung", der in den ursprünglichen Unterlagen genannt ist. In folgenden der zitierten Dokumente finden sich Definitionen.
In D32 sind Definitionen nur für die Astronomie und Meteorologie angegeben, die offensichtlich auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sind.
D34 definiert "bedecken" mit "verhüllen", z. B. "Er bedeckte das Sofa mit einer Decke". Für "bedeckt" ist zwar als Definition angegeben "mit etwas, einer Schicht überzogen, versehen", aber aus dem angegebenen Beispiel "Die Berge waren mit Schnee bedeckt" und dem zuvor gegebenen Beispiel geht hervor, dass "bedecken" ein "loses Beschichten" einschließt und sich nicht ausschließlich auf "beschichten" im technischen Sinne, d. h. das Aufbringen fest haftender Schichten, bezieht.
D35 nennt für "bedecken" die Definition "zudecken, verhüllen (Fläche, Öffnung)".
D36 übersetzt "bedeckt" und "Bedeckung" mit "covered" bzw. "cover" und "coverage". Zwar wird auch "overgrown", genannt, was eigentlich auf das Aufwachsen einer Schicht hindeuten würde, offensichtlich aber nicht als Synonym, sondern allenfalls in dem Sinne, dass "bedeckt" der allgemeine Begriff ist, der den speziellen Begriff "aufgewachsen" mit umfasst.
In D37 ist zwar "to coat" übersetzt sowohl mit "beschichten" als auch mit "bedecken". Das widerspricht aber nicht der Vorstellung, dass "bedecken" allgemeiner ist als "beschichten" und dieses mit umfasst.
2.6 Die Beschwerdeführerin hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung die strittigen Begriffe "beschichten", "bedecken" und "ausfüllen" definiert habe, ohne dies druckschriftlich zu belegen. Dies stelle einen Begründungsmangel in der Entscheidung dar. Die Kammer stellt jedoch fest, dass die Frage der ursprünglichen Offenbarung bzw. der Erweiterung des Schutzbereichs in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung ausführlich diskutiert wurde, siehe die Niederschrift. Offensichtlich war es von der Patentinhaberin in dieser mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich gehalten worden zu verlangen, dass Wörterbücher und dgl. herangezogen würden, um die Bedeutung der strittigen Begriffe zu klären. Vielmehr war hier das allgemeine Fachwissen, wie es den Beteiligten und der Einspruchsabteilung zueigen war, für ausreichend gehalten worden. Darauf beruht auch die von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung gegebene Begründung, die daher von der Kammer als ausreichend angesehen wird.
2.7 Die Beschwerdeführerin hat anhand des Dokuments D37, das von der Kammer als verspätet formal nicht in das Verfahren eingeführt wurde, ausgeführt, dass Epoxidharz als Klebstoff und zum Vergießen von elektrischen Bauteilen verwendet werde. Bei dieser Verwendung ergebe sich eine festhaftende Verbindung, die nicht nur eine Bedeckung, sondern auch eine Beschichtung darstelle. Dies gehöre zum Standardwissen des Ingenieurs. Die Dokumente D34 bis D36 zeigten verschiedene Definitionen von "beschichten" und "bedecken". Eine Beschichtung sei auch nicht zwingend fest haftend. Abgesehen davon, dass eine Beschichtung nicht notwendigerweise dünn sei, handele es sich hierbei um eine relative Angabe, die zu einer Charakterisierung ungeeignet sei. Die Figur 6 des Patents sei nicht maßstabsgerecht hinsichtlich der Dicke der Bedeckung des LED-Chips mit Epoxidharz. Infolgedessen bilde eine Bedeckung mit Epoxidharz auch eine Beschichtung. Das Hinzufügen von "Beschichtung" sei nur redundant zu dem, was unter "Bedeckung mit Epoxidharz" ohnehin zu verstehen sei.
2.8 Diese Argumentation vermag die Kammer jedoch nicht zu überzeugen. Wie oben anhand der Dokumente D34 bis D36 gezeigt wurde, ist der Ausdruck "mit Epoxidharz bedeckt", wie er aus den ursprünglichen Ansprüchen 7 und 8 hervorgeht, allgemeiner als der nun für den vorliegenden Anspruch 1 verwendete Wortlaut "mit einer Beschichtung aus Epoxidharz bedeckt". Die Kammer ist der Meinung, dass für den engeren Wortlaut keine ursprüngliche Offenbarung vorliegt, da die dafür herangezogene Figur 6 keine Beschichtung aufweist. Das Epoxidharz weist nämlich über dem LED-Chip keine Dicke auf, die verglichen mit den lateralen Dimensionen klein ist. Auch die für eine Beschichtung notwendige feste Haftung ist bei der in Figur 6 des Patents dargestellten Anordnung nicht zwingend, da das gesamte Gehäuse mit Epoxidharz ausgefüllt ist. Eine Beschichtung mit Epoxidharz ist somit aus den ursprünglichen Unterlagen nicht herleitbar.
2.9 Es folgt daher, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag über den Inhalt in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, was eine Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ darstellt.
3. Hilfsantrag 1
Gemäß diesem Antrag ist der Anspruch 1 des Hauptantrags durch eine Fußnote ergänzt worden, durch die auf Rechte durch die unzulässige Erweiterung bezüglich "Beschichtung" verzichtet werden soll.
Die Große Beschwerdekammer hat jedoch in ihrer Entscheidung G 1/93 (ABl. EPA 1994, 541) festgestellt und begründet, siehe die Punkte 6 und 14 der Gründe, dass das EPÜ keine Grundlage für eine "Fußnoten-Lösung" der vorliegenden Art, nämlich des Ausschlusses von Rechten aus einer in einem Anspruch beibehaltenen unzulässigen Erweiterung, biete.
Die Beschwerdeführerin hat auf Punkt 16 der Begründung in G 1/93 hingewiesen, wonach es von den Umständen abhängt, ob die Hinzufügung eines nicht offenbarten Merkmals, das den Schutzbereich des Patents in der erteilten Fassung einschränkt, dem Zweck des Artikels 123 (2) EPÜ zuwider läuft, der verhindern soll, dass ein Anmelder für etwas Schutz erhält, das er am Anmeldetag nicht offenbart und vielleicht noch nicht einmal erfunden hatte, und sich dadurch einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft. Es sei ersichtlich, dass durch das Hinzufügen von "Beschichtung" im vorliegenden Fall ein solcher ungerechtfertigter Vorteil nicht erlangt werde.
Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass der genannte Punkt 16 von G 1/93 keinesfalls Umstände erkennen lässt, unter welchen eine Fußnoten-Lösung in einer Konfliktsituation nach Artikel 123 (2)/(3) EPÜ möglich wäre. Im Gegenteil, die Große Beschwerdekammer schließt diese Lösung kategorisch aus, siehe Punkt 14 von G 1/93. Daher sah die Kammer auch keine Veranlassung, eine diesbezügliche Frage erneut der Großen Beschwerdekammer vorzulegen.
Eine andere Frage ist die, ob durch das nicht offenbarte Merkmal "Beschichtung" lediglich ein Teil des Schutzbereichs ausgeschlossen wird, wodurch dem Anmelder kein ungerechtfertigter Vorteil entsteht. In diesem Fall könnte das Merkmal in dem Anspruch verbleiben. Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht erkennbar, dass das Merkmal nur eine formale Einschränkung bedeutet, es ist vielmehr Bestandteil der Lehre des Patents, da es bestimmte Eigenschaften bezüglich Haftung und Dicke impliziert.
Der Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag 1 ist daher nicht zulässig.
4. Hilfsantrag 2
In dem Anspruch 1 gemäß diesem Antrag ist ein Gehäuse definiert, in dem der LED-Chip angeordnet ist, wobei das gesamte Gehäuse mit einem eine Beschichtung bildenden Epoxidharz ausgefüllt ist. Ein solches Gehäuse ist bis auf das Merkmal, dass das Epoxidharz eine Beschichtung bildet, in den ursprünglichen Ansprüchen 7 und 8 sowie der ursprünglichen sich auf die Figur 6 beziehenden Beschreibung, siehe A-Schrift, Spalte 3, Zeilen 36 bis 40, offenbart.
Es ist wiederum für den Fachmann nicht erkennbar, dass das Epoxidharz in der in Figur 6 gezeigten Anordnung eine Beschichtung bildet, die, wie oben ausgeführt wurde, eine feste Haftung und eine gegenüber den lateralen Dimensionen geringe Dicke aufweisen müsste. Mindestens die letztgenannte Eigenschaft ist ersichtlich nicht vorhanden. Die Beschreibung ist vielmehr hinsichtlich des Ausfüllens des gesamten Gehäuses mit Epoxidharz konsistent mit der Figur 6. "Ausfüllen" bedeutet nach D34 "einen Raum gänzlich einnehmen", und nach D35 "voll machen, ganz füllen (Loch, Lücke)" bzw. "bedecken (Fläche)". Aus Letzterem geht hervor, dass sich "bedecken" im Sinne von "ausfüllen" auf eine Fläche bezieht und nicht auf einen Raum, wie in Figur 6 gezeigt. Auch wenn daher in dem ursprünglichen Anspruch 7 die Rede davon ist, dass der LED-Chip von einem Werkstoff bedeckt ist, der gemäß dem ursprünglichen Anspruch 8 ein Epoxidharz ist, so kann daraus nicht abgeleitet werden, dass das Gehäuse mit einem eine Beschichtung bildenden Epoxidharz ausgefüllt ist.
Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Hilfsantrag um ein Ersetzen eines Gegenstandes durch einen anderen handele. Die in G 1/93 (OJ 1994, 541) hierfür genannten Bedingungen hinsichtlich Artikel 123 (2) und (3) EPÜ seien erfüllt. Die Kammer kommt jedoch zu dem Schluss, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht und somit Artikel 123 (2) EPÜ verletzt. In der zitierten Entscheidung G 1/93 ist zwar unter Punkt 4. der Gründe ausgeführt, dass es bis dato unstrittig gewesen sei, dass hinzugefügte, nicht offenbarte technische Merkmale ohne Verstoß von Artikel 123 (3) EPÜ durch andere ersetzt werden dürften, insoweit als in diesen Fällen eine Grundlage in den ursprünglichen Unterlagen gefunden würde. Aber im vorliegenden Fall ist, wie gezeigt wurde, das Ersetzen von "mit einer Beschichtung aus Epoxidharz bedeckt" im erteilten Anspruch durch "mit einem eine Beschichtung bildenden Epoxidharz ausgefüllt" nicht möglich, da sich für ein Ausfüllen mit einer Beschichtung keine Stütze in den ursprünglichen Unterlagen findet. Das Ersetzen im Sinne der ursprünglichen Offenbarung (ohne "Beschichtung") hätte jedoch zu einer Erweiterung des Schutzbereichs geführt.
5. Auch unter Berücksichtigung aller wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der in Artikel 100 c) EPÜ genannte Einspruchsgrund einer Aufrechterhaltung des Patents entgegensteht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.