T 0518/03 09-02-2006
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Verfahren zur Bestimmung von Fortbewegungsgrössen und dazugehöriges Rad für Rollschuhe und Rollbretter
Ausführbarkeit der Erfindung - bejaht, nach Änderungen
Berücksichtigung von Klarheitsmängeln im Einspruchsverfahren
Erweiterung des Schutzbereichs - verneint
Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung
I. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) hat gegen die am 17. März 2003 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 0 954 359 zu widerrufen, die am 6. Mai 2003 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 17. Juli 2003 eingegangen.
II. Der Einspruch war gegen das Patent im gesamten Umfang gerichtet und stützte sich auf die in Artikel 100 a) und 100 b) EPÜ genannten Einspruchsgründe.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der in Artikel 100 b) EPÜ genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents entgegenstünde.
III. Am 9. Februar 2006 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis des Hauptantrags (Ansprüche 1 - 12) eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer oder auf der Basis der Hilfsanträge 1 - 4, eingereicht mit Schreiben vom 26. Januar 2006.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragt die Zurückweisung der Beschwerde und den Widerruf des Patents.
IV. Die geltenden Ansprüche 1 und 12 gemäß Hauptantrag haben folgenden Wortlaut:
"1. Rollschuh- oder Trockenskierrad mit einer drehfesten Drehachse (9, 19) und einem um die Drehachse drehbaren Radkörper, gekennzeichnet durch Mittel (4, 5) zur Messung der Geschwindigkeit des Rades und eine Steuerungselektronik (7) zur Signalverarbeitung zur Bestimmung von Fortbewegungsgrößen eines Benutzers mit Mitteln (7, 7a, 7b) zur Bestimmung seiner Drehgeschwindigkeit aus dieser Messung und Mitteln (7) zur Bestimmung der Bodenberührung des Rades, wobei das Mittel (4,5) zur Messung der Geschwindigkeit des Rades und die Steuerungselektronik vollständig im Rad angeordnet sind."
"12. Verfahren zur Bestimmung von Fortbewegungsgrößen, insbesondere Fortbewegungsgeschwindigkeit oder Fortbewegungsstrecke, eines sich auf einem Boden fortbewegenden Benutzers von Rollschuhen oder Trockenskiern unter Verwendung der Drehgeschwindigkeit wenigstens eines Rades des Rollschuhs oder Trockenskis, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bestimmung der Fortbewegungsgrößen die Bodenberührung des Rades berücksichtigt wird, und eine die Drehgeschwindigkeit des Rades beschreibende Messkurve, insbesondere kontinuierlich, aufgenommen und die Bodenberührung anhand in dieser Messkurve auftretender Knickstellen ermittelt wird, wobei nur Messdaten eines in Bodenkontakt befindlichen Rades zur Bestimmung der Fortbewegungsgrößen verarbeitet werden."
V. Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist die Erfindung gemäß der geltenden Anträge im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
VI. Demgegenüber hat die Beschwerdegegnerin Folgendes vorgetragen:
Der Bezug auf "Trockenski" in den Ansprüchen 1 und 12 sei nicht durch die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen gestützt und würde den Schutzbereich des Patents erweitern. Darüber hinaus sei das letzte Merkmal des Anspruchs 12 "nur" Messdaten eines in Bodenkontakt befindlichen Rades zur Bestimmung der Fortbewegungsgrößen zu verarbeiten nicht ursprünglich offenbart, weil in Absatz 2, Seite 8 der Anmeldungsunterlagen die weniger beschränkende Formulierung "stets lediglich" verwendet wird.
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 würden nicht alle zur Lösung der technischen Aufgabe erforderlichen wesentlichen Merkmale aufweisen. Aus Absatz 0015 in Verbindung mit Absatz 0037 der Patentschrift würde sich die Wesentlichkeit des Merkmals zur Winkelbestimmung zwischen der Aufsetzrichtung des Rades und der tatsächlichen Fortbewegungsrichtung des Benutzers ergeben. Darüber hinaus seien die Ansprüche unklar, weil die Begriffe "Geschwindigkeit des Rades" und "Drehgeschwindigkeit" nicht im üblichen Sinne verwendet würden und teilweise sogar im Widerspruch zur Beschreibung stünden, und weil in der Patentschrift nicht angegeben wird, was durch die "Steuerungselektronik" gesteuert wird.
Der Gegenstand des Anspruchs 12 sei auch deshalb nicht ausführbar, weil ein Fachmann die Bodenberührung nicht aus der Messkurve bestimmen könne. Dazu verweist die Beschwerdegegnerin auf die in der mit Schreiben vom 24. Oktober 2005 eingereichten Präsentation PP dargestellte Messkurve "Courbe de vitesse", zu der sie in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer erklärt hat, dass die Ordinate die Winkelgeschwindigkeit und die Abszisse die Zeit abbilden würden. Insbesondere für spezielle Fahrzustände, beispielsweise beidbeiniges Fahren, Abbremsen oder das Fahren von Pirouetten seien die in Figur 5 der Patentschrift gezeigten Knickstellen nicht repräsentativ für das Abheben bzw. Aufsetzen.
1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 und der Regeln 1 (1) und 64 b) EPÜ und ist daher zulässig.
2. Änderungen (im Vergleich zur erteilten Fassung)
2.1 Schutzgegenstand (Artikel 123 (2) EPÜ)
2.1.1 Im Oberbegriff des Anspruchs 1 wurde "Rad für Rollschuhe und Rollbretter" durch "Rollschuh- oder Trockenskierrad" ersetzt. Diese Änderung ist von den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, Seite 9, vorletzter Absatz gestützt.
Die Aufnahme der Steuerungselektronik in Anspruch 1 ist von dem ursprünglichen Anspruch 14 gedeckt. Im letzten Absatz auf Seite 3 und dem ersten Absatz auf Seite 7 wird deren Zweck beschrieben, nämlich eine Signalverarbeitung durchzuführen. Im die Seiten 7 und 8 überbrückenden Absatz wird beschrieben, dass die Steuerungselektronik bestimmte Fahrzustände des Rades, beispielsweise Beschleunigung, Konstantfahrt, Abbremsen oder die zurückgelegte Strecke bestimmt. Dadurch ist das Teilmerkmal "Steuerungselektronik ... zur Bestimmung von Fortbewegungsgrößen eines Benutzers" gestützt.
Dass die Steuerungselektronik die Mittel zur Bestimmung seiner Drehgeschwindigkeit umfasst, ist auf Seite 3, letzter Absatz, Sätze 2 bis 4 offenbart. Daraus ergibt sich, dass der durch die Raddrehung in der Spule induzierte Strom bzw. die induzierte Spannung in der Steuerungselektronik zur Bestimmung der Drehgeschwindigkeit des Rades verarbeitet wird.
Die Steuerungselektronik umfasst ferner Mittel zur Bestimmung der Bodenberührung des Rades. Dies ergibt sich im Hinblick auf ein Piezo-Element aus Seite 10, Absatz 3. Der von dem Piezo-Element erzeugte Strom bzw. die Spannung werden der Steuerungselektronik zugeführt (siehe Seite 7, Absatz 1) und es ist für den Fachmann offensichtlich, dass die Steuerungselektronik aus diesen Messwerten eine Bodenberührung bestimmt. Im Hinblick auf die Messkurve ergibt sich das Entsprechende aus dem die Seiten 7 und 8 überbrückenden Absatz.
Das letzte Merkmal ist sowohl durch die ursprünglichen Ansprüche 1 und 14 als auch die Figuren 1 bis 6 gestützt.
Die Streichung des Merkmals "und/oder der tatsächlichen Fortbewegungsgeschwindigkeit eines Benutzers des Sportgeräts" aus dem erteilten Anspruch 1 wird von der ersten Alternative des ursprünglichen Anspruchs 1 gestützt, der dieses Merkmal lediglich als alternatives, also nicht zwingend erforderliches Merkmal enthielt.
2.1.2 Die Änderungen im Oberbegriff des Anspruchs 12 sind ebenfalls durch die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen auf Seite 9, vorletzter Absatz gestützt.
Das letzte Merkmal dieses Anspruchs ist auf Seite 8, Absatz 2, Satz 2 offenbart. Diesbezüglich hat die Beschwerdegegnerin eingewandt, dass die geänderte Formulierung "nur" Messdaten eines im Bodenkontakt befindlichen Rades zu verarbeiten nicht durch die dort verwendete Formulierung "stets lediglich" gestützt sei. Dieser Auffassung konnte sich die Beschwerdekammer jedoch nicht anschließen, da gemäß Wahrig, Deutsches Wörterbuch und Duden, Bedeutungswörterbuch "stets lediglich" gleichbedeutend mit "immer nur" ist und die Kammer darin keinen Unterschied zu "nur" erkennen kann.
2.1.3 Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich der vorgenommenen Änderungen keine weitergehenden Bedenken erhoben und solche sind der Kammer auch nicht ersichtlich. Somit wird festgestellt, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen (Artikel 100 c) und 123 (2) EPÜ).
2.2 Schutzbereich (Artikel 123 (3) EPÜ)
2.2.1 Die Beschwerdegegnerin hat argumentiert, dass durch das Ersetzen des Bezugs auf Rollbretter durch Trockenski in den Ansprüchen 1 und 12 der Schutzbereich des Patents erweitert würde.
2.2.2 Der Schutzbereich des europäischen Patents wird gemäß Artikel 69 (1) Satz 1 EPÜ durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt. Da der Begriff "Trockenski" in den Ansprüchen 1 und 12 nicht näher definiert ist und eine allgemein anerkannte Bedeutung dieses Begriffes nicht nachgewiesen wurde, müssen die Patentansprüche ausgelegt werden.
Nach Satz 2 dieses Artikels sind zur Auslegung die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen. Aus dem Gesamtzusammenhang der Patentschrift, insbesondere Absatz 0031, ergibt sich nach Auffassung der Kammer für den fachkundigen Leser, dass dieser spezifische Begriff zur Bezeichnung der bekannten Roll-Ski bzw. Ski-Roller verwendet wird, also unter den allgemeineren Begriff "Rollbrett" fällt. Trockenskier sind als Beispiel solcher Rollbretter in Absatz 0031 der Streitpatentschrift offenbart. Der Beschwerdeführer bestätigte dieses Verständnis in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer.
2.2.3 Da der in der erteilten Fassung angegebene allgemeinere Begriff "Rollbrett" den Begriff "Trockenski" umfasst, ist durch die diesbezüglichen Änderungen in den Ansprüchen 1 und 12 der Schutzbereich des europäischen Patents nicht erweitert worden.
2.2.4 Die Beschwerdegegnerin hat bezüglich Artikel 123(3) EPÜ keine weitergehenden Bedenken erhoben und solche sind der Kammer auch nicht ersichtlich. Somit wird festgestellt, dass die Ansprüche 1 und 12 die Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ erfüllen.
2.3 Klarheit
2.3.1 Das Einspruchsverfahren sieht nur dann auf mangelnde Klarheit (Artikel 84 EPÜ) gestützte Einwände vor, wenn sie auf Änderungen im Einspruchsverfahren zurückgehen (siehe G 10/91, Gründe Nr. 19, ABl. 1993, 420; T 301/87, Gründe 3.7 und 3.8, ABl. 1990, 335). Waren die Unklarheiten bereits in den erteilten Ansprüchen vorhanden, so fehlen der Einspruchsabteilung und der Beschwerdekammer die Prüfungsbefugnis.
2.3.2 Schon aus diesem Grund muss die Beschwerdegegnerin mit dem Einwand scheitern, dass die unabhängigen Ansprüche 1 und 12 nicht alle zur Lösung der technischen Aufgabe erforderlichen, wesentlichen technischen Merkmale aufwiese, weil das Merkmal der Winkelbestimmung zwischen der Aufsetzrichtung des Rades und der tatsächlichen Fortbewegungsrichtung des Benutzers fehle.
Da dieses Merkmal auch in den erteilten unabhängigen Ansprüchen fehlte, betrifft es keine im Einspruchsverfahren vorgenommene Änderung.
2.3.3 Die Beschwerdekammer teilt die Ansicht der Beschwerdegegnerin, dass die Ansprüche 1 und 12 unklar sind, weil die Begriffe "Geschwindigkeit des Rades" und "Drehgeschwindigkeit" nicht im üblichen Sinne verwendet werden und teilweise sogar im Widerspruch zur Beschreibung stehen, und weil in der Patentschrift nicht angegeben wird, was durch die "Steuerungselektronik" gesteuert wird. Jedoch können diese Unklarheiten im Einspruchsverfahren - so bedauerlich das auch ist - nicht mehr korrigiert werden (im Prüfungsverfahren hätten sie leicht nach einem entsprechenden Einwand der Prüfungsabteilung beseitigt werden können), weil sie nicht auf Änderungen im Einspruchsverfahren zurückgehen.
Die sich daraus ergebenden Konsequenzen werden nachfolgend erörtert.
3. Ausführbarkeit
3.1 Artikel 100 b) EPÜ stellt hinsichtlich der Ausführbarkeit der Erfindung auf den Offenbarungsgehalt des europäischen Patents und den Fachmann ab. Beim Lesen wird der Fachmann den Offenbarungsgehalt der Patentschrift - falls erforderlich - durch sein allgemeines Fachwissen vervollständigen oder korrigieren. Der Fachmann ist nach Auffassung der Kammer ein Elektro- oder Maschinenbauingenieur mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Mess- und Regelungstechnik.
3.2 Interpretation der Ansprüche 1 und 12
Die Kammer hat untersucht, ob die genannten Unklarheiten (siehe 2.3.3) den Fachmann daran hindern würden, die beanspruchte Erfindung auszuführen.
3.2.1 In den Absätzen 0013 und 0036 der Patentschrift wird beschrieben, wie durch die Drehung des Rades ein Strom bzw. eine Spannung in der Spule 5 induziert wird, der/die proportional zur Drehgeschwindigkeit des Rades ist. Dieser Messwert wird der Steuerungselektronik zur Bestimmung der zurückgelegten Strecke zugeführt. Die Messung eines anderen Wertes, z.B. der Geschwindigkeit in Bewegungsrichtung des Rollschuhs, wird in der Patentschrift nicht erwähnt.
Deshalb wird der Fachmann das in Anspruch 1 genannte Merkmal "Mittel (4,5) zur Messung der Geschwindigkeit des Rades" nach Auffassung der Kammer im Sinne eines Mittels (4,5) zur Messung der Drehzahl oder Winkelgeschwindigkeit ? des Rades verstehen und das Merkmal "Mittel[n] (7, 7a, 7b) zur Bestimmung seiner Drehgeschwindigkeit" im Sinne von "Mittel[n] (7, 7a, 7b) zur Bestimmung seiner (Translations)-Geschwindigkeit" in Bewegungsrichtung des Rollschuhs oder Trockenskis.
3.2.2 Die Kammer teilt auch die Ansicht der Beschwerdegegnerin, Anspruch 1 sei unklar, weil in der Patentschrift nicht angegeben wird, was durch die "Steuerungselektronik" gesteuert wird. Nach Auffassung der Kammer, wird der Fachmann diesen Begriff aber im Sinne einer Auswerte- bzw. Verarbeitungselektronik verstehen, weil die Patentschrift ihn ausschließlich in diesem Sinne verwendet (siehe beispielsweise Absatz 0013, Zeilen 41, 42 der Patentschrift).
3.2.3 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen, stellt die Beschwerdekammer fest, dass die genannten Unklarheiten es dem Fachmann zwar erschweren mögen die Erfindung nach dem Anspruchswortlaut zu verwirklichen. Bei fachkundiger Berücksichtigung aller Informationen in der Patentschrift stehen sie der Ausführbarkeit jedoch nicht entgegen.
3.3 Steuerungselektronik
3.3.1 Die in Anspruch 1 genannte Steuerungselektronik verarbeitet die Signale, beispielsweise um daraus die Fortbewegungsgröße "zurückgelegte Strecke" zu bestimmen. Diese wird entweder aus der Umlaufgeschwindigkeit, also der Winkelgeschwindigkeit ?, bestimmt (siehe Absatz 0036) oder aus der Messkurve (siehe Absatz 0028). Darüber hinaus sind auch bestimmte Fahrzustände, beispielsweise Beschleunigung, Konstantfahrt oder Abbremsen bestimmbar (siehe Absatz 0028).
3.3.2 Die konkrete schaltungstechnische Ausbildung der Steuerungselektronik ist in der Patentschrift zwar nicht explizit beschrieben. Die Kammer hat jedoch keinen Zweifel, dass der oben genannte Fachmann mittels üblicher fachmännischer Überlegungen ohne Schwierigkeiten die elektrotechnische Umsetzung einer Steuerungselektronik für diese Zwecke verwirklichen kann.
3.4 Bestimmung der Bodenberührung
3.4.1 Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Beschwerdegegnerin, der Gegenstand des Anspruchs 12 sei nicht ausführbar, weil ein Fachmann die Bodenberührung nicht aus der Messkurve bestimmen könne.
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin zeigt die in der Präsentation PP dargestellte Messkurve "Courbe de vitesse" eine ähnliche Charakteristik wie die Messkurve gemäß Fig. 5 der Patentschrift. Sie zeigt insbesondere die genannten Knickstellen.
Gemäß Absatz 0028 sollen diese Knickstellen zur Bestimmung einer Bodenberührung von der Elektronik erfasst werden. Auch hier hat die Kammer keinen Zweifel, dass der Fachmann die Steuerungselektronik mittels üblicher Maßnahmen so ausbilden kann, dass damit die Knickstellen erfasst werden können.
3.4.2 Die Beschwerdeführerin hat ausgeführt, dass die Bodenberührung bei beidbeinigem Fahren, Abbremsen oder dem Fahren von Pirouetten nicht möglich sei. Diese Spezialfälle stehen der Ausführbarkeit der beanspruchten Erfindung jedoch nicht entgegen, denn es ist ausreichend, wenn das angestrebte Ergebnis in einigen - realistischen - Fällen erreicht wird (siehe T 487/91, Gründe Nr. 5, nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Dies ist vorliegend für "normale" Fahrzustände der Fall.
Im Übrigen sieht die Kammer im Falle des beidbeinigen Fahrens auch kein Ausführbarkeitsproblem, da der Fahrzustand "beidbeiniges Fahren" explizit in der Patentschrift gewürdigt ist (siehe Absatz 0029), wonach aus den Messwerten zweier Rollen ein Mittelwert zu bilden ist.
3.5 Gegenüber den weiteren Merkmalen den Ansprüche 1 und 12 hat die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer keine Bedenken mehr erhoben und der Kammer sind solche auch nicht ersichtlich.
3.6 Die Kammer hat auch keine Zweifel, dass mit dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 12, die der Erfindung zu Grunde liegende Aufgabe (die hinsichtlich der Vorrichtung in Absatz 0009 der Patentschrift angegeben ist) insbesondere die Bestimmung von Leistungsparametern gelöst wird.
3.7 Deshalb ist die in den Ansprüchen 1 und 12 beschriebene Erfindung im europäischen Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Artikel 100 b) EPÜ).
4. Zum geltend gemachten Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ hat die Einspruchsabteilung noch nicht Stellung genommen. Deshalb macht die Beschwerdekammer von der Möglichkeit nach Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ Gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Bearbeitung an die Einspruchsabteilung zurück.
5. Bei dieser Sachlage war es nicht erforderlich, die Hilfsanträge 1 bis 4 zu berücksichtigen.
6. Die Kammer weist für die weitere Bearbeitung darauf hin, dass die in Absatz 0009 der Patentschrift genannte Aufgabe unvollständig ist, weil sie nur den Gegenstand des Anspruches 1 nennt, nicht aber denjenigen des Anspruches 12.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochten Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.