T 0769/04 21-06-2007
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Druckregelvorrichtung für elektropneumatische Bremsanlagen von Fahrzeugen, insbesondere Nutzfahrzeugen
Änderungen - Zulässigkeit (bejaht)
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat am 3. Juni 2004 gegen die am 10. Mai 2004 zur Post gegebene Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das Europäische Patent EP 0 845 397 in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die schriftliche Begründung ist mit der Beschwerde eingegangen.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass die vorgebrachten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang gemäß dem während der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2004 eingereichten Hauptantrag nicht entgegenstünden.
Sie hat insbesondere die folgenden Entgegenhaltungen berücksichtigt, die auch von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung herangezogen wurden:
E1: EP-A-0 644 092
E2: EP-A-0 643 244
E3: EP-A-0 305 710
E5: DE-A-42 32 586
In der Beschwerdebegründung verwies die Beschwerdeführerin noch auf die Entgegenhaltung:
E6: DE-A 25 56 023
III. Am 21. Juni 2007 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents in vollem Umfang.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung auf der Grundlage des Hauptantrags oder Hilfsantrags, beide eingereicht mit Schreiben von 21. Mai 2007.
IV. Der Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt
"Von einem Druckluftvorrat gespeiste Druckregelvorrichtung zur Verwendung in elektropneumatischen Bremsanlagen von Fahrzeugen, mit durch Elektromagnete (23; 27) betätigbaren Ein- und Auslassventilen (33; 35) für die gesteuerte Be- und Entlüftung der pneumatischen Verbraucher der Bremsanlage, wobei eine von dem Einlassventil (33) gesteuert gespeiste, mit den Verbrauchern in Verbindung stehende Druckmittelkammer (39) der Druckregelvorrichtung hinsichtlich des mittels des Einlassventils (33) eingesteuerten bzw. des mittels des Auslassventils (35) abzubauenden Drucks unter kontinuierlicher Überwachung eines Drucksensors (31) steht, welcher die ermittelten Druckwerte an eine elektronische Steuereinheit (11) zur Betätigung der Elektromagneten (23; 27) des Einlassventils (33) bzw. Auslassventils (35) weiterleitet, wobei das zwischen dem Druckluftvorrat (3) und den Verbrauchern der Bremsanlage geschaltete Einlassventil (33) und/oder das zwischen den Verbrauchern und der Druckentlastung geschaltete Auslassventil (35) jeweils einen gegenüber einem Ventilsitz (51) schließbaren Ventilkolben (47; 50) aufweist, dadurch gekennzeichnet,
dass ein jeweiliger druckentlasteter Ventilkolben (47; 50) des jeweiligen Ventils (33; 35) von einem durch einen Anker des jeweiligen Elektromagneten (23; 27) gebildeten Betätigungsstößel zum Betätigen des jeweiligen Ventils (33; 35) verschiebbar ist,
dass der Ventilkolben (47; 50) mit einer solchen Kontur des Außenumfanges versehen ist, dass sich die radiale, den Strömungsquerschnitt definierende minimale Querschnittsfläche zwischen dem Ventilkolben und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub verändert,
und dass der Ventilkolben (47; 50) rotationssymmetrisch ausgebildet ist."
V. Die Beschwerdeführerin brachte im Wesentlichen Folgendes vor:
a) Aufgrund der Einführung der folgenden Merkmale i) bis iii) in den Patentanspruch 1 gehe dessen Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus:
i) ein jeweiliger druckentlasteter Ventilkolben des jeweiligen Ventils ist von einem durch einen Anker des jeweiligen Elektromagneten gebildeten Betätigungsstößel zum Betätigen des jeweiligen Ventils verschiebbar;
ii) die radiale, den Strömungsquerschnitt definierende minimale Querschnittsfläche verändert sich zwischen dem Ventilkolben und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub;
iii) der Ventilkolben ist rotationssymmetrisch ausgebildet.
Merkmal i)
Eine Formulierung entsprechend dem Wortlaut des Merkmals i) sei in den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Merkmal ii)
Der Begriff einer radialen minimalen Querschnittsfläche, die den Strömungsquerschnitt definieren solle, lasse sich entgegen der Darstellung der Einspruchsabteilung in der Zwischenentscheidung nicht aus der zum Absatz [014] des Streitspatents korrespondierenden Textstelle der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung herleiten. In den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen sei weder eine radiale minimale Querschnittsfläche definiert, noch deren Beziehung zum Strömungsquerschnitt offenbart. Den ursprünglich eingereichten Unterlagen sei auch nicht implizit zu entnehmen, dass für die Definition des Strömungsquerschnittes eine radiale minimale Querschnittsfläche eine Rolle spielen könnte. Aus der Darstellung des Strömungsquerschnittes "Q2" in der Figur 3 der ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl. die Zone anfänglicher Hubänderungen) sei erkennbar, dass nicht nur die radialen, sondern auch noch die axialen Komponenten des Durchflusskanals beim Strömungsquerschnitt eine Rolle spielten.
Darüber hinaus setze die Einführung des Wortes "radial" voraus, dass eine Achse und ein Radius vorhanden bzw. definiert sein müssten. Dies sei nicht der Fall. Deshalb sei das Merkmal ii) so unklar, dass es im Kontext mit dem Anspruch keinen technischen Sinn ergebe, was wiederum die Ausführbarkeit des damit definierten Gegenstandes in Frage stelle.
Merkmal iii)
Weder die Zeichnungen, noch die Beschreibung der ursprünglich eingereichten Anmeldung enthielten Angaben bezüglich der rotationssymmetrischen Ausbildung des Ventilkolbens. Die Zeichnungen 2A-2C der ursprünglich eingereichten Anmeldung zeigten im Gegenteil einen Ventilkolben 47, der mit Axialbohrungen versehen und somit nicht rotationssymmetrisch ausgebildet sei. Auch die aus dem Stand der Technik gemäß E1 bis E3 bekannten Kolben (E2: Figuren 2-5; E1 und E3: rechter Kolben der Ventileinrichtung) zeigten, dass es auch nicht üblich sei, derartige Ventilkolben rotationssymmetrisch auszubilden. Aus der im ursprünglich eingereichten Anspruch 3 konkret beschriebenen "konisch zulaufenden" Ausbildung des Ventilkolbens lasse sich auch nicht die allgemeinere rotationssymmetrische Ausbildung des Ventilkolbens herleiten. Außerdem bezeichne eine strichpunktierte Linie in einer halbseitigen Darstellungsweise nur die Mittellinie von symmetrischen Teilen. Sie könne nicht als Stütze für eine vermeintliche Rotationssymmetrie herangezogen werden.
b) Neuheit
In Anwendung der Entscheidung T 153/85 (ABl. EPA 1988, 1) umfasse der Offenbarungsgehalt des Dokuments E2 ebenfalls den Inhalt von E3, denn in E2 werde ausdrücklich auf E3 (vgl. Spalte 2, Zeile 15) verwiesen. Sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 gingen aus dem Inhalt der Dokumente E2 und E3 hervor. Insbesondere zeige E3 wie der Betätigungsstößel 2 den Hauptventilkörper 44 direkt verschiebe. Dieser Ventilkörper sei rotationssymmetrisch ausgebildet (Merkmal iii)) und in gewissen Betriebszuständen druckentlastet (Merkmal i)). Der Ventilkörper gemäß Figur 1 von E2 weise einen zusätzlichen konischen Ansatz 3 auf, der mit dem ihn umgebenden Ventilgehäuse 1 eine radiale minimale Querschnittsfläche bilde, die den Strömungsquerschnitt definiere und sich in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub verändere (Merkmal ii)).
c) Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergebe sich in naheliegender Weise aus der Kombination E1/E2+E3. Diese Dokumente seien durch Querverweise eng verknüpft (vgl. E2: Spalte 2, Zeile 15 und E3: Spalte 3, Zeile 58) und bezögen sich auf eine Druckregelvorrichtung nach der im Oberbegriff des Anspruchs angegebenen Gattung. Wenn der Fachmann ausgehend von E1 mit der Aufgabe konfrontiert werde, sowohl schnelle Druckänderungen bei vollem Strömungsquerschnitt als auch feinfühlige langsame Druckänderungen bei kleinem Strömungsquerschnitt zu steuern, liege es auf der Hand, den Ventilkolben mit einem zusätzlichen konischen Ansatz gemäß Figur 1 von E2 auszustatten und somit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen, ohne erfinderisch tätig zu werden.
Auch aus der Kombination E5/E6 ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in naheliegender Weise. Ausgehend von E5 stelle sich für den Fachmann die Aufgabe, die Nachteile der bei E5 verwendeten Vorsteuerung zu vermeiden und den Aufwand zu reduzieren. Die Entgegenhaltung E6 beschreibe eine Druckregelvorrichtung, bei der die Ventilkolben jedes Ventilpaares in druckentlasteter Bauweise ausgeführt und jeweils in Abhängigkeit vom Hub eines von einem Magnetanker gebildeten Betätigungsstößels verschiebbar sei. Dadurch sei die Druckregelvorrichtung verhältnismäßig einfach aufgebaut und sie könne schnell ansprechen (E6: Seite 3, Absätze 1-3). Der Fachmann werde daher zur Lösung der vorgenannten Aufgabenstellung die aus E6 bekannte direkte Betätigung der Ventile anstelle der Vorsteuerung einsetzen.
In ähnlicher Weise ergebe sich der Gegenstand des Anspruchs 1 aus der Kombination E2/E6. Ausgehend von der Ventileinrichtung gemäß E2 stelle sich für den Fachmann die Aufgabe, den mit der Vorsteuerung verbundenen Nachteil einer zu langen Ansprechzeit zu vermeiden. Zur Lösung dieser Aufgabe werde daher der Fachmann die aus E6 bekannte direkte Betätigung der Ventile anstelle der Vorsteuerung einsetzen.
VI. Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lassen sich die Gegenargumente der Beschwerdegegnerin wie folgt zusammenfassen:
In der angefochten Entscheidung habe die Einspruchsabteilung zutreffend ausgeführt, aus welchen Gründen eine Grundlage für die in den erteilten Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale i), ii) und iii) in den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu finden sei (Artikel 123 (2) EPÜ).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei neu gegenüber dem Inhalt von E2/E3. Weder eine Zusammenschau der Dokumente E1/E2, noch der Dokumente E2/E6 oder E5/E6, könne in naheliegender Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 führen.
1. Die Beschwerde erfüllt die Erfordernisse der Artikel 106 bis 108 EPÜ sowie der Regel 64 EPÜ. Sie ist daher zulässig.
Hauptantrag
2. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 84, 83, 123 (2) und (3) EPÜ)
2.1 Bei der Frage, ob die strittigen, in den Anspruch eingeführten Merkmale unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen hervorgehen, kommt es nicht auf eine wortwörtliche Formulierung der Merkmale an, sondern auf das, was der Fachmann aus der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung ableiten kann.
2.2 Merkmal i)
In den Zeilen 23-29 der Spalte 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung EP-A-0 845 397 (nachfolgend als E0 bezeichnet) ist angegeben, dass der Ventilkolben Mittel zur Druckentlastung aufweist. Als Ausführungsbeispiel für diese Mittel sind Bohrungen zitiert, welche in den Figuren 2-3 von E0 dargestellt sind. Diese Bohrungen erstrecken sich durch den Ventilkolben, so dass zu beiden Stirnseiten des Ventilkolbens Druckentlastung besteht. Weiterhin ist in den Zeilen 47-49 der Spalte 4 von E0 erwähnt, dass der Ventilkolben von einem Betätigungsstößel verschiebbar ist. Einlassventil und Auslassventil werden in gleicher Weise betätigt (E0: Spalte 5, Zeilen 5 ff). Merkmal (i) war somit ursprünglich offenbart.
2.3 Merkmal ii)
Aus den Zeilen 30 bis 44 der Spalte 4 in Verbindung mit den Figuren 2A-2C von E0 geht hervor, dass zwischen dem konturierten Außenumfang des Ventilskolbens und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse ein Strömungsquerschnitt gebildet wird, der sich in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub verändert. Durch diesen Strömungsquerschnitt wird der Luftstrom nach Maßgabe des Hubs dosiert. In der Figur 3 sind die mittels der Konturen erzielbaren "Strömungsquerschnitte" Q1-Q3 in Abhängigkeit vom Hub wiedergegeben (E0: Spalte 3, Zeilen 10-14).
Der Fachmann weiß, dass der für die Dosierung des Luftdurchsatzes maßgebende Strömungsquerschnitt durch die engste, quer zur Strömungsrichtung verlaufende Durchflussquerschnittsfläche des Ventils definiert wird, wobei diese zwischen Außenumfang des Ventilkolbens und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse des jeweiligen Ventils liegen soll. Bei der Betrachtung der in den Figuren 2A-2C dargestellten Konturen erkennt der Fachmann sofort, dass die maßgebende Fläche die radiale minimale Querschnittsfläche zwischen Ventilkolben und Ventilgehäuse ist. Der Begriff der radialen minimalen Querschnittsfläche ist nicht unklar. Sie ist die kleinste Querschnittsfläche in einer Ebene, die quer, bzw. senkrecht, zur Fließrichtung des Luftstroms verläuft, wobei die Fließrichtung durch den Außenumfang des Ventilkolbens und den Innenumfang des den Kolben umgebenden Ventilgehäuses gegeben ist (vgl. E0, Spalte 2, Zeilen 11-14). Diese radiale minimale Querschnittsfläche verändert sich in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub.
Die Beschwerdeführerin hat eingewendet, dass der Wert des in der Figur 3 von E0 wiedergegebenen Strömungsquerschnittes Q2, der dem in der Figur 2B abgebildeten, mit einer Abstufung versehenen Ventilkolben zugeordnet sei, in der Zone anfänglicher Hubänderungen langsam ansteige, obwohl die radiale minimale Querschnittsfläche sich nicht geändert habe. Dies sei ein Indiz dafür, dass das Merkmal ii) nicht ursprünglich offenbart war.
Dieses Argument hat die Kammer nicht überzeugt. Der Figur 3 und der Spalte 3, Zeilen 10-14 von E0 entnimmt der Fachmann, dass der hier erwähnte "Strömungsquerschnitt" als Maß für den Luftdurchsatz, der zwischen Außenumfang des Ventilkolbens und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse des jeweiligen Ventils fließt, zu verstehen ist. Die in Figur 3 erkennbare kleine Steigerung des Durchsatzes Q2 bei anfänglicher Hubänderung ist auf eine Verringerung des Strömungswiderstands zurückzuführen, welche bei steigendem Öffnungshub mit einer Verkürzung der Länge des von der Druckluft durchflossenen, zwischen Außenumfang des Ventilkolbens und ihn umgebenden Ventilgehäuse angeordneten, axialen Kanals verbunden ist. Diese kleine Steigerung entspricht keiner Änderung des "Strömungsquerschnittes" und ist um mehrere Größenordnungen kleiner als die Änderung des Durchsatzes, die durch eine Änderung des Strömungsquerschnittes in radialer Richtung verursacht wird (vgl. Anlagen 1 und 2 des Schreibens vom 21. Mai 2007 der Beschwerdegegnerin).
2.4 Merkmal iii)
Obwohl in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht explizit erwähnt ist, dass der Ventilkolben rotationssymmetrisch ausgebildet ist, reichen nach Auffassung der Kammer die in der angefochtenen Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung als Beleg für die beanspruchte Rotationssymmetrie zitierten Textstellen (Spalte 3, Zeilen 4-8; Spalte 4, Zeile 30 bis Spalte 5, Zeile 4) und Figuren 2A-2C aus, um die implizite Offenbarung zu belegen, dass der Ventilkolben rotationssymmetrisch ausgebildet ist.
Insbesondere deutet die in der Figur 2C dargestellte, zwar als eine spezifische Ausführungsform beschriebene, konisch zulaufende Ausbildung des Endes des Ventilkolbens (vgl. den ursprünglich eingereichten Anspruch 3) darauf hin, dass die anderen Ausführungsformen nach den Figuren 2A und 2B auch rotationssymmetrisch sind, zumal im Fachgebiet der pneumatischen Ventilvorrichtungen es aus Fertigungsgründen üblich ist, derartige Ventilkolben rotationssymmetrisch auszuführen. Im Kontext des Patentanspruchs 1 ist auch selbstverständlich, dass sich die beanspruchte Rotationssymmetrie nicht auf interne konstruktive Einzelheiten des Ventilkolbens, sondern lediglich auf den Ventilkolben von seinem Wesen her (Außenumfang) bezieht.
Merkmal iii) geht somit nicht über das ursprünglich Offenbarte hinaus.
2.5 Der Patentanspruch 1 wurde somit nicht in der Weise geändert, dass sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Artikel 123 (2) EPÜ). Der Patentanspruch 1 wurde durch die vorgenannte Hinzufügung von Merkmalen lediglich weiter eingeschränkt, so dass er die Anforderungen des Artikel 123 (3) EPÜ ebenfalls erfüllt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist durch einen Fachmann ausführbar und entspricht den Anforderungen von Artikel 84 EPÜ.
3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)
In der Spalte 2, Zeile 15 von E2 ist erwähnt, dass die in E2 offenbarte Erfindung sich bei der in E3 offenbarten Ventileinrichtung einsetzen lasse. Da sich die Entgegenhaltung E3 ausdrücklich auf eine andere bezieht, ist nicht nur der Offenbarungsgehalt einer Vorveröffentlichung für die Neuheitsprüfung vorliegend heranzuziehen (vgl. T 153/85 (Supra)). Daher umfasst für die Beurteilung der Neuheit der beanspruchten Druckregelvorrichtung der Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung E2 auch den Offenbarungsgehalt der Entgegenhaltung E3.
Nach Merkmal (i) des Patentanspruchs 1 ist der jeweilige Ventilkolben druckentlastet und er wird von einem Betätigungsstößel verschoben. Die in E2 und E3 offenbarte Ventileinrichtung arbeitet nach dem Prinzip einer Vorsteuerung. Die Betätigung des Ventilkolbens ergibt sich aus der Beaufschlagung der verschiedenen Stirn- und Ringflächen des Ventilkolbens durch den jeweiligen Druck, welcher in der zu der jeweiligen Fläche zugeordneten Einlass- bzw. Auslass- bzw. Arbeits- und Vorsteuerkammer herrscht (E1: Spalte 3, Zeile 45 bis Spalte 4, Zeile 1; E3: Anspruch 1). Insbesondere spielen dabei die durch das Abheben des Stößels 2 des Elektromagneten von dem zentralen Vorsteuerventilkörper 4 geregelten Druckverhältnisse in der Vorsteuerkammer 40 eine ausschlaggebende Rolle. Von einer Druckentlastung des Ventilkolbens nach E2 und E3 kann daher keine Rede sein.
Gemäß Merkmal ii) verändert sich die radiale, den Strömungsquerschnitt definierende minimale Querschnittsfläche zwischen dem Ventilkolben und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub. Die konische Verjüngung des Ventilkolbens nach E3 (vgl. z.B. Bezugzeichen 20 in der Figur von E3) hat bei einer Änderung des Ventilkolbenhubes keinen Einfluss auf den Strömungsquerschnitt des Ventils. Bei den Ventilen gemäß E2 und E3 ist die minimale, den Strömungsquerschnitt definierende Querschnittsfläche eine zum Öffnungshub proportionale Zylinderfläche (vgl. E2: Spalte 1, Zeilen 23-27). Diese Querschnittsfläche verändert sich in axialer und nicht in radialer Richtung in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub.
Der in der Figur 1 von E2 gezeigte, mit einem zusätzlichen konischen Ansatz 3 versehene Ventilkörper 2 ist lediglich als Stand der Technik angegeben (E2: Spalte 1, Zeilen 9-11) und wird nicht im Ventilkolben gemäß E3 eingesetzt.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist somit neu gegenüber dem Offenbarungsgehalt von E2 unter Berücksichtigung des ausdrücklichen Hinweises auf die Entgegenhaltung E3.
4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
4.1 Wie bereits in Verbindung mit der Neuheit dargelegt, arbeitet die beanspruchte Druckregelvorrichtung auf der Grundlage eines druckentlasteten, durch einen Betätigungsstößel direkt betätigbaren Ventilkolbens. Diese Betätigungsart wird kombiniert mit dem besonderen strömungstechnischen Merkmal, dass die zwischen dem Ventilkolben und dem ihn umgebenden Ventilgehäuse befindliche, sich in Abhängigkeit vom Ventilkolbenhub verändernde, radiale minimale Querschnittsfläche den Strömungsquerschnitt des Einlass- bzw. Auslassventils definiert.
Durch diese spezifische querschnittsänderliche Charakteristik der Einlass- bzw. Auslassventile sind allein durch die Änderung des Strömungsquerschnittes und ohne Druckluftverluste sowohl volle Querschnitte bei schnellem Druckanstieg als auch kleine Strömungsquerschnitte bei langsamen Druckänderungen erzielbar (vgl. Absätze [0007] und [0008] der Patentschrift).
4.2 Zur Kombination E1/E2
Würde der Fachmann die mit einem zusätzlichen konischen Ansatz nach Figur 1 von E2 versehene Ausführungsform des Ventilkolbens in der Ventileinrichtung gemäß E1 oder E3 einsetzen, so käme er nicht zur beanspruchten Druckregeleinrichtung, denn es bliebe stets bei einer indirekten Betätigung des Ventilkolbenhubs mittels Vorsteuerung. Bei dieser bekannten Ventileinrichtung tragen die Druckluftverluste, die in Verbindung mit der Vorsteuerung entstehen, zu der Feinfühligkeit der Druckregelung bei (vgl. E3: Spalte 8, Zeilen 25-30). Da der Fachmann auf diesen vorteilhaften Effekt bei langsamen Druckänderungen nicht verzichten möchte, hat er keinen Grund vom Prinzip der Vorsteuerung abzukehren.
4.3 Zur Kombination E2/E6
Nach Auffassung der Kammer ist die technische Lehre, die der Figur 1 von E2 (radialer, stetig veränderlicher Strömungsquerschnitt) zu entnehmen ist, mit der Lehre von E6 (vgl. Seite 3, dritter Absatz und Seite 5, vier letzte Zeilen: Durchflussregelung mittels Direktbetätigung bei großen Durchlassquerschnitten, Feinregulierung durch Taktung) nicht ohne Weiteres kombinierbar, denn in Hinblick auf die Erzielung einer feinfühligen Einstellung der Druckcharakteristik werden bei diesen Ventileinrichtungen gegensätzliche und sich widersprechende Lösungen vorgeschlagen.
4.4 Zur Kombination E5/E6
Auch bei gemeinsamer Betrachtung von E5 und E6 würde nach Auffassung der Kammer der Fachmann nicht ohne Weiteres zu dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 kommen.
Sowohl die Druckregelungseinrichtung nach E5 als auch die Ventileinrichtung nach E6 müssen große Druckverhältnisse schnell verändern und sind deshalb für große Durchlassquerschnitte ausgelegt. Sie können aber auch beide eine genauere Druckregulierung abstimmen. Dies erfolgt bei E5 durch Pulsmodulierung (Spalte 2, letzter Absatz) und bei E6 durch Taktung (Seite 5, vier letzte Zeilen). Wenn der Fachmann die Nachteile der bei E5 verwendeten Vorsteuerung vermeiden und den damit verbundenen Aufwand reduzieren möchte, würde er allenfalls die Druckregelungseinrichtung nach E5 dadurch modifizieren, dass er die gesamte Anordnung aus vorgesteuerten Ventilen und Elektromagneten gemäß E5 gegen eine Anordnung aus mit durch Elektromagneten direkt betätigten Ventilen gemäß E6 ersetzt, denn nur diese Ventile sind entsprechend den gesteuerten Durchflussmengen und den damit verbundenen Schaltkräften für eine direkte Ansteuerung geeignet. Ein Beispiel für direkt gesteuerte Ventile, die die damit in Zusammenhang stehenden Merkmale i) und ii) von Anspruch 1 aufweisen, fehlt aber bei E5 und E6.
4.5 Daraus folgt, dass der Gegenstand des unabhängigen Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
5. Die abhängigen Ansprüche 2-8 der Patentschrift betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Gegenstands des Anspruchs 1 und haben in Zusammenhang mit diesem Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
- Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
- Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
- Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 21. Mai 2007
- Ansprüche 2-8 der Patentschrift
- Beschreibung und Figuren der Patentschrift.