T 1126/04 19-10-2006
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Wäschebehandlungsgerät mit einem auf der Trommelwelle angeordneten Antriebsmotor
Diehl Stiftung & Co.
BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH
I. Mit der am 23. Juli 2004 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung hat die Einspruchsabteilung festgestellt, dass das europäische Patent EP-B1 0 960 231 in seiner geänderten Fassung die Erfordernisse des Europäischen Patentübereinkommens erfüllt.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit war die Einspruchsabteilung inter alia zur Auffassung gelangt, dass keine der zitierten Entgegenhaltungen einen Synchronmotor offenbart, der von einem Frequenzumrichter angesteuert wird, so dass sich kontinuierliche Ströme in allen Wicklungssträngen ausbilden.
II. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende OI) hat gegen diese Entscheidung am 21. September 2004 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Mit der Eingabe vom 30. November 2004 wurde die Beschwerde begründet.
Die Einsprechende 0II hat sich der Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin angeschlossen.
III. Als Antwort auf die Erwiderung der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) reichte die Beschwerdeführerin am 11. März 2006 eine weitere Eingabe ein, in der sie eine offenkundige Vorbenutzung geltend machte. Als Beleg wurde eingereicht:
D27: Brief von Fisher & Paykel vom 5. November 1993 (S. 1 und 2); Prospekt mit Copyright-Vermerk 1993 derselben Firma über die von ihr hergestellten Waschmaschinen mit "Smart Drive"-Antriebssystem (Seiten 3 bis 10), darunter auch (letzte Prospektseite) ein Modell "MW 051"; Messprotokolle vom 23. Juni 1995(Seiten 11 und 12); Vergrößerung eines Bildes aus dem Verkaufsprospekt(Seite 13).
Zeugen wurden angeboten, um zu beweisen, dass es sich bei den Messprotokollen um Messungen des Stromverlaufs in einem Wicklungsstrang des "SmartDrive"-Antriebs der im Prospekt dargestellten Fisher & Paykel Waschmaschinen handelt.
IV. Zusammen mit der Ladung vom 8. Mai 2006 zur mündlichen Verhandlung äußerte die Kammer ihre vorläufige Meinung über die Sachlage, wobei sie auch auf die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung einging. Insbesondere wies die Kammer auf Lücken in den eingereichten Beweismitteln zu offenkundigen Vorbenutzung hin sowie darauf, dass D27 erst zu einem sehr späten Zeitpunkt eingereicht wurde, wobei offensichtlich die Information der Beschwerdeführerin selbst bereits 1995 zugänglich war.
V. Mit ihrer Eingabe vom 5. September 2006 reichte die Beschwerdeführerin als weiteres Beweismittel zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung ein:
D28: "Laboratory Report" bezüglich einer gebrauchten Waschmaschine "FP Smart Drive 051".
Eine solche Waschmaschine sei über eBay® gekauft worden und im August 2006 in den Besitz der Beschwerdeführerin gelangt.
VI. In einer weiteren Mitteilung vom 14. September 2006 äußerte die Kammer die vorläufige Auffassung, dass sich von den eingereichten Beweismitteln als solchen nicht mit letzter Sicherheit ableiten lasse, dass die anscheinend schon vor 1996 gefertigte Waschmaschine bereits vor dem Prioritätstag (17. Februar 1997) tatsächlich verkauft und damit der Öffentlichkeit im Sinne von Art. 54 (1) EPÜ zugänglich geworden sei.
VII. In ihrer Eingabe vom 19. September 2006 bestritt die Beschwerdegegnerin die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung unter anderem aufgrund der fehlenden Beweise eines Verkaufs vor dem Prioritätstag. Hilfsweise wurde ein erster Hilfsantrag mit geänderten Patentansprüchen eingereicht.
Zusätzlich sprach sich die Beschwerdegegnerin unter Hinweis auf die Entscheidung T 17/91 gegen die Zulassung dieses verspäteten Vorbringens aus und reichte zur Widerlegung der Relevanz der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung ein:
D29: Messeprotokolle einer mit einem Scopemeter untersuchten "FP Smart Drive 708" Waschmaschine.
VIII. Mit Ihrer Eingabe vom 2. Oktober 2006 reichte die Beschwerdeführerin als "D30" weitere Unterlagen ein, die die Offenkundigkeit der geltend gemachten Vorbenutzung beweisen sollten.
Bestätigte Fotokopie einer Rechnung Nummer 22116 vom 24. August 1995 bezüglich einer "MW051 Fisher & Paykel Washer" (Seite 1); E-Mail-Korrespondenz zwischen Jon Harwood und Stefan Zeh (Seiten 2 und 3); Auszug aus der Zeitschrift "Consumer", September 1993, Seite 24 (Seite 4); Duplikate von Rechnungen über eine "F/MW051 5kg Smart Drive Automatic Washing Machine" und einen "F/MW 051 5kg Smart Drive Automatic Washer" aus den Büchern der Firma "Neals Retravision", Queensland (AU) (Seiten 5 und 6).
IX. Am 19. Oktober 2006 wurde vor der Kammer mündlich verhandelt.
Zur Verhandlung brachte die Beschwerdeführerin die angeblich gemäß D28 untersuchte Waschmaschine sowie das Original des unter D30 eingereichten Kaufbelegs Nummer 22116 (ihr am Ende der Verhandlung zurückgestellt) mit.
X. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Einsprechende 0II schloss sich diesem Antrag an.
Zusätzlich beantragte die Beschwerdeführerin, die behauptete offenkundige Vorbenutzung basierend auf D27/30 in das Verfahren zuzulassen.
Den in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwand fehlender Neuheit zog sie zurück.
XI. Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde oder hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf der Basis der am 19. September 2006 eingereichten Patentansprüche.
Zudem beantragte sie, die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht in das Verfahren zuzulassen.
XII. Patentanspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
" Wäschebehandlungsgerät wie Waschmaschine, Wäschetrockner oder Waschtrockner mit einer drehbar gelagerten Trommel (6) mit mindestens annähernd horizontaler Drehachse, und mit einem auf der Trommelwelle angeordneten Antriebsmotor (10), in Form eines permanentmagneterregten Synchronmotors (10), dessen Stator (16) mit einer Wicklung (18) versehen ist, welche durch einen Umrichter bestromt wird, wobei die Wicklung (18) als Einzelpolwicklung ausgeführt ist, wobei die Anzahl der Statorpole (27) und der Magnetpole (23) ungleich ist, dadurch gekennzeichnet, dass als Umrichter ein Frequenzumrichter (104) verwendet wird, dessen Ausgangsspannung derart eingestellt ist, dass sich in allen Wicklungssträngen kontinuierliche Ströme ausbilden."
XIII. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
D27 (Brief der Firma Fisher & Paykel vom 5. November 1993 und Verkaufsprospekt) behandle Fisher & Paykel Waschmaschinen mit "SmartDrive"-Antrieb, wobei darin ausgeführt ist, dass der Motor im Schleudergang direkt zur Trommel gekoppelt ist und eine Statorpolzahl von 42 aufweist. Aus dem Prospekt und der Vergrößerung ließen sich alle wesentlichen Merkmale der beanspruchten Waschmaschine erkennen. Seiten 11 und 12 der D30 seien Messprotokolle des Stromverlaufs in einem Wicklungsstrang bei einer Trommeldrehung von 674 U/min, die eine kontinuierliche Bestromung der Wicklungsstränge zeigten. Die Waschmaschine hätte vor dem Prioritätstag frei gekauft werden können.
Ohne erfinderisches Zutun würde der Fachmann die in D27 offenbarte Technik auch auf eine Waschmaschine mit horizontaler Trommeldrehachse, wie sie im europäischen Raum üblich sei, übertragen. Anregungen hierzu finde er in den bereits im Verfahren zitierten Entgegenhaltungen.
D28 beziehe sich auf eine über eBay® ersteigerte Waschmaschine des Typs MW051, die bereits vor dem Prioritätstag zum ersten Mal verkauft wurde. Bis auf die Tatsache, dass es sich um ein Gerät mit einer vertikalen Drehachse der Trommel handle, seien alle Merkmale gemäß Patentanspruch 1 durch diese offenkundige Vorbenutzung vorweggenommen. Dass das Verkaufsdatum vor dem Prioritätstag liege, ergebe sich aus der Bedienungsanleitung von September 1994, aus der Angabe des Typs MW051 im Verkaufsprospekt D27 aus dem Jahr 1993, aus dem Kontrolldatum 15. Juni 1995 auf dem Umrichtergehäuse und aus der Urheberrechtsangabe "Copyright 1994" auf der Umrichterplatine. Dass es sich bei der untersuchten Waschmaschine um eine Waschmaschine des Typs wie in D27 handle, wie sie 1995 bei der Einsprechenden 01 untersucht wurde, belege unter anderem Seite 4 der D28, auf welcher eine Seite des als D27 bereits in das Verfahren eingeführten Verkaufsprospekts ersichtlich sei. Auf Seite 5 der D28 sei das Typenschild zu sehen, das ebenfalls die Typenbezeichnung "MW 051" trage. Die Modellgleichheit könne durch die angegebenen Zeugen belegt werden. Aus den übrigen Seiten der D28 seien die ungleiche Anzahl der Stator- und Rotorpole, sowie die Einzelpolwicklung und ein Frequenzumrichter ersichtlich. Die Messungen im Schleudergang bei 672 U/min. zeigen, dass in allen drei Phasen kontinuierliche, annähernd sinusförmige Ströme ohne Stromlücke vorhanden seien.
Die Unterlagen D30 seien eindeutige Beweise, dass Waschmaschinen des Typs MW051 tatsächlich vor dem Prioritätstag verkauft wurden. Die Rechnung mit der Nummer 22116 (D30, Seite 1) sei die Rechnung des ursprünglichen Käufers der Waschmaschine, die nunmehr über eBay® ersteigert worden sei. Diese Tatsache könne, falls notwendig, mit den Kaufbelegen von eBay® bewiesen werden. Die Seiten 5 und 6 der D30 beträfen andere vorbenutzte Waschmaschinen des Typs MW051 und belegten, dass mehrere Waschmaschinen dieser Art vor dem Prioritätstag verkauft wurden.
Bezüglich des verspäteten Vorbringens der offenkundigen Vorbenutzung und der diesbezüglichen Beweismittel gab die Beschwerdeführerin folgendes an: der beauftragte Projektverantwortliche bei der Einsprechenden 0I sei kein Patentsachverständiger. Dass die seinerzeit von ihm untersuchte Waschmaschine eine offenkundige Vorbenutzung hinsichtlich des Streitpatents darstellt, sei ihm damals nicht bewusst gewesen. Die Waschmaschine wurde wegen Platzbedarf verschrottet und war daher nicht mehr zugänglich. Erst nach intensiven Nachforschungen und im Laufe von vielen Gesprächen sei dann während des anhängigen Beschwerdeverfahrens hervorgekommen, dass die seinerzeit untersuchte Waschmaschine eine offenkundige Vorbenutzung darstellt, die die Patentfähigkeit des Streitpatents in Frage stelle. Dies sei nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen, weil nicht alle Beteiligten der Entwicklungsabteilung die Informationen hätten, die für eine ausreichend bewiesene offenkundige Vorbenutzung notwendig seien, zumal die Messergebnisse der Maschine gemäß D27 aus dem Jahre 1995 stammten.
Die offenkundige Vorbenutzung sei allerdings in allen Einzelheiten ausreichend bewiesen worden und sei ferner höchst relevant für den Einwand der fehlenden erfinderischen Tätigkeit. Trotz des verspäteten Vorbringens müssten die vorgebrachten Beweismittel deshalb berücksichtigt werden.
Die Beschwerdeführerin hätte keinen Einwand, wenn hierfür die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen würde.
XIV. Die Einsprechende 0II fügte hinzu, die Kurven der Messprotokolle gemäß D28 seien gleich den Kurven gemäß D27. Damit lasse sich erkennen, dass die Waschmaschinen gemäß D27 und D28 gleich sein.
XV. Die Beschwerdegegnerin trug im Wesentlichen folgendes vor:
Die behauptete offenkundige Vorbenutzung sei nicht ausreichend bewiesen worden. Die behauptete Vorbenutzung gemäß D27 sei eine andere Vorbenutzung als sie gemäß D28. Die letzten Seiten der D28 beträfen andere Vorbenutzungen, über die keine weiteren Informationen in der Akte seien. Die Beschwerdeführerin vermische die Beweismittel bezüglich D27 und D28, so als ob diese nur eine Vorbenutzung beträfen. Dass die untersuchte Maschine gemäß D27 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei, sei nicht bewiesen, wie auch die Kammer in ihrer Mitteilung befunden hat.
Es fehlen weiterhin Beweismittel, dass es sich bei der gemäß D28 untersuchten Maschine um die gleiche Waschmaschine wie die in der Rechnung Nummer 22116 (D30, Seite 1) handelt. Ohne derartige Beweise sei nicht davon auszugehen, dass die gemäß D28 untersuchte Waschmaschine tatsächlich vor dem Prioritätstag verkauft wurde. Es sei allgemein bekannt, dass Waschmaschinen der gleichen Seriennummer Änderungen im Laufe der Zeit unterliegen. Deswegen könne nicht festgestellt werden, ob die Eigenschaften der gemäß D28 im Jahr 2006 untersuchten Waschmaschine aus dem Jahr 1995 die der ursprünglichen Waschmaschine seien.
Die E-Mail-Korrespondenz gemäß D28 sei irrelevant, da die dort enthaltenen Informationen von einem Konkurrenten stammen. Derartige Informationen seien nicht glaubwürdig, da sie nicht in Form einer eidesstattlichen Erklärung oder ähnlichem vorliegen.
Die Messprotokolle D28 seien nicht überzeugend, weil wesentliche Umstände des Messaufbaus, die Messbedingungen und sonstige Hilfsmittel, die für das Messergebnis wichtig seien, nicht erkennbar seien. Wie aus D29, letzte Seite, ersichtlich, sei zum Beispiel die Geschwindigkeit des Motors während der Messungen sehr wichtig. Nur bei einer Drehzahl von 602 U/min während des Schleudervorgangs bildeten sich kontinuierliche Ströme in den Wicklungssträngen.
Auf die während der mündlichen Verhandlung gestellte Frage der Kammer, bezüglich welcher Merkmale des Patentanspruchs 1 sich die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung D28 unterscheide, antwortete die Beschwerdegegnerin, die Drehachse in D28 sei nicht annähernd horizontal und der Motor sei nicht auf der Trommelwelle angeordnet. Die übrigen Merkmale des Patentanspruchs 1 seien bei der gemäß D28 untersuchten Waschmaschine vorhanden.
Die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung wurde erst zu einem sehr späten Zeitpunkt vorgebracht, nämlich mit der Eingabe vom 10. März 2006, also lange nachdem die Beschwerdebegründung eingereicht wurde und sehr lange nach Bekanntmachung des erteilten Patents. Die einzige Information, die einen Verkauf vor dem Prioritätstag in irgendeiner Weise stützen könne, sei erst mit der Eingabe vom 2. Oktober 2006, nur wenige Tage vor der Verhandlung, eingereicht worden.
Es sei unglaubhaft, dass die angebotenen Zeugen der Entwicklungsabteilung der Beschwerdeführerin die Information bezüglich D27 vergessen hätten. Die Zeugen seien Entwickler bei der Beschwerdeführerin, die regelmäßig Produkte anderer Hersteller testen. Derartigen Leuten sei diese Information mit Sicherheit bekannt gewesen. Eine Patentabteilung habe zudem die Pflicht, vor Ablauf der Einspruchsfrist von der Entwicklungsabteilung relevante Informationen anzufordern. Wenn die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung, die seit vielen Jahren in den Händen der Beschwerdeführerin war, in dieses Verfahren zugelassen würde, hätte die neunmonatige Einspruchsfrist ihre Bedeutung verloren.
Auch im Hinblick auf T 17/91 sollte ein derart verspätetes Vorbringen nicht ins Verfahren zugelassen werden (Art. 114 (2) EPÜ), da dies viele Verfahrenskomplikationen mit sich bringe.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Nachweis der geltend gemachten Vorbenutzung
2.1 Dass mehrere Waschmaschinen des Typs MW051 vor dem Prioritätstag verkauft wurden, wird durch die Seiten 5 und 6 der D30 gestützt. Die Angaben gemäß D28 zu der über eBay® ersteigerten Waschmaschine beziehen sich auf eine Waschmaschine eben dieses Typs MW051. Laut Beschwerdeführerin betrifft die Rechnung Nummer 22116 aus August 1995 (D30, Seite 1) den damaligen Verkauf dieser nunmehr über eBay® ersteigerten Waschmaschine. Diese Frage könnte jedoch durch die von der Beschwerdeführerin angebotenen eBay®-Belege geklärt werden.
2.2 Die Seiten 2 und 3 der D30 sind Angaben eines Konkurrenten der Beschwerdegegnerin (Herr Harwood, bei Fisher & Paykel Appliances Ltd., dem Hersteller der MW051), weshalb sie von der Beschwerdeführerin als irrelevant betrachtet wurden. Dies ist jedoch noch kein Grund, diese Angaben, die im Übrigen durch den auf Seite 4 der D30 eingereichten Zeitschriftenartikel weitgehend bestätigt werden, als absolut unglaubwürdig abzutun. In diesem Artikel einer Verbraucher-Zeitschrift aus September 1993 wurde unter anderem eine Fisher & Paykel SmartDrive-Waschmaschine "GW510" getestet. In der rechten Spalte ganz unten ist zusätzlich folgendes angegeben: "Fisher & Paykel Smart Drive MW051: The lower-priced version of the GW501 in our test, with the same wash performance but fewer features". Diese Angabe steht im Einklang mit der Aussage des Herrn Harwoods auf Seite 2 der D30, dass die MW051 durch Fisher & Paykel bereits im Jahre 1992 hergestellt wurde.
2.3 Betrachtet man die Beweisunterlagen D27, 28 und 30 in ihrem chronologischen und technischen Zusammenhang, so ergeben sich daraus starke Indizien, die darauf hindeuten, dass Waschmaschinen des mit dem so genannten "SmartDrive"-Antrieb ausgerüsteten Typs "MW 051" der Firma Fisher & Paykel vor dem Prioritätstag des angegriffenen Patents Stand der Technik geworden sind, und zwar dadurch, dass diese Firma vor dem 17. Februar 1997 dieses Modell serienmäßig hergestellt und auf den Markt gebracht hat. Es besteht daher prima facie eine gute Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführerin auch der notwendige volle Beweis dieser von ihr behaupteten Vorbenutzung gelingen wird.
3. Gegenstand und Relevanz der behaupteten Vorbenutzung
3.1 Die gemäß D28 untersuchte Waschmaschine weist prima facie alle Merkmale des jetzigen Patentanspruchs 1 auf, ausgenommen - worüber sich Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin einig sind - das Merkmal "mit mindestens annähernd horizontaler Drehachse". Die Beschwerdegegnerin vertritt die Auffassung, dass ein weiteres Merkmal des Anspruchs 1 nicht vorhanden sei, nämlich dass der Antriebsmotor nicht "auf der Trommelwelle" angeordnet sei, weil der Rotor mit der Trommel nur während des Schleudervorgangs gekoppelt sei. Die Kammer bemerkt jedoch hierzu, dass vom Patentanspruch eine direkte Kopplung nur während des Schleudervorgangs keineswegs ausgeschlossen ist. Damit scheint prima facie auch dieses Merkmal vorhanden zu sein.
3.2 Das Vorhandensein der weiteren Merkmale des Patentanspruchs wird von der Beschwerdegegnerin nicht bestritten und ist von den Beweisunterlagen D28 gestützt.
3.3 Zum Einwand der Beschwerdegegnerin, die Ströme, die sich in den Wicklungssträngen der untersuchten Waschmaschine gemäß D28 ausbilden, seien nur bei höheren Drehzahlen kontinuierlich, bemerkt die Kammer, dass Patentanspruch 1 kein sich in dieser Hinsicht unterscheidendes Merkmal enthält.
3.4 Damit würde sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von dem der gemäß D28 untersuchten Waschmaschine nur durch die "mindestens annähernd horizontale Drehachse" unterscheiden.
3.5 Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit scheint "MW501" daher prima facie der nächstkommende Stand der Technik zu sein, da eine Anordnung der Trommelwelle entweder horizontal oder vertikal in einer Waschmaschine eine geläufige Maßnahme auf diesem technischen Gebiet zu sein scheint.
Zudem deutet vieles daraufhin, dass sich bei der "MW501" (wenigstens im Schleudergang) kontinuierliche Ströme in allen Wicklungssträngen des permanentmagneterregten Synchronmotors bilden. Der Motor wird auch durch einen Frequenzumrichter angesteuert. Die Kombination dieser Merkmale war aus keiner einzelnen Entgegenhaltung des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Standes der Technik bekannt.
3.6 Das bedeutet, dass der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung, nämlich die Waschmaschine "MW 501" für die Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit des angefochtenen Patent prima facie hochrelevant ist.
4. Verspätetes Vorbringen
4.1 Es ist der Beschwerdeführerin zuzustimmen, dass die erst mit der Eingabe vom 10. März 2006 geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung gemäß D27 im verfahrensrechtlichen Sinn spät vorgebracht wurde, nämlich erst lange nach Ablauf der Einspruchsfrist, ja überhaupt erst im Beschwerdeverfahren.
4.2 Jedoch ist anzumerken, dass die behauptete Vorbenutzung keine "firmeneigene" Vorbenutzung war, sondern die eines Herstellers im fernen Neuseeland. Die Messprotokolle über die angeblich dann verschrottete Maschine aus dem Jahr 1995, das ist lange vor dem Veröffentlichungstag der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Anmeldung, und auch lange vor dessen Erteilung. Dass niemand bei der Beschwerdeführerin rechtzeitig vor Ablauf der Einspruchsfrist auf die Relevanz der seinerzeit erstellten Messprotokolle gestoßen ist, ist unter diesen Umständen ihr nicht vorwerfbar.
4.3 Die Beschwerdeführerin hat mit viel Aufwand und letztlich erfolgreich versucht, ein weiteres Exemplar aufzutreiben und Messungen in den Wicklungssträngen des Antriebsmotors dieser Maschine zu protokollieren. Dass dieses dann nach Deutschland transportiert werden musste, erklärt, dass die Einreichung der zusätzlichen Beweisunterlagen (D28) erst am 5. September 2006 erfolgt ist. Die Beweismittel D30, die am 2. Oktober eingereicht wurden, unterstützen die Behauptung, dass Waschmaschinen des Typs MW 051 vor dem Prioritätstag frei gekauft werden konnten; sie wurden als Antwort auf die Mitteilung der Kammer vom 14. September 2006 eingereicht.
4.4 Die Kammer hat demnach keinen Anlass zu vermuten, die Beschwerdeführerin habe Informationen bezüglich der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung in irgendeiner Weise bewusst zurückgehalten und absichtlich spät im Verfahren vorgebracht. Es ist somit kein Verfahrensverstoß ihrerseits ersichtlich, der zur Nichtberücksichtigung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung führen müsste.
4.5 Das Argument der Beschwerdegegnerin, die Zulassung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung ins Verfahren bringe erhebliche Verfahrenskomplikationen mit sich, ist für die Kammer nicht überzeugend. Die dazu von der Beschwerdeführerin bereits vorgelegten Beweismittel sind sehr ausführlich und in sich stimmig. Eine langwierige, vom Zeit- und Kostenaufwand her nicht vertretbare Beweisaufnahme ist nicht zu erwarten, ebenso wenig wie dieser Aufwand durch die späte Geltendmachung der offenkundigen Vorbenutzung unverhältnismäßig erhöht würde.
4.6 Unter diesen Umständen und im Hinblick auf die Einschätzung der Kammer, was den Gegenstand, die Relevanz und den Nachweis der behaupteten Vorbenutzung anbelangt (Punkt 2 und 3, oben), wird die von der Einsprechenden (Beschwerdeführerin) geltend gemachte Vorbenutzung einer Waschmaschine des Typs Fisher & Paykel MW 051 in das Verfahren zugelassen.
5. Zurückverweisung an die erste Instanz
5.1 Durch die Zulassung der behaupteten Vorbenutzung in das Verfahren ist den Tatsachenfeststellungen in der angefochtenen Entscheidung die Grundlage entzogen. Erforderlich ist nunmehr eine eingehende Prüfung der behaupteten Vorbenutzung, deren Ergebnis durch die bloße Zulassung als prima facie relevant in keiner Weise vorweggenommen ist. Sollte diese Prüfung zur Feststellung führen, dass die Vorbenutzung tatsächlich stattgefunden hat wie behauptet, ist insbesondere die erfinderische Tätigkeit gegenüber diesem in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigten Stand der Technik zu prüfen.
5.2 Im Hinblick auf die Funktion der Beschwerdekammer vorrangig als Revisionsinstanz (siehe u.a. Entscheidungen G 1/86, Ziffer 14 der Gründe und T 26/88, Ziffer 12 der Gründe), dem (wenn auch nicht absoluten) Recht der Beteiligten auf zwei Instanzen, sowie nicht zuletzt auch aus verfahrensökonomischen Erwägungen ist es sachgerecht, diese Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen. Damit kann der Patentinhaberin angemessene Gelegenheit gegeben werden, auf die - im Übrigen auch seitens der Einsprechenden im Beschwerdeweg überprüfbaren - Tatsachenfeststellungen der Einspruchsabteilung zu reagieren.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zur Fortführung des Einspruchsverfahrens zurückverwiesen.