T 0780/05 25-06-2008
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Verfahren zur Herstellung einer von verwerfungsbedingten optischen Störungen freien Verbundsicherheitsglasscheibe, Verwendung einer besonderen Trägerfolie für die Herstellung der Verbundsicherheitsglasscheibe sowie für das Verfahren bzw. die Verwendung besonders geeignete Trägerfolien
SAINT-GOBAIN SEKURIT Deutschland GmbH & Co. KG
SOUTHWALL TECHNOLOGIES INC.
Einwendungen Dritter - nicht berücksichtigt
Zulässigkeit spätes Dokument - ja, hochrelevant
Zurückweisung an die erste Instanz - nein
Zeugenvernehmung - nein
Neuheit - ja
Erfinderische Tätigkeit - ja
I. Die Erteilung des Europäischen Patents Nr. 0 877 664 auf die Europäische Patentanmeldung Nr. 96931800.5, angemeldet am 13. September 1996 als Internationale Anmeldung PCT/EP96/04018 im Namen der Firma FLACHGLAS Automotive GmbH (jetzt in PILKINGTON Automotive Deutschland GmbH umbenannt), wurde am 23. Juni 1999 im Patentblatt 1999/25 bekannt gemacht.
Das Patent mit dem Titel "Verfahren zur Herstellung einer von verwerfungsbedingten optischen Störungen freien Verbundsicherheitsglasscheibe, Verwendung einer besonderen Trägerfolie für die Herstellung der Verbundsicherheitsglasscheibe sowie für das Verfahren bzw. die Verwendung besonders geeignete Trägerfolien" wurde mit neunzehn Ansprüchen erteilt. Die unabhängigen Ansprüche 1, 10, 15 und 16 lauteten wie folgt:
"1. Verfahren zur Herstellung einer von verwerfungsbedingten optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht freien Verbundsicherheitsglasscheibe mit einer ersten Glasscheibe, einer entsprechenden zweiten Glasscheibe und einer mehrschichtigen Zwischenlage, welche Zwischenlage in Form eines Folienlaminates aus einer ersten Verbundfolie, einer mit einem Dünnschichtsystem versehenen, biaxial verstreckten thermoplastischen Trägerfolie und einer zweiten Verbundfolie besteht, mit den Merkmalen:
1.1) Auf die ersten Verbundfolie wird eine mit dem
Dünnschichtsystem versehene Trägerfolie aufgelegt, die
1.11) eine Dicke von 30 bis 70 µm und
1.12) in den beiden Verstreckungsrichtungen einen
Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,8 % gemessen
nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei
120ºC,
aufweist, - und auf die Trägerfolie wird die zweite
Verbundfolie aufgelegt,
1.2) die Folien gemäß Merkmal 1.1) werden faltenfrei
zwischen den beiden Glasscheiben angeordnet und unter
Anwendung von Druck und Wärme verpreßt sowie mit den
Glasscheiben verbunden,
wobei im Rahmen der Maßnahmen gemäß 1.1) und/oder 1.2)
zumindest eine Entlüftung durchgeführt wird."
"10. Verwendung einer mit einem Dünnschichtsystem versehenen Trägerfolie aus verstrecktem thermoplastischen Kunststoff, die eine Dicke von 30 bis 70 µm sowie eine biaxiale Verstreckung aufweist,
für die Herstellung von Verbundsicherheitsglasscheiben, insbesondere zur Herstellung von von verwerfungsbedingten optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht freien Verbundsicherheitsglasscheiben mit einer ersten Glasscheibe, einer entsprechenden zweiten Glasscheibe und einer mehrschichtigen Zwischenlage in Form eines Folienlaminates aus einer ersten Verbundfolie, der biaxial verstreckten Trägerfolie und einer zweiten Verbundfolie
mit der Maßgabe, dass die Trägerfolie in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,8 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
"15. Mit einem Dünnschichtsystem versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9, die eine Dicke von 30 bis 70 µm und in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,8 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
"16. Mit einem Dünnschichtsystem versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff für die Verwendung nach einem der Ansprüche 10 bis 14, die eine Dicke von 30 bis 70 µm und in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,8 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
Die Ansprüche 2 bis 9 waren direkt oder indirekt vom Anspruch 1 abhängig, die Ansprüche 11 bis 14 waren direkt oder indirekt vom Anspruch 10 abhängig, und die Ansprüche 17 bis 19 waren direkt oder indirekt von den Ansprüchen 15 und 16 abhängig.
II. Gegen das Patent legten die Firmen:
01 Sekurit Saint-Gobain Deutschland GmbH & Co. KG, (jetzt in Saint-Gobain Sekurit Deutschland GmbH & Co. KG umbenannt)
02 Southwall Technologies, Inc.
Einspruch ein und beantragten den vollständigen Widerruf des Patents. Die Einsprüche wurden darauf gestützt, dass der Gegenstand der unabhängigen Produktansprüche 15 und 16 bekannt oder zumindest nahegelegt sei (Einspruchs-gründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ).
III. Zur Stütze ihrer Argumentation zitierten die Einspre chenden unter anderem folgende Dokumente:
D2: EP-A-0 457 209
D3: EP-A-0 077 672
D4: ASTM D 1204-94, Standard Test Method for Linear
Dimensional Changes of Nonrigid Thermoplastic
Sheeting or Film at Elevated Temperature
D5: ASTM D 2732-83 (Reapproved 1989), Standard Test Method for Unrestrained Linear Thermal Shrinkage of Plastic Film and Sheeting
D6: DIN 55 543 (Teil 4), Prüfverfahren für
Kunststoffsäcke
D7: Encyclopedia of Polymer Science and Engineering,
Vol 12, Second Edition, 1988, Titelseite und
Seite 199
D8: US-A-5 091 258
Anlage A:
Bestell- und Lieferkorrespondenz, Rechnung sowie Versandunterlagen von Southwall Technologies an Flachglas AG vom 18. Mai 2005, 31. Mai 1995, 12. Juni 1995 und 5. Juli 1995.
Anlage B/B':
Produktblatt Hostaphan 4407, 1993, Hoechst Diafoil Company, 1993.
Anlage C:
Southwall Technologies, Quartal Lieferungen 1990-1992
von Polyester-Folien XIR-70 und XIR-75
Anlage C':
"History of XIR Automotive Shipments" (6. Januar 1994 bis 19. Dezember 1996)
Anlage D:
Produktspezifikation PS-0046, Heat Mirror XIR®-75, Southwall Technologies Inc.
Anlage E:
Produktspezifikation PS-0034, Heat Mirror XIR®-70, Southwall Technologies Inc.
Anlage F:
Fax von Herrn Marsh (Mitsubishi Polyester Film, LLC) an Dr. Behrens vom 19. April 2004.
Anlage F':
Undatierter Brief von Herrn Marsh (Mitsubishi Polyesterfilm)
Anlage G:
Diagramme der Abhängigkeit der Schrumpfwerte verschiedener PET-Trägerfolien von der Temperatur
Anlage G':
Diagramme der Abhängigkeit der Schrumpfwerte verschiedener PET-Trägerfolien von der Temperatur mit Umrechnungsgleichung
Anlage H:
Vorschlag einer Produktspezifikation einer beschichteten PET-Zwischenlage; Flachglas, 12. Juli 1993
Folgende Umrechnungsformeln wurden von der Einsprechenden O2 mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2004 für die Umrechnung der Schrumpfungswerte der unbeschichteten Folie gemäß der im Stand der Technik verwendeten Messmethode in die entsprechenden Schrumpfungswerte gemessen gemäß der Messmethode des strittigen Patents eingereicht:
(1) [Schrumpf(120ºC,Luft)]=[Schrumpf(150ºC,Luft) x 0.47]
(2) [PEG-Schrumpf(%)]=[0.987 x Luft-Schrumpf(%)]-[0.09%]
(3) [Schrumpf der beschichteten Trägerfolie(%)]=
[0.798 x Schrumpf der unbeschichteten
Trägerfolie(%)]-[0.04%]
Herr Robert Cormia, c/o Southwall Technologies, 1029 Corporation Way, Palo Alto, CA 94303, USA, wurde als Zeuge angeboten für den Fall, dass die Eigenschaften des im Patent genannten Southwall Produktes (XIR 75) bestritten werden sollten.
IV. Die Patentinhaberin widersprach den Einwänden der Einsprechenden und reichte zur Stütze ihrer Argumentation folgende Dokumente ein:
P1: "Letter of Intent" (Auszug) zwischen Flachglas AG
und Southwall Technologies Inc. vom 25. März 1993
P2: "Supply Agreement" (Auszug) zwischen Flachglas AG
und Southwall Technologies Inc. samt Auszug aus
der Spezifikation von XIR®75
P3: Fax von Flachglas AG an Southwall Technologies von
31. Januar 1995
P4: Fax von Flachglas AG an Southwall Technologies vom
4. Juli 1995
P5: "Supply Agreement" (Auszug) zwischen Southwall
Technologies Inc. und Flachglas AG vom August 1996
Mit Schreiben vom 28. August 2003 reichte die Patentinhaberin einen neuen Hauptantrag und eine daran angepasste Beschreibung ein. Die unabhängigen Ansprüche 1, 9, 13 und 14 lauteten wie folgt [Hervorhebung der Unterschiede zu den entsprechenden erteilten Ansprüchen 1, 10, 15 und 16 durch die Kammer]:
"1. Verfahren zur Herstellung einer von verwerfungs-bedingten optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht freien gebogenen, insbes. komplex gebogenen Verbundsicherheitsglasscheibe mit einer ersten Glasscheibe, einer entsprechenden zweiten Glasscheibe und einer mehrschichtigen Zwischenlage, welche Zwischenlage in Form eines Folienlaminates aus einer ersten Verbundfolie, einer mit einem Dünnschichtsystem versehenen, biaxial verstreckten thermoplastischen Trägerfolie und einer zweiten Verbundfolie besteht, mit den Merkmalen:
1.1) Auf die ersten Verbundfolie wird eine mit dem
Dünnschichtsystem versehene Trägerfolie aufgelegt, die
1.11) eine Dicke von 30 bis 70 µm und
1.12) in den beiden Verstreckungsrichtungen einen
Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 % gemessen
nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei
120ºC,
aufweist, - und auf die Trägerfolie wird die zweite
Verbundfolie aufgelegt,
1.2) die Folien gemäß Merkmal 1.1) werden faltenfrei
zwischen den beiden Glasscheiben angeordnet und unter
Anwendung von Druck und Wärme verpresst sowie mit den
Glasscheiben verbunden,
wobei im Rahmen der Maßnahmen gemäß 1.1) und/oder 1.2)
zumindest eine Entlüftung durchgeführt wird."
"9. Verwendung einer mit einem Dünnschichtsystem versehenen Trägerfolie aus verstrecktem thermoplastischen Kunststoff, die eine Dicke von 30 bis 70 µm sowie eine biaxiale Verstreckung aufweist,
für die Herstellung von Verbundsicherheitsglas-
scheiben, insbesondere zur Herstellung von von
verwerfungsbedingten optischen Störungen im
reflektierten und/oder durchfallenden Licht
freien Verbundsicherheitsglasscheiben mit einer
ersten Glasscheibe, einer entsprechenden zweiten
Glasscheibe und einer mehrschichtigen
Zwischenlage in Form eines Folienlaminates aus
einer ersten Verbundfolie, der biaxial
verstreckten Trägerfolie und einer zweiten
Verbundfolie
mit der Maßgabe, dass die Trägerfolie in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
"13. Mit einem Dünnschichtsystem versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff für die Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 8, die eine Dicke von 30 bis 70 µm und in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
"14. Mit einem Dünnschichtsystem versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff für die Verwendung nach einem der Ansprüche 9 bis 12, die eine Dicke von 30 bis 70 µm und in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC, aufweist."
V. Mit ihrer am 3. März 2005 mündlich verkündeten und am 25. April 2005 schriftlich begründeten Zwischenentschei dung hielt die Einspruchsabteilung das Patent in entsprechend den vorstehenden Ansprüchen geändertem Umfang aufrecht.
Zur Begründung führte die Einspruchsabteilung aus:
- dass der beanspruchte Gegenstand neu gegenüber der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung des Produktes XIR-75 der Einsprechenden 02 sei, weil die von der Patentinhaberin eingereichten Dokumente P1-P5 bewiesen, dass die Lieferung unter Geheimhaltungspflicht stattgefunden habe,
- dass der beanspruchte Gegenstand auch erfinderisch gegenüber dem zitierten Stand der Technik D2 und D3 sei, weil diesem keine Anregung zu entnehmen sei zur anspruchsgemäßen Lösung der gestellten Aufgabe, nämlich geeignete Maßnahmen anzugeben für eine einfache, industrielle Serienfertigung von auch komplex gebogenen Verbundsicherheitsglasscheiben, die frei von optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht sind,
- dass die mit Schreiben vom 22. Dezember 2004 vorgelegten drei Schrumpf-Umrechnungsformeln als verspätetes Vorbringen ebensowenig berücksichtigt werden, wie die gleichzeitig eingereichte Druckschrift D8, die als prima facie nicht relevant angesehen werde,
- dass Einwände gegen die Klarheit der Bestimmungsmethode des Wärmeschrumpfungsgrads unzulässig seien aufgrund der Anwesenheit des angegriffenen Merkmals bereits in den erteilten Ansprüchen.
VI. Am 27. bzw. 23. Juni 2005 legten die Einsprechenden 01 und 02 (Beschwer deführerinnen) Beschwerden gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein und zahlten die Beschwerdegebühren jeweils am gleichen Tag. Beide beantragten die Aufhebung der Entscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents in vollem Unfang.
VII. Die entsprechenden Beschwerdebegründungen sind am 29. und 23. August 2005 eingegangen.
Folgende zusätzlichen Dokumente wurden im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingereicht:
D9: Beschluss des Bundespatentgerichts verkündet am
20. April 2004 betreffend das Deutsche Patent
195 34 420
Anlage I:
Produktspezifikation MS-0046, REV.B 05/03/90, Southwall Technologies Inc.
Anlage K:
Schreiben vom Thomas Hood (Southwall Technologies Inc.) an Dr. Hanke (Flachglas AG), vom 2. Februar 1993
Anlage L:
Schreiben vom Thomas Hood (Southwall Technologies Inc.) an William Roberts (Pilkington Europe S.A.) vom 3. Oktober 1995
Die Beschwerdeführerinnen argumentierten, dass die Erfordernisse der Klarheit, Neuheit und erfinderischen Tätigkeit nicht erfüllt seien.
Hinsichtlich der mangelnden Klarheit wurde die fehlende Angabe in den unabhängigren Ansprüchen von Polyethylenglykol (PEG) als Wärmeträgermedium des Schrumpf-Messverfahrens gerügt.
Zur Frage der fehlenden Neuheit stützte sich die Beschwerdeführerin 02 auf die angebliche offenkundige Vorbenutzung der Produkte XIR-70-2(mil) und XIR-75-2(mil). Beide Produkte seien gemäß Anlage C vor dem Anmeldungsdatum an verschiedene Firmen geheimhaltungsfrei geliefert worden. Gemäß Anlagen E und I sei das Produkt XIR-70-2(mil) unter der Bezeichnung MS-0046 näher spezifiziert als 2 mil dicker Film mit einem Schrumpf von 0,5-2,0 % in beiden Verstreckungsrichtungen, was streitpatentgemäß einem Schrumpf von 0,15 bis 0,7 % entspreche. Das Produkt XIR-75-2(mil) sei in Anlage D mit der Bezeichnung MS-0047 genannt und seine Materialspezifikation entspreche der gemäß Anlagen B und B', das heißt der von Hostaphan 4400 und Hostaphan 4407. Demzufolge weise ein 2 mil dicker Film einen Schrumpf von 1,0 % in beiden Verstreckungsrichtungen auf, was streitpatentgemäß einen Wert von 0,3 % ergebe.
Für die Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes der Ansprüche 13 und 14 wurde Dokument D8 als nächstliegender Stand der Technik bezeichnet, weil es sich mit der Lösung einer identischen Aufgabe befasse, nämlich mit der Vermeidung von sogenannten "Applesauce"-Effekten in gekrümmten Verbundglasscheiben. Die beanspruchte alternative Lösung der Einstellung eines Wärmeschrumpfungsgrades von 0,3 bis 0,6 % in beiden Richtungen, gemessen bei 120ºC nach 20 Sekunden in Polyethylenglykol, könne der Fachmann mit wenigen routinemäßige Versuchen ermitteln, da ihm der qualitative Zusammenhang zwischen den Wärmeschrumpfungsgraden bei verschiedenen Behandlungstemperaturen ebenso bekannt sei, wie der Einfluss der Beschichtung auf das Schrumpfvermögen der Folie.
Die Beschwerdeführerin 02 beantragte die Zeugenvernehmung von Herrn Robert Cormia, um zu bestätigen:
- dass ihre mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2004 vorgelegten Umrechnungsformeln (1), (2) und (3) mit auf Technischen Universitäten gelehrten Methoden und auf Basis einer sehr großen Anzahl tatsächlicher Ergebnisse von Messungen nach den betreffenden US-amerikanischen und deutschen Normen entwickelte Rekursionsformeln seien,
- dass der in D8 offenbarte Wärmeschrumpfungsgrad von weniger als 2 % einem Wert von weniger als 0,7 % gemäß der Streitpatentmessmethode entspreche,
- dass der Wärmeschrumpfungsgrad von 1,0 % der in den Anlagen B/B' offenbarten Trägerfolie Hostaphan 4407 nach der Streitpatentmessmethode einem Wert von 0,3 % entspreche, und
- dass die Behauptungen bezüglich der Eigenschaften der beschichteten PET-Heat MirrorFolien XIR-70-2mil und XIR-75-2mil und ihrer Lieferungen richtig seien.
VIII. Mit dem am 11. März 2008 eingegangenen Schreiben reichte die Firma Crown Operations International LTD Einwendungen Dritter unter Artikel 115 EPÜ ein. Hauptsächlich argumentierte sie, dass die Druckschrift D8 relevant sei und dass sie die beanspruchte Trägerfolie offenbare.
IX. Die Patentinhaberin (Beschwerdegegnerin) verteidigte die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Sie argumentierte, dass D8 in das Verfahren nicht eingeführt werden solle, weil es nicht nur verspätet vorgelegt wurde, sondern auch nicht relevant sei. Die dort beschriebene Schrumpfmessmethode (30 Minuten bei 150ºC) könne nicht mit der der Erfindung verglichen werden, weil dort keine beschichtete Trägerfolie gemessen worden sei, und weil die Richtigkeit der von der Einsprechenden 02 selbst entwickelten Schrumpfumrechnungsformeln nicht belegt sei.
Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 reichte die Beschwerdegegnerin Anspruchssätze für Hilfsanträge I und II ein.
X. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2008, wurden die Zulässigkeit der Einwendungen Dritter, die Zulässigkeit der Einführung der Druckschrift D8 in das Verfahren, der Antrag auf Zurückverweisung an die erste Instanz, die Neuheit des beanspruchten Gegenstands gegenüber den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen, der damit verbundene Antrag auf Zeugenvernehmung, und die Frage der erfinderische Tätigkeit hinsichtlich des beanspruchten Gegenstands erörtert. Der Einwand der mangelnden Klarheit wurde nicht aufrechterhalten.
Der von der Beschwerdeführerin 02 während dieser mündlichen Verhandlung schriftlich eingereichte Antrag auf Zeugenvernehmung lautet wie folgt:
"Es wird beantragt durch Einvernahme des Zeugen Bob Cormia, zu laden über die Einsprechende II Beweis darüber zu erheben, dass die an die in Anlage C (Verkaufsliste 1990-1992) genannten Kunden gelieferten XIR-70 2mil Folien die Schrumpfwerte in Längs- und Querrichtung hatten, die sich aus der Anwendung der Gleichungen 1. bis 3. auf die in der Materialspezifikation MS-0046 genannten Schrumpfbereiche (0,5-2%, 150ºC, 30 min) errechnen.
Für den Fall, dass der Zeuge Cormia nicht mehr zur Verfügung stehen sollte, wird beantragt, zum Beweisthema den Zeugen Dave Jones einzuvernehmen, der ebenfalls über die Einsprechende zu laden ist."
XI. Die für diese Entscheidung wichtigen, schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente der Beschwerdeführerinnen lassen sich wie folgt zusammen fassen:
Zur Zulassung der spät eingereichten Beweismittel
- Die Vorlage der Dokumente D4-D8 erfolgte innerhalb eines angemessenen Zeitraums und fristgerecht. Diese Dokumente seien eingereicht worden als Reaktion auf die neu eingereichten Ansprüche und vor Ablauf der Frist nach Regel 71a EPÜ 1973.
- Die Patentinhaberin habe ausreichend Zeit gehabt, sich mit den eingereichten Dokumenten auseinander zu setzen.
- Diese Dokumente seien aus dem Einspruchsverfahren gegen das korrespondierende deutsche Patent DE 19534420 längst bekannt gewesen (siehe D9).
- Die Vorlage der Dokumente erfolge nicht im Zusammenhang mit einem neuen Einspruchsgrund. Sie dienten der Untermauerung des Einwandes der fehlenden erfinderischen Tätigkeit.
- Es liege der prima facie Verdacht vor, dass die vorgelegten Dokumente der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen. Dies sei insbesondere dadurch glaubhaft gemacht, dass das Bundespatentgericht das korrespondierende deutsche Patent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit gegenüber Dokument D8 widerrufen habe.
- Dokument D8, welches ebenso wie das Streitpatent der internationalen Klasse B32b17/10 zugeordnet sei, betreffe ein beschichtetes Folienlaminat, das bei der Verwendung in Sicherheitsglasscheiben diese im wesentlichen frei von optischen Störungen ("Applesauce"-Effekt, auch Orangenhauteffekt genannt) mache. Diese Störungen umfassten das Entstehen von Wellungen. Gemäß D8 weise das beschichtete Folienlaminat eine mit einem Dünnschichtsystem versehene Trägerfolie zwischen zwei Verbundfolien aus PVB (Polyvinylbutyral) mit einer bestimmten Narbung, d.h. mit einem bestimmten niedrigen Rauhigkeitswert auf, was der Unterdrückung der erwähnten optischen Störungen diene. Die Trägerfolie weise eine Foliendicke von vorzugsweise 2 mil und einen Wärmeschrumpfungsgrads von weniger als 2 % bei 150ºC und 30 min auf.
- Die streitpatentgemäße Umrechnung dieses Wärmeschrumpfungsgrads mit Hilfe der Umrechnungsformeln (1) bis (3), ergebe einen maximalen Wert von 0,7 %, der nur geringfügig oberhalb des nunmehr beanspruchten Bereichs von 0,3 bis 0,6 % liege.
- D8 diene nicht nur zum Nachweis des weitgehenden Vorbekanntseins der patengemäßen Lehre, sondern vor allem als weiterer Nachweis (neben Anlage C) der rechtzeitigen kommerziellen Verfügbarkeit der mit einem Dünnsichtsystem beschichteten Trägerfolie XIR-70-2MIL von Southwall Technologies Inc (Beschwerdeführerin 02), hier belegt durch deren Lieferung an die Firma Monsanto vor dem Anmeldetag 20. August 1990 ihres Patents D8.
- D8 sei daher prima facie relevant und der Antrag, es zum weiteren Verfahren zuzulassen, begründet.
- Die Zulassung von D8 in das Verfahren rechtfertige keine Zurückverweisung an die erste Instanz, weil die Patentinhaberin ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu D8 gehabt und hiervon auch Gebrauch gemacht habe.
- Die Dokumente D4-D7 betreffen das allgemeine Fachwissen des Fachmanns. Dokumente dieser Art könnten nicht nur bis zum Ablauf der Frist nach Regel 71a EPÜ 1973, sondern jederzeit vorgelegt werden. Die durch die Vorlage dieser Dokumente verursachte Situation sei auch nicht komplex.
- D7 belege, dass Messungen des Wärmeschrumpfungsgrads an unbeschichteten PET-Folien bei 120ºC zu etwa dem halben Wert der Messungen bei 150ºC führen. Die Interpolation der Werte für 120ºC aus den angegebenen Kurven für 150ºC und 105ºC gelinge jedem Fachmann problemlos. Dieser Temperaturzusammenhang gelte in gleicher Weise für alle Folien im Dickebereich von 25-250 µm.
- Auch die Umrechnungsformel (1) sei der Patentinhaberin frühzeitig genug bekannt geworden, um sich mit ihr auseinander setzen zu können. Die Beschwerdeführerin 02 habe ihre Umrechnungsformeln auf Grund einer sehr großen Anzahl von Messungen nach der US-amerikanischen Norm und der deutschen Norm mit auf Technischen Universitäten gelehrten Methoden entwickelt. Der Grund für die Entwicklung dieser Umrechnungsformeln sei, dass jeder US-amerikanische Anbieter, wie die Beschwerdeführerin 02, auf dem europäischen Markt in der Lage sein müsse, die nach einer US-amerikanischen Norm bestimmten Werte von Materialeigenschaften in die entsprechenden, nach einer europäischen Norm bestimmten Werte der Materialeigenschaften umzurechnen. Die auf bekannten Wärmeschrumpfungsgraden basierenden Diagramme nach Anlagen G und G' bestätigen die Richtigkeit der Umrechnungsformel (1).
- Die Patentinhaberin habe keinen Nachweis vorgelegt, dass die Anwendung der drei Formeln zu fehlerhaften Werten für den Schrumpfungsgrad führe.
- Der Zulassung und Berücksichtigung der vorgelegten Dokumente D4-D8 stünde auch nicht entgegen, dass mit ihrer späten Vorlage ein Verfahrensmissbrauch betrieben werde bzw. eine Verfahrensverzögerung bezweckt worden sei. Vielmehr müssten sie aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Wahrung des rechtlichen Gehörs berücksichtigt werden.
Zu den Einwendungen Dritter
- Die Einwendungen der Firma Crown Operations sollten ebenfalls berücksichtigt und nicht als verspätetes Vorbringen zurückgewiesen werden.
- Die Patentinhaberin gehe zu Unrecht davon aus, dass die Eingabe der Firma Crown Operations als indirekte Eingabe der Beschwerdeführerin 02 zu werten sei.
Zur offenkundige Vorbenutzung
- Die Lieferungen der von Southwall Technologies Inc. hergestellten Folien XIR-70-2MIL und XIR-75-2MIL, deren Wärmeschrumpfungsgrade in dem beanspruchten Wertebereich des Wärmeschrumpfungsgrads liegen, hätten an verschiedene Firmen, darunter Pilkington/Flachglas und Monsanto Co, vor 1993 und ohne jede Geheimhaltungsverpflichtung stattgefunden.
- Die erste offenkundige Vorbenutzung betreffe die an Monsanto Co gelieferte Folie XIR-70-2MIL (Anlagen C, E und I). Diese Folie habe einen Wärmeschrumpfungsgrad von 0,5 bis 2 % in beiden Richtungen bei 150ºC nach 30 min (in Luft). Dieser Wert entspreche einem Wärmeschrumpfungsgrad von 0,15 bis 0,7 % unter den Bedingungen des Streitpatents (D6 [DIN 55 543, Teil 4]: bei 120ºC über 20 Sekunden in Polyethylenglykol), welcher den beanspruchten Bereich voll überdecke.
- Die zweite offenkundige Vorbenutzung betreffe die ebenfalls an Monsanto Co gelieferte Folie XIR-75-2MIL (Anlagen C, D und B/B'). Diese Folie habe einen Wärmeschrumpfungsgrad von 1 % (bei 150ºC nach 30 min, in Luft), welcher nach den vorgelegten Umrechnungsformeln einem Wärmeschrumpfungsgrad gemessen unter den Bedingungen des Streitspatents (120ºC, 20 Sekunden, in Polyethylenglykol) von 0,3 % entspreche. Dieser Wert liege im beanspruchten Bereich.
- Die dritte offenkundige Vorbenutzung betreffe Lieferungen an die Firma Pilkington/Flachglas, welche von der Patentinhaberin nicht bestritten worden seien.
- Diese Lieferungen, von denen die ersten bereits vor 1993 stattgefunden haben, erfolgten frei, was ohne Geheimhaltungsverpflichtungen bedeute.
- Auch die späteren Lieferungen an die Patentinhaberin, die im Jahr 1995, also vor dem Prioritätstag, stattgefunden haben, erfolgten zumindest hinsichtlich des Wärmeschrumpfungsgrads ohne Geheimhaltungsverpflichtung (siehe Dokumente P1-P5).
- Bei den an Pilkington/Flachglas gelieferten beschichteten Folien sei der Bereich des Wärmeschrumpfungsgrads von 0,3 bis 0,6 % in der Maschinenrichtung (MD) seit 1993 unverändert geblieben. Demgegenüber sei der Schrumpfbereich in Querrichtung (TD) im Laufe der Zeit zunächst auf den Wert in Maschinenrichtung MD abgesenkt (siehe Dokument P2) und dann wieder auf den beanspruchten Wert von 0,3-0,6 % angehoben worden (siehe Dokument P4). Die Folien der ersten Lieferungen hätten somit in beiden Streckungsrichtungen die beanspruchten Werte des Wärmeschrumpfungsgrads besessen.
- Daraus folge, dass die Bereitstellung einer Trägerfolie mit gleichem Schrumpfverhalten in beiden Richtungen, MD und TD, das heißt mit ausgeglichenem Wärmeschrumpfungsverhalten (balanced shrink), für den Fachmann seit längerer Zeit üblich und somit auch im Rahmen der beanspruchten Erfindung naheliegend war (siehe Anlagen B, B', F, F' und I).
Zur erfinderischen Tätigkeit
- Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüchen beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil er im Hinblick auf Aufgabe und Lösung für den Fachmann durch D8, den nächstliegenden Stand der Technik, unmittelbar nahe gelegt werde.
- D8 liege die Aufgabe zugrunde, gebogene Verbundsicherheitsglasscheiben mit genau demselben Aufbau wie gemäß dem Streitpatent bereitzustellen, deren beide äußeren Verbundfolien eine bestimmte Narbung (Rauhigkeit) aufweisen, um die Entlüftung beim Verbinden der drei Folien zu verbessern, und um damit optische Störungen im reflektierten Licht ("Applesauce"-Effekt) zu vermeiden.
- Dieser optische Effekt gehe auf die körnige, regelmäßige, isotrope Struktur der Verbundfolien zurück, die gemäß D8 minimiert sei.
- Da der D8 und dem Streitpatent dieselbe Problematik zugrunde liege, könne die objektive Aufgabe des Streitpatents allerhöchstens noch darin liegen, eine gleich wirkende Alternative bereitzustellen.
- Die Lösung durch eine beschichtete Trägerfolie mit einem Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 % in beiden Verstreckungsrichtungen, gemessen bei 120ºC nach 20 Sekunden in Polyethylenglykol, sei für den Fachmann angesichts von D8 naheliegend.
- D8 offenbare einen Wärmeschrumpfungsgrad von weniger als 2 % gemessen nach 30 Minuten bei 150ºC, was einem Wert von weniger als 0,7 % gemessen nach 20 Sekunden bei 120ºC - bzw. unter Berücksichtigung einer realistischen Messtoleranz von 10% - einem Wert von weniger als 0,63 % entspreche. Dies vermittele dem Fachmann unmissverständlich die Lehre, geringe Wärmeschrumpfungsgrade vorzusehen, deren Optimierung mithilfe weniger routinemäßige Versuche ganz im Rahmen seines handwerklichen Könnens liege.
- Es gehöre zum allgemeinen Wissen des Fachmanns, dass der Wärmeschrumpfungsgrad mit abnehmender Behandlungstemperatur und -dauer abnimmt und im vorliegenden Fall auf etwa die Hälfte abfällt (siehe D5 und D7).
- Ebenso gehöre es zum allgemeinen Wissen des Fachmanns, dass die Behandlungsdauer in Polyethylenglykol kürzer sei als in Luft, weil die Wärmeübertragung in Polyethylenglykol schneller stattfinde. Tatsächlich ergeben sich bei der Wärmebehandlung in Polyethylenglykol Werte des Wärmeschrumpfungsgrads, die höchstens etwa 10% geringer seien als die bei Wärmebehandlung in Luft.
- Die Beschichtung der Trägerfolie mit Funktionsschichten im Dickenbereich von 10-300 nm führe zu einer geringen Erniedrigung des Wärmeschrumpfungsgrads von einigen Prozent (20-25 %), weil die Beschichtung dem Schrumpfverhalten entgegen wirke. Das sei der Patentinhaberin bekannt gewesen (Streitpatentschrift: Spalte 4, Zeilen 51-56).
- Die Anwendung unterschiedlicher Messverfahren in D8 und im beanspruchten Gegenstand disqualifiziere die Offenbarung von D8 somit nicht, denn - wie vorstehend ausgeführt - kenne der Fachmann den qualitativen Zusammenhang zwischen Wärmeschrumpfungsgraden, die bei verschiedenen Behandlungstemperaturen und in verschiedenen Medien ermittelt werden, ebenso wie den zwischen den Wärmeschrumpfungsgraden für beschichtete und unbeschichtete Trägerfolien. Diese dem Fachmann geläufigen qualitativen Zusammenhänge reichen völlig dazu aus, ihn bei der handwerklichen Optimierung in die richtige Richtung zu lenken.
- Im Übrigen könne das anspruchsgemäße Messverfahren die beschichteten Trägerfolien der strittigen unabhängigen Ansprüche 13 und 14 stofflich nicht vom Stand der Technik abgrenzen. Der Fachmann kenne verschiedene Methoden zur Ermittlung der Wärmeschrumpfung (siehe D4-D6), deren Anwendung in das Ermessen des Fachmanns gestellt sei.
- Schließlich enthalte D3 kein technisches Vorurteil, denn es offenbare befriedigende Wärmeschrumpfungswerte.
XII. Die für diese Entscheidung wichtigen, von der Beschwerdegegnerin schriftlich eingereichten und mündlich vorgetragenen Argumente können wie folgt zusammengefasst werden:
Zur Zulassung der spät eingereichten Beweismitteln
- Die Umrechnungsformeln (1) bis (3) müssen unberücksichtigt bleiben, weil sie verspätet in das Einspruchsverfahren eingeführt worden seien.
- Hinzu komme, dass die Formeln (2) und (3) von der Einsprechenden 02 selbst entwickelt worden seien und keinen veröffentlichten Stand der Technik darstellten.
- Die Anlagen B', C, C', D, E, F, G, G', H, I, K und L müssten unberücksichtigt bleiben, weil sie verspätet in das Einspruchsverfahren eingeführt worden seien.
- Die Einsprechende 02 (Beschwerdeführerin 02) habe keine Gründe vorgetragen, die das verspätete Vorbringen rechtfertigen könnten.
- Es sei nicht Aufgabe der Patentinhaberin in dem vor dem EPA anhängigen Verfahren Spekulationen darüber anzustellen, welche Dokumente in einem Verfahren vor dem Bundespatentgericht von Bedeutung waren und sich gleichsam auf Verdacht damit zu beschäftigen; eine solche Verpflichtung sehe das EPÜ nicht vor.
- D5, welches sich mit dem Schrumpfverhalten einer Polysulfon-Folie und nicht einer PET-Folie befasse, offenbare nicht, dass der Wärmeschrumpfungsgrad mit abnehmender Behandlungstemperatur regelmäßig und berechenbar auf etwa die Hälfte abfällt.
- D7 offenbare das Wärmeschrumpfungsverhalten bei einer Temperatur von 120ºC nicht.
- Darüber hinaus betreffen D5 und D7 unbeschichtete Kunststofffolien.
- D8 sei für die Beurteilung der Frage der Patentfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes nicht relevant. Der dort offenbarte Wärmeschrumpfungsgrad sei in einem Bereich angesiedelt, dessen obere Grenze sich weit oberhalb des beanspruchten Bereiches bewege (siehe die vage Angabe von weniger als 2 %), und dem einschlägigen Fachmann nicht den geringsten Hinweis gebe, einen extremen engen Bereich von lediglich 0,3 bis 0,6 % einzuhalten.
Zu den Einwendungen Dritter
- Die Einsprechende 02 versuche über den Umweg des Artikels 115 EPÜ die Zulassung des verspäteten Dokuments D8 zu erreichen.
- Aufgrund der Verbindung der Firma Crown Operations Ltd zu der Einsprechenden 02 müssen die Einwendungen Dritter letztlich als Eingabe der Einsprechenden 02 gewertet werden. Die Einreichung der D8 bleibe damit verspätet.
Zur offenkundige Vorbenutzung
- Hinsichtlich der behaupteten ersten und zweiten offenkundigen Vorbenutzungen durch Lieferungen an Monsanto Co würden die Umrechnungen des Wärmeschrumpfungsgrads zumindest nach der Umrechnungsformel (3) bestritten.
- Es werde nicht akzeptiert, dass nach Beschichtung der unbeschichteten Trägerfolie Hostaphan 4407 (Anlagen B/B') und Hostaphan 4400 (Anlage I) der Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Richtungen, gemessen in Polyethylenglykol bei 120ºC und 20 Sekunden, einen Wert habe, der sich im beanspruchten Bereich befinde.
- Es gebe verschiedene Beschichtungsverfahren, die zu verschiedenen Schrumpfungsgraden führten. Die von der Einsprechenden 02 entwickelte Formel (3) könne nicht für alle solche Verfahren und für alle mit Hilfe dieser Verfahren erzeugten beschichteten Folien gelten. Es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass eine von der Einsprechenden 02 genannte Folie nach Beschichtung einen Schrumpfungsgrad aufweise, der niedriger als der beanspruchte sei. Folglich könne aus den vorgelegten Unterlagen (insbesondere Anlagen B, B', D, E und I) der patentgemäß spezifizierte Schrumpfungsgradbereich von 0,3 bis 0,6 % nicht abgeleitet werden.
- Hinsichtlich der behaupteten dritten offenkundigen Vorbenutzung hätten die Lieferungen von Southwall Technologies an Pilkington/Flachglas immer unter Geheimhaltungsverpflichtung stattgefunden (siehe Dokumente P1 bis P5).
- Die gelieferten Folien (Anlage C) hätten einen Wärmeschrumpfungsgrad in Querrichtung (TD), der dem beanspruchten nicht entspreche. Die Einsprechende 02 sei bis 1995 gar nicht in der Lage gewesen, eine Heat Mirror XIR-75-Folie mit dem von der Patentinhaberin geforderten Wärmeschrumpfungsgrad zur Verfügung zu stellen. Sie habe auch keine Folienspezifikation für eine für Flachglas hergestellte Folie mit den beanspruchten Schrumpfungsgradwerten in Querrichtung vorgelegt.
- Die durch Flachglas/Pilkington vorgeschlagene Änderung der Folienspezifikation sei unter der geltenden Geheimhaltungsklausel zum ersten Mal mit Schreiben vom 31. Januar 1995 gemäß Dokument P3 an Southwall Technologies mitgeteilt worden. Erst später, mit dem als Dokument P4 überreichten Telefax von 04. Juli 2005, sei eine Anpassung der Folienspezifikation auf den nunmehr beanspruchten Wärmeschrumpfungsgrad gefordert worden.
Zur erfinderischen Tätigkeit
- D3 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Es beschäftige sich mit dem Waschbretteffekt bei dünnen Schichten (Spalte 1, Zeilen 50-66; Spalte 4, Zeilen 54-63). Um einen optimalen optischen Effekt zu gewährleisten, müssen die beschichteten Trägerfolien einen Mindestschrumpfungsgrad von 1 % aufweisen. Folglich, gebe D3 dem Fachmann den Hinweis, einen Schrumpfungsgrad in einem anderen Wertebereich zu suchen als dem gemäß dem Streitpatent.
- Das Nichtnaheliegen der erfindungsgemäßen Lösung bestätige auch D2, das eine andere Lösung zur Vermeidung von optischen Fehlern vorschlage.
- Der Erfindung liege das technische Problem zugrunde, einfache und für eine industrielle Serienfertigung von Verbundsicherheitsglasscheiben geeignete Maßnahmen anzugeben, mit denen gebogene Verbundsicherheitsglasscheiben mit dem eingangs beschriebenen Aufbau hergestellt werden können, die keine optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht aufweisen.
- Diese optische Störungen seien einerseits der sogenannte Waschbretteffekt, hervorgerufen durch Faltenbildung in der Trägerfolie, und anderseits der sogenannte Orangenhauteffekt, verursacht durch irreguläre Erhebungen und Vertiefungen in der Trägerfolie.
- Das angegriffene Patent löse diese Probleme durch die Verwendung einer beschichteten Trägerfolie mit einem Schrumpfungsgrad von 0,3 bis 0,6 %, gemessen nach 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol.
- Dieses Ergebnis sei überraschend und unterstreiche eine besondere Erfindungsqualität, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Problem ein mehrdimensionales sei und der Fachmann verschiedene Parameter variieren könne (Dicke der Folie, Wärmeschrumpfverhalten, Testmethode) um zu einem reproduzierbaren Ergebnis zu kommen.
- Der vorgelegte Stand der Technik schlage keine der vorliegenden Erfindung nahekommende Lösung zur Vermeidung der durch dem Waschbretteffekt verursachten optischen Störungen vor.
- D8 offenbare, wie das Problem des "Applesauce"- Effekts zu vermeiden sei, nämlich durch eine optimierte Narbung der Verbundfolien. In D8 werde der Waschbretteffekt nicht angesprochen und dieses Dokument könne deshalb nicht als der nächstliegende Stand der Technik angesehen werden.
- Außerdem offenbare D8 einen Schrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen von weniger als 2 % in bezug auf eine unbeschichtete Folie gemessen bei 150ºC und 30 Minuten (vermutlich) in Luft. Diese Wärmebehandlung könne keinesfalls mit der Erfindungslehre verglichen werden. Die vorgetragenen Umrechnungsformeln seien nicht anwendbar.
- Zunächst wisse der Fachmann nicht, wie sich die beschichtete Folie im Vergleich zur unbeschichteten verhalten werde. Das gelte auch für das Verhalten der beschichteten Folie bei 120ºC im Vergleich zu ihrem Verhalten bei 150ºC.
- Die Behauptung, dass der Fachmann die angegebenen Maßzahlen nach D4, D6 oder durch einfache eigene Messungen habe übertragen können, beruhe auf einer unzulässigen, rückschauenden Betrachtungsweise.
- Aus den zu berücksichtigenden Dokumenten lasse sich eine entsprechende Umrechnung des Wärmeschrumpfungsgrades weder auf exakt wissenschaftlichen Wege noch im Wege von Abschätzungen, Vermutungen oder dergleichen ernsthaft herleiten.
- Die Anlagen G und G' verdeutlichen, dass sich die einzelnen PET-Trägerfolien, die Folie mit der Marke Hostaphan und diejenige der Firma Teijin, bei einer Temperatur von 150ºC um wenigstens den Faktor 2 in ihrem Schrumpfungsgrad unterscheiden. Dies lasse keine verlässlichen Rückschlüsse auf das Wärmeschrumpfungsverhalten gemäß der Erfindung zu.
- D7 offenbare Schrumpfungsrade einer Hostaphan PET Folie bei 180ºC, 150ºC und 105ºC nicht aber bei 120ºC.
XIII. Beide Beschwerdeführerinnen/Einsprechende 01 und 02 beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0877664.
Die Beschwerdeführerin/Einsprechende 02 beantragte auch die Vernehmung von Zeugen entsprechend ihrem schriftlichem Antrag (siehe Punkt X).
XIV. Die Beschwerdegegnerin/Patentinhaberin beantragte die Zurückweisung der Beschwerden, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis eines der Hilfsanträge I oder II, eingereicht mit Schriftsatz vom 21. Mai 2008. Sie beantragte weiter, die Angelegenheit an die ersten Instanz zurückzuverweisen, falls die Beschwerdekammer zu dem Schluss gelangen sollte, dass das Dokument D8 in das Verfahren zugelassen wird. Weiters, beantragte die Beschwerdegegnerin, dem Antrag der Beschwerdeführerin/Einsprechenden 02 auf Zeugenvernehmung nicht stattzugeben.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Einwendungen Dritter (Artikel 115 EPÜ)
Die am 11. März 2008 eingegangenen Einwendungen der Firma Crown Operations International Ltd führen kein neues technisches Material und keine Argumente in das Verfahren ein, welche nicht schon früher vorgelegt wurden. Eine separate Berücksichtigung dieser Einwendungen erübrigt sich daher.
3. Zulässigkeit von D8 / Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz
Das verspätet vorgelegte Dokument D8 wird in das Verfahren zugelassen, weil es, entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung, als prima facie hochrelevant für die Frage der erfinderische Tätigkeit anzusehen ist (siehe Punkt 6.2.1). Dieses Dokument war der Patentinhaberin schon aus dem Verfahren vor der ersten Instanz bekannt, wurde im Beschwerdeverfahren erneut diskutiert und von der Beschwerdegegnerin / Patentinhaberin auch kommentiert. Diese hatte somit ausreichend Gelegenheit, sich mit der Offenbarung dieses Dokuments auseinanderzusetzen (Artikel 113(1) EPÜ).
Die Kammer sieht daher keine sachliche oder prozedurale Notwendigkeit für eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz. In diesem Falle ist dem Gebot eines zügigen Abschlusses des Einspruchsverfahrens in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer der Vorzug zu geben (VOBK Artikel 15(6), Version vom 12. September 2007, ABl. EPA 2007, 536).
4. Zeugenvernehmung
4.1 Die Einsprechende 02 hat während der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2008 einen Antrag auf Zeugenvernehmung von Herrn Cormia gestellt (siehe Punkt X).
Diese Zeugenvernehmung wurde in Verbindung mit den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen beantragt. Die Aussage des Herrn Cormia sollte beweisen, dass die Schrumpfwerte in beiden Verstreckungsrichtungen der laut Anlage C konkret gelieferten XIR-70 2mil Folien sich durch Anwendung der Gleichungen 1. bis 3. auf die in der Materialspezifikation MS-0046 genannten Schrumpfbereiche (von 0,5 bis 2%, 150ºC, 30 Minuten) so errechnen lassen, dass sie in den beanspruchten Bereich fallen.
4.2 Dieser Antrag ist als verspätet zurückzuweisen (Artikel 13(1) VOBK).
Dieser konkrete Antrag wurde zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer im Laufe der Diskussion über die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes eingereicht und unterscheidet sich von früher gestellten Anträgen zur Zeugenvernehmung von Herrn Cormia. Der gegenständliche Antrag wurde somit in einem extrem späten Verfahrensstadium eingereicht; er ist zudem unzureichend substantiiert, weil die Umstände, die Herr Cormia befähigen sollen, verlässliche Aussagen zu dem fraglichen Sachverhalt zu machen, nämlich präzise Kenntnisse über den technischen Sachverhalt der Lieferungen gemäß Anlage C, nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht worden sind; dies betrifft die konkrete Funktion, die Herr Cormia bei Southwall Technologies im Hinblick auf die behauptete offenkundige Vorbenutzung inne hatte, seine zur gewünschten Beweisführung relevante technische Qualifikation und schließlich seine Implikation in den fraglichen Vorgang. Die über Herrn Cormia vorliegende Information lässt nicht erkennen, inwieweit er überhaupt direkte und objektivierbare Kenntnisse hinsichtlich der Lieferungen gemäß Anlage C haben konnte. Die diesbezügliche Mangelhaftigkeit des Zeugenangebots wird noch dadurch unterstrichen, dass erst spät im Verlaufe der mündlichen Verhandlung ein Herr Jones als eventueller Ersatzzeuge für Herrn Cormia angeboten wurde, ohne dass dessen Kompetenz in der bestehenden Fragestellung substantiiert worden wäre.
4.3 Die Kammer kann das Argument der Einsprechenden nicht akzeptieren, dass derselbe konkrete Antrag auf Zeugenvernehmung von Herrn Cormia schon früher gestellt und somit nicht in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebracht wurde. Zwar wurde schon im schriftlichen Verfahren vorgeschlagen, Herrn Cormia als Zeugen zu vernehmen, jedoch nur im Hinblick auf andere (wenn auch verwandte) Umstände, die sich nicht auf die konkrete Fragestellung der gemäß Anlage C gelieferten Folien bezogen, nämlich (Schriftsatz der Einsprechenden 02 vom 23. August 2005):
(i) hinsichtlich der Zulassung aller Umrechnungsformeln für die Interpretation der in D8 offenbarten Schrumpfungsgrade (Punkt 6.2 des Schriftsatzes),
(ii) hinsichtlich der Behauptung, dass die in D8 verwendeten unbeschichteten Folien den Folien der Anlagen B/B' entsprächen, welche nach Umrechnungen auf Basis der Umrechnungsformeln (1) bis (3) einen Schrumpfungsgrad von 0,3 bei 120ºC und 20 Sekunden hätten (Punkt 6.4 des Schriftsatzes),
(iii) hinsichtlich der Behauptung, dass die unbeschichtete Folie Hostaphan 4407 (Anlagen B/B') nach Verwendung der Umrechnungsformeln (1) bis (3) einen Schrumpfungsgrad von 0,3 % aufweise, gemessen nach 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol (Punkt 7.3 des Schriftsatzes) und schließlich
(iv) in pauschaler Weise auch hinsichtlich der Eigenschaften und Lieferungen der beschichteten PET-Heat Mirror Folien XIR-70-2mil und XIR-75-2mil [ungeachtet ihres Lieferdatums] (Punkt 7.5 des Schriftsatzes).
4.4 Unter diesen Umständen war eine Fortsetzung des Verfahrens zur Ladung des Zeugen unter Festsetzung einer neuen mündlichen Verhandlung aus verfahrensökonomischen Gründen und wegen mangelnder Substantiierung des Zeugenangebots nicht gerechtfertigt und dem entsprechenden Antrag daher nicht statt zu geben.
4.5 Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von dem der Entscheidung T 474/04 (ABl. 2006, 129) zu Grunde liegenden, indem dort grundsätzliche Fragen der Bedeutung einer Zeugenvernehmung kommentiert wurden, und eine durch Nicht-Vernehmung des Zeugen erfolgte vorweggenommene Bewertung des angebotenen Beweismittels gerügt wurde, ohne auf die hier entscheidende Frage der ausreichenden Substantiierung des Zeugenangebots einzugehen.
5. Neuheit (offenkundige Vorbenutzungen)
Die Einsprechende 02 hat die Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 13 und 14 aufgrund dreier offenkundiger Vorbenutzungen angegriffen. Alle diesen Vorbenutzungen basierten auf den behaupteten Lieferungen ohne irgendeine Geheimhaltungseinschränkung von Folien, die den beanspruchten Gegenständen entsprachen, an Kunden von Southwall Technologies Inc. und zwar vor dem Anmeldungstag des strittigen Patents, dass heißt vor dem 16. September 1995.
Wie im Folgenden im Einzelnen ausgeführt, sieht die Kammer alle drei behaupteten Vorbenutzungen als nicht ausreichend belegt an. Daher ist die Neuheit der beanspruchten Gegenstände gegenüber diesen Vorbenutzungen anzuerkennen.
5.1 Erste behauptete offenkundige Vorbenutzung (Monsanto)
5.1.1 Die erste behauptete offenkundige Vorbenutzung betrifft die Lieferungen von von Southwall Technologies Inc. hergestellten Folien XIR-70-2MIL an Monsanto während des letzen Quartals 1990 (Anlage C). Das entscheidende Element dieser Vorbenutzung betrifft die Art der gelieferten Folien und zwar, ob sie sich von den beanspruchten Folien unterscheiden, nämlich ob sie einen Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen aufweisen, der in dem beanspruchten Bereich von 0.3 bis 0,6 % liegt, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol.
5.1.2 Die 1990 an Monsanto gelieferten Folien XIR-70-2MIL (Anlage C) sind durch die Bezeichnung 901-1001 näher bestimmt, welche eine Verbindung zur Anlage E (Punkt 1 und Punkt 3) ermöglicht, eine seit 03/08/1990 - und folglich im letzten Quartal diesen Jahres - geltende Produktspezifikation. Auf Basis dieser Anlage wurde plausibel behauptet, dass die Folie XIR-70-2MIL eine Polyesterfolie für Autowindschutzscheiben war, die aus einer Trägerfolie der Dicke von 2 mil mit einem metallisierten Überzug bestand, wobei die Trägefolie gemäß Trägerfolienspezifikation MS-0046 (Anlage I) biaxial verstreckt war. Diese Spezifikation war seit 05/03/1990 und folglich im letzten Quartal diesen Jahres gültig, und entsprach der Trägerfolie Hostaphan 4400 (Anlage I, Punkt 1.0), deren Schrumpfungsgrad in beiden Richtungen 0,5 bis 2,0 % betrug, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 30 Minuten bei 150ºC (in Luft).
5.1.3 Es ist glaubhaft, und die Patentinhaberin hat es nicht bestritten, dass alle Merkmale der beanspruchten Folien, bis auf den bei der vorbenutzten Folie unterschiedlich charakterisierten Schrumpfungsgrad in beiden Richtungen, von den gelieferten Folien erfüllt wurden. Es bleibt zu prüfen, ob der beanspruchte Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Richtungen von den Wärmeschrumpfungsgraden der vorbenutzten Folien tatsächlich abweicht oder ob der numerische Unterschied nur auf die unterschiedlichen Messmethoden zurückzuführen ist.
5.1.4 Unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel ist die Kammer nicht überzeugt, dass der in der Anlage I erwähnte Wärmeschrumpfungsgrad von 0.5 bis 2,0 %, gemessen am unbeschichteten Trägerfilm nach einer Wärmebehandlung von 30 Minuten in Luft bei 150ºC, unter Anwendung der Umrechnungsformeln (1) bis (3) einem Wärmeschrumpfungsgrad des beschichteten Films im Bereich von 0,15 bis 0,7 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden in Polyethylenglykol bei 120ºC (siehe Paragraph [0020] des Streitpatents), entspricht, mit der Konsequenz dass die Neuheit des beanspruchten Bereiches von 0,3 bis 0,6 % vorweggenommen wäre.
5.1.5 Die Kammer stellt fest, dass die beweispflichtige Einsprechende 02, welche die Lieferantin der behaupteten offenkundig vorbenutzten Folien war, keine Ergebnisse von Messungen des Wärmeschrumpfungsgrades dieser Folien nach der Wärmebehandlung gemäß dem Streitpatent vorgelegt hat, um klar zu belegen, dass auch bei Anwendung dieser Messmethode des Wärmeschrumpfungsgrades die vorbenutzten XIR-70-2MIL Folien im Vergleich zu den beanspruchten keinen Unterschied aufwiesen. Sie hat sich vielmehr auf theoretische Überlegungen und Schlussfolgerungen beschränkt.
5.1.6 Die Kammer ist von diesen theoretischen Überlegungen und Schlussfolgerungen nicht überzeugt. Denn selbst wenn die Richtigkeit der Umrechnungsformeln (1) und (2) anerkannt würde, was die Patentinhaberin bestreitet, kann zumindest die Umrechnungsformel (3) nicht auf alle möglichen beschichteten Folien angewandt werden.
Die Patentinhaberin hat überzeugend vorgetragen, dass das Aufbringen der Beschichtung die Schrumpfung der Folie beeinflusst, und dass besondere Maßnahmen ergriffen werden müssen um die Folie gegen Schrumpfung zu stabilisieren. Im konkreten Fall des Streitpatents ist die Beschichtung durch "sputtering" aufgebracht worden. Dabei wurde dafür gesorgt, dass die Folie mechanisch und durch Kühlung gegen Schrumpfung stabilisiert worden ist (Spalte 6, Zeilen 52-55). Da diese Maßnahmen, die einen erheblichen Einfluss auf die Endschrumpfung haben, in der Formel nicht berücksichtigt sind, ist eine verlässliche Umrechnung Schrumpf-unbeschichtet/Schrumpf-beschichtet nicht möglich.
5.1.7 Aus Obigem folgt, dass es sich bei der behaupteten ersten offenkundigen Vorbenutzung nicht zwingend um eine beschichtete Folie mit den Merkmalen der beanspruchten Folie handelt. Diese ist folglich nicht neuheitsschädlich für die Produktansprüche 13 und 14.
5.2 Zweite behauptete offenkundige Vorbenutzung (Monsanto)
5.2.1 Die zweite behauptete offenkundige Vorbenutzung betrifft die Lieferungen von von Southwall Technologies Inc. hergestellten Folien XIR-75-2MIL an Monsanto während des letzen Quartals 1990 (Anlage C). Die entscheidende Frage bei dieser Vorbenutzung ist, ob die gelieferten Folien einen Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen aufwiesen, der in dem beanspruchten Bereich von 0.3 bis 0,6 % liegt, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol.
Die Kammer hält die Ausführungen der Einsprechenden 02 für nicht überzeugend, dass die gelieferten Folien einen Wärmeschrumpfungsgrad, bestimmt nach der patentgemäßen Methode, in beiden Versteckungsrichtungen von 0,3 % aufgewiesen haben.
5.2.2 Zwar sind die im 1990 gelieferten Folien mit der Bezeichnung 901-1003 näher bestimmt (Anlage C), die auch in der Produktspezifikation gemäß Anlage D, Punkt 3.1 für die Folie HEAT MIRROR XIR-75 verwendet wird. Es kann aber nicht mit hinlänglicher Sicherheit angenommen werden, dass die gelieferten Folien die dort angegebenen Charakteristika aufwiesen, weil diese Produktspezifikation erst am 03/08/1992 in Kraft getreten ist, also fast zwei Jahre nach der genannten Lieferung.
5.2.3 Daneben hat die Einsprechende 02 auch den Zusammenhang zwischen den Anlagen D und B/B' nicht ausreichend belegt. Es kann deshalb nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei der verwendeten Trägerfolie um eine Folie aus Hostaphan 4407 handelte, die unbeschichtet einen Wärmeschrumpfungsgrad von 1,0 % aufwies, gemessen nach einer Wärmebehandlung bei 150ºC von 30 Minuten in Luft.
5.2.4 Aber selbst wenn man dies außer Acht lässt, bestünde noch der erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der von der Beschwerdeführerin 02 durchgeführten Umrechnung des Wärmeschrumpfungsgrades von 1,0 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 30 Minuten in Luft bei 150ºC, in den behaupteten Wärmeschrumpfungsgrad von 0,3 %, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden in Polyethylenglykol bei 120ºC.
Dies insbesondere deshalb, weil - wie bereits oben ausgeführt (Punkt 5.1.6)- der Einfluss der Beschichtungsbedingungen auf das Wärmeschrumpfverhalten der Hostaphan Folie in der Umrechnungsformel (3) nicht berücksichtigt ist.
5.2.5 Aus diesen Gründen ist die Kammer der Auffassung, dass bei der behaupteten zweiten offenkundigen Vorbenutzung nicht von der Übereinstimmung der beschichteten Folie mit den Merkmalen der beanspruchten Folie ausgegangen werden kann. Somit ist diese nicht neuheitsschädlich für die Produktansprüche 13 und 14.
5.3 Dritte behauptete offenkundige Vorbenutzung (Flachglas/Pilkington)
5.3.1 Die dritte behauptete offenkundige Vorbenutzung betrifft Lieferungen von von Southwall Technologies Inc. hergestellten Folien an Flachglas/Pilkington, von denen einige die beanspruchten Merkmale aufgewiesen haben. Die entscheidende Frage bei dieser Vorbenutzung ist, ob diese Lieferungen unter einer Geheimhaltungsverpflichtung erfolgt sind.
5.3.2 Die Patentinhaberin hat glaubhaft vorgetragen, dass Folien mit den beanspruchten Merkmalen, dass heißt mit einem Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen im Bereich von 0,3 bis 0,6 %, zum ersten Mal im Januar 1995 in den kommerziellen Beziehungen zwischen ihr und der Einsprechenden 02 zur Diskussion gestellt wurden (Dokument P3) und die entsprechende Änderung der Folienspezifikation erst im Juli 1995 beantragt wurde (Dokument P4).
5.3.3 Die Behauptung der Einsprechenden 02, dass solche Folien schon früher an die Patentinhaberin geliefert worden seien (Anlage C: XIR75-2MIL), hat sie nicht zur Überzeugung der Kammer bewiesen. Für die früher gelieferten Folien XIR75-2MIL fehlt nämlich die Angabe des Wärmeschrumpfungsgrades in beiden Verstreckungsrichtungen. Selbst unter der Annahme, dass diese früher gelieferten Folien gemessen nach 30 Minuten bei 150ºC in Luft (Anlagen F, F') einen ausgeglichenen Schrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen von 1,0 % aufwiesen, könnte - wie oben ausgeführt (Punkt 5.1.6) - nicht mit ausreichender Sicherheit geschlossen werden, dass diese beschichteten Folien gemessen nach 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol einen Wärmeschrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen von 0,3 % hatten.
Auch der Vortrag in der mündlichen Verhandlung, das die Patentinhaberin die Folienspezifikation bezüglich des Wärmeschrumpfungsgrads in beiden Verstreckungsrichtungen in der Vergangenheit mehrmals geändert hat, und ihr im Laufe der Zeit von der Einsprechenden 02 Folien mit höherem und niedrigerem Wärmeschrumpfungsgrad geliefert worden sind, kann in Abwesenheit konkreter Beweismittel nicht akzeptiert werden.
5.3.4 Die Kammer stimmt der Patentinhaberin angesichts des Inhalts der Vereinbarung gemäß Dokument P2 auch zu, dass zwischen ihr und der Einsprechenden 02 ab dem 22. Oktober 1993 für einen Zeitraum von zwei Jahren (d.h. bis nach dem Anmeldetag des Streitpatents, dem 16. September 1995) eine Geheimhaltungsverpflichtung existierte. Diese Vereinbarung hatte zur Folge, dass eine eventuelle Lieferung von Folien gemäß der neuen Produktspezifikation (Dokument P4), die frühestens im Juli 1995 stattfinden konnte, der vereinbarten Geheimhaltungsverpflichtung unterlag. Das gleiche galt auch - ungeachtet der Frage, ob die entsprechenden Folien patentgemäß waren - für die Bestellung und Lieferung von XIR-75 Folien zwischen Mai und Juni 1995 (Anlagen A und C').
5.3.5 Aus diesem Grunde ist die Kammer der Auffassung, dass auch die behauptete dritte offenkundige Vorbenutzung nicht neuheitsschädlich für die Produktansprüche 13 und 14 sein kann.
6. Erfinderische Tätigkeit
6.1 Die beanspruchte Erfindung
Der Gegenstand der Produktansprüche 13 und 14 betrifft eine mit einem Dünnschichtsystem versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff, mit einer bestimmten Dicke und einem bestimmten Wärmeschrumpfungsgrad. Nach dem Streitpatent (Spalte 1, Zeilen 3-12; Spalte 2, Zeilen, 38-45) ermöglicht diese besondere Trägerfolie eine einfache und für eine industrielle Serienfertigung geeignete Herstellung von sowohl ebenen als auch gebogenen Verbundsicherheitsglasscheiben, die keine optischen Störungen im reflektierten und/oder durchfallenden Licht aufweisen.
Zwei Typen von zu vermeidenden optischen Störungen sind in der Patentschrift offenbart, nämlich der Waschbretteffekt, welcher nach den unwidersprochenen Ausführungen der Patentinhaberin während der mündlichen Verhandlung die Faltenbildung in der Trägerfolie betrifft (siehe auch Patentschrift: Spalte 1, Zeilen 53-56; Spalte 3, Zeilen 46-48; Spalte 4, Zeilen 5-11; Spalte 7, Zeile 55 bis Spalte 8, Zeile 6) und der Orangenhauteffekt, welcher die Bildung von irregulären Erhebungen und Vertiefungen in der Trägerfolie betrifft (Patentschrift: Spalte 8, Zeilen 6-13).
6.2 Nächstliegender Stand der Technik
6.2.1 Die Einsprechenden haben argumentiert, dass das bereits in der ersten Instanz benannte, von dieser aber nicht zugelassene Dokument D8 der Monsanto Company, welches eine Verbundsicherheitsglasscheibe mit Verbundfolien offenbart und sich mit der Vermeidung von "Applesauce"-artigen optischen Störungen beschäftigt (gemäß dem Vortrag der Parteien gleichbedeutend mit dem sogenannten "Orangenhauteffekt"), wegen seiner prima facie Relevanz in das Verfahren eingeführt und sogar als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden müsse (Spalte 1, Zeilen 5-12 und 43-50; Spalte 2, Zeilen 13-56; Spalte 4, Zeilen 41-53; Spalte 9, Zeilen 1-14).
Die Kammer erkennt an, dass D8 prima facie als hochrelevant einzustufen ist, weil es Verbundsicherheitsglasscheiben der gleichen Bauart wie die gemäß dem Streitpatent beschreibt und sich auch - wie das Streitpatent - mit der Vermeidung von optischen Störungen beschäftigt, in diesem Fall besonders der Vermeidung des sogenannten "Applecauce"/Orangenhaut-Effekts". D8 ist demzufolge in das Verfahren einzuführen.
6.2.2 Ein weiteres Dokument, das für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen ist, ist D3, welches eine mit Verbundfolie versehene Verbundsicherheitsglasscheibe offenbart. Es befasst sich einerseits mit deren Erschütterungsresistenz und anderseits mit der Vermeidung von optischen Störungen aufgrund von Faltenbildung des Trägerfilms der funktionellen Beschichtung. Der letztgenannte Effekt entspricht dem sogenannten "Waschbretteffekt" (Spalte 1, Zeilen 4-12, Spalte 1, Zeile 58 bis Spalte 2, Zeile 54; Spalte 4, Zeilen 53-62; Spalte 5, Zeilen 7-20; Spalte 7, Zeile 54 bis Spalte 8, Zeile 6; Beispiele 3 und 4).
6.3 Die zu lösende technische Aufgabe
Im Hinblick auf diesen Stand der Technik und die Offenbarung der Patenschrift liegt der beanspruchten Erfindung die technische Aufgabe zugrunde, eine mit einem Dünnschichtsystem (Funktionsbeschichtung) versehene, verstreckte Trägerfolie aus thermoplastischem Kunststoff bereitzustellen, welche gleichzeitig den Orangenhaut- und den Waschbretteffekt vermeidet.
Die Lösung der gestellten Aufgabe soll patentgemäß durch die Verwendung im Aufbau der Verbundsicherheitsglasscheibe einer beschichteten Trägerfolie mit einer Dicke von 30 bis 70 µm erreicht werden, die in den beiden Verstreckungsrichtungen einen Wärmeschrumpfungsgrad, gemessen nach einer Wärmebehandlung von 20 Sekunden bei 120ºC in Polyethylenglykol, von 0,3 bis 0,6 % aufweist.
Nach dem in der Patenschrift offenbarten Ausführungsbeispiel (Spalte 6, Zeile 35 bis Spalte 7, Zeile 54) und den Vergleichsbeispielen (Spalte 7, Zeile 55 bis Spalte 8, Zeile 13) treten die unerwünschten optischen Effekte dann nicht auf, wenn der Schrumpfungsgrad in beiden Verstreckungsrichtungen einerseits nicht unter 0,3 % (Vermeidung des Waschbretteffekts) und anderseits nicht über 0,8 % (Vermeidung des "Applesauce"/Orangenhaut-Effekts) liegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß den Beispielen der Patentschrift für den Einbau der beschichteten Trägerfolie zwei genarbte PVB (Polyvinylbutyral) Verbundfolien der Firma Monsanto verwendet werden. Dies ist insofern von Bedeutung, als aus dem Monsanto-Dokument D8 bekannt ist, dass dieser Effekt mit einer zu starken Narbung der Oberfläche der PVB Verbundfolien zusammenhängt, die entsprechend der D8-Erfindung reduziert wird, ausgedrückt durch einen "wave index WI von kleiner 15 000 (siehe Anspruch 1; Spalte 2, Zeilen 36 bis 56).
6.4 Naheliegen
Nach Auffassung der Kammer sind die technischen Merkmale der Trägerfolie, welche die Lösung der technischen Aufgabe ermöglichen, für den Fachmann aus dem zitierten Stand der Technik nicht nahegelegt.
6.4.1 Zwar kann in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Einsprechenden angenommen werden, dass aus D8 bekannt war, dass durch die Verwendung entsprechend genarbter Monsanto-Verbundfolien in Verbindung mit einem Schrumpfungsvermögen der Trägerfolie von weniger als 2 % in beiden Verstreckungsrichtungen nach 30 Minuten bei 150ºC in Luft (entsprechend einem deutlich geringeren Schrumpfungswert nach patentgemäßer Messung nach 20 Sekunden bei 120º in Polyethylenglykol) der "Applesauce"/Orangenhaut-Effekt unterdrückt werden konnte; die Vermeidung des Waschbrett-Defekts ist durch diese Maßnahme aber nicht nahe gelegt.
6.4.2 Dass dies durch Einstellen des Schrumpfungsverhaltens in beide Richtungen auf den patentgemäß beanspruchten Wert von 0,3 bis 0,6 % gemessen nach 20 Sekunden bei 120º in Polyethylenglykol gelingt, ist auch durch die Offenbarung von D3 nicht nahegelegt. Diese empfehlt zur Vermeidung des Waschbrett-Defekts, den Schrumpfungsgrad der beschichtete Trägerfolie auf mindestens 1% gemessen nach einer Wärmebehandlung von 30 Minuten bei 120ºC in Luft einzustellen (siehe Anspruch 1). Zwischen den Parteien bestand Einvernehmen darüber, dass wegen der weit besseren Wärmeübertragung im Falle der Verwendung von Polyethylenglykol als Wärmeträgermedium trotz der patentgemäß viel kürzeren Behandlungszeit bei derselben Temperatur von 120ºC sehr ähnliche Schrumpfungswerte zu erwarten sind. Diese Schlussfolgerung ist umso überzeugender, als dieser minimale Wert bei Anwendung der Formel aus Spalte 2 von D3 für die höchste beanspruchte Dicke von 70 µm gilt. Bei einer Dicke von 50 µm, die vergleichbar mit der in D8 (Spalte 9, erster Absatz) beispielhaft behandelten und mit der im Streitpatent bevorzugten entsprechenden Dicke ist, liegt der Schrumpfungsgrad bei 2,6 % TD und 2,0 % MD (Beispiel 3) oder 2,3 % TD und 2,2 % MD (Beispiel 4). Diese Werte liegen jedenfalls, selbst bei für die Patentinhaberin ungünstiger Umrechnung in patentgemäß ermittelte Messwerte, erheblich über dem patentgemäß maximalen Schrumpfungsgraden von 0,6 %.
6.4.3 Unter diesen Umständen findet der Fachmann, der sich als zu lösende technische Aufgabe sowohl die Vermeidung des Waschbrett-, als auch die des Orangenhauteffekts gestellt hat, im Stand der Technik keine Anregung, welche zu den beanspruchten Merkmalen führt.
6.5 Der Gegenstand der Produktansprüche 13 und 14 des Hauptantrags ist somit für den Fachmann aus dem vorliegenden Stand der Technik nicht nahe gelegt und beruht somit auf erfinderischer Tätigkeit.
6.6 Aufgrund der Patentfähigkeit der Produkthauptansprüche erfüllen auch die Produktunteransprüche 15 bis 17, die Verfahrensansprüche zur Herstellung dieser Produkte 1 bis 8, und die Verwendungsansprüche dieser Produkte 9 bis 12 mutatis mutandis die Voraussetzungen des EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Dem Antrag der Beschwerdeführerin (Einsprechenden 02) auf Zeugenvernehmung wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.