T 0267/06 13-04-2007
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Betonfertigungsanlage
Beweisangebot zu offenkundiger Vorbenutzung (nicht berücksichtigt)
Wesentlicher Verfahrensmangel (ja)
Zurückverweisung (ja)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr (ja)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 053 845 zurückgewiesen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Im Einspruchsverfahren wurden die Entgegenhaltungen
D9: DE-A-31 15 812 und
D11: DE-A-42 30 239
sowie eine behauptete offenkundige Vorbenutzung gemäß
D12: eidesstattliche Versicherung des Herrn Guerin berücksichtigt.
Im Beschwerdeverfahren wurden als Nachweis für das allg. Fachwissen die Dokumente
D13: Eugen Schleicher, "Die Grundlage des Bauens bei tiefen Temperaturen", Verlag Technik GmbH, Berlin, 1952, Seiten 36-54; 80-119, Abbildungen 34, 36
D14: Franz Böhm, "Das Betonieren bei Frost", Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, 4. Auflage, 1944, Seiten 28-55; 82-95
D15: Adolf Kleinlogel, "Winterarbeiten im Beton- und Stahlbetonbau", Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, 4. Auflage, 1953, Seiten 22-30; 47-96
D19: "Hütte- Des Ingenieurs Taschenbuch/Bautechnik", Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn, 28. Auflage, 1956, Seite 528
D20: Lueger, "Lexikon der Bautechnik", Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart, Seiten 180-182,
sowie betreffend die bereits im Einspruchsverfahren behauptete sowie weitere offenkundige Vorbenutzungen die Unterlagen:
D16: betreffend eine offenkundige Vorbenutzung in Samara/Russland
D17: betreffend eine offenkundige Vorbenutzung durch eine ELBA-Anlage in Frankfurt/Main
D18: betreffend eine offenkundige Vorbenutzung durch Anlagen der Fa. LIEBHERR MISCHTECHNIK GmbH eingereicht.
Nach der angefochtenen Entscheidung sei die Betonfertigungsanlage nach dem Anspruch 1 gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik nach D9 und D11 neu. Gleiches gelte gegenüber der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung nach D12. Nach der angefochtenen Entscheidung war es somit nicht erforderlich festzustellen, ob der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sei oder nicht.
Weiterhin beruhe die Betonfertigungsanlage nach dem Anspruch 1 gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik nach D9, D10 und D11 auf erfinderischer Tätigkeit. Die behauptete offenkundige Vorbenutzung nach D12 wurde betreffend die erfinderische Tätigkeit nicht erwähnt.
II. Dem Beschwerdeverfahren liegen die folgenden Anträge zugrunde:
Die Beschwerdeführerin beantragte
i) Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des Patents,
ii) hilfsweise die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen,
iii) Rückzahlung der Beschwerdegebühr, sowie weiter
iv) hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte
i) Zurückweisung der Beschwerde und Aufrechterhaltung des Patents (Hauptantrag), sowie
ii) hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung nach einem der Hilfsanträge 1 bis 4.
Der mit der Beschwerdeerwiderung gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung wurde, entsprechend der in der Mitteilung der Kammer als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung angesprochenen Möglichkeit zur weiteren Vorgehensweise, zurückgenommen.
III. Der der angefochtenen Entscheidung sowie dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin zugrunde liegende Anspruch 1 (erteilte Fassung) lautet wie folgt:
"1. Durch Außenwände wettergeschützte Betonfertigungsanlage mit einer Bunker- und Wiegeeinheit (1), und mit einer Zuförder-, Wiege- und Mischeinheit (2), dadurch gekennzeichnet, daß zwischen den beiden Einheiten (1, 2) ein geschlossener Übergaberaum (3) vorgesehen ist, sodaß die gesamte Betonfertigungsanlage beheizbar ist."
IV. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in Bezug auf die behauptete offenkundige Vorbenutzung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Die im Einspruchsverfahren anhand von D12 behauptete offenkundige Vorbenutzung sei von der Einspruchsabteilung unzutreffend berücksichtigt worden. Ein diesbezügliches Beweisangebot durch Vernehmung eines Zeugen sei übergangen worden. Damit sei gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens verstoßen worden. Organe des EPA dürften Beweisangebote nämlich, ohne sich vorab von deren Relevanz überzeugt zu haben, nicht ohne weiteres ablehnen.
b) Nach der Mitteilung zur Ladung zur mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren werde D12 betreffend die im Einspruchsverfahren behauptete offenkundige Vorbenutzung als Stand der Technik im Sinne des Artikels 54 (2) EPÜ erachtet, so dass auf die Vernehmung des Zeugen verzichtet werden könne. Obwohl der Zeuge ausgehend von dieser Beurteilung nicht geladen worden war, sei die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung zu der Auffassung gelangt, dass der der eidesstattlichen Versicherung beigefügten Skizze Merkmale, die die offenkundige Vorbenutzung nach der eidesstattlichen Versicherung aufgewiesen habe, nicht zu entnehmen seien. Das Verhalten der Einspruchsabteilung, gemäß dem von dem angebotenen Zeugenbeweis kein Gebrauch gemacht worden sei, habe zu einem wesentlichen Verfahrensmangel geführt. Davon ausgehend sei die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Einvernahme des Zeugen zurückzuverweisen und es sei die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
c) Berücksichtige man den Stand der Technik nach der offenkundigen Vorbenutzung D12 und den dazu angebotenen Zeugenbeweis, dann mangele es der Anlage nach dem Anspruch 1 bereits an der Neuheit. Dies gelte entsprechend die weiteren offenkundigen Vorbenutzungen nach den mit der Beschwerdebegründung eingereichten Unterlagen D16 - D18.
d) Gegenüber den offenkundigen Vorbenutzungen beruhe die Anlage nach dem Anspruch 1 auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
V. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin bezüglich der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung lässt sich wie folgt zusammenfassen:
a) Bei den mit der Beschwerdebegründung behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen gemäß den Unterlagen D16 - D18 handele es sich um verspätetes Vorbringen, betreffend dessen Zulassung in das Verfahren ein strenger Maßstab anzuwenden sei, weil diese behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen, soweit D16 und D17 betroffen sind, auf die Beschwerdeführerin selbst zurückgehen. Auch betreffend D18 sei kein Grund dafür ersichtlich, dass auf diese behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen nicht schon im Einspruchsverfahren Bezug genommen worden ist.
b) Gegen eine Berücksichtigung dieser verspätet behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen spräche auch deren mangelnde prima facie Relevanz. Keines der diesbezüglich eingereichten Beweismittel D16 - D18 nehme den Gegenstand des Anspruchs 1 vorweg.
c) Die Unterlagen D12 betreffend die bereits im Einspruchsverfahren berücksichtigte offenkundige Vorbenutzung bestünden aus zwei Teilen, einer eidesstattlichen Versicherung und einer Planskizze, auf die in der eidesstattlichen Versicherung Bezug genommen werde. Nach der eidesstattlichen Versicherung beträfe diese behauptete offenkundige Vorbenutzung ausschließlich Anlagen der in der Skizze dargestellten Art. Der Skizze sei kein Hinweis auf eine Umhausung des Bunkers zu entnehmen. Ferner sei der Übergaberaum nicht geschlossen und es sei die Zuförder-, Wiege- und Mischeinheit nur teilweise von Außenwänden umgeben. Der Gegenstand der nach D12 behaupteten offenkundigen Vorbenutzung sei somit betreffend die Neuheit der Anlage nach dem Anspruch 1 nicht relevant.
d) Betreffend die offenkundige Vorbenutzung D12 sei weiterhin innerhalb der Einspruchsfrist nicht genau angegeben worden was der Öffentlichkeit wo, wann, wie und durch wen zugänglich gemacht worden ist.
e) Nach der angefochtenen Entscheidung sei somit zutreffend eine Zeugeneinvernahme nicht als erforderlich erachtet worden, weil der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung nicht relevant sei und weil die Unterlagen D12 nicht den üblichen Anforderungen an Beweismittel für den Nachweis einer offenkundigen Vorbenutzung genügten.
f) Auch die übrigen behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen gemäß D16 - D18 seien weder inhaltlich relevant noch ausreichend bewiesen.
VI. In der Mitteilung als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2006 hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung dargelegt, nach der die Angelegenheit gemäß Artikel 10 VOBK an die erste Instanz zurückzuverweisen sei. Die Kammer sah dies als erforderlich an, weil ihrer vorläufigen Auffassung nach der Gegenstand der mit dem Einspruch behaupteten offenkundigen Vorbenutzung den nächstkommenden Stand der Technik darzustellen scheint und das Beweismittel D12 sowie das Beweisangebot der Zeugeneinvernahme betreffend diese behauptete offenkundige Vorbenutzung im Einspruchsverfahren unter Verletzung des rechtlichen Gehörs (Artikel 113 (1) EPÜ) unzutreffend berücksichtigt worden ist und schließlich weil keine besonderen Gründe, die gegen eine Zurückverweisung sprechen könnten, vorzuliegen scheinen. Nach der Mitteilung sei im Falle der Zurückverweisung auch die Beschwerdegebühr gemäß Regel 67 EPÜ zurückzuzahlen.
Die Mitteilung enthielt weiter den Hinweis, dass die mündliche Verhandlung aufgrund eines diesbezüglichen Hilfsantrags der Beschwerdegegnerin angesetzt worden sei und dass, nach Rücknahme des Hilfsantrags auf mündliche Verhandlung seitens der Beschwerdegegnerin, die Zurückverweisungsentscheidung auch ohne mündliche Verhandlung getroffen werden könne.
Die Beschwerdegegnerin (vgl. die auf den 10. Januar 2007 datierte Eingabe und den Vermerk über die telefonische Rücksprache vom 15. Januar 2007) erklärte sich mit der in der Mitteilung vorgeschlagenen Vorgehensweise einverstanden. Der für die mündliche Verhandlung angesetzte Termin wurde daraufhin von der Kammer aufgehoben.
1. Verfahrensablauf
1.1 In der Mitteilung als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 2006 hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung dargelegt, nach der die Angelegenheit gemäß Artikel 10 VOBK an die erste Instanz zurückzuverweisen sei und ausführlich die Gründe hierfür genannt.
1.2 Auf den in der Mitteilung weiter enthaltenen Hinweis dass, nach Rücknahme des Hilfsantrags auf mündliche Verhandlung seitens der Beschwerdegegnerin, die Zurückverweisungsentscheidung auch ohne mündliche Verhandlung getroffen werden könne, hat die Beschwerdegegnerin ihr Einverständnis mit der vorgeschlagenen Vorgehensweise erklärt, so dass im schriftlichen Verfahren entschieden werden konnte.
2. Offenkundige Vorbenutzungen
Nach der Beschwerdebegründung (vgl. den Abschnitt "C. Fehlende Neuheit", Seiten 27 - 42) wird der Einspruchsgrund der mangelnden Neuheit nicht mehr gegenüber druckschriftlichem Stand der Technik sondern nurmehr gegenüber den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen geltend gemacht. Ausgehend von diesen wird auch mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend gemacht (Beschwerdebegründung, Seite 31, letzter Absatz).
2.1 Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, im Einspruchs- wie auch im Beschwerdeverfahren, stellen die offenkundigen Vorbenutzungen einen relevanteren Stand der Technik dar als die im Verfahren befindlichen Druckschriften. Um einer Beurteilung der Patentfähigkeit ausgehend von den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen nicht vorzugreifen sieht die Kammer von einer über die Gründe der angefochtenen Entscheidung hinausgehenden Berücksichtigung des allgemeinen Fachwissens in Verbindung mit der Anlage nach D9 ab.
2.2 Angebotene Beweismittel zu den behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen
In der angefochtenen Entscheidung wird weiter auf die behaupteten offenkundigen Vorbenutzungen gemäß D12 eingegangen, die innerhalb der Einspruchsfrist (vgl. Einspruchsschrift, Seiten 6, 7), u.a. durch Bezugnahme auf die eidesstattliche Versicherung und die Zeichnung nach D12, ausreichend substantiiert worden sind.
Nach der Beschwerdebegründung stellt die Anlage nach diesen offenkundigen Vorbenutzungen, da neuheitsschädlich gegenüber dem Gegenstand des Anspruchs 1, einen Stand der Technik dar, der relevanter ist als der druckschriftliche (Beschwerdebegründung, Abschnitt "C. Fehlende Neuheit", Seiten 27-42).
Als Beweismittel für die mit dem Einspruch geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung wurden die in der angefochtenen Entscheidung insgesamt mit D12 bezeichneten Beweismittel, nämlich eine eidesstattliche Versicherung des Herrn B. Guerin vom 6. Mai 2004, mit einer beigefügten, undatierten, Zeichnung, mit der Einspruchsschrift eingereicht.
Weiterhin wurde Beweis durch Vernehmung des Zeugen Herrn B. Guerin (vgl. den die Seiten 6 und 7 überbrückenden Absatz der Einspruchsschrift) angeboten.
Zu diesem Beweisangebot ist in der Einspruchsschrift ausgeführt: "Sollten die beschriebenen Details oder die Tatsache bestritten werden, dass ein Verkauf solcher Anlagen vor dem Anmeldetag der Streitpatentschrift in offenkundiger Weise erfolgte, beispielsweise an die Firma Bilfinger & Berger zur Aufstellung auf einer Grossbaustelle 1997 in Montabaur, so wird Zeugenbeweis durch Herrn Bernhard Guerin angeboten." (Einspruchsschrift, Seite 12, Absatz 1).
2.3 Beweiswürdigung nach der angefochtenen Entscheidung
Die angefochtene Entscheidung stützt sich betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung ausschließlich auf das eingereichte Beweismittel D12. Davon ausgehend wurde der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung folgendermaßen umrissen:
a) Nach der Zeichnung umfasse die Betonfertigungsanlage je eine Bunker- und Wiegeeinheit (RD 25) und eine Zuförder-, Wiege- und Mischeinheit (ESM 60). Die Bunker- und Wiegeeinheit sei völlig offen dargestellt. Der Übergaberaum zwischen den beiden Einheiten sei nicht geschlossen, da mindestens am oberen Teil der Anlage (bei der Maßangabe 1690) jegliche Überdachung der Anlage fehle.
b) Nach der eidesstattlichen Versicherung seien Kunden darüber informiert worden, wie, falls gewünscht, Umhausungen für die Betonfertigungsanlage ausgestaltet werden können.
Nach der Würdigung des Beweismittels D12 gemäß der angefochtenen Entscheidung (Gründe, Nr. 3.1) könne die Bezugnahme auf Umhausungen, zu denen weitere Details nicht gegeben worden seien, nicht als Hinweis auf einen geschlossenen Übergaberaum verstanden werden, sondern eher auf eine Ummantelung der gesamten Anlage in einer Art Halle. Die in der eidesstattlichen Versicherung enthalten Angaben bezüglich eines der Zeichnung entnehmbaren geschlossenen Übergaberaumes sei ausgehend von der zeichnerischen Darstellung nicht nachzuvollziehen.
Im Ergebnis wurde die behauptete offenkundige Vorbenutzung nach D12 als technisch nicht relevant erachtet (Protokoll, Nr. 4., Entscheidungsgründe Nr. 3.1). Es wurde folglich auch nicht als erforderlich angesehen zu prüfen, ob sie als Stand der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ anzusehen ist.
Auf das Beweisangebot der Vernehmung eines Zeugen (Artikel 117 (1)d) EPÜ) ist in der angefochtenen Entscheidung lediglich unter "Sachverhalt und Anträge" (Nr. I./2.) verwiesen worden; in den Entscheidungsgründen (Nr. 3.1) wird dagegen ausschließlich auf die eidesstattliche Versicherung und die Zeichnung des Beweismittels D12 eingegangen.
2.4 Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer
Die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung lassen darauf schließen, dass bestimmte Angaben zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung D12 als "nicht nachzuvollziehen" erachtet wurden und dass Vermutungen über die technische Ausgestaltung der in der eidesstattlichen Versicherung angesprochenen "Umhausungen" angestellt worden sind. Demzufolge scheinen wesentliche der in der eidesstattlichen Versicherung angesprochenen und als dargestellt erachteten Details nicht anerkannt worden zu sein.
Damit ist eine Situation hinsichtlich der Beurteilung der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung nach D12 eingetreten, in der die als weiteres Beweismittel angebotene Vernehmung des Zeugen Herrn B. Guerin nicht außer Betracht gelassen werden durfte. Nach dem Einspruch (Einspruchsschrift, Seite 12, Absatz 1) war Beweis durch Vernehmung des Zeugen nämlich gerade auch für den Fall angeboten worden, in dem die beschriebenen Details der als offenkundig vorbenutzt behaupteten Anlage bestritten, und damit nicht anerkannt, werden.
Das Übergehen dieses Beweisangebots scheint auf der unzutreffenden Auffassung zu beruhen, dass dieses Beweisangebot nicht den Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung, sondern ausschließlich deren Offenkundigkeit betrifft (Gründe, Nr. 3.1).
Die Vorgehensweise gemäß der angefochtenen Entscheidung, nach der das eingereichte Beweismittel nach D12 als nicht ausreichend angesehen worden ist und das Beweisangebot der Vernehmung eines Zeugen übergangen worden ist, weil nach Auffassung der Einspruchsabteilung der Gegenstand der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung von mangelnder technischer Relevanz sei, ist folglich unzutreffend, weil nicht sämtliche der hinsichtlich des Nachweises des Gegenstandes der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung angebotenen Beweismittel berücksichtigt worden sind.
Aus den oben dargelegten Gründen führt das Übergehen dieses Beweisangebots, das auch der Feststellung des Gegenstandes der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung dienen sollte, zu dem wesentlichen Verfahrensmangel des mangelnden rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ, weil das Vorbringen des Einsprechenden betreffend die behauptete offenkundige Vorbenutzung nicht ausreichend berücksichtigt worden ist, da das dazu angebotene Beweismittel durch Vernehmung eines Zeugen gänzlich unberücksichtigt geblieben ist.
3. Zurückverweisung
Aufgrund der auf einem wesentlichen Verfahrensmangel beruhenden Nichtberücksichtigung des Beweisangebots der Vernehmung eines Zeugen gemäß Artikel 117 (1)b) EPÜ (vgl. obigen Abschnitt 7.) ist die Angelegenheit zur weiteren Prüfung unter Berücksichtigung dieses Beweisangebots an die erste Instanz zurückzuverweisen (Artikel 111 EPÜ; Artikel 10 VOBK).
4. Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Der wesentliche Verfahrensmangel führt im vorliegenden Fall bei gleichzeitiger Stattgabe der Beschwerde insoweit, als die Angelegenheit entsprechend dem 1. Hilfsantrag zurückverwiesen wird, dazu, dass gemäß Regel 67 EPÜ die Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen ist.
5. Weitere Prüfung
Um der weiteren Prüfung durch die Einspruchsabteilung nicht vorzugreifen hat die Kammer davon abgesehen, auf das mit der Beschwerdebegründung eingereichte weitere Vorbringen (Nachweise betreffend das allgemeine Fachwissen gemäß D13 - D15 und D19, D20 und weitere offenkundige Vorbenutzungen gemäß D16 - D18), wie auch die mit der Beschwerdeerwiderung eingereichten Hilfsanträge 1 - 4 einzugehen.
Betreffend eine etwaige Berücksichtigung dieses Vorbringens wird zu prüfen zu sein, inwieweit es als unmittelbare Reaktion auf die angefochtene Entscheidung zu berücksichtigen ist, bzw. inwieweit es im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens durch die Einspruchsabteilung zuzulassen ist.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtenen Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.
3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.