T 1111/06 26-02-2009
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Polyethylen Formmasse mit verbesserter ESCR-Steifigkeitsrelation und Schwellrate, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung
THE DOW CHEMICAL COMPANY
Borealis Technology OY
Hauptantrag: Erweiterung des Schutzbereichs, keine ausreichende Offenbarung
Erster und zweiter Hilfsantrag: Änderungen keine Stütze in der ursprünglichen Anmeldung
Dritter Hilfsantrag: Änderungen gewährbar, ausreichende Offenbarung
I. Die Erteilung des europäischen Patents Nr. 1 228 101 auf die europäische Patentanmeldung Nr. 00958529.0 der Basell Polyolefine GmbH, zurückgehend auf die internationale Patentanmeldung Nr. PCT/EP00/08817 und angemeldet am 9. September 2000 unter Beanspruchung der Priorität der deutschen Voranmeldung DE 19945980 (24. September 1999), wurde am 2. Juli 2003 bekannt gemacht (Patentblatt 2003/27).
Das erteilte Patent enthielt vier Ansprüche, die wie folgt lauteten:
"1. Polyethylen Formmasse mit multimodaler Molmassenverteilung, die eine Gesamtdichte von >= 0,940 g/cm**(3) besitzt und einen MFI190/5 im Bereich von 0,01 bis 10 dg/min, dadurch gekennzeichnet, dass sie eine Menge von 30 bis 60 Gew.-% an niedermolekularem Ethylenhomopolymer A enthält, das eine Viskositätszahl VZA im Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g, besitzt, eine Menge von 30 bis 65 Gew.-% an hochmolekularem Copolymer B aus Ethylen und einem weiteren Olefin mit 4 bis 10 C-Atomen, das eine Viskositätszahl VZB im Bereich von 150 bis 800 cm**(3)/g, besitzt, und eine Menge von 1 bis 30 Gew.-% an ultrahochmolekularem Ethylenhomo- oder -copolymer C, das eine Viskositätszahl VZC im Bereich von 900 bis 3000 cm**(3)/g besitzt.
2. Polyethylen Formmasse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie eine hervorragende Verarbeitbarkeit zu Hohlkörpern besitzt, ausgedrückt durch eine Schwellrate im Bereich von 100 bis 300%.
3. Verfahren zum Herstellen einer Polyethylen Formmasse nach Anspruch 1, bei dem die Polymerisation der Monomeren in Suspension bei Temperaturen im Bereich von 20 bis 120ºC, einem Druck im Bereich von 2 bis 60 bar und in Gegenwart eines hochaktiven Ziegler-Katalysators durchgeführt wird, der aus einer Übergangsmetallverbindung und einer aluminiumorganischen Verbindung zusammengesetzt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation dreistufig geführt wird, wobei die Molmasse des in jeder Stufe hergestellten Polyethylens jeweils mit Hilfe von Wasserstoff geregelt wird.
4. Verwendung einer Polyethylen Formmasse nach Anspruch 1 zur Herstellung von Hohlkörpern wie Kraftstoffbehälter, Kanister, Fässer oder Flaschen, wobei die Polyethylen Formmasse zunächst in einem Extruder bei Temperaturen im Bereich von 200 bis 250ºC plastifiziert und dann durch eine Düse in eine Blasform ausgepresst und dort abgekühlt wird."
II. Gegen das Patent wurde am 2. April 2004 von The Dow Chemical Company (Einsprechender 01) und am 1. April 2004 von Borealis Technology Oy (Einsprechender 02) Einspruch erhoben. Beide Einsprechenden stützten ihren Einspruch auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) (mangelnde Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ.
III. Mit der am 4. Mai 2006 mündlich verkündeten und am 29. Mai 2006 schriftlich begründeten Entscheidung widerrief die Einspruchsabteilung das europäische Patent, da keiner der ihr vorliegenden Anspruchssätze die Erfordernisse des EPÜ erfüllte.
Der Hauptantrag (Ansprüche 1-4 wie erteilt), der erste und zweite Hilfsantrag erfüllten nicht die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ. All diese Anträge enthielten den erteilten Anspruch 2, der eine bestimmte Schwellrate fordere. Im Streitpatent werde nicht erklärt, wie diese Schwellrate zu messen sei.
Der dritte und vierte Hilfsantrag waren nach Ansicht der Einspruchsabteilung nicht gewährbar, da die in Anspruch 1 dieser Hilfsanträge (in beiden Fällen identischer Wortlaut) beanspruchte Kombination von Merkmalen nicht vollständig offenbart sei (Artikel 123(2) EPÜ).
IV. Gegen diese Entscheidung der Einspruchsabteilung legte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 19. Juli 2006 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein.
Zusammen mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 29. September 2006, reichte der Beschwerdeführer neue Anspruchssätze ein (Hauptantrag, erster und zweiter Hilfsantrag).
a) Der Hauptantrag enthielt drei Ansprüche. Abgesehen davon, dass in Anspruch 1 die Komponente C auf ein ultrahochmolekulares Ethylencopolymer beschränkt worden ist, entsprachen die Ansprüche den erteilten Ansprüchen 1, 3 und 4.
b) Der erste Hilfsantrag enthielt drei Ansprüche, wobei Anspruch 1 wie folgt lautete:
"Polyethylen Formmasse mit trimodaler Molmassenverteilung, die eine Gesamtdichte von >=: 0,940 g/cm**(3) [sic] besitzt und einen MFI190/5 im Bereich von 0,01 bis 10 dg/min, dadurch gekennzeichnet, dass die Formmasse in Gegenwart eines katalytischen Systems aus Ziegler Katalysator und Cokatalysator über eine dreistufige aus aufeinanderfolgenden Flüssigphasenpolymerisationen bestehenden Reaktionsabfolge hergestellt ist, so dass sie eine Menge von 30 bis 60 Gew.-% an niedermolekularem in der ersten Polymerisationsstufe gebildeten [sic]Ethylenhomopolymer A enthält, das eine Viskositätszahl VZA im Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g, besitzt, eine Menge von 30 bis 65 Gew.-% an hochmolekularem in der zweiten Polymerisationsstufe gebildeten [sic] Copolymer B aus Ethylen und einem weiteren Olefin mit 4 bis 10 C-Atomen, das eine Viskositätszahl VZB im Bereich von 150 bis 800 cm**(3)/g, besitzt, und eine Menge von 1 bis 30 Gew.-% an ultrahochmolekularem in der dritten Polymerisationsstufe gebildeten [sic] Ethylencopolymer C, das eine Viskositätszahl VZC im Bereich von 900 bis 3000 cm**(3)/g besitzt."
Die Ansprüche 2 und 3 entsprachen den erteilten Ansprüchen 3 und 4.
c) Der zweite Hilfsantrag enthielt zwei Ansprüche, die den Ansprüchen 1 und 3 des ersten Hilfsantrags entsprachen.
Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Art und Weise, in der die Viskositätszahlen VZA, VZB und VZC der beanspruchten Polyethylenformmasse zu bestimmen seien, von der Herstellungsweise der Formmasse abhinge. Da die Parameter in einem mehrstufigen, kaskadierten Prozess nicht direkt gemessen werden können, gebe das Streitpatent in den Absätzen [0014]-[0016] eine genaue Anleitung, wie in diesem Fall zu verfahren sei. Die Patentschrift enthalte also alle nötigen Angaben, um die Erfindung auszuführen, wenn nötig unter Einbeziehung des allgemeinen Fachwissens auf dem Gebiet des Polyethylens, insbesondere des Polyethylens mit multimodaler Molmassenverteilung. Die anderen von den Einsprechenden im Einspruchsverfahren erhobenen Einwände, zum Beispiel bezüglich der Wahl des Lösungsmittels, des Katalysators oder des Reglers, seien für den Fachmann reine Routinemaßnahmen, die der Nacharbeitbarkeit der Erfindung nicht im Wege stünden.
Im Gegensatz zur Ansicht der Einspruchsabteilung seien die Merkmale des unter Artikel 123(2) EPÜ zurückgewiesenen dritten Hilfsantrags (jetzt als erster Hilfsantrag vorgelegt) unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar. Dies gelte auch für den nun vorgelegten zweiten Hilfsantrag, der sich vom ersten Hilfsantrag nur durch die Streichung des Verfahrensanspruchs 2 unterscheide.
V. In seinem Schreiben vom 12. Februar 2007 hielt der Beschwerdegegner 02 (Einsprechender 02) seinen bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ gegen die vorgelegten Anträge aufrecht. Der Einwand bezog sich auf die Bestimmung der Parameter VZA, VZB und VZC. Die Bestimmung dieser Parameter sei gemäß Seite 3 der Patentschrift an ein bestimmtes Herstellungsverfahren der Formmasse gekoppelt. Da Anspruch 1 aber keine entsprechende Einschränkung enthielt, seinen die Parameter bedeutungslos und der Fachmann könne die beanspruchte Lehre nicht ausführen.
Anspruch 1 des ersten und zweiten Hilfsantrags (identischer Wortlaut in beiden Fällen) erfülle nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ. Die generische Nennung eines Ziegler-Katalysators und Cokatalysators sei so nicht ursprünglich offenbart. Da die Definition des Katalysators in dem geänderten Anspruch 1 breiter sei als die ursprünglich offenbarte, liege auch eine Erweiterung des Schutzbereichs gegenüber dem erteilten Anspruch 1 vor (Artikel 123(3) EPÜ).
Außerdem sei der beanspruchte Gegenstand weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit. Da diese Einwände aber für die Entscheidung keine Rolle spielen, wird nicht näher auf sie eingegangen.
VI. In seinem Schreiben vom 16. Februar 2007 hielt der Beschwerdegegner 01 (Einsprechender 01) seinen bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ gegen die vorgelegten Anträge aufrecht. Sein Einwand richtete sich darauf, dass das beanspruchte Verfahren, und insbesondere der darin zu verwendende Katalysator, nicht ausreichend offenbart seien. In diesem Zusammenhang reichte er folgendes Dokument ein:
D17: GB 1 387 889 A.
Weiterhin war der Beschwerdegegner 01 der Ansicht, dass Anspruch 1 des ersten und zweiten Hilfsantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle.
Sollte die Kammer einen der vorliegenden Anträge hinsichtlich Artikel 83, 84 und 123 EPÜ als gewährbar erachten, wurde die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit beantragt.
VII. In einem Bescheid, der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war (5. Dezember 2008), hat die Kammer auf die für die mündliche Verhandlung wichtigen Punkte hingewiesen, insbesondere Artikel 83 und 123(2) EPÜ. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass über den Antrag des Beschwerdegegners 01 auf Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung entschieden werden wird.
VIII. Mit Schreiben vom 22. Januar 2009 beantragte der Beschwerdeführer ebenfalls die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit. Weiterhin reichte er einen dritten Hilfsantrag ein.
Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei für den Fachmann klar, wie die Parameter VZA, VZB und VZC zu bestimmen seinen. Im Fall von konventionellem physikalischem Mischen von drei separat hergestellten Komponenten A, B und C können die Viskositätsparameter direkt vor dem Mischen nach ISO/R 1191 gemessen werden. Lediglich im Fall eines "in situ" Mischens (reactor blend) seien die Viskositätsparameter nur indirekt zugänglich. Dieser Fall werde aber im Streitpatent beschrieben.
Außerdem wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass die Beschwerdegegner für ihre Einwände unter Artikel 100 b) EPÜ keine Beweise erbracht hätten. Die Einwände beruhten lediglich auf spekulativen Überlegungen.
IX. Im Schreiben vom 26. Januar 2009 bekräftigte der Beschwerdegegner 02 seinen Einwand unter Artikel 123(2) EPÜ gegen dem ersten und zweiten Hilfsantrag. Hinsichtlich der mangelnden Ausführbarkeit wies er darauf hin, dass bei einem physikalischen Mischen der Komponenten A, B und C die Viskositätsparameter VZA, VZB und VZC nicht die im Streitpatent angegebene Bedeutung hätten. Für diesen Fall biete das Streitpatent dem Fachmann keine entsprechende technische Lehre zum Handeln.
X. In dem weiteren Schreiben vom 20. Februar 2009 beantragte der Beschwerdegegner 02 ebenfalls die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit, sollte es dem Beschwerdeführer gelingen, im Hinblick auf Artikel 83 und 123 EPÜ gewährbare Ansprüche vorzulegen.
Darüber hinaus betonte der Beschwerdegegner, dass die Viskositätsparameter VZA, VZB und VZC nur im Zusammenhang mit dem im Streitpatent beschriebenen Verfahren eine sinnvolle Bedeutung haben und legte in diesem Zusammenhang folgende Dokumente vor:
D18: Berechnung von Viskositätszahlen;
D19: Erklärung von M. Bäckman vom 20. Februar 2009 einschließlich von vier Annexen.
XI. Am 26. Februar hat eine mündliche Verhandlung vor der Kammer stattgefunden.
a) Der Beschwerdeführer beantragte, die Eingabe des Beschwerdegegners 02 nicht in das Verfahren zuzulassen. Sie sei verspätet eingereicht worden, stelle keine Reaktion auf die Eingaben des Beschwerdeführers dar und habe offensichtlich keine Bedeutung hinsichtlich der von den Parteien angesprochenen Sachverhalte.
b) Der Beschwerdegegner 01 erhob gegen den Anspruch 1 des Hauptantrags einen Einwand unter Artikel 123(3) EPÜ. Obwohl die Alternative "Ethylenhomopolymer" in der Komponente C gestrichen worden sei, erlaube die offene Formulierung des Anspruchs 1 ("enthaltend") nach wie vor die Anwesenheit dieses Ethylenhomopolymers, was zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des geänderten Anspruchs gegenüber dem erteilten Anspruch 1 führe. Der Beschwerdegegner 02 stimmte diesem Einwand zu und versuchte ihn durch ein Beispiel zu verdeutlichen.
c) Hinsichtlich der mangelnden Ausführbarkeit vertraten die Parteien im Wesentlichen ihre im schriftlichen Verfahren vorgebrachten Standpunkte. Der Beschwerdegegner 02 versuchte dabei nicht auf seine Eingabe vom 20. Februar 2009 zurückzugreifen. Die Umkehr der Beweislast im Hinblick auf die Viskositätsparameter VZA, VZB und VZC rechtfertigte der Beschwerdegegner 02 durch die lückenhafte Beschreibung dieser Parameter im Streitpatent.
d) Bezüglich des ersten und zweiten Hilfsantrags waren die Beschwerdegegner nach wie vor der Ansicht, dass die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 dieser Anträge nicht in den ursprünglichen Unterlagen offenbart sei (Artikel 123(2) EPÜ). Nach Ansicht des Beschwerdegegners 01 überkamen die neuen Anträge auch nicht den Einwand hinsichtlich Artikel 123(3) EPÜ.
e) Der Beschwerdeführer reichte einen geänderten dritten Hilfsantrag ein, der den bis dahin gültigen dritten Hilfsantrag ersetzen sollte. Der Beschwerdegegner 02 beantragte, diesen Antrag nicht in das Verfahren zuzulassen, da er die Sachlage nicht ändern würde. Der Beschwerdegegner 01 erhob diesbezüglich keine Einwände.
Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags lautete wie folgt:
"Verfahren zur Herstellung einer Polyethylen Formmasse mit trimodaler Molmassenverteilung, die eine Gesamtdichte von >=: 0,940 g/cm**(3) [sic] besitzt und einen MFI190/5 im Bereich von 0,01 bis 10 dg/min, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation der Monomeren in Suspension bei Temperaturen im Bereich von 20 bis 120ºC, einem Druck im Bereich von 2 bis 60 bar in Gegenwart eines hochaktiven Zieglerkatalysators durchgeführt wird, der aus einer Uebergangsmetallverbindung und einer aluminiumorganischen Verbindung zusammengesetzt ist, und dass die Polymerisation dreistufig in drei hintereinandergeschalteten Stufen gefuehrt wird, wobei die Molmasse des in jeder Stufe hergestellten Polyethylens jeweils mit Hilfe von Wasserstoff geregelt wird, und die Polyethylen Formmasse eine Menge von 30 bis 60 Gew.-% an niedermolekularen [sic] Ethylenhomopolymer A enthält, das nach der ersten Polymerisationsstufe eine Viskositätszahl VZA im Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g besitzt, eine Menge von 30 bis 65 Gew.-% an hochmolekularem in der zweiten Polymerisationsstufe gebildetem Copolymer B aus Ethylen und einem weiteren Olefin mit 4 bis 10 C-Atomen, das eine Viskositätszahl VZB im Bereich von 150 bis 800 cm**(3)/g, besitzt, und eine Menge von 1 bis 30 Gew.-% an ultrahochmolekularem in der dritten Polymerisationsstufe gebildeten [sic] Ethylenhomo- oder -copolymer C, das eine Viskositätszahl VZC im Bereich von 900 bis 3000 cm**(3)/g besitzt."
Anspruch 2 entsprach dem erteilten Anspruch 4.
f) Die Beschwerdegegner führten an, dass der Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g für die Viskositätszahl VZA nicht durch die ursprüngliche Beschreibung gestützt sei (40 bis 180 cm**(3)/g), und Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags somit nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle. Der Beschwerdegegner 01 war außerdem der Ansicht, dass Anspruch 2 gegen Artikel 123(3) EPÜ verstieß.
g) Nach Ansicht des Beschwerdegegners 02 war die widersprüchliche Angabe des Bereichs für die Viskositätszahl VZA in Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags (40 bis 150 cm**(3)/g) und in der Patentschrift (40 bis 180 cm**(3)/g) auch unter Artikel 84 EPÜ zu beanstanden.
h) Nach Ansicht des Beschwerdegegners 01 war das Verfahren gemäß Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags, und insbesondere der darin zu verwendende Katalysator, nach wie vor nicht ausreichend offenbart. Der Beschwerdegegner 01 erhob gegen den dritten Hilfsantrag keinen Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ.
XII. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage eines der folgenden Anspruchsätze aufrechtzuerhalten:
- Ansprüche 1-3 (Hauptantrag), eingereicht mit Schreiben vom 29. September 2006,
- Ansprüche 1-3 (erster Hilfsantrag), eingereicht mit Schreiben vom 29. September 2006,
- Ansprüche 1-2 (zweiter Hilfsantrag), eingereicht mit Schreiben vom 29. September 2006,
- Ansprüche 1-2 (dritter Hilfsantrag), eingereicht in der mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerdegegner beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
Außerdem beantragten alle Parteien die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit, sollte die Kammer einen der vorliegenden Anträge hinsichtlich Artikel 83, 84 und 123 EPÜ als gewährbar erachten.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Änderungen
Im erteilten Anspruch 1 (siehe Punkt I, oben) ist die Komponente C ein ultrahochmolekulares Ethylenhomo- oder -copolymer. Im geänderten Anspruch 1 des Hautantrags ist die Alternative des Ethylenhomopolymers gestrichen, so dass die Komponente C nun auf ein ultrahochmolekulares Ethylencopolymer beschränkt ist. Die Streichung einer explizit genannten Alternative ist unter Artikel 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden, verstößt aber im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen gegen die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ.
2.1.1 Sowohl im erteilten Anspruch 1 wie auch im geänderten Anspruch 1 des Hauptantrags können nur bestimmte Mengen der Komponenten A, B und C vorhanden sein. Daneben kann die Formmasse aber noch andere Zusatzstoffe enthalten, was nicht nur durch die offene Formulierung des Anspruchs 1 ("enthält") zum Ausdruck kommt, sondern auch ausdrücklich im Absatz [0019] des Streitpatents erwähnt wird. Auch die Prozentangaben der Komponenten A, B und C beziehen sich auf das Gesamtgewicht der Formmasse (Absatz [0009] der Patentschrift).
Während der erteilte Anspruch 1 nur die Anwesenheit von 1 bis 30 Gew.-% einer ultrahochmolekularen Komponente C, nämlich Ethylenhomo- oder -copolymer, erlaubt, gilt diese Begrenzung für die Komponente C im Anspruch 1 des Hauptantrags nur mehr im Zusammenhang mit einem ultrahochmolekularen Ethylencopolymer. Da aber Anspruch 1 des Hauptantrags nach wie vor offen formuliert ist ("enthält"), könnte eine Formmasse gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags jetzt neben der eingeschränkten Komponente C, d.h. dem ultrahochmolekularen Ethylencopolymer, auch noch ein ultrahochmolekulares Ethylenhomopolymer in Form eines weiteren Zusatzstoffs enthalten. Für dieses zusätzliche ultrahochmolekulare Ethylenhomopolymer gilt die ursprüngliche Mengenbegrenzung nicht mehr. Das folgende, vom Beschwerdegegner 02 in der mündlichen Verhandlung angeführte Beispiel macht deutlich, dass der geänderte Anspruch 1 des Hauptantrags Ausführungsformen umfasst, die nicht unter den erteilten Anspruch 1 fallen. So ist eine Formmasse mit folgender Zusammensetzung denkbar:
30 Gew.-% niedermolekulares Ethylenhomopolymer A,
30 Gew.-% hochmolekulares Ethylencopolymer B,
30 Gew.-% ultrahochmolekulares Ethylencopolymer, und
10 Gew.-% ultrahochmolekulares Ethylenhomopolymer.
Eine solche Formmasse würde nicht unter den erteilten Anspruch 1 fallen, da der Anteil an ultrahochmolekularer Komponente C über 30 Gew.-% liegt. Anderseits würde sie unter den geänderten Anspruch 1 des Hauptantrags fallen, da die 30 Gew.-% ultrahochmolekulares Ethylencopolymer die Komponente C darstellen und die 10 Gew.-% ultrahochmolekulares Ethylenhomopolymer einem weiteren, möglichen Zusatzstoff zugerechnet werden können. Dieses Beispiel zeigt, dass durch die Änderung in Anspruch 1 des Hauptantrags der Schutzbereich des erteilten Patents in der Tat erweitert worden ist und somit ein Verstoß gegen Artikel 123(3) EPÜ vorliegt.
2.1.2 Man könnte nun zugunsten des beschwerdeführenden Patentinhabers argumentieren, dass die gleichzeitige Anwesenheit von ultrahochmolekularem Ethylenhomopolymer und ultrahochmolekularem Ethylencopolymer nie beabsichtigt gewesen ist, und daher auch das vom Beschwerdeführer 02 aufgeführte Beispiel nicht unter den geänderten Anspruch 1 fallen sollte. Aber allein die Tatsache, dass der Wortlaut des geänderten Anspruchs 1 prima facie die Interpretation der Beschwerdegegner stützt, muss zu Lasten des Pateninhabers gehen, der diese Änderung vorgenommen hat.
2.1.3 Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Hauptantrag gegen die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ verstößt.
2.2 Ausreichende Offenbarung
Selbst wenn sich die Kammer im Hinblick auf die Zulässigkeit der Änderungen unter Artikel 123(3) EPÜ nicht der Argumentation der Beschwerdegegner angeschlossen hätte, ist der Hauptantrag aufgrund mangelnder Offenbarung zurückzuweisen.
2.2.1 Gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags weist das niedermolekulare Ethylenhomopolymer A eine Viskositätszahl VZA im Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g auf, das hochmolekulare Ethylencopolymer B eine Viskositätszahl VZB im Bereich von 150 bis 800 cm**(3)/g und das ultrahochmolekularem Ethylencopolymer C eine Viskositätszahl VZC im Bereich von 900 bis 3000 cm**(3)/g. Eine Angabe darüber, wie die Viskositätszahlen zu messen sind enthält der Anspruch nicht.
Die einzige Stelle im Streitpatent, die über die Bestimmung der Viskositätszahlen der Komponenten A, B und C Aufschluss gibt, findet sich in den Absätzen [0013] bis [0016], die dazu folgendes ausführen:
"[0013] Die Trimodalität kann als Maß für die Lage der Schwerpunkte der drei Einzelmolmassenverteilungen mit Hilfe der Viskositätszahlen VZ nach ISO/R 1191 der in den aufeinanderfolgenden Polymerisationsstufen gebildeten Polymeren beschrieben werden. Hierbei sind folgende Bandbreiten der in den einzelnen Reaktionsstufen gebildeten Polymeren zu berücksichtigen:
[0014] Die an dem Polymer nach der ersten Polymerisationsstufe gemessene Viskositätszahl VZ1 ist identisch mit der Viskositätszahl VZA des niedermolekularen Polyethylens A und liegt erfindungsgemäß im Bereich von 40 bis 180 cm**(3)/g.
[0015] VZB des in der zweiten Polymerisationsstufe gebildeten höhermolekularen Polyethylens B läßt sich nach der folgenden mathematischen Formel berechnen:
VZ2 - w1·VZ1
VZB = ????????????
1 - w1
wobei w1 für den Gewichtsanteil des in der ersten Stufe gebildeten niedermolekularen Polyethylens steht, gemessen in Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des in den beiden ersten Stufen gebildeten Polyethylens mit bimodaler Molmassenverteilung, und VZ2 für die Viskositätszahl, die an dem Polymer nach der zweiten Polymerisationsstufe gemessen wird. Der für VZB errechnete Wert liegt normalerweise im Bereich von 150 bis 800 cm**(3)/g.
[0016] VZC für das in der dritten Polymerisationsstufe gebildete ultrahochmolekulare Homooder [sic] Copolymer C berechnet sich nach der folgenden mathematischen Formel:
VZ3 - w2·VZ2
VZC = ????????????
1 - w2
wobei w2 für den Gewichtsanteil des in den beiden ersten Stufen gebildeten Polyethylens mit bimodaler Molmassenverteilung steht, gemessen in Gew.-%, bezogen auf das Gesamtgewicht des in allen drei Stufen gebildeten Polyethylens mit trimodaler Molmassenverteilung, und VZ3 für die Viskositätszahl, die an dem Polymer nach der dritten Polymerisationsstufe gemessen wird und die identisch ist mit der oben bereits erwähnten VZges. Der für VZC errechnete Wert liegt erfindungsgemäß im Bereich von 900 bis 3000 cm3/g."
Zunächst fällt auf, dass Anspruch 1 ein Produkt per se beansprucht, das hinsichtlich seiner Herstellung keinerlei Einschränkungen enthält. Auf der anderen Seite sind die in den Absätzen [0013] bis [0016] der Patentschrift definierten Parameter VZA, VZB und VZC eindeutig an ein bestimmtes Herstellungsverfahren geknüpft. Aus diesen Absätzen geht weiterhin hervor, dass die Parameter VZB und VZC im Rahmen des genannten Herstellungsverfahrens nicht direkt bestimmt werden können, sondern lediglich indirekt berechnet werden. Das Streitpatent enthält aber keine Angaben darüber, welche Bedeutung die Parameter VZB und VZC haben bzw. wie sie zu bestimmen sind, wenn die beanspruchte Formmasse nicht nach einem dreistufigen Polymerisationsverfahren hergestellt wird. Somit zerfällt der Produktanspruch 1 in zwei "Bereiche", nämlich in einen ersten Bereich, in dem die Formmasse gemäß einem dreistufigen Polymerisationsverfahren mit vorgeschriebener Reihenfolge hergestellt wird und in dem die Parameter VZB und VZC eine klar definierte Bedeutung haben und auch reproduzierbar bestimmt werden können, und in einen zweiten Bereich, in dem die Formmasse nach anderen Verfahren hergestellt worden ist, z. B. durch einfaches Vermischen ("melt blending") der verschiedenen Komponenten oder durch eine kaskadierte Polymerisation in anderer Reihenfolge (z. B. C, B, A), für den das Patent hinsichtlich der Parameter VZB und VZC überhaupt keine Ausführungen enthält.
Der Beschwerdeführer hat nun argumentiert, dass die dreistufige Polymerisation lediglich einen Spezialfall für die Herstellung der anspruchsgemäßen Formmasse darstelle, der im Streitpatent geregelt werde, und dass der Fachmann wüsste, wie z. B. bei konventionellem "melt-blending" vorzugehen sei, nämlich direkte Messung der Parameter VZB und VZC an den jeweiligen Ausgangskomponenten nach ISO/R 1191. Dieser Argumentation kann sich die Kammer aus folgenden Gründen nicht anschließen. Erstens ist im Patent im Zusammenhang mit der dreistufigen Polymerisation nicht von einem Spezialfall die Rede. Das Streitpatent beschreibt ausschließlich eine dreistufige Polymerisation zur Herstellung der beanspruchten Formmasse. Welche Annahmen der Fachmann für andere Herstellungsverfahren treffen muss, geht aus dem Streitpatent nicht hervor. Zweitens basiert die Argumentation des Beschwerdeführers im Falle des angesprochenen Mischens ("melt-blending") auf einer Gleichsetzung der direkt gemessen Parameter VZB und VZC mit den berechneten Parametern VZB und VZC einer dreistufigen Polymerisation. Inwieweit eine solche Gleichsetzung überhaupt vorgenommen werden kann, wurde vom Beschwerdeführer nicht gezeigt. Ferner fehlt jeglicher Beweis dafür, dass diese Gleichsetzung dem Fachmann geläufig wäre. Die Abklärung all dieser offenen Fragen bedeutet nach Ansicht der Kammer für denjenigen, der die beanspruchte Erfindung im gesamten Bereich ausführen will, einen unzumutbaren Aufwand.
Auch liegt nach Ansicht der Kammer die Beweislast im vorliegenden Fall beim beschwerdeführenden Patentinhaber und nicht bei den Beschwerdegegnern, da die großen Zweifel, die durch eine derart lückenhafte Beschreibung im Streitpatent hinsichtlich der Bedeutung und der Messung der Parameter VZB und VZC in einer Formmasse, die nicht in der im Streitpatent beschriebenen dreistufigen Polymerisation hergestellt worden ist, eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen (siehe in diesem Zusammenhang T 109/91 vom 15. Januar 1992, Punkt 2.10 der Entscheidungsgründe sowie T 63/06 vom 24. Juni 2008, Leitsatz; beide Entscheidungen nicht im ABl. EPA veröffentlicht).
2.2.2 Da die Parameter VZB und VZC lediglich für ein dreistufiges Polymerisationsverfahren ausreichend definiert sind, der Produktanspruch 1 aber nicht auf dieses Verfahren beschränkt ist, enthält Anspruch 1 Bereiche (d. h. Formmassen, die nicht nach diesem Verfahren hergestellt worden sind), in denen die Parameter VZB und VZC nicht durch die Beschreibung des Streitpatents konkretisiert werden. Für diese Bereiche enthält das Streitpatent keine verallgemeinerungsfähige technische Lehre (auch nicht unter Berücksichtigung des einschlägigen allgemeinen Fachwissens), so dass der Fachmann nicht in der Lage versetzt wird, das angestrebte Ergebnis ohne unzumutbaren Aufwand im gesamten durch den Anspruch 1 abgedeckten Bereich zu erreichen (siehe in diesem Zusammenhang T 435/91, ABl. EPA 1995, 188, Punkt 2.2.1 der Entscheidungsgründe). Daher ist Anspruch 1 des Hauptantrags auch im Hinblick auf Artikel 100 b) bzw. Artikel 83 EPÜ zurückzuweisen.
Bei diesem Einwand handelt es sich auch nicht um einen versteckten Klarheitseinwand unter Artikel 84 EPÜ, wie der Beschwerdeführer zu argumentieren versuchte. Das Fehlen von Angaben zur erfolgreichen Ausführung im wesentlichen aller unter den Umfang des Anspruchs 1 fallenden Formmassen ist im Einklang mit der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA unter mangelnder Offenbarung zu behandeln (siehe z. B. T 409/91, ABl. 1994, 653, Punkte 3.3 bis 3.5 der Entscheidungsgründe).
2.2.3 Obige Beurteilung der Parameter VZB und VZC im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 100 b) bzw. Artikels 83 EPÜ berücksichtigt nicht die Eingabe des Beschwerdegegners 02 vom 20. Februar 2009 (einschließlich der miteingereichten Dokumente). Somit musste die Kammer letztendlich nicht über den Antrag des Beschwerdeführers entscheiden, diese Eingabe nicht in das Verfahren zuzulassen.
2.2.4 Der Beschwerdeführer 01 hat gegen das Verfahren gemäß Anspruch 2 des Hauptantrags einen Einwand unter Artikel 100 b) EPÜ erhoben, da nach seiner Meinung der in diesem Verfahren erforderliche hochreaktive Ziegler-Katalysator nicht ausreichend offenbart sei. Diesem Einwand kann die Kammer aus folgenden Gründen nicht folgen.
Das Streitpatent enthält in Absatz [0018] folgende Ausführungen bezüglich des Katalysators:
"[0018] Die für die vorstehend beschriebene kaskadierte Fahrweise erforderliche Langzeitaktivität des Polymerisationskatalysators wird durch einen speziell entwickelten Ziegler Katalysator gewährleistet. Ein Maß für die Tauglichkeit dieses Katalysators ist seine extrem hohe Wasserstoffansprechbarkeit und seine über eine lange Zeitdauer von 1 bis 8 h gleichbleibend hohe Aktivität. Konkrete Beispiele für einen derart tauglichen Katalystor [sic] sind die in der EP-A- 0 532 551, der EP-A-0 068 257 und der EP-A-0 401 776 aufgeführten Umsetzungsprodukte von Magnesiumalkoholaten mit Übergangsmetallverbindungen des Titans, Zirkons oder Vanadiums und einer metallorganischen Verbindung eines Metalls der Gruppen I, II oder III des Periodensystems der Elemente."
Weiterhin beschreibt Beispiel 1 des Streitpatents folgenden Katalysator:
[0023] Der Katalysator war ein Ziegler Katalysator, wie er in Beispiel 2 der WO 91/18934 beschrieben ist, der dort die Katalysator Komponente a mit der Operations-Nummer 2.2 hatte, und der zusammen mit einem Cokatalysator aus einer metallorganischen Verbindung eines Metalls der Gruppe I, II oder III des Periodensystems der Elemente zugegeben wird.
[0024] In den ersten Reaktor wurden der Katalysator mit dem Cokatalysator und Triethylamin im Verhältnis 1:10 (mol/mol) kontinuierlich zudosiert."
Somit ist eindeutig aus dem Streitpatent ersichtlich, dass Katalysatoren, die zur Herstellung der beanspruchten Formmasse in einem dreistufigen Polymerisationsverfahren geeignet sind, dem Fachmann bekannt sind. Der Beschwerdegegner 01 hat nicht gezeigt, dass der Fachmann nicht zu einem geeigneten Katalysator gelangen könnte, wenn er den Anregungen im Streitpatent folgen würde.
Es mag zwar zutreffen, dass die Angabe in Absatz [0024] des Beispiels 1 ("Katalysator mit dem Cocatalysator und Triethylamin im Verhältnis 1:10") fehlerhaft ist, da die Verwendung von Triethylamin in diesem Kontext ungewöhnlich erscheint. Aber selbst wenn die Beispiele des Streitpatents durch die vielleicht fehlerhafte Angabe in Absatz [0024] nicht nacharbeitbar wären, was der Beschwerdegegner 01 nicht gezeigt hat, wäre dies allein noch kein Grund für eine mangelnde Offenbarung bezüglich des Katalysators. Die im Streitpatent enthaltene technische Lehre ist nicht auf dieses konkrete Ausführungsbeispiel beschränkt. Wie oben ausgeführt, enthält Absatz [0018] des Streitpatents noch weitere Ausführungen zum Katalysator, sogar unter Nennung von Referenzliteratur, so dass zumindest prima facie eine verallgemeinerungsfähige technische Lehre zur Herstellung des Katalysators im Streitpatent vorhanden ist. Der Beschwerdegegner 01 hat nicht gezeigt, dass der Fachmann unter Zuhilfenahme dieser Information nicht in der Lage ist, einen geeigneten Katalysator herzustellen. Somit können nach Ansicht der Kammer die Einwände des Beschwerdegegners 01 bezüglich der mangelnden Offenbarung des Verfahrens, insbesondere des zu verwendenden Katalysators, nicht greifen.
Die Tatsache, dass die Kammer im Falle des Katalysators nicht der Argumentation des Beschwerdegegners 01 folgt, steht auch nicht im Widerspruch zur oben festgestellten mangelnden Offenbarung hinsichtlich der Parameter VZB und VZC. Für die Bestimmung der Parameter VZB und VZC findet sich im Streitpatent für weite Bereiche des Produktanspruchs keine verallgemeinerungsfähige technische Lehre, während eine solche für die Herstellung des Katalysators vorzuliegen scheint. Es besteht daher im Fall der Ausführbarkeit des Katalysators auch kein Anlass für eine Beweisumkehr, da das Streitpatent in dieser Hinsicht nicht lückenhaft erscheint, zumindest wurde dies vom Beschwerdegegner 01 nicht durch entsprechende Beweismittel gezeigt.
3. Erster Hilfsantrag
3.1 Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags (Punkt IV b), oben) unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die Polyethylenformmasse eine trimodale Molmassenverteilung aufweist und in Gegenwart eines katalytischen Systems aus Ziegler-Katalysator und Cokatalysator über eine dreistufige aus aufeinanderfolgenden Flüssigphasenpolymerisationen bestehenden Reaktionsabfolge hergestellt ist, das niedermolekulare Ethylenhomopolymer A in der ersten Polymerisationsstufe, das hochmolekulare Copolymer B in der zweiten Polymerisationsstufe und das ultrahochmolekulare Ethylencopolymer C in der dritten Polymerisationsstufe gebildet werden (Änderungen durch Fettdruck hervorgehoben).
3.2 Der Beschwerdeführer sah die aufgenommenen Verfahrensmerkmale "in Gegenwart eines katalytischen Systems aus Ziegler Katalysator und Cokatalysator über eine dreistufige aus aufeinanderfolgenden Flüssigphasenpolymerisationen bestehenden Reaktionsabfolge hergestellt ist" durch den Absatz auf Seite 1, Zeilen 4-9 der ursprünglichen Anmeldung gestützt. Diese, relativ allgemein gehaltene Einführung der vorliegenden Erfindung bezieht sich aber auf eine Formmasse mit multimodaler Molmassenverteilung (keine trimodale) und auf eine mehrstufige Reaktionsfolge (keine dreistufige). Die einzigen Stellen, die eine Formmasse mit trimodaler Molmassenverteilung im Zusammenhang mit einer dreistufigen Reaktionsfolge beschreiben finden sich auf Seite 5, Zeilen 6-12 der ursprünglichen Anmeldung und im ursprünglichen Anspruch 3 (der dem erteilten Anspruch 3 entspricht). In beiden Fällen wird die Reaktion als Polymerisation der Monomeren in Suspension, bei einer bestimmten Temperatur, einem bestimmten Druck und mit einem spezifischeren Katalysatorsystem beschrieben. Diese Bedingungen finden sich im Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags aber nicht.
Es mag zwar sein, dass alle Merkmale des geänderten Anspruchs an sich eine Stütze in den ursprünglichen Unterlagen haben, aber die Kombination aller Merkmale des geänderten Anspruchs 1 geht nicht klar und eindeutig aus den ursprünglichen Unterlagen hervor. Vielmehr hat der Beschwerdeführer durch die Kombination eines relativ allgemein beschriebenen Verfahrens mit Teilen eines näher spezifizierten dreistufigen Verfahrens ein Verfahren geschaffen, das so nicht in den ursprünglichen Unterlagen offenbart war.
3.3 Damit verstößt Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags gegen die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ, so dass der erste Hilfsantrag als ganzes zurückzuweisen ist.
4. Zweiter Hilfsantrag
Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags ist identisch mit Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags. Da Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags aber gegen die Erfordernisse des Artikel 123(2) EPÜ verstößt (Punkt 3, oben), ist auch der zweite Hilfsantrag zurückzuweisen.
5. Dritter Hilfsantrag
5.1 Der Beschwerdeführer hat während der mündlichen Verhandlung einen neuen dritten Hilfsantrag eingereicht. Die Kammer hat diesen Antrag allein deshalb schon in das Verfahren eingeführt, um die verfahrensrechtliche Fairness gegenüber dem Beschwerdeführer zu wahren. Die Einreichung dieses Hilfsantrags stellt nämlich eine Reaktion des Beschwerdeführers auf einen erstmals in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdegegner 01 geltend gemachten Einwand unter Artikel 123(3) EPÜ dar. Außerdem unterscheidet sich der neue dritte Hilfsantrag nur geringfügig von dem im schriftlichen Verfahren eingereichten (nun zurückgezogenen) dritten Hilfsantrag, so dass alle Parteien ohne weiteres zu dem neuen Antrag Stellung nehmen konnten.
5.2 Änderungen
5.2.1 Im dritten Hilfsantrag wurde der Produktanspruch fallen gelassen. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags (Punkt XI e), oben) basiert auf einer Kombination der erteilten Ansprüche 3 und 1 bzw. der ursprünglichen Ansprüche 3 und 1. Die weiteren Präzisierungen des Verfahrens gegenüber dem erteilten Anspruch 3 "in drei hintereinander geschalteten Stufen" und die Reaktionsabfolge (d. h. Ethylenhomopolymer A in der ersten Polymerisationsstufe gebildet, Copolymer B in der zweiten Polymerisationsstufe und Ethylenhomo- oder -copolymer C in der dritten Polymerisationsstufe) werden durch Seite 5, Zeilen 10-11 und Seite 4, Zeile 6 bis Seite 5, Zeile 4 gestützt.
5.2.2 Die Einsprechenden waren der Ansicht, dass der Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g für die Viskositätszahl VZA des in der ersten Polymerisationsstufe gebildeten niedermolekularen Polyethylens A in dem Verfahrensanspruch 1 nicht die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfülle. Ein solcher Bereich werde in den ursprünglichen Unterlagen nicht im Zusammenhang mit einem Herstellungsverfahren erwähnt. Der einzige Absatz, der eine Viskositätszahl VZA im Zusammenhang mit der Herstellung des Polyethylens A erwähnt, findet sich auf Seite 4, Zeilen 6-8 der ursprünglichen Anmeldung ("Die an dem Polymer nach der ersten Polymerisationsstufe gemessene Viskositätszahl VZ1 ist identisch mit der Viskositätszahl VZA des niedermolekularen Polyethylens A und liegt erfindungsgemäß im Bereich von 40 bis 180 cm**(3)/g."), und dieser Absatz beschreibe einen anderen Bereich.
Die Kammer kann dieser Argumentation aber nicht folgen. Der ursprüngliche Anspruch 1, wie auch der erteilte Anspruch 1, offenbart einen Bereich von 40 bis 150 cm**(3)/g für die Viskositätszahl VZA des niedermolekularen Polyethylens A im Rahmen eines Produktanspruches. Dieser ursprüngliche Produktanspruch ist nicht auf ein bestimmtes Herstellungsverfahren beschränkt. Es ist für den Fachmann daher zumindest implizit offensichtlich, dass dieser ursprünglich offenbarte Bereich von 40 bis 150 g/cm**(3) auch im Falle eines dreistufigen Polymerisationsverfahrens gelten muss, insbesondere da VZA in diesem ersten Schritt ja direkt gemessen und nicht berechnet wird. Somit hat der Bereich von 40 bis 150 g/cm**(3) für das in der ersten Polymerisationsstufe hergestellte niedermolekulare Polyethylen A zumindest eine klare und eindeutige implizite Stütze in den ursprünglichen Unterlagen.
5.2.3 Da von den Beschwerdegegnern keine weiteren Einwände unter Artikel 123(2) EPÜ gegen den dritten Hilfsantrag erhoben wurden, und auch die Kammer diesbezüglich keine Einwände sieht, lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die Ansprüche des dritten Hilfsantrags die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllen.
5.2.4 Anspruch 2 betrifft die "Verwendung der Polyethylen Formmasse nach Anspruch 1 ". Die in der Verwendung angesprochene Polyethylenformmasse muss daher die durch das spezifisch genannte Herstellungsverfahren bedingten Eigenschaften aufweisen. Im erteilten Anspruch 4, auf dem der Anspruch 2 des dritten Hilfsantrags basiert, ist das Herstellungsverfahren nicht vorgeschrieben. Trotzdem umfasst der erteilte Anspruch 4 natürlich die Verwendung einer Polyethylenformmasse, die nach dem nun spezifizierten Verfahren hergestellt worden ist. Anspruch 2 des dritten Hilfsantrags stellt somit eine Einschränkung gegenüber dem erteilten Anspruch 4 dar, so dass die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllt sind. Aus diesen Gründen kann der Einwand des Beschwerdegegners 01 unter Artikel 123(3) EPÜ gegen Anspruch 2 des dritten Hilfsantrags nicht greifen.
5.2.5 Da keine weiteren Einwände unter Artikel 123(3) EPÜ erhoben wurden, und auch die Kammer diesbezüglich keine Einwände sieht, lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die Ansprüche des dritten Hilfsantrags die Erfordernisse des Artikels 123(3) EPÜ erfüllen.
5.2.6 Artikel 84
Durch die Änderungen in Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags werden auch keine Unklarheiten erzeugt, so dass der die Änderungen an sich nicht unter Artikel 84 EPÜ zu beanstanden sind.
Der Beschwerdegegner 02 hat auf die Diskrepanz zwischen VZA in Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags (40 bis 150 g/cm**(3)) und auf Seite 4, Zeile 8 (40 bis 180 g/cm**(3)) hingewiesen, so dass Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags unter Artikel 84 zu beanstanden sei. Selbst wenn man anerkennt, dass der Bereich von 40 bis 150 g/cm**(3) für VZA zum erstem Mal in Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags in Relation zum Herstellungsverfahren gesetzt wird, und die Änderung daher im Hinblick auf Artikel 84 EPÜ überprüft werden muss, bleibt zu bemerken, dass die Änderung an sich klar ist. Die Beschreibung kann immer in Einklang mit einem geänderten Anspruch gebracht werden, wenn die Änderung des Anspruchs, wie im vorliegenden Fall, die Erfordernisse des Artikels 123 EPÜ erfüllt.
5.3 Ausreichende Offenbarung
Der Beschwerdegegner 01 hielt seinen Einwand, dass das Verfahren, und insbesondere der darin zu verwendende Katalysator, nicht ausreichend offenbart seien, auch gegen Anspruch 1 des dritten Hilfsantrags aufrecht. Die Kammer kann dieser Argumentation aber aus den unter Punkt 2.2.4, oben, angeführten Gründen nicht folgen. Diese Gründe gelten auch im Hinblick auf das Verfahren des Anspruchs 1 des dritten Hilfsantrags.
Da keine weiteren Einwände unter Artikel 100 b) bzw. Artikel 83 EPÜ gegen den dritten Hilfsantrag erhoben wurden, und auch die Kammer diesbezüglich keine Einwände sieht, lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die im dritten Hilfsantrag beanspruchten Gegenstände ausreichend offenbart sind.
6. Zurückverweisung
Es geht eindeutig aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Einspruchsabteilung die Patentierbarkeit der ihr vorliegenden Anspruchssätze im Hinblick auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit nicht geprüft hat. Fragen zur Beurteilung der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf die zitierten Dokumente stellen daher einen neuen Sachverhalt dar. Unter diesen Umständen wird eine Angelegenheit normalerweise an die erste Instanz zurückverwiesen, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, alle Umstände eines Falles von zwei Instanzen prüfen zu lassen. Da außerdem alle Parteien beantragt haben, die Angelegenheit zur Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit an die Vorinstanz zurückzuverweisen, macht die Kammer von ihrem Recht unter Artikel 111(1) EPÜ gebrauch und verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.