T 1032/07 (Temperierblock/EPPENDORF) 27-03-2008
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Temperierblock mit Temperiereinrichtungen
Thermo Fisher Scientific Corporation Inc.
Bio-Rad Laboratories Inc.
Ursprünglich nicht offenbarter Gegenstand: ja (Hauptantrag)
Erweiterung des Schutzbereichs: ja (Hilfsanträge)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Europäische Patent Nr. 0 881 950 zu widerrufen.
Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:
"1. Temperierblock (8, 48, 58, 68) für Laborthermostaten zur Erzeugung eines sich im Temperierblock (8, 48, 58, 68) erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten,
mit Aufnahmen (11, 11´, 71, 72) an einer Aufnahmeseite (10) zur Aufnahme der mit Probeflüssigkeit gefüllten Bereiche von Behältern (1)
und mit wenigstens zwei in Richtung des zu erzeugenden Temperaturgradienten hintereinander liegenden, den Temperierblock wärmeleitend kontaktierenden Temperiereinrichtungen (20, 19, 19´, 59, 59´, 60, 60´), die mit aneinander grenzenden Feldern der der Aufnahmeseite gegenüberliegenden Kontaktierseite (15) des Temperierblockes (8, 48, 58, 68) in großflächigem Kontakt stehen, und denen Aufnahmen (11, 11´, 71, 72) gegenüberliegen,
wobei die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19´, 59, 59´, 60, 60´) an eine Regeleinrichtung angeschlossen sind, die zur Steuerung der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19´, 59, 59´, 60, 60´) derart ausgebildet ist, daß die Temperiereinrichtungen (20, 19, 19´, 59, 59´, 60, 60´) zur Erzeugung des Temperaturgradienten auf unterschiedliche, in der Richtung ansteigende Temperaturen bringbar sind,
dadurch gekennzeichnet, daß jeder der Temperiereinrichtungen (20, 19, 19´, 59, 59´, 60, 60´) jeweils mehrere in Gradientenrichtung hintereinander liegende Aufnahmen (11, 11´, 71, 72) gegenüberliegen."
II. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens wurden von den Parteien unter anderem folgender Stand der Technik angezogen:
D19: US 5 525 300 A
III. In der angefochtenen Entscheidung gelangte die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass auf Grund des im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmals "eines sich im Thermoblock erstreckenden im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" das erteilte Patent gegen die Bestimmungen des Artikels 123(2) EPÜ verstoße. In diesem Zusammenhang war sie der Auffassung, dass die Interpretation des Merkmals "eines sich im Temperierblock erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" nur lauten könne: "mehr oder weniger linear über den ganzen Block, ohne Abflachung". Ferner habe das besagte Merkmal eine technische Bedeutung, es erfülle demnach auch nicht "die in T 0231/89 und G 0001/93 genannten Kriterien zur Möglichkeit der Ignorierung oder Streichung des Merkmals ohne gegen Artikel 123(3) zu verstoßen". Die Einspruchsabteilung hat diejenigen der damals vorliegenden Hilfsanträge, die sie zum Verfahren zugelassen hat (Hilfsanträge 2, 3 und 5 bis 8), wegen Verstößen gegen die Bestimmungen der Artikel 123(2) oder (3) EPÜ zurückgewiesen. Insbesondere war sie bezüglich des damaligen Hilfsantrags 3 der Auffassung, das das Ersetzen von "im wesentlichen linearen" durch "im mittleren Bereich linearen" nach Artikel 123(3) EPÜ zu beanstanden sei, da aufgrund der in diesem Fall möglichen beliebigen Form der äußeren Bereiche des Gradienten der Schutzbereich von Anspruch 1 erweitert sei.
IV. Mit ihrer Beschwerdebegründung vom 7. August 2007 reichte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) drei geänderte Anspruchssätze als Hauptantrag, ersten Hilfsantrag beziehungsweise dritten Hilfsantrag ein, wobei der zweite Hilfsantrag den erteilten Ansprüchen entspreche.
Der Wortlaut von Anspruch 1 gemäß dem dritten Hilfsantrag unterscheidet sich von jenem des Anspruchs 1 wie erteilt dadurch, dass der Ausdruck "im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" ersetzt wurde durch "im wesentlichen, nämlich in der Mitte, linearen Temperaturgradienten" (Hervorhebung durch die Kammer).
In der Beschwerdebegründung sowie in einem weiteren Schreiben vom 22. Februar 2008 vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, dass keiner der jeweiligen Ansprüche 1 gegen Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ verstoße.
V. Die beiden Beschwerdegegnerinnen 1 und 2 haben in ihren jeweiligen Antworten auf die Beschwerdebegründung bezüglich Anspruch 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag (wie erteilt) unter anderem Einwände nach Artikel 123(2) EPÜ erhoben, und bezüglich Anspruch 1 gemäß dem dritten Hilfsantrag Einwände unter Artikel 123(3) EPÜ. Die Beschwerdegegnerin 2 hat zudem noch Einwände betreffend die Klarheit des geänderten Anspruchs 1 gemäß dem 3. Hilfsantrag erhoben.
VI. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung am 27. März 2007 hat die Beschwerdeführerin ihren mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrag und ersten Hilfsantrag zurückgenommen, und einen neuen 2. Hilfsantrag eingereicht.
Der Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten 2. Hilfsantrag unterscheidet sich von jenem des erteilten Anspruchs 1 dadurch, dass die Merkmale "Erzeugung eines ... im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" ergänzt sind durch die unmittelbar danach eingefügte Angabe ", nämlich eines im mittleren Bereich des Temperierblockes linearen Temperaturverlaufs" (Hervorhebung durch die Kammer).
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrecherhaltung des Patents wie erteilt oder alternativ gemäß dem 1. Hilfsantrag, eingereicht als dritter Hilfsantrag mit Schreiben vom 7. August 2007, oder gemäß dem 2. Hilfsantrag eingereicht während der mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerdegegnerinnen 1 und 2 beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Die entscheidungserheblichen Ausführungen der Parteien zu den gültigen Anträgen der Beschwerdeführerin können wie folgt zusammengefasst werden:
Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass im wesentlichen lineare Gradienten zwar nicht wörtlich aber doch implizit in der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung offenbart seien. Die Ansprüche des Patents seien - soweit unklar - im Lichte der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen. Dabei sei mit der Bereitschaft vorzugehen, sie zu verstehen, und nicht mit dem Willen, sie misszuverstehen. Daraus ergäbe sich, dass im wesentlichen linear nur bedeuten könne beziehungsweise bedeuten müsse: im mittleren Bereich linear. Nichts anderes würde der Fachmann - auch bei Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen der ursprünglichen Anmeldung - dem Ausdruck im wesentlichen linear zuordnen. Eine weitergehende Linearisierung über den gesamten Block sei immer nur als bevorzugtes Merkmal präsentiert worden, und nie als ein für die Neuheit und erfinderische Tätigkeit wesentliches Merkmal. Selbst wenn die Kammer zu dem Schluss gelänge, dass das Merkmal im wesentlichen linear weder implizit noch explizit ursprünglich offenbart sei, sei Anspruch 1 daher im Hinblick auf G 0001/93 (Abl. EPA, 1994, 541), Punkte 9 und 16, dennoch nicht nach Artikel 123(2) EPÜ zu beanstanden, da das Merkmal keinen technischen Beitrag zum Gegenstand der beanspruchten Erfindung liefere. Im vorliegenden Fall ergäbe die Aufnahme des strittigen Merkmals keinen ungerechtfertigten Vorteil für den Patentinhaber und schränke lediglich den Schutzbereich des ursprünglich wesentlich breiteren Anspruchs 1 ein, ohne für die erfinderische Tätigkeit des Anspruchsgegenstands von Bedeutung zu sein.
Bezüglich der Hilfsanträge 1 und 2 war die Beschwerdeführerin der Auffassung, dass die Änderungen im jeweiligen Anspruch 1 den Erfordernissen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ genügten, da die ursprünglichen Unterlagen, und insbesondere Seite 11, zweiter Absatz, eine ausreichende entsprechende Offenbarung lieferten. Auch in der resultierenden geänderten Form seien die betreffenden Merkmale zumindest implizit in klarer und eindeutiger Weise ursprünglich offenbart. Bei den vorgenommenen Änderungen handle es sich um eine Erläuterung, Klarstellung beziehungsweise Präzisierung des Ausdrucks "im wesentlichen", durch welche eine eventuelle Beanstandung unter Artikel 123(2) EPÜ jedenfalls ausgeräumt wäre. Diesbezüglich verwies sie auf den Leitsatz der Entscheidung T 0553/99 vom 21. Februar 2001 (nicht im Abl. EPA publiziert). Durch die hinzugefügten Merkmale sei der Ausdruck "im wesentlichen" jeglicher Bedeutung entkleidet.
Was mit der "Mitte" beziehungsweise dem "mittleren Bereich" gemeint sei, wäre im Kontext völlig klar, wobei der 2. Hilfsantrag sich noch genauer an den Wortlaut der Beschreibung anlehne.
Die Beschwerdegegnerinnen argumentierten, dass Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nach Artikel 123(2) EPÜ zu beanstanden sei. Sie betonten, dass in der ursprünglichen Anmeldung nicht zwischen linearen und im wesentlichen linearen Temperaturgradienten unterschieden werde. Mit dem Merkmal betreffend die Erzeugung eines "im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" könne im Hinblick auf den Inhalt der Anmeldung nichts anderes gemeint sein als ein über den gesamten Block linearer Temperaturverlauf, wie er auch aus dem Stand der Technik bekannt ist, beispielsweise aus der bereits in der ursprünglichen Anmeldung genannten D19. "Im wesentlichen" linear könne nur bedeuten bis auf geringfügige Abweichungen linear. Die in den Figuren 3a und 4a gezeigten Kurven mit abgeflachten Enden seien demnach nicht im wesentlichen linear. Die Erzeugung eines linearen beziehungsweise linearisierten Temperaturverlaufs sei jedoch in der Anmeldung - wenn überhaupt - ausschließlich in Verbindung mit dafür erforderlichen konstruktiven Maßnahmen offenbart, wie mit den in den Figuren gezeigten Nuten. Da keine entsprechenden Merkmale in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag aufgenommen wurden, werden nunmehr Gegenstände beansprucht, die so in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart seien.
Bezüglich der Hilfsanträge 1 und 2 machten die Beschwerdegegnerinnen im Hinblick auf die Merkmale "in der Mitte" beziehungsweise "im mittleren Bereich" mangelnde Klarheit geltend. Insbesondere sei unklar, von wo bis wo sich die besagte "Mitte" beziehungsweise der besagte "mittlere Bereich" erstrecke.
Ferner machten sie bezüglich beider Anträge geltend, dass die in Anspruch 1 vorgenommenen Änderungen eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs zur Folge hätten. Insbesondere umfasse der jeweilige Anspruch 1, im Gegensatz zu Anspruch 1 wie erteilt, nunmehr Ausführungsformen, bei denen die Linearität des Temperaturverlaufs in äußeren Bereichen des Blocks nicht mehr erforderlich sei.
Hauptantrag
Anspruch 1 - Ursprüngliche Offenbarung - Artikel 100(c) EPÜ
1. Zunächst sei festgehalten, dass das Merkmal "eines ... im wesentlichen linearen Temperaturgradienten", bezüglich dessen Bedeutung die Parteien unterschiedlicher Auffassung waren, erst im Verlauf der Sachprüfung in Anspruch 1 aufgenommen wurde. Im Rahmen der Prüfung des Einspruchsgrunds nach Artikels 100(c) EPÜ stellt sich daher zunächst die Frage, durch welche Teile der Anmeldung in ihrer ursprünglich eingereichten Fassung (in der Folge mit "Anmeldung" bezeichnet) die Aufnahme des besagten Merkmals in Anspruch 1 möglicherweise gestützt wird.
2. Die Anmeldung offenbart Temperierblocks für Laborthermostaten, die auf ihrer den Aufnahmen für Probebehälter gegenüberliegenden Seite mit wenigstens zwei Temperiereinrichtungen in großflächigem Kontakt stehen, wobei letztere die Erzeugung unterschiedlicher Temperaturen an unterschiedlichen Stellen der Temperierblocks ermöglichen, siehe Anspruch 1 der veröffentlichen Anmeldung (WO 98/20975 A). Bei einer derartigen Betriebsweise der Temperiereinrichtungen kann innerhalb eines solchen Temperierblocks über dessen Länge ein bestimmter "Temperaturverlauf" eingestellt werden, der in der Anmeldung auch als "Temperaturprofil", "Temperaturgradient" beziehungsweise "Temperaturkurve" bezeichnet wird, siehe hierzu beispielsweise Seite 2, Textzeilen 5 bis 7 und 10 bis 15, Seite 11, die ersten beiden Absätze der Anmeldung.
3. Die Begriffe "linear" beziehungsweise "linearisiert" werden in der Anmeldung nicht definiert. Sie kommen lediglich in der Beschreibung der Anmeldung vor, und zwar ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren technischen Merkmalen. So wird im 2. Absatz auf Seite 3 der Beschreibung festgestellt: "Das Temperaturprofil über dem Temperierblock, also der jeweilige Temperaturgradient, entspricht nicht immer dem angestrebten Temperaturprofil. Abweichungen entstehen insbesondere an den Enden des Temperierblockes, in dem der Einfluß benachbarter Temperiereinrichtungen abnimmt und somit der Temperaturgradient abflacht". Unter Bezugnahme auf die in den ursprünglichen abhängigen Ansprüchen 3 und 4 angeführten konstruktiven Merkmale heißt es im 2. Absatz auf Seite 3 "Mit solchen Abschnitten anderen Wärmeleitwiderstands läßt sich die Temperaturkurve korrigieren. Insbesondere läßt sich durch Erhöhung des Wärmeleitwiderstands ein höherer Temperaturgradient erzielen, so daß die Abflachungen an den Enden der Temperaturkurve korrigiert werden können" und im darauffolgenden Absatz "Damit lässt sich das erzeugte Temperaturprofil linearisieren" (Hervorhebung durch die Kammer).
Der Begriff "linearisieren" bezieht sich demnach sowohl auf ein anzustrebendes Temperaturprofil über den Temperierblock als auch auf das "Korrigieren" eines erzeugten Temperaturprofils durch konstruktive Maßnahmen.
Auf Seite 11, 2. Absatz der Beschreibung heißt es "Es ergibt sich, wie die Temperaturkurve der Fig.3a zeigt, in der die Temperatur T über die Strecke S dargestellt ist, im mittleren Bereich des Temperierblocks 8 ein linearer Temperaturverlauf" und im folgenden 3. Absatz "Da die Steilheit des Temperaturgradienten der in Fig.3a dargestellten Temperaturkurve proportional zum Produkt aus Wärmestrom und Wärmeleitwiderstand ist, kann durch örtliche Veränderung des Wärmeleitwiderstands die Form der Temperaturkurve beeinflusst und insbesondere, wie die Fig. 3a zeigt, die Kurve linearisiert werden" (Hervorhebungen durch die Kammer).
Im Zusammenhang damit entnimmt der Leser den Figuren 3 und 3a, dass durch spezielle, in der rechten Hälfte des Temperierblocks vorgenommene konstruktive Maßnahmen (Nuten 37 und 38) eine (nicht dargestellte) Abflachung (Abweichung von der Form einer Geraden) dahingehend beeinflusst oder korrigiert wird, dass die Temperaturkurve von der Mitte des Temperierblocks bis an dessen Rand an die Form einer Geraden angenähert wird.
4. Bei näherer Prüfung des Gesamtinhalts der Anmeldung (siehe insbesondere Seite 3, 2. und 3. Absätze; Seite 11, 1. Absatz bis Seite 12, 3. Absatz; Figuren 3, 3a, 4 und 4a) ergeben sich folgende Zusammenhänge. In den Figuren 3 und 4 und den dazugehörigen Beschreibungspassagen (Seite 11, 1. Absatz bis Seite 12, 2. Absatz; Seite 13, 3. Absatz) sind spezielle Ausführungsformen von Temperierblöcken beschrieben, und in den Figuren 3a und 4a sind darin erzeugte Temperaturprofile (ausgezogene Linien) dargestellt. Den besagten Figuren und Beschreibungspassagen ist zu entnehmen, dass die in den gezeigten Temperierblöcken erzeugten Temperaturprofile in einem mittleren Bereich des Temperierblocks linear sind, jedoch in einem oder beiden Randbereichen der Temperierblöcke deutlich abflachen (in Figur 3a auf der linken Seite, in Figur 4a auf beiden Seiten). Den besagten Figuren und Beschreibungspassagen ist aber auch zu entnehmen, dass ein über die gesamte Länge des Temperierblocks - also auch in dessen beiden Randbereichen - lineares Temperaturprofil dann erhalten wird, wenn der Wärmeleitwiderstand des Temperierblocks etwa durch Nuten (37, 38) der in Figur 3 gezeigten Art in geeigneter Weise verändert wird.
In Verbindung mit den allgemeineren Angaben auf Seite 3 (2. und 3. Absatz) der Anmeldung, wo vom Korrigieren der Temperaturkurve im Sinne einer Linearisierung von dessen abgeflachten Endbereichen die Rede ist, stellen die Figuren 3, 3a, 4 und 4a (siehe die strichlierten Abschnitte der dargestellten Temperaturprofile) und deren Beschreibung demnach eine Offenbarung der Erzeugung von insgesamt linearen Temperaturprofilen im Temperierblock dar.
5. Es war nicht streitig, dass der unbestimmte, aber die Linearität des Temperaturgradienten relativierende Ausdruck "im wesentlichen" in der Anmeldung nicht verbatim zu finden ist. Dementsprechend enthält die Anmeldung auch keinerlei Angaben dazu, was mit diesem Ausdruck gemeint sein könnte. In der Anmeldung wird zwar zwischen linearen/linearisierten und nicht linearen/linearisierten Temperaturprofilen beziehungsweise Bereichen der letzteren unterschieden, an keiner Stelle wird jedoch zwischen einem "linearen" und einem "im wesentlichen linearen" Temperaturgradienten unterschieden. Der Fachmann entnimmt der Anmeldung jedenfalls, dass die Temperaturkurve dann als "linear" angesehen wird, wenn auch Abflachungen in dessen Endbereichen "linearisiert" sind.
5.1 In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin unter Beteiligung ihres Experten ausgeführt, dass es in einem Temperierblock mit den konstruktiven Merkmalen von Anspruch 1, wie auch in den Figuren der Anmeldung gezeigt, und insbesondere aufgrund der aneinandergrenzend angeordneten, großflächigen Temperiereinrichtungen, in jedem Fall zur Erzeugung eines Temperaturgradienten komme, welcher einen linearen mittleren Bereich aufweise. Der mittlere Bereich ende jeweils dort, wo die Temperaturkurve abflache. Die Ausdehnung des mittleren Bereichs könne nicht genauer bemaßt werden, da sie von den Betriebstemperaturen der Vorrichtung, der Raumtemperatur, der Dimensionierung des Temperierblocks und von dessen Isolierung an seinen linken und rechten Seiten abhänge. Im Extremfall falle der besagte mittlere lineare Bereich mit dem Bereich des Wendepunkts der Temperaturkurve zusammen.
5.2 Nach Auffassung der Kammer ist der Anmeldung (siehe die unter den Punkten 3. und 4. zitierten Beschreibungspassagen) jedoch nicht zu entnehmen, dass die Linearität des zu erzeugenden Temperaturprofils lediglich in einem nicht näher definierten mittleren Bereich des Temperierblocks von Bedeutung wäre, und dass demnach Abweichungen von der Linearität des Temperaturprofils in den Randbereichen des Temperierblocks, wie sie beispielsweise in den Figuren 3a und 4a gezeigt sind, als geringfügig und demnach als nicht wesentlich anzusehen wären. Vielmehr werden Abflachungen des Temperaturgradienten an den Enden des Temperierblocks in der Anmeldung ausdrücklich als "Abweichungen" vom "angestrebten Temperaturprofil" bezeichnet, die durch Abschnitte anderen Wärmleitwiderstands korrigiert werden können (Seite 3, 2. und 3. Absätze). In den Figuren 4 und 4a (siehe Position 38' und die strichpunktierte Linie) in Verbindung mit der Beschreibung (Seite 12, Zeilen 5 bis 7) wird zwar die Möglichkeit angesprochen, das Temperaturprofil über die Linearität hinaus zu verändern, diese Möglichkeit ist aber in Abwesenheit einer Zweckangabe eher zur Erläuterung der dafür notwendigen konstruktiven Maßahmen zu werten. Ferner wird in der Einleitung der Anmeldung ausdrücklich auf - beispielweise aus Dokument D19 - bekannte, gattungsgemäße Temperierblöcke hingewiesen, bei welchen ebenfalls ein über den gesamten Temperierblock linearer Temperaturgradient angestrebt wird (siehe D19 Spalte 6, Zeilen 25 to 28).
5.3 Die in den Figuren 3 und 4 dargestellten speziellen Temperierblöcke stellen selbst im Zusammenhang mit den entsprechenden Beschreibungspassagen keine unmittelbare und eindeutige generische Offenbarung von Temperierblöcken zur Erzeugung von solchen Temperaturgradienten dar,
- welche lediglich in einem mittleren Bereich linear sein müssen, wobei dieser mittlere Bereich jedoch relativ schmal sein kann und nicht unbedingt um die geometrische Mitte des Blocks herum angeordnet sein muss, und
- deren Form zudem außerhalb des mittleren Bereichs beliebig sein kann und durch "externe" Maßnahmen, wie beispielsweise thermische Isolierungen, veränderbar sein kann (siehe obigen Punkt 5.1).
5.4 Es gibt demnach in der Anmeldung keinerlei Grundlage dafür, einen Temperaturgradienten, der nicht insgesamt, sondern lediglich in einem nicht näher definierten mittleren Bereich linear ist, als einen "im wesentlichen linearen" Temperaturgradienten anzusehen. Insbesondere ist aus der Anmeldung nicht eindeutig ersichtlich, dass die Linearität des Temperaturgradienten in den Randbereichen des Blocks, welche auch relativ breit sein können (siehe obigen Punkt 5.1), unwesentlich wäre.
5.5 Die Kammer gelangt daher zu dem Schluss, dass in der Anmeldung unmittelbar und eindeutig lediglich Temperierblöcke zur Erzeugung solcher im üblichen Sinn "im wesentlichen" linearer Temperaturgradienten generisch offenbart sind, die insgesamt linear sind und deren Form auch in den Randbereichen der Temperierblöcke höchstens geringfügige Abweichungen von der Form einer Geraden aufweisen. Daran ändert auch die von der Beschwerdeführerin angesprochene Tatsache nichts, dass der ursprüngliche Anspruch 1 der Anmeldung wesentlich breiter war, sodass selbst Temperierblöcke zur Erzeugung von nicht korrigierten, in den Figuren 3a und 4a dargestellten Temperaturgradienten darunter fielen. Bei der Beurteilung der ursprünglichen Offenbarung der Anmeldung ist auch nicht von Belang, dass die Beschreibung der Ausführungsformen gemäß den Figuren 3 und 4 vor der Patenterteilung nicht geändert wurde, dass das Merkmal "eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" in den Oberbegriff und nicht in das Kennzeichen von Anspruch 1 aufgenommen wurde, und dass die Merkmale betreffend die veränderte Wärmeleitfähigkeit des Temperierblocks ursprünglich Gegenstand abhängiger Ansprüche waren.
5.6 Der erteilte Anspruch 1 ist demnach als auf Temperierblöcke zur Erzeugung solcher "im wesentlichen" linearer Temperaturgradienten beschränkt anzusehen, die insgesamt linear sind und deren Form auch in den Randbereichen der Temperierblöcke höchstens geringfügige Abweichungen von der Form einer Geraden aufweisen. Der Anspruch kann nicht im Sinne der Beschwerdeführerin dahingehend interpretiert werden, dass Temperierblöcke zur Erzeugung von (nicht im wesentlichen linearen) Profilen, wie sie in den Figuren 3a und 4a (ausgezogene Linien) gezeigt werden, mit umfasst sein sollen.
6. Das Merkmal betreffend die "Erzeugung eines sich im Temperierblock (8, 48, 58, 68) erstreckenden, im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" wurde erst im Verlauf der Sachprüfung in Anspruch 1 aufgenommen.
6.1 Spezielle Ausführungsformen von Temperierblocks mit allen Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 sind zwar in der ursprünglichen Anmeldung offenbart (siehe Punkte 4. und 5.5), allerdings lediglich im Zusammenhang mit zusätzlichen, nicht in Anspruch 1 aufgenommenen, konstruktiven Merkmalen, wie die in Figur 3 gezeigten Nuten 37 und 38. Es sind aber gerade diese nicht aufgenommenen konstruktiven Merkmale, die laut der Beschreibung der Anmeldung erforderlich sind, um in den beschriebenen Temperierblocks einen Temperaturgradienten zu erzeugen, der insgesamt im wesentlichen linear beziehungsweise linearisiert ist.
6.2 Ein Thermoblock, in dem ein im wesentlichen linearer beziehungsweise linearisierter Temperaturgradient allein durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale erzeugt wird, ist in der Anmeldung nicht offenbart. Auch der mit Schreiben vom 14. Februar 2007 eingereichte technische Bericht der Beschwerdeführerin (siehe insbesondere die Temperaturkurven in den Abbildungen 7 bis 9) zeigt, dass ein Temperierblock mit allen konstruktiven Merkmalen von Anspruch 1, aber ohne die besagten Nuten, nicht notwendigerweise zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten geeignet ist. Alle gezeigten Temperaturkurven weisen Abflachungen in ihren Randbereichen auf. Sie sind demnach nicht im wesentlichen linear und nicht mit den in den Figuren 3a und 4a der Anmeldung gezeigten (ausgezogene Linien) vergleichbar.
7. Anspruch 1 wie erteilt ist jedoch (auch) auf solche Temperierblocks zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten gerichtet, bei denen die Linearität nicht notwendigerweise mittels der in der Anmeldung zu diesem Zweck offenbarten Maßnahmen erreicht wird. Als alternative, nicht offenbarte Maßnahmen zur Erzeugung eines im wesentlichen linearen Temperaturgradienten wären beispielsweise zusätzliche Mittel zur Temperierung (Heizung/Kühlung/Isolierung) des Temperierblocks denkbar. Die Menge derartiger, unter Anspruch 1 fallender Temperierblöcke stellt demnach einen Gegenstand dar, der entgegen dem Erfordernis des Artikels 123(2) EPÜ über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.
7.1 Im vorliegenden Fall ist also nicht die Aufnahme des per se ursprünglich offenbarten Merkmals betreffend die Erzeugung eines "im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" zu beanstanden. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall die unter Punkt 2. der Entscheidungsformel der Entscheidung G 0001/93 formulierten Prinzipien nicht zur Anwendung kommen.
7.2 Zu beanstanden ist vielmehr die Generierung von ursprünglich nicht offenbarten Gegenständen durch das Herausgreifen einzelner Merkmale aus ursprünglich in Kombination miteinander offenbarten Merkmalen zwischen denen ein funktioneller Zusammenhang besteht. Die besagte Änderung hat der Anmelderin demnach einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft und ihr zu einer nicht zulässigen Verbesserung ihrer Position verholfen (siehe G 0001/93, Punkt 9. der Gründe).
7.3 Die durch die Aufnahme des besagten funktionellen Merkmals generierten Gegenstände schränken zudem den Schutzbereich des Anspruchs 1 ein, nämlich auf Temperierblöcke die derart konstruiert sind, dass sie einen im wesentlichen linearen Temperaturgradienten zu erzeugen vermögen.
Folglich steht der Einspruchsgrund nach Artikels 100(c) EPÜ der unveränderten Aufrechterhaltung des Patents entgegen, siehe diesbezüglich auch G 0001/93, Punkt 1. der Entscheidungsformel.
8. Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
Hilfsanträge
9. Anspruch 1 gemäß dem 1. Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 wie erteilt lediglich dadurch, dass der Ausdruck "im wesentlichen" durch die zusätzlichen Angaben "nämlich in der Mitte" ergänzt wurde.
Anspruch 1 gemäß dem 2. Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 wie erteilt lediglich dadurch, dass die Merkmale "eines ... im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" durch die zusätzlichen Angaben "nämlich eines im mittleren Bereich des Temperierblockes linearen Temperaturverlaufs" ergänzt wurde.
10. Es bestehen seitens der Kammer erhebliche Bedenken, ob die zusätzlichen Merkmale "in der Mitte" beziehungsweise im mittleren Bereich als deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ angesehen werden können, auch im Hinblick auf die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin (siehe obigen Punkt 5.1). Da die beiden Hilfsanträge aber ohnehin aus einem anderen Grund nicht gewährt werden können (siehe nachfolgenden Punkt 11.), erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Problematik.
11. Erweiterung des Schutzbereichs - Artikel 123(3) EPÜ
11.1 Ausgehend vom erteilten Anspruch 1 wie er von der Kammer verstanden wird (siehe obigen Punkt 5.6) stellen die Hinzufügungen der besagten Angaben weder eine reine Erläuterung von ohnehin impliziten Merkmalen noch eine Präzisierung des Ausdrucks "im wesentlichen linearen" dar.
11.2 Vielmehr wird durch diese Hinzufügungen die Bedeutung des Ausdrucks "im wesentlichen linearen" dahingehend verändert, dass die jeweiligen Ansprüche 1 nunmehr auch auf Temperierblöcke zur Erzeugung von Temperaturgradienten gerichtet sind, welche nicht notwendigerweise insgesamt linear sind, sondern lediglich in einem nicht näher definierten mittleren Bereich. Dies bedeutet, dass der Temperaturgradient in seinen beiden Endbereichen, und somit auch insgesamt, nicht-linear sein kann. Insbesondere wären Temperierblöcke zur Erzeugung nicht linearisierter Temperaturgradienten, wie sie beispielsweise in Figur 4 (ausgezogene Linie mit Abflachungen an beiden Enden) des Streitpatents dargestellt sind, von Anspruch 1 mit umfasst. Im Vergleich zum Schutzumfang von Anspruch 1 wie erteilt, der solche nicht linearisierte Gradienten nach Auffassung der Kammer ausschließt, ist der Schutzumfang des jeweiligen Anspruchs 1 beider Hilfsanträge daher erweitert.
11.3 Die von der Beschwerdeführerin angezogene Entscheidung T 0553/99 betrifft einen anders gearteten Fall, bei dem (siehe Punkt 3. der Gründe) nach Auffassung der damit befassten Kammer ein ursprünglich nicht klar, unmittelbar und eindeutig offenbartes, und demnach nach Artikel 123(2) EPÜ beanstandetes Merkmal betreffend die Orientierung einer Anzeigevorrichtung ("display unit (1) being arranged for use in a substantially vertical position") aufgrund der Aufnahme eines zusätzlichen Merkmals ("display surface (10) is downwardly angled with respect to the vertical by a small acute angle ß") betreffend die Orientierung einer Untereinheit der Anzeigegevorrichtung, nämlich der Bildschirmfläche, zu einem völlig unwesentlichen Merkmal wurde, also zu einem Merkmal welches keinen technischen Beitrag zur beanspruchten Erfindung leistet. Die befasste Kammer war der Auffassung, dass das verbliebene, nicht offenbarte Merkmal lediglich den Schutzbereich einschränke und dass daher der Verbleib dieses Merkmals im Anspruch im Hinblick auf Entscheidung G 0001/93 nicht zu beanstanden sei.
Im vorliegenden Fall ist hingegen das Merkmal eines "im wesentlichen linearen Temperaturgradienten" ursprünglich offenbart, und die gemäß den beiden Hilfsanträgen zusätzlich eingefügten Merkmale relativieren beziehungsweise verändern die Bedeutung ebendieses Merkmals. Das Erfordernis der Linearität des gesamten Temperaturgradienten gemäß dem erteilten Anspruch 1 wird durch die vorgenommenen Änderungen gemindert und somit ist der durch das geänderte Merkmal eingegrenzte Schutzbereich erweitert worden im Vergleich zum Schutzbereich des erteilten Anspruchs 1. Im Hinblick auf die unterschiedliche Fallkonstellation ist die Kammer der Auffassung, dass die Begründung im vorliegenden Fall von den in der Entscheidung T 0553/99 angestellten Überlegungen nicht tangiert wird.
11.4 Die jeweiligen geänderten Ansprüche 1 gemäß dem 1. Hilfsantrag und dem 2. Hilfsantrag verstoßen demnach beide gegen die Bestimmung des Artikel 123(3) EPÜ.
12. Schon allein aus diesem Grund ist auch keiner der beiden Hilfsanträge gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.