T 1056/09 (Microbizides Wirkstoffkonzentrat/BODE CHEMIE GMBH) 20-05-2011
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Spät eingereichter Hauptantrag - nicht zugelassen
Hauptantrag - Änderungen (zulässig)
Hauptantrag - Klarheit (ja), Neuheit (ja)
Zurückverweis zur ersten Instanz
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Streitpatent Nr. 1 138 203 zu widerrufen.
II. In der Entscheidung wurde ausgeführt, dass der Gegenstand des Hauptantrags nicht neu gegenüber Dokument (1) (US-A-5496858) sei und die Gegenstände der Hilfsanträge 1 und 2 gegen Artikel 123(2) EPÜ verstießen.
III. Der mit Schreiben vom 5. Mai 2001 eingereichte Hilfsantrag 4 wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer zum Hauptantrag erklärt.
Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Mikrobizides Wirkstoffkonzentrat, welches in wässriger Lösung
a) 5 bis 30 Gew. -% wenigstens eines aliphatischen, gesättigten Mono- und/oder Dialdehyds enthaltend bis zu 8 Kohlenstoffatome und
b) 0,1 bis 30 Gew. -% wenigstens eines nichtionischen Tensids der Formel
R-(O-CH2-CH2-)k-OH
worin k gleich 4 ist und R einen gesättigten oder ungesättigten, linearen oder verzweigten Alkylrest mit 8 Kohlenstoffatomen bedeutet, enthält, wobei die Gewichtsprozent-Anteile jeweils auf die Gesamtmenge der wässrigen Lösung bezogen sind und wobei die Menge nicht ionischer Tenside der Formel
R-(O-CH2-CH2-)k-OH
worin k eine ganze Zahl von 2 bis 8 und R einen gesättigten oder ungesättigten, linearen oder verzweigten Alkylrest mit 6 bis 10 Kohlenstoffatomen oder einen Phenylalkylrest mit 10 bis 18 Kohlenstoffatomen bedeuten, 0,1 bis 30 Gew.-% beträgt."
IV. Die Argumente der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) können wie folgt zusammengefasst werden:
- Der während der mündlichen Verhandlung geänderte Hauptantrag sei zu spät eingereicht worden und solle daher nicht zugelassen werden.
- Die Beschwerdegegnerin trug vor, dass, obwohl Anspruch 2 wie ursprünglich eingereicht zum Inhalt der Anmeldung gehört, es keinen eindeutigen Link zwischen diesem Anspruch und den Passagen der Beschreibung gäbe, nämlich auf der Seite 9, Zeilen 1 bis 3 und 14 bis 17 und auf der Seite 8, Zeilen 8 bis 21.
- Falls es so einen Link gäbe, sei die Einführung von zwei bevorzugten Merkmalen als eine Auswahl zwischen zwei verschiedenen Listen anzusehen und daher nicht eindeutig offenbart.
- Anspruch 1 habe keine Basis in der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Die Kombination der Menge an Aldehyd, nämlich 5 bis 30 Gew.-% anstatt 0,1 bis 30 Gew.-% in der ursprünglich eingereichten Anmeldung mit dem spezifischen nicht ionischen Tensid unter Punkt b) des Anspruchs, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome enthält, verstoße gegen Artikel 123(2) EPÜ.
- Die Kombinationen der Unteransprüche und insbesondere Anspruch 5 mit den Merkmalen des Anspruchs 1 verstößen auch gegen Artikel 123(2) EPÜ.
- Der Wortlaut des Anspruchs 1 sei nicht klar. Das Merkmal 0,1 bis 30 Gew.-% sei zwei Mal im Anspruch 1 erwähnt worden.
- Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber dem Inhalt des Dokuments (1). Das gleiche Tensid wurde im Dokument (1) offenbart.
V. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) argumentierte wie folgt:
- Der während der mündlichen Verhandlung gestellte neue Hauptantrag solle ins Verfahren zugelassen werden, da lediglich Anspruch 6 des vorherigen Hauptantrags gestrichen wurde.
- Anspruch 1 des Hauptantrags (siehe Punkt III) sei von der ursprünglich eingereichten Anmeldung gestützt.
- Anspruch 1 sei auch klar, da sowohl die erwähnten Komponenten als auch ihre Mengen in der ursprünglich eingereichten Anmeldung zu finden seien.
- Neuheit sei anzuerkennen, da um zu dem im Anspruch erwähnten Tensid der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeutet, zu gelangen, eine Auswahl aus zwei Listen nötig sei.
VI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hauptantrags vom 20. Mai 2011 (früherer Hilfsantrag 4 vom 5. Mai 2011).
VII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Weiterhin beantragte sie, den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hauptantrag vom 19. Mai 2011 als verspätet nicht in das Verfahren zuzulassen.
VIII. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung der Kammer verkündet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Während der mündlichen Verhandlung neu eingereichter Hauptantrag vom 19. Mai 2011
2. Zulässigkeit
2.1 Dass dieser Anspruchssatz spät eingereicht worden ist, wurde von keiner Partei bestritten. Es ist daher zu entscheiden, ob der Antrag zuzulassen ist.
2.1.1 Die Beschwerdeführerin machte geltend, dass dieser Antrag das errörte Problem in Bezug auf Anspruch 6 beseitige, da dieser Anspruch jetzt ersatzlos gestrichen wurde.
2.1.2 Die Kammer hat jedoch einen Rechtsgrund für die Stattgabe dieses Antrags verneint. Die Zulässigkeit des Anspruchs 6 des mit Schreiben vom 5. Mai 2011 eingereichten Hauptantrags, der dem Anspruch 7 in der erteilten Fassung entspricht, war schon vor der Einspruchsabteilung diskutiert worden (siehe Entscheidung der Einspruchsabteilung, Seite 4, dritten Absatz). Weiterhin wurde auch die Zulässigkeit dieses Anspruchs von der Beschwerdegegnerin in ihrer Erwiderung zur Beschwerdebegründung erneut moniert (siehe Schreiben vom 21 Dezember 2009, Seite 5, letzter Absatz). Dass die Kammer aufgrund des schriftlichen Vorbringens und auch der mündlichen Verhandlung zu dem Schluss gelangen könnte, den Anspruch 6 als nicht zulässig zu betrachten, konnte die Beschwerdeführerin daher nicht überraschen. Da die Beschwerdeführerin sowohl im schriftlichen Verfahren, als auch in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit hatte - und diese auch tatsächlich wahrgenommen hat - zu dem entsprechenden Vorbringen der Beschwerdegegnerin und zu den Äußerungen und Anmerkungen der Kammer Stellung zu nehmen, ist auch dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs Genüge getan worden (Artikel 113(1) EPÜ). Aus Gründen der Verfahrensökonomie (Artikel 13(1) VOBK) und letztlich auch, um im Interesse des anderen Verfahrensbeteiligten eine faire Durchführung des Verfahrens sicherzustellen (Artikel 15(4) VOBK), sah die Kammer keinen Grund, der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung noch die Vorlage eines geänderten Hauptantrags zu gestatten (T 1443/05, Punkt 8).
Hauptantrag
3. Änderungen
3.1 Anspruch 2 wie ursprünglich eingereicht lautet wie folgt:
"2. Mikrobizides Wirkstoffkonzentrat, welches in wässriger Lösung
a) 0,1 bis 30 Gew. -% wenigstens eines aliphatischen, gesättigten Mono- und/oder Dialdehyds enthaltend bis zu 8 Kohlenstoffatome und
b) 0,1 bis 30 Gew. -% wenigstens eines nichtionischen Tensids der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH worin k eine ganze Zahl von 2 bis 8 und R einen gesättigten oder ungesättigten, linearen oder verzweigten Alkylrest mit 6 bis 10 Kohlenstoffatomen oder einen Phenylalkylrest mit 10 bis 18 Kohlenstoffatomen bedeuten,
enthält, wobei die Gewichtsprozent-Anteile jeweils auf die Gesamtmenge der wässrigen Lösung bezogen sind."
3.2 Dieser Anspruch hat keine Basis in der ursprünglich eingereichten Beschreibung. Die einzige relevante Passage der Beschreibung lautet wie folgt:
" Dementsprechend betrifft die vorliegende Erfindung ferner ein mikrobizides Wirkstoffkonzentrat umfassend in wässriger Lösung
(a) 0,1 bis 30 Gew. -% wenigstens eines aliphatischen, gesättigten Mono- und/oder Dialdehyds enthaltend bis zu 8 Kohlenstoffatome,
(b) 0,1 bis 30 Gew. -% wenigstens eines nichtionischen Tensids der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH worin k eine ganze Zahl von 2 bis 8 und R einen gesättigten oder ungesättigten, linearen oder verzweigten Alkylrest mit 6 bis 10 Kohlenstoffatomen oder einen Phenylalkylrest mit 10 bis 18 Kohlenstoffatomen bedeuten,
0,1 bis 40 Gew.-% wenigstens eines weiteren nichtionischen Tensids,
wobei die Gewichts%-Anteile jeweils auf die Gesamtmenge der wässrigen Lösung bezogen sind." (siehe Seite 8, Zeilen 8 bis 21).
3.3 Zusätzliche Information wird in den folgenden Absätzen aufgeführt:
"Der Gehalt an Mono- und/oder Dialdehyds in dem erfindungsgemäßen mikrobiziden Wirkstoffkonzentrat wird vorzugsweise von 1 bis 30 Gew.-%, besonders bevorzugt von 5 bis 25 Gew.-% gewählt, jeweils bezogen auf die Gesamtmenge des Konzentrats." (siehe Seite 9, Zeilen 1 bis 3) und,
"Vorzugsweise enthält der Alkylrest R aus der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH 6 bis 10, insbesondere bevorzugt 8 Kohlenstoffatome. Bevorzugt nimmt k eine ganze Zahl zwischen 2 und 8, besonders bevorzugt zwischen 4 und 6 an. Ein bevorzugtes nichtionisches Tensid ist C8-Alkylethoxylat (4 EO), d. h. der Alkylrest hat 8 Kohlenstoffatome und k = 4." (siehe Seite 9, Zeilen 14 bis 17).
3.4 In Anbetracht des Arguments der Beschwerdegegnerin (siehe Punkt IV oben) stimmt die Kammer zu, dass es keine explizite Offenbarung des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags in der ursprünglich eingereichten Anmeldung gibt. Trotzdem ist zu untersuchen, ob sich die in den Ansprüchen erfolgten Änderungen für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung ergeben.
3.5 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich der in Artikel 123(2) EPÜ verwendete Begriff "Inhalt der Anmeldung" auf die Teile einer europäischen Patentanmeldung bezieht, die für die Offenbarung der Erfindung maßgebend sind, nämlich die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen (siehe G 3/89, Abl. EPA 1993, 117, Punkt 1.4). Der Inhalt des Anspruchs 2 - wie ursprünglich eingereicht - gehört daher zum Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung.
3.6 Der Fachmann, der die ursprünglich eingereichte Anmeldung liest, würde die Information betreffend die Mengen an Mono- und Dialdehyds und das bevorzugte nichtionische Tensid (siehe Punkt 3.3) mit dem vorherigen allgemeinen Gegenstand (siehe Punkt 3.2) nicht so eng verbunden betrachten. Dies wurde dadurch verstärkt, dass diese spezifische Information nicht unmittelbar nach dem allgemeinen Gegenstand aufgeführt wurde, sondern von anderen allgemeinen Informationen getrennt wurde.
Auf der Seite 8, Zeilen 26 bis 28 wird offenbart: "Das erfindungsgemäße mikrobizide Wirkstoffkonzentrat besitzt erstaunlicherweise eine sehr gute mikrobizide Wirkung gegen Mykobakterien und Viren, ohne dass die Wirksamkeit gegenüber Bakterien und Pilzen verringert ist.
"Von daher sind die beiden bevorzugten Merkmale (siehe Punkt 3.2) als eine Lehre anzusehen, die auf allen generischen Lehren der Beschreibung anzuwenden sind, nämlich die Lehre der Seite 8, Zeilen 8 bis 17 als auch der Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 2.
3.7 Deshalb führen im Anspruch 2 wie ursprünglich eingereicht sowohl der Ersatz der niedrigsten Menge an Mono- und Dialdehyds, nämlich 0,1 Gew.-%, durch 0,5 Gew.-% als auch die weitere Präzisierung, dass das beanspruchte Wirkstoffkonzentrat das bevorzugte nicht-ionische Tensid enthält, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeuten (Seite 9, Zeile 17 der Beschreibung), zu einem Gegenstand, der von der ursprünglich eingereichten Beschreibung gestützt wird.
3.8 Bezüglich des zusätzlichen Merkmals ist es unbestreitbar, dass die Passage der Beschreibung auf der Seite 9, Zeilen 14 bis 17 die Anwesenheit eines weiteren Tensids der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH nicht ausschließt, unter der Voraussetzung, dass die gesamte Menge an Tensid innerhalb des Bereichs 5 bis 30 Gew.-% bleibt. Anspruch 5 ist vom ursprünglich eingereichten Anspruch 6 gestützt.
3.9 Der Gegenstand des Hauptantrags genügt daher den Erfordernissen des Artikels 123(2) EPÜ.
3.10 Im Einklang mit den Parteien geht die Kammer davon aus, dass der Gegenstand des Hauptantrags nicht gegen Artikel 123(3) EPÜ vorstößt, da die notwendige Anwesenheit eines nicht ionischen Tensids der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeutet, den Stutzumfang nicht erweitert.
Der Gegenstand des Hauptantrags genügt daher den Erfordernissen des Artikels 123(3) EPÜ.
4. Klarheit
4.1 Die Kammer teilt die Meinung der Beschwerdegegnerin (siehe Punkt IV oben) in Bezug auf die Klarheit des Anspruchs 1 nicht. Dass die gesamte Menge an Tensiden im Wortlaut des Anspruchs 1 zweimal erscheint, macht diesen Anspruch nicht zwangsläufig unklar. Der Anspruch 1 ist im Gegenteil klar formuliert, da die gegenwärtige Formulierung dieses Anspruchs weiter präzisiert, dass, zusätzlich zum ionischen Tensid der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeutet, weitere Tenside der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH im Wirkstoffkonzentrat enthalten sein können, unter der Voraussetzung, dass die Gesamtmenge an allen anwesenden Tensiden die obere und untere Grenze des Bereichs keinesfalls überschreitet.
4.2 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass Anspruch 1 des Hauptantrags den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ genügt.
5. Neuheit
5.1 Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass der Inhalt des Dokuments (1) für den beanspruchten Gegenstand als neuheitsschädlich anzusehen sei. Insbesondere deutete die Beschwerdegegnerin auf die Passage des Dokuments (1) auf der Spalte 4, Zeilen 12 bis 14 hin, wonach sich die Mengen an Aldehyd und Alkohol im Desinfizierungskonzentrat dieses Dokuments und die Mengen an Aldehyds und Tensid im Anspruch 1 überlappen. Weiterhin fügte die Beschwerdegegnerin hinzu, dass der Alkohol des Dokuments (1) strukturell identisch zu den Tensiden des Anspruchs 1 des Streitpatents sei (siehe Spalte 3, Zeilen 44 und 45). Darüber hinaus trug die Beschwerdegegnerin vor, dass das im Anspruch 1 des Streitpatents erwähnte Tensid der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeutet, im Dokument (1) offenbart wurde. In der Spalte 3, Zeilen 45 bis 47 wird erwähnt, dass dieser Alkohol eine Kette von 8 Kohlenstoffatomen aufweist, und dass die Zahl an Ethoxylateinheiten im Alkohol 4 betragen kann. Die Beschwerdegegnerin schloss daher aus, dass der Gegenstand des Hauptantrags nicht neu ist.
5.2 Die Neuheit eines chemischen Stoffes wird lediglich anerkannt, wenn die kombinierten Merkmale des beanspruchen Stoffes in einer Offenbarung des Standes der Technik auch in dieser Kombination offenbart wurden. Im vorliegenden Fall wurde nur bestritten, dass die Gruppe von Tensiden der Formel R-(O-CH2-CH2-)k-OH, wobei k = 4 und R 8 Kohlenstoffatome bedeutet, im Dokument (1) beschrieben wurde.
5.2.1 Die einzige relevante Passage betreffend die Gruppe von Tensiden ist in der Spalte 3, Zeilen 44 bis 47 zu finden. Aus dieser Passage kann der Fachmann sehen, dass die Länge der Gruppe R von 2 bis 8 Kohlenstoffatomen variieren kann. Gleichfalls kann der Fachmann auch erkennen, dass sich die Zahl von Ethoxylateinheiten von 1 bis 4 erstreckt. Trotzdem geht die Kammer im Gegensatz zur Meinung der Beschwerdegegnerin davon aus, dass obwohl die beiden Listen nebeneinander in der Beschreibung des Dokuments (1) aufgeführt wurden, sie unabhängig voneinander sind. Anders gesagt gibt es für den Fachmann keinen Hinweis im Dokument (1), aus dem abgeleitet werden kann, dass es, wenn die Gruppe R 8 Kohlenstoffatome enthält, zwangsläufig 4 Ethoxylateinheiten im Alkohol der Formel
R-(O-CH2-CH2-)k-OH (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern 6. Auflage 2010, I.C.4.1.1 c)) gibt.
5.3 Da Dokument (1) das einzige verwendete Dokument war, um die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 in Frage zu stellen, kommt die Kammer zu dem Schluss, dass der beanspruchte Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents neu ist (Artikel 54 EPÜ).
Da Ansprüche 2 bis 7 abhängig vom Anspruch 1 sind, werden sie auch als neu angesehen.
6. Zurückverweisung
In Anbetracht der oberen Punkte 3 bis 5 hat die Kammer über die beiden Gründe der Entscheidung der Einspruchsabteilung nämlich die Unzulässigkeit gemäß Artikel 123(2) EPÜ und die mangelnde Neuheit des beanspruchten Gegenstandes entschieden. Über die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstands hat die Einspruchsabteilung noch nicht entschieden, deshalb hält es die Kammer für angemessen, die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen (Artikel 111(1) EPÜ).
Da die beiden Parteien keinen Einwand in Bezug auf eine Zurückverweisung zur ersten Instanz erhoben haben, übt die Kammer ihr Ermessen aus und verweist daher die Angelegenheit zur weiteren Prüfung des Hauptantrags zurück.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.