T 1521/09 13-10-2010
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Verdampfervorrichtung
Zurückverweisung an die erste Instanz als Hauptantrag (abgelehnt)
Erfinderische Tätigkeit (Haupt- und Hilfsantrag - nein)
I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 05 016 364.1 Beschwerde eingelegt und beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Basis der Ansprüche 1-11 des der Entscheidung zugrunde liegenden Antrags (Hauptantrag), oder alternativ, auf der Basis der Ansprüche eines der Hilfsanträge 1-3, alle wie mit der Beschwerdebegründung vom 12. Juni 2009 eingereicht, zu erteilen. Für den Fall, dass der Beschwerde nicht ohne weiteres stattgegeben werden kann, wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
Die Prüfungsabteilung hatte entschieden, dass die in dem Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags vorgenommenen Änderungen nach Artikel 123(2) EPÜ zulässig sind, aber dass die Merkmale "lineare Verteileröffnung" und "Oberfläche des zu verdampfenden Materials" Anspruch 1 unklar machen und somit die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt sind. Außerdem mangelte es dem Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber der Verdampfervorrichtung nach D6 (DE-A-102 56 038) an der notwendigen Neuheit.
II. Mit dem mittels Fax vom 17. November 2009 eingereichten Schreiben des gleichen Datums zitierte die Beschwerdeführerin aus dem japanischen Parallelverfahren der vorliegenden Anmeldung vier japanische Druckschriften und zitiert Teile des japanischen Bescheides. Sie regt an, dass das EPA eine Zwischenverfügung erlassen solle, in dem zu dem Sachverhalt im japanischen Verfahren Stellung genommen wird.
III. Mit Bescheid vom 21. Juli 2010, der als Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung vor der Kammer beigefügt war, teilte die Kammer ihre vorläufige Meinung im Hinblick auf die Ansprüche des Hauptantrages und der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1-3 mit. Dabei führte sie unter anderem aus:
Die Ansprüche 1 aller vier Anträge schienen die Erfordernisse von Artikel 84 und 123(2) EPÜ nicht zu erfüllen.
Die Ansprüche 1 des Hauptantrages bzw. des Hilfsantrags 1 schienen gegenüber D4 (DE-A-198 46 602) bzw. D5 (DE-A-41 33 615) nicht neu zu sein, während die Ansprüche 1 der Hilfsanträge 2 und 3 gegenüber D4 nicht neu zu sein schienen. Die Neuheit gegenüber D6 schien dafür gegeben zu sein.
Bezüglich der mehr als 5 Monate nach Einreichung der Beschwerdebegründung zitierten japanischen Dokumente stellte die Kammer fest, dass diese nicht Bestandteil des Prüfungsverfahrens und der angegriffenen Entscheidung waren. Es sei nicht primäre Aufgabe der Beschwerdekammer, die Arbeit der Prüfungsabteilung zu übernehmen, sondern dies läge in ihrem Ermessen gemäß Artikel 111(1) EPÜ. Die Kammer habe die Absicht, sofern ein bezüglich den bisher im Verfahren befindlichen Dokumenten gewährbarer Antrag vorliegen sollte, die Angelegenheit zur weiteren Prüfung an die Erstinstanz zurückzuverweisen.
IV. Mit dem Schriftsatz datiert vom 6. August 2010 beantragte die Beschwerdeführerin als Reaktion auf den Bescheid der Kammer, die Sache an die Erstinstanz zurückzuverweisen und nannte zwei weitere Dokumente aus dem japanischen Parallelverfahren. Außerdem brachte sie Gegenargumente im Hinblick auf die von der Kammer gemachten Beanstandungen vor und reichte einen neuen Anspruchssatz ein. Zusätzlich wurden japanische Dokumente mit ihren Übersetzungen, Teilübersetzungen oder korrespondierendem US-Dokument eingereicht.
V. Mit einem per Fax vom 8. Oktober 2010 eingereichten Schreiben gleichen Datums stellte die Beschwerdeführerin fest, dass noch keine Zurückverweisung an die Erstinstanz beschlossen worden sei und brachte weitere Argumente im Hinblick auf die japanischen Dokumente vor. Außerdem wies sie darauf hin, dass sie eine mündliche Verhandlung vermeiden wolle und deshalb einen Hilfsantrag einreiche, dessen Ansprüche das Kriterium der erfinderischen Tätigkeit erfüllten.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 13. Oktober 2010 statt. Es wurde nur die Frage der erfinderischen Tätigkeit im Hinblick auf den nächstkommenden Stand der Technik D6 sowie die D5 diskutiert.
Die Beschwerdeführerin bestätigte in der mündlichen Verhandlung ihre Anträge, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Angelegenheit an die erste Instanz zurückzuverweisen, hilfsweise ein Patent zu erteilen auf der Basis des Hauptantrags eingereicht mit Schreiben vom 6. August 2010 oder des Hilfsantrags eingereicht mit Schreiben vom 8. Oktober 2010.
Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung.
VII. Der Wortlaut des Vorrichtungsanspruches 1 des Hauptantrags datiert vom 6. August 2010 lautet:
"1. Verdampfervorrichtung zum Beschichten von Substraten (7), die ein Verdampferrohr (19, 90) mit linearen Verteileröffnungen (30-33) sowie eine Heizung (22; 60-62; 78-80; 102) aufweist, wobei die Oberfläche des zu verdampfenden Materials, das sich als Flüssigkeit in einem Tiegel (8) befindet, in einer ersten Richtung verläuft und die linearen Verteileröffnungen (30-33) in einer zweiten, senkrecht zur ersten Richtung verlaufenden Richtung angeordnet sind, wobei sich der Tiegel (8) unterhalb des Verdampferrohrs (19) befindet, auf dem das Verdampferrohr (19) ruht, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizung (22; 60-62; 78-80; 102) im Innern des Verdampferrohrs (19, 90) vorgesehen ist."
VIII. Der Wortlaut des Vorrichtungsanspruches 1 des Hilfsantrags lautet (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags sind in Fettdruck; von der Kammer hinzugefügt):
"1. Verdampfervorrichtung zum Beschichten von Substraten (7), die ein Verdampferrohr (19, 90) mit linearen Verteileröffnungen (30-33) sowie eine Heizung (22; 60-62; 78-80; 102) aufweist, wobei die Oberfläche des zu verdampfenden Materials, das sich als Flüssigkeit in einem Tiegel (8) befindet, in einer ersten Richtung verläuft und die linearen Verteileröffnungen (30-33) in einer zweiten, senkrecht zur ersten Richtung verlaufenden Richtung angeordnet sind, wobei sich der Tiegel (8) unterhalb des Verdampferrohrs (19) befindet, auf dem das Verdampferrohr (19) ruht, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizung (22; 60-62; 78-80; 102) im Innern des Verdampferrohrs (19, 90) vorgesehen ist und dass eine Isolierschicht (15, 91) das Verdampferrohr (19) fast vollständig umschließt, wobei diese Isolierschicht (15, 91) ein keilförmiges Fenster (47) offen lässt."
IX. Die Beschwerdeführerin hat im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
Die Verlegung der Heizung des Verdampferrohrs von außen (siehe D6) nach innen gemäß dem Vorrichtungsanspruch 1 des Hauptantrags bedingt eine geringere Energieverschwendung und bessere Isolationsmöglichkeit gegenüber den für die Verdampfung von Materialien mit niedrigem Dampfdruck angewandten sehr hohen Temperaturen. Damit wird außerdem eine bessere Verdampfung mit einer Verhinderung der Kondensation des Dampfes erreicht. Zusätzlich wird aufgrund dieser Anordnung eine bessere Kühlung des Verdampfers und damit eine Reduzierung der Wärmeabstrahlverluste erreicht, wodurch eine geringere Wärmebelastung des Substrats möglich wird.
Zwar ist das Prinzip der Innenheizung bekannt (siehe D5 bzw. Dokumente aus dem japanischen Parallelverfahren), doch stellt D6 den nächstkommenden Stand der Technik dar, bei dem die zusätzliche Heizung des vertikalen Verdampferrohrs außen angebracht ist. Der Fachmann würde die beiden Lehren von D5 und D6 nicht miteinander kombinieren, da die beiden Anordnungen zu unterschiedlich sind. Die horizontale Anordnung ohne einen separaten Tiegel bzw. Verdampferrohr gemäß D5 müsste um 90º gekippt werden, was aber nicht möglich ist, da ansonsten die Metallschmelze aus dem Rohr auslaufen würde. Die D5 zeigt einen rohrförmigen Tiegel mit einer Heizung darin ohne ein Verdampferrohr. Dieser rohrförmige Tiegel stellt kein Verdampferrohr dar, weil kein Rohr vorhanden ist, das auf dem Tiegel aufsitzt. Die Lehre der D5 ist daher nicht auf die D6 übertragbar, welche einen separaten Tiegel mit darüber befindlichem Verdampferrohr offenbart. Die Erfinder der vorliegenden Anmeldung wären auch nicht auf die Idee gekommen, die Anordnung der D5 auf die Vorrichtung D6 anzuwenden. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Es ist nicht zwingend, die Heizung des Verdampferrohrs im Inneren anzuordnen, da auch das Rohr als Heizung dienen könnte. Bei D4 und D5 ist es ein Keramikrohr, wobei unklar ist, wie dieses geheizt werden sollte, da es ein elektrischer Leiter sein muss.
Gemäß den zusätzlichen Merkmalen von Anspruch 1 des Hilfsantrags wird eine bessere Wärmedämmung durch die zusätzliche Isolierschicht erreicht, wobei das keilförmige (= trapezförmige) Fenster sich als hilfreich erwiesen hat und insbesondere für einen geraden Schlitz notwendig ist. Diese Merkmale sind für den Fachmann nicht naheliegend. Deshalb beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Das Gehäuse 1 gemäß D6 wird zwar in gewisser Weise wie eine Isolierung wirken, aber eine Wärmedämmschicht, wie sie eine richtige Isolierung erfordert, ist in D6 nirgends erwähnt und die Zeichnung zeigt außerhalb des Düsenrohrs 3 lediglich die Heizung 10 und die Kühlrohre 15 aber keine Isolierschicht. Da das Kühlrohr das Verdampfergehäuse umgibt, wäre eine Isolierschicht sinnlos. Im Übrigen könnte der Durchfluss des Kühlmittels erhöht werden, um eine bessere Kühlung zu erreichen, statt eine Isolierung vorzusehen.
X. In der mündlichen Verhandlung brachte die Kammer u.a. vor, dass die Anordnung der zusätzlichen Heizung innerhalb des Verdampferrohrs die für den Fachmann einzig plausible Lösung der gestellten Aufgabe ist, ohne ihm eine erfinderische Tätigkeit abzufordern. Solche Heizungen sind auch aus D5 bekannt, das aus einem dem Fachmann geläufigen technischen Fachgebiet stammt.
1. Zurückverweisung an die erste Instanz (Artikel 111(1) EPÜ)
1.1 Die Beschwerdeführerin beantragte als Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung an die erste Instanz.
1.2 Gemäß Artikel 111(1) EPÜ entscheidet die Beschwerdekammer über die Beschwerde, wobei sie entweder im Rahmen der Zuständigkeit des Organs tätig wird, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, oder sie verweist die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an dieses Organ zurück.
Dabei liegt es im Ermessen der Kammer, ob sie bzw. unter welchen Voraussetzungen sie die Angelegenheit an die erste Instanz zurückverweist.
1.3 In diesem Zusammenhang hat die Kammer in ihrem Ladungsbescheid darauf hingewiesen, dass sie in Übereinstimmung mit Artikel 111(1), zweiter Satz, EPÜ, die Befugnis habe zu prüfen, ob die Anmeldung und die darin beschriebene Erfindung den Erfordernissen des EPÜ genüge. Dies gelte auch für Erfordernisse, die die Prüfungsabteilung im Prüfungsverfahren nicht in Betracht gezogen oder als erfüllt angesehen hat. Bestehe Anlass zur Annahme, dass ein Patentierungserfordernis nicht erfüllt sein könnte, so könne die Beschwerdekammer dieses in das Beschwerdeverfahren einbeziehen (siehe G 10/93, Amtsblatt EPA 1995, 172, Punkte 3 und 4 der Entscheidungsgründe).
1.4 Auch die Tatsache, dass neue Dokumente in das Verfahren eingeführt werden, die bisher keine Berücksichtigung fanden, erfordert keine Zurückverweisung an die erste Instanz, da die Anmeldung bereits aufgrund der bisher im Verfahren befindlichen und im Ladungsbescheid diskutierten Dokumente zurückzuweisen ist.
1.5 Der Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit einer Zurückverweisung an die erste Instanz wird daher von der Kammer abgelehnt.
2. Zulässigkeit der Änderungen, Klarheit und Neuheit (Artikel 123(2), 84 und 54 EPÜ)
Da die Kammer zur Überzeugung gelangt ist, dass die Gegenstände von Anspruch 1 des Haupt- bzw. Hilfsantrags keine erfinderische Tätigkeit aufweisen, hat sie von einer Überprüfung Abstand genommen, ob die geänderten Ansprüche dieser beiden Anträge die Erfordernisse der Artikel 123(2) EPÜ, sowie der Artikel 84 und 54 EPÜ erfüllen oder nicht.
3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
Hauptantrag
3.1 Dokument D6 wird in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin als nächstkommender Stand der Technik für die Vorrichtung von Anspruch 1 des Hauptantrags angesehen, da es eine Verdampfervorrichtung zum vertikalen Beschichten von Substraten offenbart (siehe Seite 2/6, Absatz [0001]). Der Verdampfer gemäß Figur 1 zeigt in einem Verdampfergehäuse 1 einen Schmelztiegel 2 aus Graphit, in den ein vertikales Düsenrohr 3 eingreift, das ebenfalls aus Graphit besteht. Das Düsenrohr weist einen Dampfauslass 8 auf, der durch mehrere übereinander angeordnete Bohrungen 9 in der Wand des Düsenrohrs gebildet wird, wobei zur Heizung des Düsenrohrs eine elektrische Heizung 10 dient (siehe Figur 1 und Seite 3/6, Absatz [0020]). Entlang der Außenseite des Verdampfergehäuses verlaufen Kühlrohre 15, die im Bereich des Tiegels eine umlaufende Wendel und im Bereich des Düsenrohrs einen in Längsrichtung des Düsenrohrs verlaufenden geraden Rohrbereich aufweisen (siehe Figur 1 und Seite 3/6, Absatz [0022]). Außerdem kann das Düsenrohr konzentrisch von Strahlblechen 14 umgeben sein, welche im Bereich des Dampfauslasses ein Dampfdurchlassfenster aufweisen, wodurch sich eine Wärmeisolation mittels Isoliermaterial erübrigt und die Bedampfungsvorrichtung hochvakuumtauglich wird (siehe Seite 3/6, Absätze [0011] und [0012] und Figuren 1 und 2).
3.2 Die Kammer interpretiert den Dampfauslass mit den mehreren übereinander angeordneten Bohrungen gemäß D6 als lineare Verteileröffnungen im Sinne der vorliegenden Anmeldung, welche die zusätzlichen Richtungserfordernisse des Anspruches 1 erfüllen, nämlich dass die Verteileröffnungen in einer zweiten Richtung angeordnet sind, die senkrecht zu einer ersten Richtung innerhalb der Oberfläche des zu verdampfenden flüssigen Materials im Tiegel verläuft. Die Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags unterscheidet sich von jener nach D6 folglich dadurch, dass die zusätzliche Heizung für das Verdampferrohr im Innern des Verdampferrohrs vorgesehen ist.
3.3 Dieser Unterschied bewirkt, dass hohe Verdampferrohr-Temperaturen erreicht werden können und die thermischen Verluste minimiert werden, wobei höhere Rohrtemperaturen bei vergleichbar geringerer eingekoppelter Heizleistung möglich sind (siehe Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, Zeilen 8 bis 13). Außerdem wird eine bessere Isolationsmöglichkeit erreicht, wodurch eine bessere Verdampfung mit einer Verhinderung der Kondensation des Dampfes im Bereich der Austrittsöffnungen erreicht wird. Aufgrund dieser Anordnung wird auch eine bessere Kühlung des Verdampfers und damit eine Reduzierung der Wärmeabstrahlverluste erreicht, wodurch eine geringere Wärmebelastung des Substrats möglich wird (siehe Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, Zeilen 14 bis 23).
3.4 Aufgabe
Die zu lösende technische Aufgabe wird daher ausgehend von D6 darin gesehen, die daraus bekannte Verdampfervorrichtung so zu verbessern, dass hoch siedende Substanzen verdampft werden können, ohne dass eine zu hohe Wärmeabstrahlung auf ein zu beschichtendes Substrat gelangt und bei der sowohl eine Kondensation des Dampfes im Bereich der Austrittsöffnungen verhindert wird, als auch die thermischen Verluste reduziert werden (vergleiche Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, Zeilen 3 bis 5 und Zeilen 9 bis 13).
3.5 Lösung der Aufgabe
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale der Vorrichtung von Anspruch 1 des Hauptantrags gelöst.
3.6 Naheliegen
Ausgehend von der Vorrichtung nach D6 wird jedoch diese Lösung dem Fachmann durch die Berücksichtigung der Lehre von D6 und seines allgemeinen Fachwissens nahe gelegt.
3.7 Bei der Vorrichtung gemäß D6 sind sowohl der Schmelztiegel 2 als auch das darüber angeordnete Verdampferrohr (= Düsenrohr 3) aus Graphit gefertigt und die elektrische Heizung 10 zur Beheizung des Verdampferrohrs 3 ist um dasselbe außen angebracht (siehe Seite 3/6, Absatz [0020]). Der Schmelztiegel 2 und das Verdampferrohr 3 sind von konzentrischen Strahlblechen 14 umgeben, die im Bereich des Dampfauslasses 8 ein Dampfdurchlassfenster aufweisen, um die Wärmeabgabe der Heizung 11 des Schmelztiegels 2 und der Heizung 10 des Verdampferrohrs 3 auf den Schmelztiegel und das Düsenrohr zu richten und somit die Wärmeabstrahlung zu reduzieren, ohne allerdings eine Wärmeisolation mit Isoliermaterial vorzusehen (siehe Figuren 1 und 2; und Seite 3/6, Absätze [0011], [0012] und [0021]). Außerdem weist die Vorrichtung nach D6 entlang der Außenseite des Verdampfergehäuses Kühlrohre 15 zum Kühlen des Verdampfergehäuses auf (siehe Seite 3/6, Absatz [0022]; und Figur 1).
3.7.1 Wenn der Fachmann mit der Lösung der vorgenannten Aufgabe beauftragt wird, so wird er zunächst feststellen, dass bei dem Verdampfer nach D6 beim Verdampfen von Materialien mit niedrigem Dampfdruck und der angewandten hohen Temperatur aufgrund der Anordnung einer Außenheizung 10 am Verdampferrohr 3 ein Teil der Wärme trotz der Strahlbleche 14, insbesondere im Bereich des Dampfauslasses 8, auf das Substrat abgestrahlt wird.
Desgleichen ist dem Fachmann aufgrund dieser Anordnung klar, dass ein Großteil jener von der Heizung 10 abgestrahlten Wärme, welche weder direkt vom Verdampferrohr 3 aufgenommen noch indirekt über die Strahlbleche 14 zu diesem zurückgeführt wurde, über die Kühlrohre 15 des Gehäuses 1 abgeführt werden muss. Somit wird ein nicht unbeträchtlicher Teil der von der Heizung 10 verbrauchten Energie durch die Kühlung vernichtet.
3.7.2 Dem Fachmann ist somit klar, dass die Ursache für die thermische Belastung des Substrats sowie die thermischen Verluste in der Außenheizung 10 liegt. Der Fachmann wird deshalb die Heizung 10 verlegen wollen, um die Ursache an der Quelle zu beseitigen.
3.7.3 Nach Ansicht der Kammer hat der Fachmann als einzige alternative Möglichkeit die Option, die Heizung 10 des Verdampferrohrs 3 von außen in das Innere des Verdampferrohrs 3 zu verlegen.
Dies deshalb, da die von der Beschwerdeführerin als weitere bei der Lösung der Aufgabe vom Fachmann zu berücksichtigende genannte Alternative, nämlich dass das aus Graphit gebildete Verdampferrohr 3 als Heizung 10 fungiert, nicht die vorgenannte Ursache beseitigen würde. Zwar wäre es prinzipiell möglich, das Verdampferrohr 3 als Heizung zu verwenden, weil Graphit ein guter elektrischer Leiter ist, doch würde die Außenoberfläche des Verdampferrohrs 3 in diesem Fall eine vergleichbare Temperatur wie die Oberfläche der Außenheizung 10 der Vorrichtung nach D6 aufweisen und somit noch immer vergleichbare Abstrahlverluste verursachen. Diese "Alternative" stellt somit keine wirklich plausible Lösung dar.
Deshalb hat der Fachmann nur die Möglichkeit, die Heizung im Inneren des Verdampferrohrs 3 vorzusehen. Dem Fachmann ist klar, dass sich mit dieser Anordnung die Temperatur der Außenoberfläche des Verdampferrohrs 3 wesentlich senken lässt, insbesondere wenn für das Rohr ein Material mit thermisch isolierenden Eigenschaften gewählt wird, wodurch einerseits die thermische Belastung des Substrats reduziert bzw. gleichzeitig die Energieausnutzung verbessert wird, da dann weniger der eingebrachten Energie über die Kühlung vernichtet werden muss. Außerdem wird auf diese Weise eine Kondensation des Dampfes auf der Innenseite des Verdampferrohrs verhindert. Zusätzlich ist dem Fachmann auch klar, dass die Temperaturregelung des Dampfes im Verdampferrohr mit einer Heizung im Inneren des Verdampferrohrs schneller anspricht, als jene mit einer indirekten Außenheizung. Somit sind direkt mehrere Vorteile für ihn zu erwarten.
Im Übrigen ist dem Fachmann aus dem technischen Gebiet der Verdampfer bzw. Bedampfungsvorrichtungen bekannt, dass Verdampfer mit einem im Inneren des Verdampferrohrs angeordneten Heizstab zum Beschichten von Substraten mit Metalldämpfen benutzt werden (siehe z.B. D5, Figur 2). Dabei ist ebenfalls bekannt, dass auf diese Weise die gesamte vom Heizelement abgegebene Wärme durch Strahlung vom glühenden Heizelement auf die Innenwand des Behälters übertragen wird (siehe z.B. D5, Spalte 6, Zeilen 64 bis 68). Somit gibt es auch keinerlei Vorurteil, das den Fachmann davon abhalten könnte, die Heizung von außen nach innen zu verlegen, dagegen aber viele zu erwartende Vorteile dieser Anordnung.
3.8 Alle weiteren von der Beschwerdeführerin hierzu vorgetragenen Argumente sind nicht überzeugend bzw. nicht zutreffend, da der Fachmann nicht von der Verdampfervorrichtung mit dem horizontalen Verdampferrohr 20 mit der schlitzförmigen Auslassöffnung 26 gemäß D5 ausgeht, sondern von jener nach D6. Somit muss der Fachmann auch nicht die Vorrichtung gemäß D5 vollständig umkonstruieren. Des Weiteren zeigt die D5 auch keinen rohrförmigen Tiegel 20 mit einer Heizung 50, sondern ein Verdampferrohr, das gleichzeitig als Behälter zum Schmelzen des Metalls dient, da der wesentliche Zweck des Behälters 20 der einer Metalldampfquelle ist (siehe D5, Spalte 3, Zeilen 25 bis 30 und Spalte 6, Zeilen 44 bis 48). Im Übrigen dient die D5 lediglich als Beweis dafür, dass das Prinzip der Innenheizung eines Verdampferrohrs dem Fachmann bekannt ist.
3.9 Anspruch 1 des Hauptantrags mangelt es daher an der notwendigen erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ). Der Hauptantrag ist daher nicht gewährbar.
Hilfsantrag
4. Vorrichtungsanspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags durch die zusätzlichen Merkmale "und dass eine Isolierschicht (15, 91) das Verdampferrohr (19) fast vollständig umschließt, wobei diese Isolierschicht (15, 91) ein keilförmiges Fenster (47) offen lässt" (siehe Punkt VIII oben).
4.1 Die Wirkung dieser beiden zusätzlichen Merkmale ist eine noch bessere Wärmedämmung des Verdampferrohrs und damit eine bessere Energieausnutzung der Heizung bzw. eine weiter verringerte thermische Belastung des Substrats. Das keilförmige Fenster in der das Verdampferrohr fast vollständig umschließenden Isolierschicht ermöglicht das ungehinderte Ausströmen des Dampfes im Bereich der Dampfauslassöffnungen.
4.2 Aufgabe
Die zu lösende technische Aufgabe wird darin gesehen, ausgehend von der Vorrichtung nach D6 diese so zu verbessern, dass hoch siedende Substanzen verdampft werden können, ohne dass eine zu hohe Wärmeabstrahlung auf ein zu beschichtendes Substrat gelangt und bei der sowohl der Dampf ungehindert aus dem Dampfauslass austreten kann, als auch eine Kondensation des Dampfes im Bereich der Austrittsöffnungen verhindert wird und bei der die thermischen Verluste weitestgehend reduziert werden (vergleiche Anmeldung wie ursprünglich eingereicht, Seite 2, Zeilen 3 bis 5 und Zeilen 9 bis 23).
4.3 Lösung der Aufgabe
Diese Aufgabe wird durch die Merkmale von Anspruch 1 des Hilfsantrags gelöst.
4.4 Naheliegen
Ausgehend von der Vorrichtung nach D6 wird jedoch auch diese Lösung dem Fachmann durch die Berücksichtigung der Lehre von D6 und seines allgemeinen Fachwissens nahe gelegt.
4.4.1 Es gehört zum allgemeinen Fachwissen des Fachmannes, dass durch das Aufbringen einer Isolierschicht bzw. einer Wärmedämmschicht die Wärmeverluste eines beheizten Gegenstandes bzw. Bauteils wesentlich reduziert werden, entsprechend der verwendeten Wärmeleitfähigkeit des Isoliermaterials.
4.4.2 Der Fachmann wird zunächst feststellen, dass die ausgehend von D6 modifizierte Verdampfervorrichtung mit einer im Inneren des Verdampferrohrs angeordneten Heizung noch immer eine bestimmte thermische Belastung des Substrats verursacht, die über dem von ihm angestrebten Grenzwert liegt. Davon ausgehend wird der Fachmann unter Anwendung seines Fachwissens eine Isolierschicht zwischen dem Verdampferrohr und dem mit der Kühlung versehenen Verdampfergehäuse anbringen, um diese thermische Belastung des Substrats weiter abzusenken und gleichzeitig die Energieausnutzung der Heizung im Inneren des Verdampferrohrs weiter zu verbessern. Dabei ist es für ihn offensichtlich, dass in der Isolierschicht zumindest im Bereich der Dampfauslassöffnungen Aussparungen vorzusehen sind. Dabei ist für den Fachmann auch klar, dass sich der aus den Dampfauslassöffnungen des Verdampferrohrs austretende Dampf im Raum ausbreiten wird, weshalb diese Aussparungen in keilförmiger Weise ausgeformt sein müssen.
Selbst wenn unterstellt wird, dass der Fachmann dies nicht aufgrund seines Fachwissens wissen würde, käme der Fachmann spätestens bei den ersten Versuchen mit nicht keilförmigen Aussparungen zu der Erkenntnis, das der Dampf bei "geraden Aussparungen" (d.h. Aussparungen, welche z.B. exakt den zylindrischen Mantel von runden Öffnungen in Form einer Bohrung weiterbilden) nicht mehr ungehindert aus den Dampfauslassöffnungen ausströmen kann und würde diese Aussparungen daher entsprechend adaptieren.
4.4.3 Damit gelangt der Fachmann aber ohne erfinderische Tätigkeit zur Vorrichtung gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags.
4.5 Es ist zwar zutreffend, dass D6 keine Isolierschicht in der Verdampfervorrichtung vorsieht, dies basiert allerdings auf dem Grund, dass das Isoliermaterial eine große innere Oberfläche aufweist, von der adsorbierte Gase die Hochvakuumtauglichkeit der Vorrichtung stören würden (siehe D6, Seite 3/6, Absatz [0012]), weil das Isoliermaterial offensichtlich direkt, d.h. ohne eine weitere Trennwand in Bezug auf die Vakuumkammer, aufgebracht worden wäre. Mit einer entsprechenden Trennwand liegt diese Problematik für den Fachmann nicht mehr vor.
Die weiteren Argumente der Beschwerdeführerin sind nicht haltbar, da die Isolierschicht aufgrund des mit dem Kühlrohren umgebenen Gehäuses nicht sinnlos ist, sondern im Gegenteil erlaubt, die Energie der Innenheizung besser auszunutzen, da die Kühlung nicht direkt (wie in D6) an die Heizung anschließt, sondern von dieser durch die Isolierschicht getrennt wird. Im Übrigen würde der Fachmann im Hinblick auf eine effiziente Energieausnutzung bzw. die Kostenproblematik auch nicht den Durchfluss des Kühlmittels erhöhen, um eine bessere Kühlung zu erreichen.
4.5.1 Da Anspruch 1 des Hilfsantrags die Erfordernisse von Artikel 56 EPÜ nicht erfüllt, ist der Hilfsantrag nicht gewährbar.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.