T 2057/09 (Interaktionsprüfung von Medikamenten anhand von Rezeptdaten/COMPUGROUP) 09-04-2013
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Drahtloses System und Verfahren zum Einfügen von kryptographischen Daten
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, am 22. Juni 2009 zur Post gegeben, auf Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 03025241.5 mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß den Artikeln 52(1) mit 56 EPÜ.
In der angefochtenen Entscheidung wird auf folgende Druckschrift Bezug genommen:
D1: "VERTEILTE INTELLIGENZ", Organisation von Datennetzen, 1972, Seiten 234-236.
II. Die Beschwerdegebühr wurde mit der Beschwerdeschrift, eingegangen am 14. Juli 2009, entrichtet. Mit der Beschwerdebegründung, eingegangen am 22. September 2009, wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags (Ansprüche 1 bis 21 wie ursprünglich eingereicht) oder des Hilfsantrags (Ansprüche 1 bis 19, eingereicht mit Schreiben vom 26.03.2009) zu erteilen. Weiter hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
III. Die Kammer hat in einem Bescheid vom 22. November 2012 zur mündlichen Verhandlung geladen und ihre vorläufige Meinung zu der Beschwerde dargelegt. Dabei wurden Einwände unter Artikel 56 EPÜ gegen den Gegenstand von Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag erhoben. Es wurden jeweils die Gründe für die Einwände dargelegt.
IV. Mit einem Schreiben vom 8. März 2013 überreichte die Beschwerdeführerin geänderte Ansprüche nach einem Hauptantrag, einem Hilfsantrag I und einem Hilfsantrag II mit weiteren diesbezüglichen Argumenten sowie angepasste Beschreibungsseiten.
V. Mit Schreiben vom 4. April 2013 überreichte die Beschwerdeführerin folgende Druckschrift zur Unterstützung ihrer Argumentation:
Gottlieb et al., "INDI: a computational framework for inferring drug interactions and their associated recommendations", Molecular Systems Biology 2012, online am 17 Juli 2012 veröffentlicht.
VI. Am 9. April 2013 fand eine mündliche Verhandlung statt, in deren Verlauf die Anträge der Beschwerdeführerin diskutiert wurden.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag oder der Hilfsanträge 1 oder 2, sämtlich eingereicht mit dem Schriftsatz vom 8. März 2013, zu erteilen. Die Beschwerdeführerin ergänzte den Hilfsantrag 2 dahingehend, dass in den Anspruch 1, 3. Absatz des 3. Spiegelstrichs, nach den Worten "und Auswahl eines alternativen ersten Medikaments" die Worte "durch den Arzt" eingefügt werden.
VIII. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautet:
"1. Verfahren zur Interaktionsprüfung mit folgenden Schritten:
- Auswahl eines ersten Medikaments für einen Patienten aus einer Medikamenten-Datenbank,
- Abfrage von Rezeptdaten des Patienten aus einer Datenbank,
- Durchführung der Interaktionsprüfung hinsichtlich des ersten Medikaments und zweiter Medikamente, die durch die Rezeptdaten identifiziert werden, mittels einer Interaktionsdatenbank, wobei die Datenbank folgendermaßen erzeugt worden ist:
- Erfassung und Speicherung von Rezeptdaten eines Rezepts in einem ersten Rechenzentrum,
- Auswahl eines zweiten Rechenzentrums aus einer Menge von Rechenzentren, wobei jedes Rechenzentrum der Menge von Rechenzentren einer Krankenkasse zugeordnet ist, wobei die Auswahl anhand von die Krankenkasse identifizierenden Rezeptdaten erfolgt,
- Übertragung der Rezeptdaten an das zweite Rechenzentrum und Speicherung der Rezeptdaten in dem zweiten Rechenzentrum,
- Übertragung von in den Rechenzentren der Menge von Rechenzentren gespeicherten Rezeptdaten an ein drittes Rechenzentrum,
- Erzeugung der Datenbank in dem dritten Rechenzentrum durch Speicherung der von der Menge von Rechenzentren empfangenen Rezeptdaten."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag I unterscheidet sich vom Hauptantrag, indem die Datenbank als "Rezept-Datenbank" bezeichnet ist.
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag II lautet:
"1. Verfahren zur Interaktionsprüfung mittels einer Interaktionsdatenbank mit folgenden Schritten:
- Auswahl eines ersten Medikaments für einen Patienten aus einer Online-Medikamenten-Datenbank, wobei die Online-Medikamenten-Datenbank eine Medikamentenliste (110) beinhaltet, die für eine Verordnung zur Verfügung stehende Medikamente mit deren jeweiliger Pharmazentralnummer beinhaltet und für jede Pharmazentralnummer die in dem betreffenden Medikament beinhalteten Wirkstoffe angegeben sind, wobei auf die Medikamentenliste für die Auswahl des ersten Medikaments von einer Praxis- EDV (100) aus online über ein Netzwerk (332) zugegriffen wird,
- Abfrage von Rezeptdaten des Patienten aus einer Rezept-Datenbank, wobei auf die Rezept-Datenbank von der Praxis-EDV aus online über das Netzwerk (332) zugegriffen wird, wobei die Rezept-Datenbank eine Verordnungsliste (330) mit den Rezeptdaten der Patienten beinhaltet,
- Durchführung der Interaktionsprüfung hinsichtlich des ersten Medikaments und zweiter Medikamente, die durch die Rezeptdaten des Patienten identifiziert werden, mittels der Interaktionsdatenbank, die eine Interaktionsliste (112) beinhaltet, in der diejenigen Wirkstoffe abgespeichert sind, die in Kombination mit einem vorgegebenen Wirkstoff ein Interaktionsrisiko aufweisen,
wobei auf die Interaktionsdatenbank von der Praxis-EDV online über das Netzwerk (332) zugegriffen wird, wobei auf die Medikamentenliste (110) zugegriffen wird, um die Wirkstoffe der bestehenden Verordnungen zu ermitteln, wobei ferner auf die Medikamentenliste (110) zugegriffen wird, um die Wirkstoffe des zur Verordnung ausgewählten ersten Medikaments zu ermitteln,
wobei die Interaktionsprüfung durchgeführt wird, indem geprüft wird, ob es zu einem Wirkstoff des ausgewählten ersten Medikaments zumindest einen Wirkstoff der bestehenden Verordnungen des Patienten gibt, der ein Interaktionsrisiko hat, und falls dies der Fall ist, Ausgabe eines Warnhinweises, und Auswahl eines alternativen ersten Medikaments durch den Arzt für den Patienten aus der Online-Medikamenten-Datenbank, und falls sich kein Interaktionsrisiko ergibt, Rezeptausdruck auf einem Drucker (116) des Praxis-EDV-Systems,
wobei die Rezept-Datenbank folgendermaßen erzeugt wird:
- Erfassung und Speicherung von Rezeptdaten eines Rezepts in einem ersten Rechenzentrum (304),
- Auswahl eines zweiten Rechenzentrums aus einer Menge von Rechenzentren (312, 314, 316....), wobei jedes Rechenzentrum der Menge von Rechenzentren einer Krankenkasse zugeordnet ist, wobei die Auswahl anhand von die Krankenkasse identifizierenden Rezeptdaten erfolgt,
- Übertragung der Rezeptdaten an das zweite Rechenzentrum und Speicherung der Rezeptdaten in dem zweiten Rechenzentrum,
- Übertragung von in den Rechenzentren der Menge von Rechenzentren gespeicherten Rezeptdaten an ein drittes Rechenzentrum (322),
- Erzeugung der Rezept-Datenbank in dem dritten Rechenzentrum durch Speicherung der von der Menge von Rechenzentren empfangenen Rezeptdaten."
IX. Am Ende der mündlichen Verhandlung verkündete die Kammer ihre Entscheidung.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde entspricht den Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 und Regel 99 EPÜ und ist daher zulässig (siehe Sachverhalt und Anträge, Punkt II).
Erfinderische Tätigkeit - Artikel 52(1) mit 56 EPÜ
2. Die Beschwerdeführerin hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens die unabhängigen System-Ansprüche gestrichen und in allen Anträgen den jeweiligen unabhängigen Anspruch 1 nunmehr ausschließlich auf ein entsprechendes Verfahren gerichtet. Vor diesem Hintergrund stellt nach Auffassung der Kammer der in der Beschreibungseinleitung (vgl. Abschnitt [0002]) angeführte Gebrauch der Datenbank "ifap Index(R) (http://www.ifap-index.de/arztdb/index.html)" der ifap Service-Institut für Ärzte und Apotheker GmbH den nächstliegenden Stand der Technik dar (eine druckschriftliche Wiedergabe des Inhalts der angeführten Internetseite vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung findet sich als Anhang beim Protokoll zur mündlichen Verhandlung).
Hauptantrag
3. Wie in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung dargelegt, geht die vorliegende Erfindung von der erwähnten vorbenutzten Arzneimittel- und Informationsdatenbank ifap Index (in der Folge kurz ifap) für niedergelassene Ärzte aus, die eine Funktion für eine Interaktionsprüfung beinhaltet, die auch als Interaktions-Check bezeichnet wird. Wie aus der angeführten Internet-Seite hervorgeht, stellt die Arzneimittel- und Informationsdatenbank ifap dem Arzt die Möglichkeit zur Verfügung, eine Arzneimittelrecherche im Internet, also eine Online-Recherche, durchzuführen. Mithin hat der Arzt Zugriff auf eine Online-Medikamentendatenbank, um daraus Arzneimittel zu suchen und nach ihrem Wirkstoff auszuwählen. Somit ist entsprechend Anspruch 1 die Auswahl eines ersten Medikaments für einen Patienten aus einer Medikamenten-Datenbank offenbart. Zur Durchführung der Interaktionsprüfung wird dieses Medikament anhand eines anderen dem Patienten verordneten zweiten Medikaments mittels einer Interaktionsdatenbank geprüft.
3.1 Es besteht gegenüber dem Gegenstand von Anspruch 1 somit der Unterschied, dass die Information über andere verordnete Medikamente eines Patienten durch Rezeptdaten identifiziert werden, welche aus einer Datenbank abgefragt werden, sowie durch die Art der Erstellung dieser Datenbank.
Der mit diesen Unterscheidungsmerkmalen verbundene Effekt besteht, wie in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung herausgestellt, darin, dass die bekannte Durchführung einer Interaktionsprüfung mit ifap nur die von dem behandelnden Arzt selbst für die Rezeptierung ausgewählten Medikamente und die Angaben des Patienten umfasst. Dabei besteht für den behandelnden Arzt das Problem, dass sich Patienten oft nicht vollständig oder fehlerhaft an andere verordnete Medikamente erinnern, die aber ebenfalls relevant für die Interaktionsprüfung wären.
3.2 Die daraus abgeleitete Aufgabe (vgl. Abschnitte [0003] und [0004] der Beschreibung) sieht die Kammer in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin darin, eine globale Datenbasis verordneter Rezeptdaten zu schaffen und dadurch die Interaktionsprüfung von Medikamenten möglichst vollständig durchführbar zu machen.
3.3 Ein zentrales Argument der Beschwerdeführerin, welches mehrfach im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurde, bestand darin, dass der beanspruchten Erfindung angeblich die Lösung eines "medizinisch-pharmazeutischen Problems" zugrunde liegt (vgl. z.B. Seite 7, zweiter Absatz der Beschwerdebegründung). Dies trifft jedoch aus Sicht der Kammer nicht zu. Vielmehr sind zur Lösung der dem Gegenstand von Anspruch 1 zu Grunde liegenden Aufgabe keine medizinisch-pharmazeutischen Kenntnisse erforderlich. Wie durch den Artikel aus "Molecular Systems Biology" bestätigt wird, sind solche Kenntnisse nur bei der tatsächlichen Durchführung der Interaktionsprüfung bzw. Prüfung auf Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln oder bei der Erstellung einer Interaktionsdatenbank erforderlich, welche jedoch per se durch die ifap Datenbank bekannt waren. Die Lehre nach Anspruch 1 kommt vielmehr auf einer vorhergehenden Stufe zur Anwendung, nämlich betreffend die Frage, welche Datensammlungen ihrer Herkunft nach - zunächst unabhängig von ihrem konkreten Inhalt - der nachfolgenden Interaktionsprüfung zugrunde gelegt werden sollen. Anschließend wird der konkrete Inhalt der Datensammlungen mit Blick auf eventuelle medizinisch-pharmazeutische Wechselwirkungen, bezogen auf einen einzelnen Patienten, untersucht. Erst auf dieser Stufe werden medizinisch-pharmazeutische Kenntnisse benötigt. Mithin verändert die Lehre des Anspruchs 1 die bekannte Interaktionsprüfung nicht, sondern stellt lediglich eine bestimmte Datenbasis dafür bereit. Diese Aufgabe richtet sich aber an einen Computerfachmann, der zur Lösung selbst keine medizinisch-pharmazeutischen Kenntnisse, sondern lediglich eine organisatorisch/administrative Vorgabe benötigt, welche Daten der Datenbasis angehören sollen. Nach der Rechtsprechung im Fall T 0641/00 (COMVIK) (siehe ABl EPA 2003, 352) werden solche nicht-technischen Rahmenbedingungen dem Fachmann bei der Implementierung im Rahmen der zu lösenden Aufgabenstellung vorgegeben.
Die Kammer erkennt an, dass die Aufgabe grundsätzlich frei von Lösungsmerkmalen sein soll. Dies trifft jedoch nur auf solche Merkmale zu, die Bestandteil der technischen Lösung sind. Da administrative bzw. organisatorische Aspekte für sich keinen technischen Beitrag leisten, also als nicht-technisch angesehen werden, können solche nicht Bestandteil der technischen Lösung sein und dürfen daher als nicht-technische Zielsetzung einen Teil des Rahmens bilden, in den die zu lösende technische Aufgabe eingebettet ist. Daher ist die Kammer der Auffassung, dass die Schaffung einer globalen Datenbasis verordneter Rezeptdaten eine solche Rahmenbedingung darstellt. Im Übrigen erachtet es die Kammer als selbstverständlich, dass erforderliche Daten dort gesammelt werden, wo diese anfallen, im Falle von verordneten Medikamenten wie hier mittels Zugriffs auf die Verordnungen, d.h. die Rezepte.
3.4 Da somit nicht der Mediziner oder Pharmazeut der einschlägige Fachmann für die Bereitstellung der Datenbasis ist, sondern ein Computerfachmann, ist es auch logisch und konsequent, bei der Lösung der technischen Aufgabe den Stand der Technik aus dem Gebiet des Computerfachmanns zu berücksichtigen. Selbst wenn man als Fachmann ein Team aus Computerfachleuten unterstützt von medizinisch-pharmazeutisch geschulten Fachleuten annehmen würde, so käme man dennoch zu keinem anderen Ansatz.
3.5 Der Fachmann würde dabei auch D1 heranziehen, welche die Kammer weder für zu alt noch zu abstrakt hält. Im Gegenteil macht D1 dadurch anschaulich, wie grundlegend der Ansatz der zentralen Datenhaltung und der Datenverarbeitung in verteilten Systemen ist. Sie ist als Lehrbuchauszug auch ein Beleg dafür, dass es vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung zum allgemeinen Fachwissen des Computerfachmanns gehörte, dieses Prinzip verteilter Systeme auf die vielfältigsten Anwendungsgebiete zu übertragen, in denen Daten elektronisch verarbeitet werden. Dies gilt eben auch für den Bereich der Rezeptdaten, die schon lange vor dem Prioritätstag etwa zu Abrechnungszwecken in elektronischen Netzwerken verarbeitet wurden, was von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten wurde.
3.6 D1 offenbart ein Netzwerk mit mehreren Ebenen von Rechensystemen (vgl. z.B. Bild 15.1) zur Datenkonzentration. Die unterste Ebene dient unter anderem der Datenerfassung (Ebene F; entsprechend dem ersten Rechenzentrum von Anspruch 1). Diese Daten werden über eine Steuereinheit E an ein erstes Rechensystem weitergeleitet (Konzentrationsebene D), wobei über die Steuereinheit auch andere (nicht gezeigte) Rechensysteme auf dieser Ebene adressiert werden können (entsprechend dem zweiten Rechenzentrum von Anspruch 1). Von dort werden die Daten aus vielen Rechensystemen der untersten Ebene weiter konzentriert und zentral auf einem Hauptrechensystem (Ebene A) gesammelt (entsprechend dem dritten Rechenzentrum von Anspruch 1), wo eine zentrale Datei als Datenbasis geschaffen wird (entsprechend der Erzeugung einer Datenbank in Anspruch 1).
3.7 D1 offenbart nicht, dass Rezeptdaten gespeichert werden und dass die zweiten Rechenzentren jeweils einer Krankenkasse zugeordnet sind, die anhand von identifizierenden Rezeptdaten ausgewählt werden. Auf den Bedeutungsinhalt der gespeicherten Daten (Rezeptdaten) und die administrative Rolle des jeweiligen Rechensystems (Rechenzentrum einer Krankenkasse) kommt es aber bei der Anwendung des Prinzips verteilter Systeme nicht an.
Dabei stimmt die Kammer der angefochtenen Entscheidung zu, dass es sich bei den Rezeptdaten um kognitive Daten, nicht aber um funktionale Daten handelt (vgl. die Entscheidung T 1194/97, ABl EPA 2000, 525), weil z.B. eine Beschädigung der Rezeptdaten keinen Einfluss auf die Funktion des beanspruchten Verfahrens zur Interaktionsprüfung hat, sondern lediglich auf deren Ergebnis, welches nicht Gegenstand des beanspruchten Verfahrens ist. Damit kann die Art der Daten selbst nicht zum technischen Charakter und damit nicht zur erfinderischen Tätigkeit beitragen. Dies gilt genauso dafür, dass die zweiten Rechenzentren Krankenkassen zugeordnet sind. Selbstverständlich muss ein Kriterium zur Auswahl des geeigneten zweiten Rechenzentrums definiert werden. Dies ist implizit auch bei der in D1 gezeigten Lehre im Hinblick auf die Steuereinheit E notwendig, die Wahl eines Kriteriums ist also anwendungsabhängig. Dass hierfür erfindungsgemäß eine Zuordnung zu einer Krankenkasse herangezogen wird, liegt vor dem Hintergrund einer ohnehin vorhandenen Verarbeitung von Rezeptdaten zu Abrechnungszwecken bei den Krankenkassen nahe und betrifft, da es sich um kognitive Daten handelt, keine technische Problemlösung, sondern vielmehr eine administrativ/organisatorische Maßnahme, die ebenfalls keine erfinderische Tätigkeit begründet.
3.8 Entsprechend den vorstehenden Ausführungen ist der Gegenstand von Anspruch 1 ausgehend von der in der Beschreibungseinleitung angeführten ifap Datenbank vor dem Hintergrund der Offenbarung von D1 oder des allgemeinen Fachwissens über verteilte Systeme, für das D1 als Lehrbuch als Beleg angesehen wird, nahegelegt (Artikel 56 EPÜ).
Hilfsantrag 1
4. Durch das zusätzliche Teilmerkmal von Anspruch 1 dieses Antrags wird spezifiziert, dass eine Rezept-Datenbank erstellt wird.
Die Kammer ist der Ansicht, dass die Tatsache, dass es sich bei der Datenbank um eine "Rezept-Datenbank" handelt, das technische Teilmerkmal einer Datenbank wiederum nur um eine rein kognitive Komponente ergänzt (vgl. Punkt 3.7). Die Tatsache, dass in der Datenbank Rezeptdaten gespeichert werden, spezifiziert die Datenbank nicht in technischer Hinsicht, sondern betrifft nur den Bedeutungsinhalt der Daten. Diese Änderung kann daher keine erfinderische Tätigkeit begründen.
Der Anspruch 1 dieses Antrags beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 2
5. Anspruch 1 dieses Antrags weist im Wesentlichen die weiteren technischen Merkmale auf, dass auf die Medikamenten-Datenbank, die Interaktionsdatenbank und auch die Rezeptdatenbank von der Praxis-EDV online zugegriffen wird, um eine Interaktionsprüfung durchzuführen.
5.1 Diesbezüglich wurde bereits weiter oben darauf hingewiesen, dass schon die ifap Arzneimittel- und Informationsdatenbank den Einsatz von Online-Datenbanken offenbart (siehe Punkt 3). So bietet ifap den Zugriff auf eine Onlinedatenbank für Arzneimittel und für die Interaktionsprüfung. Die weiteren hinzugefügten Teilmerkmale betreffen im Wesentlichen fachübliche Maßnahmen und Parameter im Rahmen der Datenbankenabfrage, die bereits bei ifap auf diese Weise realisiert waren. So erfolgt auch bei ifap die Auswahl eines Medikamentes anhand von Pharmazentralnummern und Wirkstoffen. Auch die Interaktionsprüfung erfolgt anhand von Wirkstoffen wie in Anspruch 1. Die Interaktionsdatenbank von ifap muss zwangsläufig entsprechend Anspruch 1 auch eine Interaktionsliste aufweisen, in der diejenigen Wirkstoffe abgespeichert sind, die in Kombination mit einem vorgegebenen Wirkstoff ein Interaktionsrisiko aufweisen. Auch ermöglicht ifap die Auswahl eines alternativen ersten Medikaments für den Patienten (siehe aut-idem-Modul) und einen Rezeptausdruck, falls kein Interaktionsrisiko besteht.
5.2 Somit unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 dieses Antrags in technischer Hinsicht von ifap weiter dadurch, dass auch auf die Rezeptdatenbank von der Praxis-EDV online zugegriffen wird.
5.3 Wie bereits weiter oben ausgeführt, offenbart D1 die Grundzüge von verteilten Datenbanksystemen. Die Kammer ist der Auffassung, dass es sich bei diesen Kenntnissen vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung (22.01.2003) um notorisches allgemeines Fachwissen handelte. Sinn und Zweck eines solchen verteilten Computersystems ist es gerade, Daten zentral auf einem Rechner zu halten, im Fachjargon als Server bezeichnet, und darauf von einem lokalen Rechner, als Client bezeichnet, bedarfsweise über das Netzwerk, also online zuzugreifen.
Es ist ein immanentes Erfordernis eines jeden Client-Server-Systems, dass die für die jeweilige Anwendung erforderlichen Datenbanken als Datenbasis bereitgestellt werden, damit darauf zugegriffen werden kann. Dies eben ist gerade der Zweck der Client-Server-Architektur. Soll eine Interaktionsprüfung durchgeführt werden, so müssen die dafür erforderlichen Daten bereitgestellt werden, z.B. als Datenbank.
5.4 Ausgehend von ifap, welche bereits den Zugriff auf eine Onlinedatenbank für Arzneimittel und für die Interaktionsprüfung aufweist, und unter Berücksichtigung des notorischen allgemeinen Fachwissen über verteilte Client-Server-Computersysteme vor dem Prioritätszeitpunkt war es daher naheliegend, auch bei einer weiteren Rezeptdatenbank auf die gleiche Weise online auf deren Daten zuzugreifen, um die bereits anhand der anderen Datenbanken auf Grund des Online-Zugriffs erzielten Vorteile wie Aktualität etc. auch bei den Rezeptdaten zu erhalten. Einen über diese üblichen Vorteile eines Online-Zugriffs hinausgehenden, kombinatorischen Effekt beim Online-Zugriff auf die Rezeptdatenbank kann die Kammer nicht erkennen. Ein solcher Kombinationseffekt wurde auch nicht explizit vorgetragen.
5.5 Der Anspruch 1 dieses Antrags beruht daher ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.