T 1521/12 (Detektion der Richtung eines Magnetfeldes / MELEXIS TECHNOLOGIES) 26-11-2018
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Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Änderungen - Zwischenverallgemeinerung
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (ja)
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) legte Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ein, wonach das Streitpatent in der Fassung des Hilfsantrags 6 die Erfordernisse des EPÜ erfülle.
II. Die Einsprechende legte keine Beschwerde ein.
III. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung der angefochtenen Zwischenentscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents in der erteilten Fassung. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß einem der Hilfsanträge 1 oder 2.
IV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
V. Die Beschwerdeführerin modifizierte ihre Anträge mehrfach während des Beschwerdeverfahrens.
VI. In der mündlichen Verhandlung formulierte die Beschwerdeführerin ihre Anträge wie folgt um:
Hauptantrag: Aufhebung der angefochtenen Zwischenentscheidung und Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents in der erteilten Fassung;
Hilfsantrag I: Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 eingereichten Hilfsantrags I;
Hilfsantrag Ib: Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags Ib einschließlich angepasster Beschreibungsseiten 2, 3 und 5;
Hilfsantrag II: Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 eingereichten Hilfsantrags II;
Hilfsantrag II': Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2018 eingereichten Hilfsantrags II';
Hilfsantrag III: Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 eingereichten Hilfsantrags III;
Hilfsantrag IV: Aufrechterhaltung des angefochtenen Patents auf der Grundlage des mit Schriftsatz vom 30. Juli 2015 eingereichten Hilfsantrags IV.
VII. Während des gesamten Verfahrens hielt die Beschwerdegegnerin ihren Antrag aufrecht, die Beschwerde zurückzuweisen.
VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes, umfassend:
- einen Halbleiterchip (1),
- mindestens ein erstes Hallelement (2.1) und ein zweites Hallelement (2.2) oder mindestens eine erste Gruppe (14) von Hallelementen (2.1, 2.2) und eine zweite Gruppe (15) von Hallelementen (2.3, 2.4), und
- einen einzigen, auf einer Oberfläche des Halbleiterchips (1) angeordneten Magnetfeldkonzentrator (3) mit einer flächigen Form,
wobei die Hallelemente im Halbleiterchip (1) integriert und im Bereich des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) angeordnet sind, wo sie von Feldlinien des Magnetfelds durchflutet werden, die im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche des Halbleiterchips (1) verlaufen.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags I lautet wie folgt, wobei die Änderungen gegenüber dem Hauptantrag fett gedruckt sind:
Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes, umfassend:
- einen Halbleiterchip (1),
- mindestens ein erstes Hallelement (2.1) und ein zweites Hallelement (2.2) oder mindestens eine erste Gruppe (14) von Hallelementen (2.1, 2.2) und eine zweite Gruppe (15) von Hallelementen (2.3, 2.4), und
- einen einzigen, auf einer Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) angeordneten Magnetfeldkonzentrator (3) mit einer flächigen Form,
wobei der Magnetfeldkonzentrator (3) aus ferromagnetischen Material besteht und
die Hallelemente horizontale Hallelemente sind, die an der genannten Oberfläche (8) im Halbleiterchip (1) integriert und im Bereich des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) unterhalb des Magnetfeldkonzentrators (3) auf der dem Zentrum des Magnetfeldkonzentrators (3) zugewandten Seite des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) angeordnet sind, wo sie von Feldlinien des Magnetfelds durchflutet werden, die im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche des Halbleiterchips (1) verlaufen, so dass Feldlinien des Magnetfelds, die bei Abwesenheit des Magnetfeldkonzentrators (3) parallel zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) verlaufen würden, die Hallelemente (2) annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) durchdringen.
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags Ib lautet wie folgt, wobei die Änderungen gegenüber Hilfsantrag I fett gedruckt sind:
Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes, umfassend:
- einen Halbleiterchip (1),
- mindestens ein erstes Hallelement (2.1) und ein zweites Hallelement (2.2) oder mindestens eine erste Gruppe (14) von Hallelementen (2.1, 2.2) und eine zweite Gruppe (15) von Hallelementen (2.3, 2.4), und
- einen einzigen, auf einer Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) angeordneten scheibenförmigen Magnetfeldkonzentrator (3) mit einer flächigen Form und einem Symmetriezentrum (5), wobei der Magnetfeldkonzentrator (3) aus ferromagnetischen Material besteht und
die Hallelemente horizontale Hallelemente sind, die an der genannten Oberfläche (8) im Halbleiterchip (1) integriert und im Bereich des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) unterhalb des Magnetfeldkonzentrators (3) auf der dem Symmetriezentrum (5) des Magnetfeldkonzentrators (3) zugewandten Seite des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) angeordnet sind, wo sie von Feldlinien des Magnetfelds durchflutet werden, die im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche des Halbleiterchips (1) verlaufen, so dass Feldlinien des Magnetfelds, die bei Abwesenheit des Magnetfeldkonzentrators (3) parallel zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) verlaufen würden, die Hallelemente (2) annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) durchdringen, wobei
ein drittes Hallelement (2.3) und ein viertes Hallelement (2.4) oder eine dritte Gruppe (16) von Hallelementen (2.5, 2.6) und eine vierte Gruppe (17) von Hallelementen (2.7, 2.8) vorhanden sind, wobei die Hallelemente im Bereich des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3) angeordnet sind, dass das erste Hallelement (2.1) und das dritte Hallelement (2.3) bzw. die erste Gruppe (14) von Hallelementen (2.1, 2.2) und die dritte Gruppe (16) von Hallelementen (2.5, 2.6) symmetrisch bezüglich des Symmetriezentrums (5) angeordnet sind und
dass die Hallspannung des ersten Hallelements (2.1) von der Hallspannung des dritten Hallelements (2.3) bzw. die Hallspannungen der ersten Gruppe (14) von Hallelementen (2.1, 2.2) von den Hallspannungen der dritten Gruppe (16) von Hallelementen (2.5, 2.6) subtrahiert wird, und
dass das zweite Hallelement (2.2) und das vierte Hallelement (2.4) bzw. die zweite Gruppe (15) von Hallelementen (2.3, 2.4) und die vierte Gruppe (17) von Hallelementen (2.7, 2.8) symmetrisch bezüglich des Symmetriezentrums (5) angeordnet sind und
dass die Hallspannung des zweiten Hallelements (2.2) von der Hallspannung des vierten Hallelements (2.4) bzw. die Hallspannungen der zweiten Gruppe (15) von Hallelementen (2.3, 2.4) von den Hallspannungen der vierten Gruppe (17) von Hallelementen (2.7, 2.8) subtrahiert wird.
XI. Der Wortlaut der weiteren Hilfsanträge spielt für die vorliegende Entscheidung keine Rolle und wird hier nicht wiedergegeben.
XII. In der vorliegenden Entscheidung wird auf folgende Dokumente Bezug genommen:
E1: EP-B-0 916 074;
E1a: DE-T2-698 16 755;
E3: US-A-5 883 567.
XIII. Das für die Entscheidung relevante Vorbringen der jeweiligen Parteien wird in den Entscheidungsgründen wiedergegeben.
Form der Zwischenentscheidung
1. Die Beschwerdeführerin trug im Wesentlichen vor, dass die angefochtene Zwischenentscheidung fehlerhaft und schon deshalb aufzuheben sei, weil sie in der Entscheidungsformel keinen nachvollziehbar klaren Inhalt aufweise und deshalb gegen Art. 101(3)(a) EPÜ verstoße. Insbesondere habe die Einspruchsabteilung in der Entscheidungsformel nicht ausgesprochen, auf der Grundlage welchen Anspruchssatzes das Streitpatent aufrechterhalten wurde; derartiges ergebe sich nur aus dem angeschlossenen Formblatt 2339. Zusätzlich sei die Entscheidung unklar und widersprüchlich, da das Formblatt 2339 das Datum 28. März 2012 trage, während die Entscheidungsgründe vom 25. April 2012 datieren.
2. Diese Einwände können nicht überzeugen. Insbesondere ist aus dem den Tenor der Entscheidung enthaltenden Formblatt 2327 vom 25. April 2012 klar ersichtlich, in welchem Umfang und mit welchen Unterlagen das Patent aufrechterhalten werden sollte. Das auf Formblatt 2339 wiedergegebene Datum 28. März 2012 (Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle) steht fraglos auch nicht mit dem auf Formblatt 2327 wiedergegebenen Datum (25. April 2012 als Datum der Postaufgabe) in Widerspruch. Die angefochtene Entscheidung ist hinreichend klar.
Die zitierten Dokumente
3. Das Dokument E1 ist die veröffentlichte Patentschrift zur europäischen Patentanmeldung 98930745.9, welche ihrerseits als WO 98/054547 veröffentlicht wurde. Das Dokument E1a ist die deutsche Übersetzung von E1.
Lediglich die Anmeldung (WO 98/054547) wurde vor dem Prioritätsdatum des vorliegenden Streitpatents veröffentlicht. Es ist unstrittig, dass E1 und E1a inhaltlich identisch sind, was - abgesehen von der hinzugefügten Erwähnung eines Dokumentes in Absatz [0002] - auch für die Beschreibungen von E1 und WO 98/054547 gilt.
Obwohl E1a nach dem Prioritätsdatum des vorliegenden Streitpatents veröffentlicht wurde, wurde aus Gründen der sprachlichen Vereinfachung während des Beschwerdeverfahrens stets Bezug auf E1a genommen, was auch in der vorliegenden Entscheidung fortgeführt wird. Es ist jedoch zu betonen, dass die aus E1a zitierten Stellen genauso in der vorveröffentlichten WO 98/054547 aufzufinden sind.
Hauptantrag - Neuheit
4. Das Dokument E1a (und folglich auch WO 98/054547) bezieht sich auf eine Vorrichtung zur berührungslosen Messung der Drehstellung eines Rotors mit Hilfe einer am Rotor befestigten Magnetfeldquelle und ortsfesten Sensormitteln in Form von Hallelementen. Zwei Ausführungsformen sind beschrieben. Beide enthalten einen Sensor für die Detektion der Drehstellung eines Permanentmagneten, also der Richtung des von diesem Permanentmagneten abgegebenen Magnetfeldes. Der Sensor umfasst einen Halbleiterchip und mindestens ein erstes Hallelement (4, 6) und ein zweites Hallelement (5, 7), wobei die Hallelemente im Halbleiterchip integriert sind (Absatz [0011]).
5. Gemäß dem zweiten Ausführungsbeispiel (Figur 4) von E1a ist ein ringförmiges Joch 11 mit einer flächigen Form auf einer Oberfläche des Halbleiterchips angeordnet. Das Joch hat zwei Aufgaben. Einerseits sorgt es dafür, den Rotor zentriert über dem Halbleiterchip zu halten. Andererseits soll das Joch das Magnetfeld formen (Absätze [0015], [0027]). Da das Joch die Feldlinien zumindest auf seiner Oberfläche konzentriert, kann es als Magnetfeldkonzentrator betrachtet werden.
6. Wie aus Figur 4 zu sehen ist, befinden sich die Hallelemente "im Bereich" des inneren Randes des Jochs. Einige Feldlinien innerhalb des inneren Randes des Jochs werden nicht durch das Joch, sondern annähernd senkrecht zu der Oberfläche des Halbleiterchips verlaufen. Die Hallelemente werden von diesen Feldlinien des Magnetfeldes durchflutet.
7. Aus diesen Gründen sind alle Merkmale des Anspruchs 1 aus E1a (und folglich auch aus WO 98/054547) bekannt.
8. Die Beschwerdeführerin trug vor, dass die Wirkung des aus E1a bekannten Jochs sich grundlegend von der Wirkung des beanspruchten Magnetfeldkonzentrators unterscheide. Der beanspruchte Magnetfeldkonzentrator bewirke nämlich eine Umlenkung der horizontal (d.h. parallel zum Halbleiterchip) verlaufenden Magnetfeldlinien, sodass diese annähernd senkrecht durch die horizontalen Hallelemente verliefen. Ferner unterscheide sich der beanspruchte Sensor durch die Position der Hallelemente. Diese befänden sich nämlich dort, wo das Magnetfeld mittels des Magnetfeldkonzentrators um 90° umgelenkt wird. Hierin liege die Erfindung: das horizontale Magnetfeld werde mittels des Magnetfeldkonzentrators gezielt auf die Hallelemente umgelenkt und konzentriert, damit diese optimal durchflutet werden und so das horizontale Magnetfeld messen können. Der Begriff "durchflutet" in Anspruch 1 impliziere eine Verstärkung des Magnetfeldes. Im Gegensatz dazu führe das ringförmige Joch in E1a zu einer Abschwächung des Feldes innerhalb des inneren Randes des Jochs, da einige Feldlinien zum Joch abgeleitet werden. Deswegen könne weder das Joch als Magnetfeldkonzentrator betrachtet werden, noch seien die Hallelemente, die sich innerhalb des Jochs befinden, von Feldlinien des Magnetfeldes "durchflutet".
9. Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Das aus E1a bekannte Joch zieht die Feldlinien zu sich heran. Dies bewirkt eine Erhöhung der Dichte der Magnetfeldlinien in dem Joch. Das Joch ist dementsprechend durchaus als Magnetfeldkonzentrator zu sehen. Allerdings hat das Heranziehen der Feldlinien zur Folge, dass die Feldstärke des Magnetfeldes am Ort der Hallsensoren abnimmt. Eine solche Abschwächung der Feldliniendichte bedeutet aber nicht, dass die Hallsensoren nicht von Feldlinien "durchflutet" werden. Der Begriff "durchfluten" kann nämlich im Sinne von "durchfließen", "durchlaufen" oder "durchdringen" verstanden werden. Es gibt in dem Anspruch nichts, das diesem Begriff eine andere Bedeutung, insbesondere im Sinne von "Verstärkung" oder "Erhöhung der Dichte" verleihen könnte.
10. Das Heranziehen der Magnetfeldlinien zum Joch führt dazu, dass einige Feldlinien, die im Bereich des inneren Randes des Jochs verlaufen, an das Joch lediglich leicht herangezogen werden, ohne auf das Joch aufzutreffen. Diese Feldlinien werden lediglich etwas begradigt und treffen annähernd senkrecht auf der Oberfläche der Halbleiterchips auf. Dadurch, dass die Hallelemente sich in der Nähe des inneren Randes des Jochs befinden, werden sie von diesen Feldlinien - allerdings mit abgeschwächter Feldliniendichte - durchdrungen.
11. In Anspruch 1 steht lediglich, dass die Hallelemente im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators angeordnet sind, wo sie von Feldlinien des Magnetfeldes durchflutet werden, die im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators annähernd senkrecht zu der Chipoberfläche verlaufen. Wie bereits oben dargestellt, sind diese Merkmale allesamt aus dem zweiten Ausführungsbeispiel (Figur 4) von E1a bekannt.
12. Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu (Art. 54(1), (2) EPÜ).
Hilfsantrag I - Art. 123(2) EPÜ
13. Im Vergleich zu Anspruch 1 der ursprünglich eingereichten Anmeldung wurde der vorliegende Anspruch 1 dahingehend geändert, dass die Position der Hallelemente mit Bezug auf den Magnetfeldkonzentrator präzisiert wird. Insbesondere wurde die Position einerseits durch die räumliche Lage des Hallelementes definiert ("unterhalb des Magnetfeldkonzentrators (3) auf der dem Zentrum des Magnetfeldkonzentrators (3) zugewandten Seite des Randes (4) des Magnetfeldkonzentrators (3)"). Andererseits wurde die Position durch den erzielten Effekt definiert ("so dass Feldlinien des Magnetfeldes, die bei Abwesenheit des Magnetfeldkonzentrators (3) parallel zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) verlaufen würden, die Hallelemente (2) annähernd senkrecht zu der genannten Oberfläche (8) des Halbleiterchips (1) durchdringen"). Darüber hinaus wurde definiert, dass der Magnetfeldkonzentrator aus ferromagnetischem Material besteht und dass die Hallelemente horizontale Hallelemente sind.
14. Es ist in der Regel nicht zulässig, isolierte Merkmale aus einer Reihe von Merkmalen herauszugreifen, die ursprünglich nur in Kombination miteinander offenbart waren (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamtes, 8. Auflage 2016, II.E.1.7).
15. Im vorliegenden Fall sind die zwei grundlegenden Ausführungsformen, aus denen die Änderungen stammen, in den Figuren 1 bis 3 der ursprünglichen Offenbarung dargestellt. Beide zeigen einen rotationssymmetrischen Magnetfeldkonzentrator, unter dessen Rand die Hallelemente angeordnet sind. Der erste Absatz von Seite 4 der ursprünglich eingereichten Anmeldung erklärt, warum der Magnetfeldkonzentrator bei der Ausführungsform gemäß Figur 1 ein Symmetriezentrum aufweist: Einander bezüglich des Symmetriezentrums des Magnetfeldkonzentrators diametral gegenüberliegende Hallelemente bilden je ein Paar zur Erzeugung eines Ausgangssignals, wobei die Hallspannung des einen Hallelementes von der Hallspannung des anderen Hallelements subtrahiert wird. Da die Feldlinien die beiden Hallelemente eines Paares in entgegengesetzt vertikaler Richtung durchdringen, addieren sich die Spannungen, die durch die Umlenkung des Magnetfeldes entstehen, während sich Hallspannungen, die aufgrund eines äußeren, die Hallelemente senkrecht durchdringenden magnetischen Störfeldes entstehen, gegenseitig aufheben. Die Verarbeitung der Signale zu diesem Zweck setzt voraus, dass die diametral gegenüberliegenden Hallelemente symmetrisch um das Symmetriezentrum des Magnetfeldkonzentrators angeordnet sind. Auch bei der Ausführungsform gemäß Figur 3 muss der kreuzförmige Magnetfeldkonzentrator rotationssymmetrisch sein, da das Messprinzip ansonsten nicht funktionieren würde.
16. Die beanspruchte Positionierung der Hallelemente enthält keine Erwähnung der symmetrischen Anordnung der Hallelemente und stellt somit eine Zwischenverallgemeinerung dar. Da die ursprünglich offenbarte Signalverarbeitung auf der Symmetrie der Hallelemente beruht, ist die Positionierung der Hallelemente mit der symmetrischen Form des Magnetfeldkonzentrators untrennbar verknüpft. Es besteht keinerlei Hinweis in der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen, dass diese beiden Merkmale getrennt werden könnten.
17. Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Erfindung in der Kombination der Hallelemente und des Magnetfeldkonzentrators liege. Die grundlegende Idee der Erfindung sei, dass horizontal verlaufende Feldlinien mittels des Magnetfeldkonzentrators derart umgelenkt werden, dass sie die horizontalen Hallelemente annähernd senkrecht durchdringen. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse lediglich sichergestellt werden, dass die Hallelemente sich in der beanspruchten Position unterhalb des Randes des Konzentrators befinden. Eine symmetrische Form des Konzentrators sei für dieses Ziel nicht erforderlich. Auch der damit verbundene Vorteil, dass die horizontalen Hallelemente näher beieinander liegen können und der Sensor somit kleiner gebaut werden könne, erfordere nicht, dass der Magnetfeldkonzentrator rotationssymmetrisch ist. Ein Symmetriezentrum des Magnetfeldkonzentrators müsse schließlich nicht in Anspruch 1 aufgenommen werden.
18. Dieses Argument überzeugt nicht. Die Positionierung der Hallelemente dient einerseits dazu, eine Anordnung zu schaffen, bei welcher die senkrechte Feldliniendichte an den Hallelementen am größten ist. Allerdings dient sie andererseits auch dazu, eine Anordnung zu schaffen, bei welcher der Einfluss etwaiger Störfelder durch Subtrahieren der gegenüberliegenden Signale eliminiert werden kann. Folglich muss die paarweise Anordnung der Hallelemente nicht nur bezüglich des Randes des Magnetfeldkonzentrators, sondern auch bezüglich dessen Symmetriezentrums definiert werden.
19. Da die symmetrische Form des Magnetfeldkonzentrators und die paarweise symmetrische Anordnung der Hallelemente im geänderten Anspruch 1 fehlt, beruht dieser auf einer unzulässigen Zwischenverallgemeinerung und verstößt damit gegen Art. 123(2) EPÜ.
Hilfsantrag Ib
Art. 123(2) EPÜ
20. Im Vergleich zu Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag I, wurde der vorliegende Anspruch 1 unter anderem dahingehend geändert, dass der Magnetfeldkonzentrator ein Symmetriezentrum enthält und dass die Hallelemente paarweise symmetrisch bezüglich des Symmetriezentrums angeordnet sind.
21. Die oben erhobenen Einwände bezüglich der Zwischenverallgemeinerung sind somit behoben.
22. Weder die Beschwerdegegnerin noch die Kammer erhob weitere Einwände bezüglich Art. 123(2) EPÜ.
Anspruch 1 - Neuheit und erfinderische Tätigkeit
23. Das Dokument E1a (und folglich WO98/054547) wurde bereits oben bezüglich des Hauptantrags diskutiert. Dieses Dokument offenbart einen Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes. Der Sensor umfasst einen Halbleiterchip und vier horizontale Hallelemente (Figur 2), wobei die Hallelemente im Halbleiterchip integriert sind (Absatz [0011]). Die Hallelemente sind paarweise symmetrisch bezüglich der Drehachse des Rotors angeordnet (Figur 2).
24. Es werden zwei Ausführungsformen beschrieben. Bei der in Figur 4 abgebildeten Ausführungsform ist ein Joch auf einer Oberfläche des Halbleiterchips angeordnet. Im Gegensatz dazu wird bei der Ausbildungsform gemäß Figur 1 kein Joch verwendet.
25. Anspruch 1 des Hilfsantrags Ib unterscheidet sich von der Ausführungsform gemäß Figur 4 unter anderem dadurch, dass die Hallelemente sich unterhalb eines scheibenförmigen Magnetfeldkonzentrators befinden. Hierbei ist zu beachten, dass unter dem Begriff "scheibenförmig", eine geschlossene Oberfläche verstanden wird. Im Gegensatz dazu ist das Joch von E1a als Kreisring zu bezeichnen. Diese Interpretation steht in Einklang mit dem vorliegenden Streitpatent. Insbesondere wird der in Figur 7a abgebildete Magnetfeldkonzentrator als "Kreisring" bezeichnet (siehe Absatz [0033]), während der in Figur 1 abgebildete Magnetfeldkonzentrator als "scheibenförmig" bezeichnet wird (siehe Absatz [0017]).
26. Ausgehend von Figur 4 müsste die Fachperson, um an den beanspruchten Sensor zu gelangen, das ringförmige Joch durch einen scheibenförmigen Magnetfeldkonzentrator ersetzen und die Hallelemente unterhalb des Jochs platzieren. Es gibt jedoch keinen erkennbaren Grund, der die Fachperson dazu motivieren würde.
27. Anspruch 1 des Hilfsantrags Ib unterscheidet sich von der Ausführungsform gemäß Figur 1 durch
a) den scheibenförmigen rotationssymmetrischen ferromagnetischen Magnetfeldkonzentrator;
b) die Positionierung der Hallelemente im Randbereich des Magnetfeldkonzentrators, sodass sie sich sowohl unterhalb des Konzentrators als auch innerhalb seiner äußeren Grenze befinden; und
c) die Subtraktion der Hallspannung des einen Hallelementes von der Hallspannung des gegenüberliegenden Hallelementes.
28. Der technische Effekt dieser unterscheidenden Merkmale ist, dass ein horizontales Hallelement die Komponente des Magnetfeldes messen kann, die in Abwesenheit des Magnetfeldkonzentrators parallel zur Chipoberfläche verlaufen würden.
29. Der Magnetfeldkonzentrator beeinflusst die Magnetfeldlinien derart, dass diejenigen Feldlinien, die auf den Magnetfeldkonzentrator auftreffen, in seine Oberfläche senkrecht eintreten. Diese Wirkung, die von Natur aus gegeben ist, führt zu einer Erhöhung der Magnetfeldliniendichte an den Rändern des Magnetfeldkonzentrators. Die Hallelemente befinden sich unterhalb und im Bereich des Randes des Magnetfeldkonzentrators. Dadurch, dass die horizontale Komponente der Feldlinien an der Stelle der Hallelemente in eine vertikale Richtung gezwungen werden, kann ein horizontales Hallelement verwendet werden, um die horizontale Komponente des Magnetfeldes zu messen.
30. Die objektive technische Aufgabe besteht folglich darin, einen Sensor für die Detektion der Richtung eines Magnetfeldes zu schaffen, bei dem die horizontale Komponente des Magnetfeldes mittels horizontaler Hallelemente gemessen werden können.
31. Das Dokument E3 beschreibt einen Abstandssensor, der mit Hilfe von mehreren Hallelementen den Abstand zwischen einem Magneten 30 und einer Vorrichtung 32 aus eisenhaltigen Material misst (Figur 1). Hierfür werden die Hallelemente zwischen dem Magneten und der Vorrichtung angeordnet. Hier werden sie von annähernd senkrechten Feldlinien durchdrungen (Figur 1; Spalte 2, Zeilen 29-35). Ein Magnetfeldkonzentrator, der sich zwischen den Magneten und den Hallelementen befindet, wird verwendet, um die Homogenität und Stärke des von den Hallelementen gemessenen Magnetfeldes zu erhöhen.
32. E3 enthält keinen Hinweis, der zu einer Lösung der objektiven technischen Aufgabe führen würde. Eine Messung der horizontalen Komponente des Magnetfelds ist in E3 nicht vorgesehen. Deshalb würde die Fachperson die Lehre von E3 nicht in Betracht ziehen, um die horizontale Feldlinien von E1a zu messen. Folglich würde sie nicht auf naheliegende Weise an den Sensor von Anspruch 1 gelangen.
33. Die Beschwerdegegnerin machte geltend, dass der durch die unterscheidenden Merkmale erreichte technische Effekt eine Erhöhung der Dichte der Magnetfeldlinien in den Hallelementen sei. Dementsprechend bestehe die zu lösende objektive technische Aufgabe darin, die Detektionsempfindlichkeit des Sensors zu erhöhen. Es würde darauf abgezielt, möglichst viele Feldlinien durch die Hallelemente zu lenken. Da der Magnetfeldkonzentrator von Dokument E3 genau dieses Problem löse (Spalte 3, Zeilen 13-18), wäre es naheliegend, einen solchen Magnetfeldkonzentrator auf den Chip von E1a zu montieren. Auch die Einspruchsabteilung sei der Meinung, dass die Fachperson E1a und E3 kombinieren würde, um eine Erhöhung der Durchflutung der Magnetfeldlinien in den Hallelementen zu erreichen.
34. Dem kann aus folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden:
Der Feldlinienverlauf in der Nähe eines Magnetfeldkonzentrators unterliegt den Gesetzen der Physik. Daher ist es naheliegend, dass, sobald ein Magnetfeldkonzentrator auf der Chipoberfläche von Figur 1 der E1a angebracht wird, die gewünschte Umlenkung der horizontalen Feldlinien in senkrechte Feldlinien erzielt wird. Im Stand der Technik gibt es jedoch keinen Hinweis, der den Fachmensch dazu veranlassen würde, einen Magnetfeldkonzentrator für diesen Zweck zu implementieren. Insbesondere schlägt E3 die Verwendung eines Magnetfeldkonzentrators für diesen Zweck nicht vor. Mit dem aus E3 bekannten Sensor wird nur die z-Komponente des Magnetfelds gemessen. E3 enthält höchstens die Lehre, dass ein Magnetfeldkonzentrator verwendet werden kann, um die Feldliniendichte von diesen ohnehin annähernd senkrechten Feldlinien zu erhöhen. Folglich kann E3 die Verwendung eines Magnetfeldkonzentrators zur Lösung der objektiven technischen Aufgabe nicht nahelegen.
Außerdem führt die Verwendung eines Magnetfeldkonzentrators bei der in Figur 1 der E1a abgebildeten Anordnung nicht automatisch zu einer Erhöhung der Feldliniendichte an den Hallelementen. Die Feldlinien in E1a beinhalten zwar eine z-Komponente, die von den Hallelemente erfasst wird. Allerdings verlaufen die Feldlinien hauptsächlich von links nach rechts und treffen auf das linke Hallelement von oben und das rechte Hallelement von unten. Der Feldlinienverlauf zwischen Magneten und Hallelemente in E3 ist anders als der Feldlinienverlauf zwischen Magneten und Hallelementen in E1a. Ein Magnetfeldkonzentrator, der in E1a auf der Oberfläche des Chips angeordnet wäre, würde deshalb nicht den gleichen Effekt erzielen wie der in E3 eingesetzte Magnetfeldkonzentrator. Die Feldlinien würden nicht gebündelt senkrecht durch den Magnetfeldkonzentrator verlaufen (wie in E3), sondern sie würden horizontal entlang des Magnetfeldkonzentrators verlaufen wobei sie in derselben Oberfläche des Magnetfeldkonzentrators sowohl ein- als auch austreten würden. Der Magnetfeldkonzentrator würde deshalb darauf abzielen, dass zumindest die Feldlinien, die in Abwesenheit des Magnetfeldkonzentrators die Hallelemente durchdringen würden, an den Hallelementen vorbei geleitet werden, ohne auf sie aufzutreffen. Lediglich die Feldlinien, die durch die Unterseite des Magnetfeldkonzentrators eintreffen, könnten die Hallelemente durchdringen. Es ist daher nicht naheliegend, dass die Verwendung eines Magnetfeldkonzentrators bei der in Figur 1 der E1a abgebildete Anordnung eine Verbesserung der Empfindlichkeit des Sensors erreichen könnte.
35. Die Beschwerdegegnerin brachte keine weiteren Argumente in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit von Anspruch 1 des Hilfsantrags Ib vor. Insbesondere wurde kein besserer Ausgangspunkt identifiziert.
36. Folglich beruht der Gegenstand von Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 56 EPÜ).
Anspruch 2
37. Der vorliegenden Anspruch 2 entspricht den unabhängigen Anspruch gemäß Hilfsantrag 6 der Zwischenentscheidung, welcher nach Ansicht der Einspruchsabteilung die Erfordernisse des EPÜ erfüllt.
38. Ist - wie hier - die Patentinhaberin alleinige Beschwerdeführerin gegen eine Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang, so kann weder die Beschwerdekammer noch der nicht beschwerdeführende Einsprechende als Beteiligter nach Art. 107 Satz 2 EPÜ die Fassung des Patents gemäß der Zwischenentscheidung in Frage stellen (G 9/92, Non-payment of further search fees, OJ 1993, 591).
39. Im vorliegenden Fall kann Anspruch 2 deshalb nicht in Frage gestellt werden.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Entscheidung wird aufgehoben.
Die Angelegenheit wird mit der Anordnung an die erste Instanz zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage des Hilfsantrags Ib, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2018, aufrechtzuerhalten.
Ansprüche
1 - 4 gemäß Hilfsantrag Ib
Beschreibungsseiten
2, 3 und 5 gemäß Hilfsantrag Ib
4 und 6 der erteilten Fassung
Zeichnungen
1 - 11 der erteilten Fassung