T 2306/12 12-07-2016
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WIRKSTOFFPARTIKELHALTIGES TRANSDERMALES THERAPEUTISCHES SYSTEM MIT ERHÖHTEM WIRKSTOFFFLUSS
Spät eingereichter Antrag - zugelassen (ja)
Einspruchsgründe - mangelhafte Offenbarung (nein)
Einspruchsgründe - mangelnde Klarheit kein Einspruchsgrund
Neuheit - (ja)
Beschwerdeentscheidung - Zurückverweisung (ja)
I. Das europäische Patent Nr. 2 029 121 wurde mit achtzehn Patentansprüchen erteilt.
II. Gegen die Erteilung des Patents wurde ein Einspruch eingelegt, der auf die unter Artikel 100 a) und 100 b) EPÜ genannten Einspruchsgründe gestützt war, mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nach Artikel 52(1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentierbar sei und dass das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne.
III. Die Patentinhaberin beantragte im Einspruchsverfahren die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang.
IV. Im Verlauf des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens wurden unter anderem die folgenden Dokumente genannt:
D1: WO 00/47191 A1
D3: EP 0 481 443 A1
D4: IT 22336-A/88
D4a: Englische Übersetzung der Druckschrift D4, eingereicht mit Schriftsatz der Einsprechenden vom 30. März 2011
V. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2012 verkündete und am 31. August 2012 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen zu widerrufen.
In der Sache kam die Einspruchsabteilung unter anderem zu dem Ergebnis, dass der beanspruchte Gegenstand hinreichend offenbart sei. Allerdings fehle dem Gegenstand von Anspruch 1 die Neuheit gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung D3 in Verbindung mit der in D3 zitierten Entgegenhaltung D4.
VI. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und legte zusammen mit der Beschwerdebegründung einen neuen geänderten Hauptantrag mit fünfzehn Ansprüchen, einen Hilfsantrag sowie eine geänderte Beschreibung vor.
Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut:
"1. Transdermales therapeutisches System (TTS) mit einer wirkstoffhaltigen Matrix enthaltend ein im wesentlichen wasserunlösliches Basismaterial, welches wasserlösliche oder wasserquellbare Einschlusskörper aufweist, die Wirkstoffpartikel als Mikro- oder Nanopartikel enthalten, wobei die Größe der Wirkstoffpartikel weniger als 10% von der Partikelgröße der Einschlusskörper beträgt und wobei der Wirkstoff einen Schmelzpunkt von oberhalb 50°C hat."
Der unabhängige Anspruch 12 des Hauptantrags ist auf ein Verfahren zur Herstellung der wirkstoffhaltigen Matrix eines TTS nach Anspruch 1 gerichtet.
Bei den übrigen Ansprüchen handelt es sich um abhängige Ansprüche. Der abhängige Anspruch 6 ist auf ein TTS nach einem der Ansprüche 1 bis 5 gerichtet, wobei die Einschlusskörper eine Partikelgröße von kleiner als 50 mm aufweisen sollen.
VII. In ihrer Beschwerdeerwiderung machte die Einsprechende (Beschwerdegegnerin) Einwände im Hinblick auf mangelnde Ausführbarkeit, mangelnde Neuheit gegenüber der Entgegenhaltung D3 und mangelnde erfinderische Tätigkeit geltend. Falls sich eine Entscheidung zur erfinderischen Tätigkeit als erforderlich erweisen sollte, beantrage sie die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung.
VIII. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK erläuterte die Kammer ihre vorläufige Einschätzung, wonach die vorliegenden Einwände bezüglich mangelnder Ausführbarkeit tatsächlich einen Mangel an Klarheit betrafen oder aber nicht stichhaltig waren und die Neuheit von Anspruch 1 gegenüber der Entgegenhaltung D3 gegeben war. Gegebenenfalls werde zu entscheiden sein, ob eine Zurückverweisung erfolgen solle.
IX. Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2016 legte die Beschwerdeführerin drei weitere Anspruchssätze als Hilfsanträge II bis IV vor.
X. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 12. Juli 2016 statt. Die Beschwerdeführerin ersetzte alle Anträge durch den bisherigen Hilfsantrag II als nunmehr einzigen Antrag. Bis auf die Angabe der Maßeinheit im abhängigen Anspruch 6 als "mym" statt "mm" ist dieser Antrag identisch mit dem früheren Hauptantrag (s.o. Punkt VI).
XI. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Zulassung des geänderten Hauptantrags
Mit dem geänderten Hauptantrag werde lediglich ein Fehler in Anspruch 6 des bisherigen Hauptantrags korrigiert, wobei basierend auf Seite 8, Zeile 17 der ursprünglich eingereichten Beschreibung die unrichtige Einheit "mm" durch "mym" ersetzt worden sei.
Ausführbarkeit
Dem Fachmann seien übliche Verfahren zur Bestimmung der Partikelgröße bekannt, die laut Absatz [0031] des Streitpatents als Partikeldurchmesser anzusehen sei. Laut Streitpatent (vgl. Absatz [0029]) sei vor allem von Bedeutung, dass die Wirkstoffpartikel deutlich kleiner sein sollten als die Einschlusskörper. In der Realität beziehe der Fachmann die Wirkstoffe bereits mit standardisierten Partikelgrößen von deren Hersteller. Die fachgerechte Messung der Partikelgrößen werde üblicherweise mit automatisierten Standardmethoden und und mit Hilfe graphischer Auswertungsprogramme durchgeführt, die alle relevanten Größen ermitteln könnten. Die von der Beschwerdegegnerin aufgeworfene Frage, welche Dimension bei unregelmäßigen oder nadelförmigen Wirkstoffkristallen zu messen sei, könne höchstens im Grenzbereich, also für Größenverhältnisse um 10%, interessieren, gebe aber keinen Anlass dazu, die Ausführbarkeit des Anspruchsgegenstands grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.
Neuheit
Die Entgegenhaltung D3 enthalte keine spezifische Offenbarung der in Anspruch 1 definierten Merkmalskombination. Die Auswahl eines im wesentlichen wasserunlöslichen Basismaterials, eines wasserlöslichen oder wasserquellbaren Matrixmaterials der Einschlusskörper und eines Wirkstoffs mit einem Schmelzpunkt von über 50°C sei jeweils nicht zwingend durch D3 vorgegeben, so dass bereits hier eine Mehrfachauswahl zu treffen sei. In der Entgegenhaltung D3 selbst finde sich auch nirgends ein Hinweis auf die Größe der Wirkstoffpartikel. Das in Anspruch 1 definierte Größenverhältnis von weniger als 10% werde nicht zwangsläufig erfüllt.
XII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Zulassung des geänderten Hauptantrags
Gegen die Zulassung des geänderten Hauptantrags habe die Beschwerdegegnerin keine Einwände.
Ausführbarkeit
Im Streitpatent werde weder der Begriff der Partikelgröße definiert noch ein Verfahren zur Bestimmung der Partikelgröße offenbart. Damit könne das Verhältnis zwischen den Partikelgrößen der Wirkstoffpartikel und der Einschlusskörper, das anspruchsgemäß unter eins zu zehn (10%) liegen müsse, nicht bestimmt werden, und der Fachmann sei nicht in der Lage, feststellen, ob ein gegebener Einschlusskörper anspruchsgemäß sei oder nicht. Dies treffe insbesondere im Falle nicht kugelförmiger Wirkstoffpartikel zu, beispielsweise bei nadelförmigen Kristallen oder unregelmäßigen Formen. Auch bei Festlegung auf eine bestimmte Messmethode könne in solchen Fällen die Feststellung, dass das angegebene Verhältnis der Partikelgrößen erfüllt sei, zwar bei Ausführungsformen mit stark unterschiedlichen Partikelgrößen (beispielsweise bei einem Größenverhältnis von eins zu hundert) sicher getroffen werden, im Grenzbereich (um 10%) sei dies aber nicht möglich. Somit sei der beanspruchte Gegenstand nicht über die gesamte beanspruchte Breite deutlich genug offenbart, um ausführbar zu sein.
Neuheit
Der Inhalt der Entgegenhaltung D3 sei neuheitsschädlich für Anspruch 1. Hier sei die allgemeine Anleitung auf Seite 3, Zeilen 18 bis 55 der D3 in Betracht zu ziehen, die ein streitpatentgemäßes TTS mit mikropartikulären Einschlusskörpern und dessen Herstellung offenbare. Die einzige im Rahmen der technischen Lehre von D3 zu treffende Auswahl bestehe in der Wahl von Mikropartikeln aus hydrophilem quervernetztem Polymer als Einschlusskörper (D3: Seite 3: Zeilen 27 bis 29 und 42 bis 45). Durch direkten Verweis in D3 auf die Druckschrift D4 erhalte der Leser die Information, dass die Wirkstoffpartikel Dimensionen im Nanometer-Bereich aufwiesen (vgl. D3: Zeile 45; D4a: Seite 5, Zeilen 16 bis 19). Üblicherweise zählten Partikel von 1 mym bis 1000 mym Größe zu den Mikropartikeln und Partikel von 1 nm bis 1000 nm (= 1 mym) Größe zu den Nanopartikeln. Daraus ergebe sich, dass 99% der für die Einschlusskörper möglichen Partikelgrößen (nämlich die im Bereich von 10 bis 1000 mym) von vornherein das in Anspruch 1 definierte Größenverhältnis erfüllten. Darüber hinaus sei das Größenverhältnis auch für alle Nanopartikel unter 100 nm automatisch erfüllt. Bei dieser großen Überlappung mit dem durch das Größenverhältnis in Anspruch 1 definierten Bereich könne keine Neuheit mehr vorliegen.
XIII. Auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vom 12. Juli 2016 vorgelegten Antrags (zuvor eingereicht als Hilfsantrag II mit Schriftsatz vom 8. Juli 2016) beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung.
XIV. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung zur Entscheidung über die erfinderische Tätigkeit.
1. Zulassung des geänderten Antrags (Artikel 13 VOBK)
1.1 Abgesehen von der Korrektur eines Fehlers im abhängigen Anspruch 6 ist der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte geänderte Antrag identisch mit dem bereits mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrag (s.o. Punkt VI, IX und X).
1.2 Da somit keine neuen Fragen aufgeworfen werden, wird der geänderte Antrag in das Verfahren zugelassen.
2. Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ)
2.1 Der von der Beschwerdegegnerin unter Artikel 100 b) EPÜ geltend gemachte Einwand zielt auf das Merkmal in Anspruch 1, wonach die Größe der Wirkstoffpartikel weniger als 10% von der Partikelgröße der Einschlusskörper beträgt.
2.2 Tatsächlich sind im Streitpatent weder eine Definition der Partikelgröße noch eine Vorschrift zu ihrer Bestimmung angegeben. Zwar wird im Zusammenhang mit den Wirkstoffpartikeln in Absatz [0031] der Patentschrift der Partikeldurchmesser erwähnt, auch damit bliebe aber zumindest bei unregelmäßig geformten oder länglichen Partikeln (wie beispielsweise nadelförmigen Kristallen) fraglich, welche Dimension zugrundegelegt werden soll. Während Verfahren zur Bestimmung der Partikelgröße grundsätzlich bekannt sind, können diese zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
2.3 Die Beschwerdegegnerin vertrat deshalb die Auffassung, zwar seien Ausführungsformen herstellbar, bei denen die Größe der Einschlusskörper deutlich (zum Beispiel hundertfach) über der Größe der Wirkstoffpartikel liege, zumindest im Grenzbereich sei aber das Merkmal in Anspruch 1, wonach die Größe der Wirkstoffpartikel weniger als 10% von der Partikelgröße der Einschlusskörper beträgt, im Sinne von Artikel 100 b) EPÜ nicht ausführbar, da der Fachmann insbesondere bei Verwendung nadelförmiger Wirkstoffkristalle mangels Anleitung im Streitpatent nicht entscheiden könne, ob eine gegebene Ausführungsform innerhalb oder außerhalb des Anspruchsumfangs liege.
2.4 Die Kammer kann sich dieser Sicht allerdings aus den folgenden Gründen nicht anschließen:
Unstreitig ist, dass Partikelgrößen grundsätzlich bestimmt und verglichen werden können, wobei der Fachmann aufgrund seines Fachwissens auch in der Lage wäre, ein im Einzelfall geeignetes Verfahren (mit entsprechender Definition der Partikelgröße) zu wählen. Aus dem Vortrag der Beschwerdegegnerin folgt lediglich, dass sich in besonderen Fällen an der Grenze des beanspruchten Bereichs (also bei einem Partikelgrößenverhältnis nahe 10%) Zweifel bezüglich der Abgrenzung ergeben könnten.
Dies ist aber ein Einwand, der nicht die grundsätzliche Ausführbarkeit (also die Deutlichkeit dessen, was offenbart ist) gemäß Artikel 100 b) EPÜ betrifft, sondern der unter dem Gesichtspunkt mangelnder Klarheit (Deutlichkeit bzw. Abgrenzung dessen, was beansprucht wird) unter Artikel 84 EPÜ abzuhandeln wäre, wobei mangelnde Klarheit kein unter Artikel 100 EPÜ genannter Einspruchsgrund ist.
Das Merkmal, wonach die Größe der Wirkstoffpartikel weniger als 10% von der Partikelgröße der Einschlusskörper beträgt, war bereits in Anspruch 7 des erteilten Patents enthalten und wurde damit nicht durch die vorgenommenen Änderungen neu in den vorliegenden Antrag eingeführt. Somit ist der Einwand betreffend die Bestimmung der Partikelgröße auch nicht unter Artikel 84 EPÜ in Kombination mit Artikel 101(3) EPÜ im Einspruchsbeschwerdeverfahren zu behandeln (vgl. G3/14, ABl. EPA 2015, A102, Leitsatz).
2.5 Die Kammer kommt zu dem Schluss, dass der Einspruchsgrund unter Artikel 100 b) EPÜ einer Aufrechterhaltung des Patents im beanspruchten Umfang nicht entgegensteht.
3. Neuheit (Artikel 100 a), 52(1), 54 EPÜ)
3.1 In der von der Beschwerdegegnerin zitierten Textpassage auf Seite 3, Zeilen 18 bis 55 der Entgegenhaltung D3 werden verschiedene Merkmale von TTS gemäß der technischen Lehre von D3 erläutert.
a) Die Beschwerdegegnerin selbst hat eingeräumt, dass in diesem Rahmen bereits eine erste Auswahl zu treffen ist, nämlich die Auswahl der Einschlusskörper als hydrophile, aus quervernetztem Polymer aufgebaute Mikropartikel (D3: Seite 3, Zeilen 27 bis 29 und 41 bis 44).
b) Weiter werden in D3 im Hinblick auf die Auswahl des Medikaments beispielhaft allgemeine Wirkstoffklassen ohne eine Beschränkung bezüglich des Schmelzpunkts angegeben. Die angegebenen Wirkstoffklassen und Beispiele werden als "nicht limitierend" bezeichnet (D3: Seite 3, Zeile 56 bis Seite 4, Zeile 11). Somit wäre, um zu dem Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 zu gelangen, eine weitere Auswahl erforderlich, nämlich die Auswahl von Wirkstoffen mit einem Schmelzpunkt von über 50°C.
c) Schließlich ist in D3 zwar offenbart, dass es sich bei den Einschlusskörpern um Mikropartikel handeln soll (vgl. D3: Seite 2, Zeilen 49 und 57; Seite 3, Zeilen 28 und 34), bezüglich der Größe der Wirkstoffpartikel werden aber keinerlei Angaben gemacht. Aus der Entgegenhaltung D3 selbst lässt sich damit nicht ableiten, dass die Größe der Wirkstoffpartikel weniger als 10% der Größe der Einschlusskörper betragen soll.
Nach Auffassung der Kammer kann eine solche Limitierung aber auch aus dem Verweis auf die Anmeldung D4 nicht eindeutig entnommen werden:
In D3 wird angegeben (D3: Seite 3, Zeilen 40 bis 46), dass eine Option bei der Herstellung der dort beschriebenen TTS darin bestehe, Mikropartikel aus quervernetztem Polymer mit dem Wirkstoff zu beladen, und zwar entweder durch Quellen mit Lösungsmitteln und nach Einwirken von Lösungsmitteldämpfen, wie in der italienischen Patentanmeldung IT 22336-A/88 (D4) beschrieben, oder aber durch gemeinsames Vermahlen mit hohem Energieeintrag in Gegenwart von Dämpfen, wie in der italienischen Patentanmeldung IT 22770-A/88 beschrieben.
Somit stellt laut diesem Verweis das Verfahren gemäß D4 schon von vornherein nicht die einzige Möglichkeit dar, wobei die zweite genannte italienische Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren nicht vorliegt und daher unbekannt ist, was diese alternative Option genau beinhaltet. Weiter ist nicht auszuschließen, dass in der Entgegenhaltung D3 mit dem pauschalen Verweis auf D4 nur auf das allgemeine Prinzip des dort dargestellten Herstellverfahrens verwiesen werden soll und nicht auf spezielle technische Merkmale wie die Partikelgröße des Wirkstoffs. Selbst wenn vorausgesetzt würde, dass der Wirkstoff Partikelgrößen im Nanometerbereich aufweisen soll, so ist immer noch die Partikelgröße nicht zwingend kleiner als 10% der Partikelgröße mancher Mikropartikel.
3.2 In den im schriftlichen Verfahren ebenfalls von der Beschwerdegegnerin herangezogenen Ausführungsbeispielen Nr. 1 bis 6 von D3 fehlen Angaben zur Partikelgröße der Wirkstoffpartikel und Einschlusskörper bzw. zum Partikelgrößenverhältnis.
3.3 Aufgrund dieser Erwägungen kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die im vorliegenden Anspruch 1 definierte Merkmalskombination in der Entgegenhaltung D3, auch unter Berücksichtigung des Verweises auf D4, nicht spezifisch offenbart ist.
3.4 Somit ist der Gegenstand der Ansprüche 1 und 12 als neu gegenüber der Entgegenhaltung D3 anzusehen (Artikel 52(1) und 54 EPÜ).
4. Antrag auf Zurückverweisung (Artikel 111(1) EPÜ)
4.1 Die Einspruchsabteilung hat in ihrem Ladungsbescheid zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung die erfinderische Tätigkeit ausgehend von der Entgegenhaltung D1 im Ansatz diskutiert, später aber darüber nicht abschließend entschieden.
4.2 Um keinen Instanzverlust zu erleiden, haben beide Parteien die Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zur Entscheidung über die erfinderische Tätigkeit beantragt.
4.3 Bei dieser Sachlage hält die Kammer eine Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung für angemessen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.