T 0024/13 03-02-2016
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Druckluftversorgungseinrichtung
Änderungen - unzulässige Erweiterung (ja)
Zulassung von erstmalig mit der Beschwerdebegründung
eingereichtem Dokument (ja)
Kostenverteilung - (nein)
Zurückverweisung an die erste Instanz - (ja)
I. Die Einsprechende hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 731 394 in geändertem Umfang gemäß Hilfsantrag 4 aufrechterhalten worden ist, Beschwerde eingelegt.
II. Gegen das vorliegende Patent war Einspruch eingelegt worden aufgrund der in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der mangelnden Neuheit und der mangelnden erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem innerhalb der Einspruchsfrist vorgelegten Stand der Technik D1 bis D12.
III. In einem Bescheid als Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 16. März 2012 hatte die Einspruchsabteilung den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 als nicht neu gegenüber Dokument D4 angesehen.
Mit Schreiben vom 28. September 2012 hatte die Patentinhaberin Hilfsanträge 1 bis 5 eingereicht, die der Einsprechenden am 10. Oktober 2012 durch das EPA zugestellt wurden.
In Antwort darauf hatte die Einsprechende mit Schreiben vom 17. Oktober 2012, eingegangen per Fax beim EPA am 19. Oktober 2012, darauf hingewiesen, dass aufgrund der sehr kurzen bis zur Verhandlung zur Verfügung stehenden Zeitspanne nur noch grundsätzlich auf das Schreiben der Patentinhaberin erwidert werden könne.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 hatte die Einsprechende noch ein weiteres Dokument D13 gegen Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 vorgelegt, der nicht recherchierte Merkmale der Beschreibung der Patentschrift aufweise.
Die Verhandlung vor der Einspruchsabteilung hat am 30. Oktober 2012 stattgefunden.
IV. Mit der Beschwerdebegründung beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Einführung des Dokumentes FR 2 261 912 (D14) in das Verfahren.
V. Am 3. Februar 2016 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Weiterhin beantragte sie die Erstattung der ihr in Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents mit einer Anspruchsfassung gemäß einem der Hilfsanträge 1a bis 1e, 2, 2a bis 2e, 3, 3a bis 3e, 4, 4a bis 4e, 5, 5a bis 5e, 6, 6a bis 6e, 7, 7a bis 7e.
VI. Anspruch 1 gemäß der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung lautet wie folgt (die gegenüber den erteilten Ansprüchen 1 und 8 hinzugefügten Merkmale sind von der Kammer durch Unterstreichungen gekennzeichnet, Streichungen durch Durchstreichen):
"Druckluftversorgungseinrichtung (10) mit einer elektronischen Luftaufbereitungsanlage (12), die ein Ventilgehäuse (14) aufweist, wobei [deleted: in dem Ventilgehäuse ein Druckbegrenzer (24) angeordnet ist, der einen einer Anhangerdruckluftversorgung (26) und der Feststellbremsanlage (28) zugeführten Druck begrenzt,. dadurch gekennzeichnet, dass] an dem Ventilgehäuse (14) ein Feststellbremsanlagenmodul (16) zur Druckluftversorgung einer Feststellbremsanlage über eine Flanschverbindung (18) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass in dem Ventilgehäuse ein Druckbegrenzer (24) angeordnet ist, der einen einer Anhängerdruckluftversorgung (26) und der Feststellbremsanlage (28) zugeführten Druck begrenzt, [deleted: und] dass die Flanschverbindung eine elektrische (20) und eine pneumatische (22) Schnittstelle zwischen der Luftaufbereitungsanlage und dem Feststellbremsanlagenmodul zur Verfügung stellt und dass ein 3/2-Magnetventil (38) vorgesehen ist, das nicht aus dem Feststellbremsanlagenkreis mit Druckluft versorgt wird und das bei Bestromung eine Notlöseeinrichtung der Feststellbremsanlage betätigt, wobei das 3/2-Magnetventil als monostabiles Magnetventil ausgeführt ist, das die Feststellbremsanlage (28) über ein Wechselventil (60) betätigt."
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Die gegenüber den ursprünglich erteilten Ansprüchen 1 und 8 aufgenommenen Merkmale seien der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht unmittelbar zu entnehmen. Die Verallgemeinerung des in der Patentschrift gezeigten federbeaufschlagten Magnetventils in ein monostabiles Magnetventil stelle eine unzulässige Verallgemeinerung dar und umfasse auch Ausführungen von im Streitpatent nicht offenbarten monostabilen Magnetventilen. Bei dem in Figur 2 gezeigten 3/2-Magnetventil handele es sich nur um eine Ausführungsform eines monostabilen Magnetventils, das unerregt durch die Kraft einer Feder eine bestimmte Grundposition einnehme. Es seien aber auch andere Ausführungsformen denkbar, bei denen eine stabile Position des Magnetventils beispielsweise durch eine pneumatische Vorrichtung oder einen Permanentmagneten realisiert werde. Das Federsymbol sei nicht als allgemeines Schaltsymbol, sondern gemäß DIN-Normen als federrückstellend zu interpretieren.
Auch liege eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor, da das Merkmal "Wechselventil (60)", welches nur in Kombination mit dem Relaisventil (30) offenbart sei, aus einer ursprünglich offenbarten Merkmalskombination gemäß Figur 2 und zugehöriger Beschreibung willkürlich herausgegriffen worden sei. Der betreffende zweite Arm des Wechselventils sei für die Notlösefunktion wichtig.
Die Einführung des Dokuments FR 2 261 912 (D14) in das Verfahren sei zulässig, da der Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hilfsantrag 4 Merkmale der Beschreibung der Patentschrift aufweise, die im Prüfungsverfahren und auch im bisherigen Einspruchsverfahren nicht recherchiert worden seien. Aufgrund der sehr kurzen Zeitspanne zwischen dem Eingang der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 4 bei der Einsprechenden am 15. Oktober 2012 und der mündlichen Verhandlung am 30. Oktober 2012 sei es der Einsprechenden nicht möglich gewesen, eine entsprechende Recherche durchzuführen. Diese Ansicht werde auch gestützt durch die vor dem Europäischen Patentamt geltenden Fristen von üblicherweise zwei oder vier Monaten.
Gegen eine Zurückverweisung an die erste Instanz spreche, dass mit Dokument D10 schon ein ähnliches Dokument im Verfahren sei, allerdings mit anderer Topologie. Nachdem die Patentinhaberin keine Beschwerde eingereicht habe, werde die Einsprechende durch eine Zurückverweisung benachteiligt, da die Patentinhaberin ein breiteres Patent erhalten könne. Die Patentinhaberin sei im Übrigen selbst verantwortlich für die vorliegende Situation, da sie ihre Hilfsanträge im Einspruchsverfahren früher hätte einreichen können.
Es werde zudem die Zurückweisung der Hilfsanträge wegen verspätetem Vorbringen beantragt, da sie in Reaktion auf den von der Einsprechenden genannten Einspruchsgrund der unzulässigen Erweiterung (Hilfsanträge 1a bis 1e) bzw. zum Herbeiführen einer erfinderischen Tätigkeit des Streitpatents gegenüber dem im Einspruchsverfahren genannten Stand der Technik (Hilfsanträge 2 bis 7, ebenso 2a bis 7e) schon im Einspruchsverfahren hätten eingeführt werden können. Zudem seien die Hilfsanträge wegen fehlender Konvergenz zurückzuweisen.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin kann wie folgt zusammengefasst werden:
Ein "monostabiles" Magnetventil sei eindeutig der Figur 2 des Streitpatents in allgemeiner Weise in Form des verwendeten Schaltzeichens offenbart, das symbolhaft die Monostabilität des Magnetventils zum Ausdruck bringe. Der Fachmann werde unabhängig von der Art und Weise, wie die Monostabilität realisiert werde, immer ein Federsymbol zeichnen, da nicht für jede Ventilart ein eigenes Schaltsymbol existiere. Insbesondere repräsentiere das Federsymbol nicht notwendigerweise eine Feder, sondern ein beliebiges Element zur Herstellung der Monostabilität.
Das im Anspruchswortlaut genannte Wechselventil besitze konstruktionsbedingt an jedem seiner beiden Eingangsanschlüsse eine Rückschlagfunktionalität, so dass der nicht mit dem monostabilen Magnetventil gekoppelte - im Anspruchswortlaut nicht thematisierte - Eingangsanschluss des Wechselventils für die Funktionalität der Notlöseeinrichtung unerheblich sei.
Dokument D14 hätte spätestens während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung in das Verfahren eingeführt werden können und müssen. Gemäß der Entscheidung T 102/92 sollten im Verfahren vor den Beschwerdekammern nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen neue Tatsachen, Beweismittel und diesbezügliche Argumente zum Verfahren zugelassen werden. Gemäß der T 1557/05 bedeute das Einreichen eines neuen Dokuments mit der Beschwerdebegründung nicht automatisch, dass dieses Dokument nicht als verspätet zurückgewiesen werden könne. Letztlich sei die Frage zu beantworten, ob die Zeitspanne zwischen der Zustellung der von der Einspruchsabteilung als gewährbar erachteten Anspruchsfassung an die Einsprechende und der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabeilung für die Durchführung einer entsprechenden Recherche zumutbar gewesen sei oder nicht. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 die DE 103 33 610 (D13) als nachrecherchierten Stand der Technik benannt, habe also offensichtlich eine Recherche im Vorfeld der mündlichen Verhandlung durchgeführt. Dass D14 dabei nicht recherchiert worden sei oder lediglich nicht benannt worden sei, sei als Versäumnis der Beschwerdeführerin ausschließlich zu ihren Lasten zu werten und dürfe nicht zu einer Benachteiligung der Patentinhaberin führen. D14 sollte nicht weiter im Verfahren berücksichtigt werden, andernfalls sei eine Zurückverweisung zur Neuverhandlung des Einspruchs vor der Einspruchsabteilung geboten, um eine einseitige Benachteiligung der Patentinhaberin zu vermeiden.
Neben der Möglichkeit von zwei Instanzen spreche für die Zurückverweisung an die erste Instanz, dass bei Zulassung des Dokuments D14 die Einschränkung gemäß Hilfsantrag 4 unter Umständen nicht nötig gewesen wäre.
1. Zulässigkeit der Änderungen (Artikel 123 (2) EPÜ)
1.1 Die Charakterisierung des Magnetventils zur Betätigung einer Notlöseeinrichtung in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag als "monostabiles Magnetventil" ist den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht unmittelbar und eindeutig offenbart und verstößt somit gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.
1.2 Ein 3/2-Magnetventil als zentraler Bestandteil einer Notlöseeinrichtung ist in der Beschreibung wie ursprünglich eingereicht in Zusammenhang mit der Ausführungsform gemäß Figur 2 gezeigt, wird allerdings dort nicht näher charakterisiert. Figur 2 zeigt ein Schaltzeichen mit einem Federsymbol. Die Kammer folgt nicht der Auffassung der Beschwerdegegnerin, dass damit unmittelbar und eindeutig allgemein die Monostabilität des Magnetventils offenbart sei. Selbst wenn mangels der Verfügbarkeit geeigneter Schaltsymbole auch für andere monostabile Ventilarten ein Federsymbol verwendet werden mag, so ist die Kammer nicht überzeugt, dass der Fachmann beim Betrachten des Schaltsymbols in Figur 2 der eingereichten Anmeldung unmittelbar ein Magnetventil in allgemeiner monostabiler Ausführung entnehmen und nicht von einem durch Federkraft oder einem zumindest durch elastisch auf den Ventilkörper einwirkende Rückstellkräfte in einer bevorzugten Ruhestellung gehaltenen Magnetventil ausgehen würde. Damit ist das Kriterium der Eindeutigkeit der Offenbarung eines monostabilen Magnetventils nicht erfüllt.
Die Einschränkung in Anspruch 1 auf ein monostabiles federvorgespanntes Magnetventil wäre hingegen als ursprünglich offenbart anzusehen, da der Fachmann diese spezifische Ausführungsform, bei der das Magnetventil unerregt durch Federkraft eine bestimmte Grundposition einnimmt, unmittelbar und eindeutig als eine unter das Schaltsymbol gemäß Figur 2 fallende bevorzugte Ausführungsform erkennt und damit nicht mit einer neuen technischen Information konfrontiert wird.
1.3 Die Beschwerdeführerin sieht einen weiteren Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ in dem aus einer ursprünglich offenbarten Merkmalskombination gemäß Figur 2 und zugehöriger Beschreibung willkürlich herausgegriffen Wechselventil, das nur in Kombination mit einem Relaisventil offenbart sei.
Die Kammer kann darin jedoch keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung erkennen. Das Wechselventil wird im vorliegenden Anspruch 1 im Zusammenhang mit der Betätigung einer Notlöseeinrichtung über das 3/2-Magnetventil eingeführt und ermöglicht eine redundante Betätigung der Feststellbremsanlage über einen separaten pneumatischen Ansteuerungspfad und einen ersten Eingangsanschluss des Wechselventils, der nicht aus dem Feststellbremsanlagenkreis mit Druckluft versorgt wird. Das Relaisventil ist, wie aus Figur 2 der ursprünglich eingereichten Anmeldung zu erkennen (siehe auch Beschreibung Spalte 6, Zeile 56, bis Spalte 7, Zeile 3 der A-Schrift), in einem parallelen Ansteuerungspfad angeordnet, über den im Normalfall die Ansteuerung der Feststellbremsanlage erfolgt, und mit einem zweiten Eingangsanschluss des Wechselventils verbunden. Dieser zweite Eingangsanschluss weist eine separate pneumatische Ansteuerschaltung auf und hat keinen Einfluss auf die Funktionalität der Notlöseeinrichtung, so dass damit in Verbindung stehende Elemente wie das Relaisventil strukturell und funktionell nicht eng mit den in Anspruch 1 spezifizierten Elementen der Notlöseeinrichtung verbunden sind. Auch ist dieser im Normalbetrieb benutzte Ansteuerpfad der Feststellbremsanlage, welcher das Relaisventil umfassen würde, in Anspruch 1 ansonsten nicht näher spezifiziert.
2. Zulassung von Dokument D14 in das Beschwerdeverfahren
Gemäß Artikel 12 (4) VOBK (Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, ABl. EPA 2007, 536) liegt es im Ermessen der Kammer, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin erstmalig mit der Beschwerdebegründung Dokument D14 vorgelegt. Wie dem Verfahrensablauf im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren (siehe Punkt III) zu entnehmen ist, wurden die vor der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge erst mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 vom EPA der Einsprechenden zugestellt und damit weniger als drei Wochen vor dem anberaumten Termin für die mündliche Verhandlung (30. Oktober 2012). Die Einsprechende bestätigte den Erhalt der Hilfsanträge erst zum 15. Oktober 2012.
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass aufgrund der kurzen Zeitspanne zwischen dem Erhalt der Ansprüche gemäß Hilfsantrag 4 und der mündlichen Verhandlung keine entsprechende Recherche durchzuführen war, wobei Anspruch 1 in der aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hilfsantrag 4 nicht recherchierte Merkmale aus der Beschreibung der Patentschrift aufweise.
Die Kammer stimmt mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass eine Zeitspanne von weniger als drei Wochen bis zur mündlichen Verhandlung vor der ersten Instanz nicht ausreichend war, um eine zusätzliche Recherche nach relevantem Stand der Technik durchzuführen.
Entscheidend ist aber nach Auffassung der Kammer, ob eine zusätzliche Recherche erforderlich und damit die Einreichung des Dokuments D14 eine berechtigte Reaktion auf den Erhalt geänderter Ansprüche kurz vor der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren war, ob also das zusätzliche Dokument nicht bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätte vorgelegt werden können. Dies ist nach Auffassung der Kammer zu bejahen, da in Anspruch 1 in der im Einspruchsverfahren aufrechterhaltenen Fassung gemäß Hilfsantrag 4 Merkmale aufgenommenen wurden ("wobei das 3/2-Magnetventil als monostabiles Magnetventil ausgeführt ist, das die Feststellbremsanlage über ein Wechselventil betätigt"), die aus den Zeichnungen oder einer Textstelle der ursprünglich eingereichten Beschreibung abgeleitet sind (siehe dazu Punkt 2.8.3 der angefochtenen Entscheidung) und den entscheidenden erfinderischen Beitrag liefern (angefochtene Entscheidung, Punkt 2.8.5). Damit wurde D14 nach Auffassung der Kammer nicht verspätet vorgelegt, so dass die von der Beschwerdegegnerin zitierte Rechtsprechung hinsichtlich verspäteten Vorbringens unberücksichtigt bleiben kann. Auch die Tatsache, dass kurz vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung noch ein Dokument (D13) von der Beschwerdeführerin vorgelegt wurde, belegt nicht, dass ausreichend Zeit für eine Nachrecherche gegeben war.
Die Kammer sieht daher keinen Grund, in Anwendung von Artikel 12 (4) VOBK die Entgegenhaltung D14 nicht ins Beschwerdeverfahren zuzulassen.
3. Zurückverweisung an die Vorinstanz (Artikel 111 (1) EPÜ)
Nach Artikel 111 (1) EPÜ steht es im Ermessen der Beschwerdekammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder an die Instanz zurückverweist, die die Entscheidung erlassen hat.
Das von der Beschwerdeführerin und Einsprechenden mit der Beschwerdebegründung eingereichte Dokument D14 wurde in das Beschwerdeverfahren zugelassen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Anspruch 1 in der von der Einspruchsabteilung aufrechterhaltenen Fassung gemäß damaligem Hilfsantrag 4 mit Merkmalen aus der Beschreibung eingeschränkt wurde, die von der Einsprechenden nicht recherchiert werden konnten. Dies mag dazu führen, dass das von der Einspruchsabteilung als nicht naheliegend angesehene und aus der Beschreibung stammende Merkmal eines monostabilen Magnetventils als Notlöseventil nicht mehr geeignet ist, eine erfinderische Tätigkeit zu begründen. Damit würde eines der beiden Unterschiedsmerkmale gegenüber dem nächstliegendem Stand der Technik nicht mehr zutreffen, welches von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung (siehe Seite 12) festgestellt wurde. Das bloße Vorsehen eines Druckbegrenzers, entsprechend dem zweiten Unterschiedsmerkmal, wurde von der Einspruchsabteilung schon als naheliegend angesehen (siehe Seite 13 der angefochtenen Entscheidung). Im Zusammenhang mit der Diskussion des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 bis 3 hat die Einspruchsabteilung auch bereits festgestellt (siehe Seiten 4 bis 9 der angefochtenen Entscheidung), dass die zusätzlichen Merkmale eines Druckreglers sowie von im Bereich der Flanschverbindung vorgesehenen mechanischen Mittel zur Festlegung der Verbindung zwischen dem Ventilgehäuse der Luftaufbereitungsanlage und dem Feststellbremsanlagenmodul nicht erfinderisch seien. Sollte die Kammer dieser Auffassung der Einspruchsabteilung folgen, wäre auch bei den derzeitig vorliegenden Hilfsanträgen der Bestand des Patents gefährdet.
Falls die Beschwerdegegnerin vor diesem Hintergrund im Verlauf der Verhandlung vor der Beschwerdekammer einen weiteren Hilfsantrag einreichen würde, müsste zum einen über die Zulassung dieses Antrags entschieden werden. Zum anderen wäre gegebenenfalls eine Diskussion über die Zulässigkeit der Änderungen und hinsichtlich der Patentfähigkeit eines in eine weitere Richtung eingeschränkten Gegenstands zu führen, was es erforderlich machen kann, im Verfahren befindlichen Stand der Technik in Betracht zu ziehen, der bisher keine Rolle gespielt hat. In Anbetracht der Tatsache, dass die für die Beschwerdeführerin positive Entscheidung der Zulassung von Dokument D14 dazu führen kann, dass die Beschwerdegegnerin ihr Patent verliert, ohne ausreichend Gelegenheit zur Verteidigung zu haben, hält es die Kammer aus Gründen der Fairness für angemessen, die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Damit wird einerseits der Beschwerdegegnerin Gelegenheit zu geben, aufgrund des neu ins Verfahren zugelassenen Standes der Technik ihre Verteidigungsstrategie zu überdenken und geeignete Rückfallpositionen vorzuschlagen, um ihr Patent zu retten. Andererseits wird der Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit zur Formulierung möglicher Einwände gegeben. Damit stimmt die Kammer dem Antrag der Beschwerdegegnerin auf Zurückverweisung an die erste Instanz zu.
Die Kammer kann kein Fehlverhalten der Patentinhaberin darin erkennen, dass sie ihre Hilfsanträge im Einspruchsverfahren erst am 28. September 2012 und nicht früher in Reaktion auf den Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung vom 16. März 2012 eingereicht hat, da die in diesem Bescheid gesetzte Frist gemäß Regel 116 (1) EPÜ von einem Monat vor dem Termin der mündlichen Verhandlung eingehalten wurde.
Das Argument der Beschwerdeführerin, dass mit D10 schon ein ähnliches Dokument - wenn auch mit anderer Topologie - im Verfahren gewesen sei, bestätigt lediglich, dass die Frage der erfinderischen Tätigkeit in Anbetracht des nunmehr ins Verfahren zugelassenen Dokuments D14 neu zu bewerten ist. Die Entscheidung über eine Zurückverweisung an die erste Instanz bleibt davon unberührt und liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Kammer.
Die Beschwerdeführerin sah sich auch durch eine Zurückverweisung benachteiligt, da die Patentinhaberin ein breiteres Patent erhalten könne. Dieses Bedenken der Beschwerdeführerin kann die Kammer nicht teilen, da das Verschlechterungsverbot auch in einem fortzusetzenden Einspruchsverfahren nach einer Zurückverweisung unter Artikel 111 EPÜ zu beachten ist (siehe T 1843/09, ABl. EPA 2013, 508, Headnote sowie Punkt 2.3.3 der Gründe; T 1033/08, Punkt 3 der Gründe).
4. Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenerstattung
Die Beschwerdeführerin beantragt, die ihr im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten zu erstatten.
Artikel 104 (1) EPÜ sieht vor, dass im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt, soweit nicht, wenn "dies der Billigkeit entspricht", eine andere Verteilung der Kosten angeordnet wird. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist die Voraussetzung der Billigkeit dann gegeben, wenn das Verhalten einer Partei nicht mit der zu fordernden Sorgfalt im Einklang steht, zum Beispiel wenn Kosten durch leichtfertiges Handeln verursacht werden.
Vorliegend kann die Kammer nicht erkennen, dass die für die mündliche Verhandlung entstandenen Kosten vornehmlich durch eine Partei verursacht wurden. Eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde anberaumt, da sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Beschwerdegegnerin hilfsweise eine mündliche Verhandlung beantragt haben. Der Antrag auf Erstattung der im Zusammenhang mit der mündlichen Verhandlung entstandenen Kosten wurde von der Beschwerdeführerin erst gestellt, nachdem die Kammer beschlossen hatte, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Da eine Zurückverweisung unter Artikel 111(1) EPÜ jedoch im Ermessen der Kammer liegt, kann die Zurückverweisung keine anderweitige Kostenverteilung begründen.
Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenerstattung der durch die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer entstandenen Kosten wird nicht stattgegeben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Der Antrag auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.