T 0147/13 24-10-2013
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Wesentlicher Verfahrensmangel - Übergehen eines Antrages auf mündliche Verhandlung
Zurückverweisung an 1. Instanz
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 780 038 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung widerrufen worden ist.
Die Patentinhaberin hatte im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 12. März 2012 beantragt, den Einspruch zurückzuweisen und "eine mündliche Verhandlung für den Fall anzuberaumen, dass nicht schon beabsichtigt ist, die Zurückweisung des Einspruchs im schriftlichen Verfahren auszusprechen".
II. Im Beschwerdeverfahren beantragte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), die angefochtene Entscheidung aufzuheben, den Einspruch zurückzuweisen und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
III. In einer Mitteilung an die Parteien wies die Kammer darauf hin, dass im Einspruchsverfahren mit einem Verstoß gegen die Bestimmungen des Artikels 113(1) EPÜ 1973 ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliege, der die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz erforderlich mache, es sei denn, dass besondere Gründe gegen eine Zurückverweisung sprächen. Die Kammer forderte die Parteien auf, dazu Stellung zu nehmen.
IV. Die Beschwerdeführerin erklärte daraufhin, dass sie keine Gründe sehe, die gegen eine Zurückverweisung an die erste Instanz sprächen.
Die Beschwerdegegnerin nahm für den Fall der Zurückverweisung an die erste Instanz ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.
1. Mit dem Schreiben der Patentinhaberin und jetzigen Beschwerdeführerin vom 12. März 2012 wird hilfsweise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
2. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern wird eine hilfsweise beantragte mündliche Verhandlung als Antrag auf mündliche Verhandlung gewertet, es sei denn, dass beabsichtigt wird, den Fall zugunsten des Antragstellers zu entscheiden (vgl. T 3/90, T 1136/10). Da die Einspruchsabteilung den Einspruch nicht zurückgewiesen hat, hätte sie gemäß Artikel 116(1) EPÜ 1973 eine mündliche Verhandlung durchführen müssen.
Durch das Übergehen des auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gerichteten Antrags wurde der Patentinhaberin die Möglichkeit vorenthalten, ihre Sache mündlich vorzutragen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Artikel 113(1) EPÜ 1973) wurde demnach verletzt.
Somit liegt im Einspruchsverfahren ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
3. Ein solcher Verfahrensmangel hat in der Regel die Zurückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz zur Folge, es sei denn, dass besondere Gründe gegen eine Zurückverweisung sprechen (Artikel 11 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern). Solche Gründe wurden nicht vorgebracht und sind nicht ersichtlich.
4. Da der Beschwerde wegen des wesentlichen Verfahrensmangels stattzugeben war, wird die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß Regel 103(1)a) EPÜ angeordnet.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.
3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.