T 1468/13 26-04-2018
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Clipmaschine
I. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, die am 6. Juni 2013 zur Post gegeben wurde und mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 1 886 573 aufgrund des Artikels 101 (2) EPÜ zurückgewiesen worden ist, am 25. Juni 2013 Beschwerde eingelegt und am selben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 26. September 2013 eingegangen.
II. Der Einspruch gegen das Patent war auf den Einspruchgrund des Artikels 100(a) EPÜ i.V.m. Artikel 56 EPÜ gestützt.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass der genannte Einspruchsgrund der Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt nicht entgegenstünde.
Sie hat unter anderem folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt
(E1) DE 10 2004 022 716 A1
(E2) DE 196 44 074 C2
(E3) US 2005/0274088 A1
(E4) US 4 675 945
(E6) DE 199 53 694 B4
(E9) DE 23 44 226 A1
(E10) EP 0 963 698 A1
(E11) EP 0 685 397 B1
III. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war ursprünglich auf den 20. Juni 2018 anberaumt.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 zog die Beschwerdeführerin-Einsprechende den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück. Sie kündigte gleichzeitig an, an der mündlichen Verhandlung nicht teilzunehmen.
Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin von der Beschwerdekammer abgesagt.
IV. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende (Tipper Tie Alpina GmbH) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin (Poly-clip System GmbH & Co. KG) beantragt
(i) Anberaumung einer mündlichen Verhandlung;
(ii) die Zurückweisung der Beschwerde und somit Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt als Hauptantrag;
(iii) Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf Grundlage von Hilfsanträgen 1 bis 4, die mit Schreiben von 21. Februar 2014 eingereicht wurden.
V. Die Fassung des erteilten Anspruchs 1 lautet wie folgt:
"Clipmaschine zum Abteilen und Verschließen einer mit Füllgut befüllten schlauchförmigen Verpackung mit wenigstens zwei bezogen auf die Achse (46) des Verpackungsschlauches axial beabstandeten Paaren (420, 440) von radial gegenüberliegenden Verdrängerelementen (422, 424; 442, 444), welche mit einer Linearführung (56, 58) verbunden und eingerichtet sind, zum lokalen Einschnüren der gefüllten Verpackung und Bilden eines Schlauchzopfes (32) radial linear aufeinander zu und anschließend paarweise axial auseinander gefahren zu werden, einem schwenkbar angeordneten ersten Verschließwerkzeug (28) und einem zweiten Verschließwerkzeug (26), wobei das erste und das zweite Verschließwerkzeug (26, 28) eingerichtet sind, zum Setzen und Verschließen wenigstens einer Verschlussklammer (30) um den gebildeten Schlauchzopf (32) zwischen den axial auseinander gefahrenen Verdrängerelementepaaren (420, 440) radial aufeinander zu gefahren zu werden, dadurch gekennzeichnet, dass die radiale Bewegungsrichtung der Verdrängerelementepaare (420, 440) im wesentlichen mit der radialen Bewegungsrichtung der Verschließwerkzeuge (26, 28) zusammenfällt.
VI. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende hat zum Hauptantrag folgendes vorgetragen:
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei im Lichte von E1, E2, E3, E4, E6, E9, E10, E11 jeweils in Verbindung mit Fachwissen nicht erfinderisch. Darüber hinaus sei er gegenüber E3 auch nicht neu.
VII. Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hat zum Hauptantrag folgendes vorgetragen:
Der Einwand der mangelnden Neuheit gegenüber der E3 sei als neuer Einspruchsgrund anzusehen. Sie stimme der Einführung dieses neuen Einspruchsgrunds nicht zu. Dokumente E8, E9, E10 und E11 seien als spät eingereichte Entgegenhaltungen nicht in das Verfahren zuzulassen.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sei neu und erfinderisch im Lichte der von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden zitierten Entgegenhaltungen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hintergrund
Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung (Clipmaschine) zum Abteilen und Verschließen einer mit Füllgut befüllten schlauchförmigen Verpackung, siehe Absatz [0001] der Patentschrift.
Zur Bildung der Enden jeweils zweier aufeinander folgender Schlauchbeutelpackungen wird zunächst der gefüllte Schlauch durch zwei Paare von Verdrängerelementen gerafft. Zu diesem Zweck werden die Elemente jedes Paares erst radial (zur Achse hin) aufeinander zugefahren und dann axial in Schlauchlängsrichtung auseinander gefahren (gespreizt). Auf diese Weise verdrängen sie dort etwa befindliches Füllgut, so dass zwischen den beiden Paaren von Verdrängerelementen - oder Rafferblechen - ein füllgutfreier Schlauchzopf entsteht, Absatz [0003] der Patentschrift.
Anschließend setzen und verschließen zwei Verschließwerkzeuge jeweils eine Verschlussklammer (Clip) um den gebildeten Schlauchzopf. Der Schlauchzopf kann dann zwischen den Verschlussklammern durchtrennt werden.
In bestimmten Fällen, namentlich bei relativ steifen Verpackungsmaterial, kann der in die noch offene Verschlussklammer eingelegte Schlauchzopf ein wenig entrafft werden. Beim nachfolgenden Verschließen des Clips besteht also die Gefahr, Verpackungsmaterial zu verletzen und/oder einen nicht dichten Verschluss zu erhalten, siehe Absatz [0009].
Es ist Aufgabe der Erfindung, diesem Problem abzuhelfen. Der beanspruchten Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass ein Hauptgrund für das Entfalten des Schlauchzopfes in der Orientierung der paarweise scherenartig überlappenden Verdrängerelementen liegt, da das Schlauchhüllenmaterial dazu neigt, in den Spalt zwischen den zusammenwirkenden Verdrängerscheren einzudringen. Dabei kommt es zu der genannten Entraffung oder Zopfausdehnung im wesentlichen quer zur radialen Bewegungsrichtung der Verdrängerelementen - siehe Figur 3A der Patentschrift gemäß einem bekannten Stand der Technik mit Aufweitung 322 in der Ebene der Klammeröffnung. Der erteilte Anspruch 1 schreibt demgegenüber vor, dass die radiale Bewegungsrichtung der Verdrängerelementepaare im wesentlichen mit der radialen Bewegungsrichtung der Verschließwerkzeuge zusammenfällt. Somit liegt die Ebene der größten Zopfausdehnung quer zu den Klammerschenkeln der offenen Clips, siehe Figur 3B. Damit wird die Gefahr einer Beschädigung der Verpackungshülle beim Verschließen des Clips vermindert, siehe Absätze [0013]-[0014], [0034].
3. Neuheit
Der Einspruchsgrund der Neuheit ist weder in der Einspruchsschrift erhoben noch von der Einspruchsabteilung in das Verfahren eingeführt worden. Nach den Grundsätzen der Entscheidung G 7/95 (ABI. 1996, 626) gilt die Rüge mangelnder Neuheit als neuer Einspruchsgrund. Da die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin seiner Einführung ausdrücklich nicht zustimmt, darf dieser Einspruchsgrund im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden. Die Behauptung, die nächstliegende Entgegenhaltung E3 sei neuheitsschädlich, kann jedoch bei der Entscheidung über des vorliegenden Einspruchsgrunds der mangelnden erfinderischen Tätigkeit geprüft werden, siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 8. Auflage 2016 (RdBK) IV.D.3.4.1.
4. Erfinderische Tätigkeit
Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit geht die Beschwerdeführerin sowohl von der E3 als auch der E1 als Ausgangspunkt aus.
4.1 Ausgehend von E3 trägt zunächst die Beschwerdeführerin-Einsprechende gegen die Meinung der Einspruchabteilung (siehe Entscheidungsgründe unter Ziffer 2.2.3) vor, Entgegenhaltung E3 offenbare das Merkmal, wonach die radiale Bewegungsrichtung der Verdrängerelementepaare im Wesentlichen mit der radialen Bewegungsrichtung der Verschließwerkzeuge zusammenfällt.
4.1.1 Bei der E1 ergibt sich zwischen dem Clipper und der Vertikalen, entlang der sich die Verdrängerelemente 31,33 radial bewegen, ein Winkel von 30°, siehe Figuren 4, 6 der E3. Der Argumentation der Einspruchsabteilung folgend schließt das bestrittene Merkmal des Anspruchs 1 einen Winkel von 30° eindeutig aus. Tatsächlich vermittelt nach Auffassung der Beschwerdekammer der vorgeschriebene Ausdruck "...im wesentlichen... zusammenfallen" dem fachmännischen Leser eine deutliche und eindeutige technische Lehre, wonach der Winkelsatz "im wesentlichen" 0° beträgt, wobei aber der Begriff "im wesentlichen" eine gewisse Toleranz beinhaltet. Dass ein Winkelversatz von 30° innerhalb einer solchen Toleranz liegt, geht für den Fachmann deutlich darüber hinaus, was er darunter versteht, wenn es im Anspruch heißt, dass die Bewegungsrichtungen "im wesentlichen" zusammenfallen. In der normalen Auslegung des Anspruchswortlauts, stellt dieses Merkmal somit einen klaren und deutlichen Unterschied gegenüber der E3 dar.
4.1.2 Der Argumentation der Beschwerdeführerin-Einsprechenden folgend, Seite 14 der Beschwerdebegründung, werde der Fachmann das Merkmal als erfüllt ansehen, wenn die Richtungen mehr parallel als "orthogonal zueinander" liegen würden; das heißt wenn der Winkel zwischen den beiden Richtungen kleiner als 45° ist. Zu diesem Ergebnis gelangt sie, weil der Fachmann nach ihrer Meinung aus der Beschreibung des Streitpatents ableitet, dass, sich das Problem der "Fähnchenbildung" "schon bei 89°", jedenfalls bei einem Winkel kleiner als 45° eine signifikante Erhöhung der Prozesssicherheit ergebe. Somit sei unter "im wesentlichen" eine sehr breite Spanne von Winkeln zu verstehen. Sie umfasse alle Winkel, bei denen die gewünschte Wirkung eintrete.
Dem ist aber nicht zu folgen. Aus der Beschreibung, insbesondere den Figuren 3A und 3B und Absatz [0014] geht unmittelbar und eindeutig hervor, dass nach der Erfindung die Bewegungsrichtung der Verdrängerelemente gegenüber der Stand der Technik, wie in Figur 3A gezeigt, um 90° verdreht werden muss, damit "die Ebene der größten Zopfausdehnung ... quer zu den Klammerschenkeln der offenen Clips liegt", wie in der Figur 3B gezeigt. Deshalb offenbaren die Beschreibung und Figuren keine andere Ausrichtung der beiden Bewegungsrichtungen zueinander als ihr Zusammenfallen in engerem Sinne. Für der Fachmann ist bei normalen Leseverständnis der Beschreibung in Zusammenschau mit der Figuren ausschließlich eine Verdrehung von 90°, somit einen Zusammenfallen der beiden Bewegungsrichtungen offenbart. Den Zusatz "im wesentlichen", der auch in der Beschreibung verwendet wird (Absatz [0012]), ist in diesem engen Zusammenhang zu verstehen, und besagt, dass die Bewegungsrichtungen weitgehend, innerhalb von geringen, praktischen Toleranzen zusammenfallen.
Somit steht diese Auslegung des vorgeschriebenen Merkmals auch in Einklang mit der Beschreibung. Es mag sein, dass andere Anordnungen der Bewegungsrichtungen zueinander eine ähnliche, wenn auch geringere Wirkung erzielen. Der Anspruch zielt aber nicht auf die Wirkung ab, sondern schreibt eine konkrete Ausrichtung zur Erzielung der Wirkung vor.
4.1.3 Deshalb offenbart E3 nach Ansicht der Kammer das Merkmal nicht, wonach die radiale Bewegungsrichtung der Verdrängerelementepaare mit der radiale Bewegungsrichtung der Verschließwerkzeuge im wesentlichen zusammenfällt. Somit ist der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 neu gegenüber dem aus E3 bekannten Stand der Technik.
4.1.4 Dieses Unterschiedsmerkmal reduziert die Entfaltungsgefahr des Zopfs und damit - beim Verschließen der Klammer - die Gefahr, Verpackungsmaterial zu verletzen und/oder einen nicht dichten Verschluss zu erhalten, siehe oben unter Punkt 2.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es also, dem Verschließvorgang auf einfache Weise prozesssicherer zu gestalten, siehe auch Absatz [0009] der Patentschrift.
4.1.5 Diese Problematik wird in keiner der vorgetragenen Entgegenhaltungen einschließlich E3 und E4 angesprochen. Folglich entnimmt der Fachmann der von der Beschwerdeführerin-Einsprechenden adressierten Entgegenhaltungen keine Anregung zum Lösen der gestellten Aufgabe. Der Fachmann hat also unter Berücksichtigung der objektiven Aufgabe keine Veranlassung, die Lehre der angesprochenen Entgegenhaltungen heranzuziehen, um die Clipmaschine gemäß E3 zu modifizieren.
4.1.6 Die Beschwerdeführerin-Einsprechende führt allerdings aus, dass es für den Fachmann nahe liegend sei, den in Figur 4 der E3 mit 40 bezeichneten Clipper wie in der E4 weiter zur Maschinenmitte hin zu verlegen, um den Platzbedarf der Maschine zu verringern. Hierdurch gelange er zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1. Figuren 3 und 15 der E4 zeigten einen mittig angeordneten Clipper 30.
Dem ist zu entgegnen, dass weder E3 noch E4 das Problem des Platzbedarfs ansprechen. Insbesondere geht aus E4 nicht hervor, dass eine mittige Anordnung des Clippers 40 zu einer verringerten Platzbedarf führen würde. Hinweise oder sonstige Argumente hierzu fehlen im Vortrag der Beschwerdeführerin. Ohne Veranlassung würde der Fachmann nach Ansicht der Kammer die beiden Lehren nicht in naheliegender Weise kombinieren. Die Kammer sieht also die von der Einsprechenden aus den Figuren von E3 und E4 abgeleiteten Anregungen und Bestimmung der technischen Aufgabe lediglich als das Ergebnis einer Ex-post-Facto-Analyse an, siehe RdBk I.D.5.
Es mag sein, dass der Fachmann allgemein bestrebt ist, Optimierungen vorzunehmen. Dieses allgemeine Bestreben, das sich auf eine Fülle verschiedener Optimierungsmöglichkeiten erstreckt, - z.B. Platzbedarf, Stabilität, Präzision, Effizienz, Vereinfachung der Gesamtkonstruktion,...- und Änderungsmöglichkeiten - z.B. Orientierung der Verschließwerkzeuge oder deren Elemente, Orientierung der Verdrängerelemente oder deren Elemente, Antriebe, Stütze oder Gestell der Maschine,... - gibt den Fachmann aber keine konkrete Veranlassung, gerade den Clipper 40 der E3 wie in der E4 weiter zur Maschinenmitte hin zu platzieren. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die E4 über die Vorteile und Wirkung dieser Platzierung keine Hinweise enthält.
4.2 E1 wird auch als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Diese Entgegenhaltung offenbart eine Clipmaschine mit Vendrängerelementen (Rafferblächen 3,4,5,6) und Verschließwerkzeugen, siehe Clipvorschub 37, Absatze [0026] und [0033] der E1. Unstreitig unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 der E1 zumindest durch ein schwenkbar angeordnetes erstes Verschließwerkzeug. Unstreitig ist zudem, dass die Maschine nach E1 nur als S-Clipmaschine geeignet ist, da R-Clipmaschinen eine schwenkbare Matrize zum Zuführen des Clipstrangs benötigen, siehe Beschwerdebegründung Seite 5.
4.2.1 Einer ersten Argumentation der Beschwerdeführerin-Einsprechenden folgend, kann dem oben genannten Unterscheidungsmerkmal die Aufgabe zugrunde gelegt werden, die Maschine von E1 zu modifizieren, um sie für R-Clips anzupassen. Der Fachmann würde für die Lösung dieser Aufgabe die linear bewegliche Matrize der E1 durch eine schwenkbare Matrize ersetzen und somit zu einem Clipmaschine nach dem Gegenstand des erteilten Anspruch 1 gelangen.
4.2.2 Die Einspruchsabteilung war der Meinung, dass die Änderung der S-Clip-Maschine gemäß E1 in eine R-Clip-Maschine für den Fachmann nicht naheliegend ist, siehe Entscheidungsgründe 2.1.6.3.2
Die Patentinhaberin bekräftigt in Absatz IV.2 der Beschwerdeerwiderung diese Ansicht. Sie fügt hinzu, dass die Berücksichtigung der E1 nur möglich sei, wenn unter Kenntnis des angefochtenen Patents Analogien zwischen der zu diskutierenden technischen Lehre der angefochtenen Erfindung und diesem Stand der Technik hergestellt würden. Sie Führt ferner aus, dass der Fachmann die Entgegenhaltung E1 (S-Clip-Maschine) als Ausgangspunkt für die Entwicklung einer R-Clip-Maschine nicht ermitteln würde, siehe Beschwerdeerwiderung Seite 6, Punkt b).
4.2.3 Dazu stellt die Kammer zunächst fest, dass die gestellte Aufgabe allein durch Ersetzung der Matrize der E1 durch eine geschwenkte Matrize nicht gelöst werden kann. Denn in allen Varianten von E1 sind Einrichtungen 11, 12' zum Zuführen, Schneiden und Formen von S-Clips vorgesehen, siehe Absatze [0021],[0030] der E1. Zudem ist der linear bewegte Clipvorschub 37 (Stempel) der E1 Teil des Zuführsystems, da er den S-Clip um den Zopf setzt. Diese Einrichtungen einschließlich Stempel 37 sind für die Zuführung und Setzen von R-Clips nicht geeignet, siehe hierzu Beschwerdebegründung Seiten 3-5. Diese müssten also entfallen und eine neue geeignete Zuführeinrichtung sowie ein neuer Stempel und eine geschwenkte Matrize für einen R-Clipstrang aus Flachdraht müssten vorgesehen werden. Nach Ansicht der Kammer gehen solche weitergehenden Anpassungen über die Kenntnisse des Fachmannes hinaus.
Es ist in diesem Zusammenhang auch zu bemerken, dass der Fachmann nach geltender Rechtsprechung zwar völlig frei in der Wahl eines Ausgangspunkts ist; er ist später aber an diese Wahl gebunden. Mit dieser Auswahl ist somit der Rahmen der Weiterentwicklung vorgegeben. So ist eine Änderung der am Anfang ausgewählten Maschinengattung während der Weiterentwicklung unwahrscheinlich und im Normalfall als nicht naheliegend anzusehen, siehe RdBk I.D.3.4.3. Nach Ansicht der Kammer sind tatsächlich S und R Clipmaschinen andere Gattungen. Es liegt nicht im normalen, fachüblichen Handeln des Fachmannes, eine S-Clipmaschine in eine R-Clipmaschine umzubauen, wie im vorliegenden Fall auch aus den erforderlichen kompletten Umbau der Klammerzuführeinrichtung und Verschließwerkzeuge hervorgeht.
4.2.4 Ausgehend von E1 hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende alternativ vorgetragen, dass eine schwenkbare Matrize platzsparender als eine linear verfahrene Matrize sei. Schwenkbewegte Matrize seien dem Fachmann aus seinem allgemeinen Fachwissen wohlbekannt, als auch aus E2, E3, E4, E6, E9, E10.
4.2.5 Wie auch zu E3 als Ausgangspunkt ausgeführt, und wie auch von der Einspruchsabteilung im Wesentlichen argumentiert, wird weder in E3 das Problem des Platzbedarfs angesprochen noch in den weiteren Kombinationsdokumenten E2, E3, E4, E6, E9, E10 die Verwendung von schwenkbewegbaren Verschließwerkzeug in Verbindung mit verringerten Platzbedarf gebracht. Schwenkbewegte Matrizen mögen zum allgemeinen Fachwissen gehören; es ist aber nicht belegt worden, dass diese eben dazu verwendet werden, Platz zu sparen.
Die Beschwerdeführerin-Einsprechende verweist in diesem Zusammenhang auf Absatz [0003] der E1. Dort wird der Antrieb von beweglichen Teilen über eine gemeinsame Welle mittels Kurvenscheiben in einer ähnlichen bekannten Wurstherstellungsmaschine beispielhaft genannt. Abgesehen davon, dass die Verwendung nicht als platzsparend beschrieben wird, werden Kurvenscheiben bekanntlich für den Antrieb von linear geführten Elementen verwendet. Auch wenn der Fachmann, aus irgendeinem Grund veranlasst, einen solchen alternativen Antrieb einsetzen würde, blieben die Führungen und somit die Bewegungen der betroffenen Teile linear. Er würde damit nicht zum Erfindungsgegenstand gelangen.
4.2.6 Somit kommt die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, dass der Fachmann ausgehend von E1 auf der Grundlage des vorgetragenen Stands der Technik nicht in naheliegender Weise zu einer Clipmaschine gemäß Patentanspruch 1 gelangen wäre.
5. Im Endergebnis hat keiner der erhobenen Einwände Erfolg. Die Kammer bestätigt somit die Entscheidung der Einspruchsabteilung.
5.1 Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 hat die Beschwerdeführerin-Einsprechende den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen und gleichzeitig angekündigt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde. Zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung liegt also kein Antrag der Beschwerdeführerin-Einsprechenden auf mündliche Verhandlung mehr vor.
Die Kammer ist ferner überzeugt, dass die Beschwerdegegnerin durch die schriftliche Entscheidung der Einspruchsabteilung und durch die Beschwerdeerwiderung vom 21. Februar 2014 auf die Tatsachen und Beweismittel hingewiesen wurde, die dieser Entscheidung zugrunde liegen, und dass sie daher ausreichend Gelegenheit hatte, sich dazu zu äußern. Diese Kammer ist daher davon überzeugt, dass die Voraussetzungen des Artikels 113 (1) EPÜ erfüllt sind.
5.2 Die Beschwerdegegnerin-Patentinhaberin hat zwar einen unbedingten Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Da die Kammer ihrem Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde stattgibt, erübrigt sich eine mündliche Verhandlung. Nach geltender Rechtsprechung wird bei dieser Sachlage ein solcher unbedingter Antrag als Hilfsantrag betrachtet, siehe hierzu RdBK III.C.2.6.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.