T 0288/15 30-07-2019
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Verfahren zur Aufbereitung medizinischer und/oder chirurgischer Instrumente und Apparate
L'Air Liquide, Société Anonyme pour l'Etude et
l'Exploitation des Procédés Georges Claude/FR
Schülke & Mayr GmbH/DE
Bode Chemie GmbH
Borer Chemie AG
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsanträge 1 bis 6 (nein)
I. Die Zwischenentscheidung über die Aufrechterhaltung des Europäischen Patents Nr. 2 218 420 in geändertem Umfang ist am 15. Dezember 2014 zur Post gegeben worden. In der Entscheidung befand die Einspruchsabteilung, dass die Ansprüche des Hilfsantrags 2 den Anforderungen der Neuheit und erfinderischer Tätigkeit genügten.
II. Alle am Verfahren beteiligten Parteien haben Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt.
III. Am 30. Juli 2019 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die Parteien die folgenden abschließenden Anträge stellten:
Die Patentinhaberin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückweisung der Einsprüche (Hauptantrag), hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang des mit Schreiben vom 24. April 2015 eingereichten Hilfsantrags 1, weiter hilfsweise, die Zurückweisung der Beschwerden der Einsprechenden (Hilfsantrag 2), weiter hilfsweise, die Aufrechterhaltung des Patents im Umfang eines der mit Schreiben vom 10. September 2015 eingereichten Hilfsanträge 3, 5 und 6.
Die Einsprechenden beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
IV. Die folgenden Dokumente sind für diese Entscheidung von Bedeutung:
D8: WO-A-2007/000639
D12: EP-A-1 709 978.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Aufbereitung medizinischer und/oder chirurgischer Instrumente und Apparate, mit den Schritten:
a) Einlegen der gebrauchten Instrumente und/oder Apparate in eine Instrumentenspülmaschine, vorzugsweise in eine Eintank-Instrumentenspülmaschine;
b) Durchführen einer maschinellen Prädekontamination;
c) Entnehmen der Instrumente und/oder Apparate aus der Instrumentenspülmaschine;
d) Überführen der Instrumente und/oder Apparate zu einer zentralen Instrumentenaufbereitungsstation;
e) Durchführen einer vollständigen Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente und/oder Apparate in der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation zur Wiederherstellung eines gebrauchsfertigen Zustands der Instrumente
und/oder Apparate."
VI. Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags mit folgenden zusätzlichen Merkmalen im Merkmal a) (Hinzufügungen sind durch die Kammer kenntlich gemacht):
"a) Einlegen der gebrauchten Instrumente und/oder Apparate in eine Instrumentenspülmaschine, vorzugsweise in eine Eintank-Instrumentenspülmaschine, wobei die Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich angeordnet ist;"
VII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags mit folgenden zusätzlichen Merkmalen am Ende:
"dadurch gekennzeichnet, dass die maschinelle Prädekontamination eine Reinigung mit einem tensidhaltigen Reinigungsmittel, das anwendungsfertig verdünnt in wässriger Lösung einen pH-Wert von
wenigstens 10,5 aufweist, umfasst."
VIII. Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 entspricht Anspruch 1 des Hauptantrags mit den Änderungen von Anspruch 1 der Hilfsanträge 1 und 2.
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags sind durch die Kammer kenntlich gemacht):
"1. Verfahren zur Aufbereitung medizinischer und/oder chirurgischer Instrumente und Apparate, mit den Schritten:
"a) Einlegen der gebrauchten Instrumente und/oder Apparate in eine Instrumentenspülmaschine, vorzugsweise in eine Eintank-Instrumentenspülmaschine, wobei die Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich angeordnet ist;
b) Durchführen einer maschinellen Prädekontamination, wobei die maschinelle Prädekontamination eine Reinigung mit einem tensidhaltigen Reinigungsmittel, das anwendungsfertig verdünnt in wässriger Lösung einen pH-Wert von wenigstens 10,5 aufweist, umfasst;
c) Entnehmen der Instrumente und/oder Apparate aus der Instrumentenspülmaschine;
d) Überführen der Instrumente und/oder Apparate zu einer zentralen Instrumentenaufbereitungsstation, wobei das Überführen der vorgereinigten Instrumente und/oder Apparate zu der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation trocken erfolgt;
e) Durchführen einer vollständigen Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente und/oder Apparate in der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation zur Wiederherstellung eines gebrauchsfertigen Zustands der Instrumente
und/oder Apparate."
X. Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 lautet wie folgt (Änderungen gegenüber Anspruch 1 des Hauptantrags sind durch die Kammer kenntlich gemacht):
"1. Verfahren zur Aufbereitung medizinischer und/oder chirurgischer Instrumente und Apparate, mit den Schritten:
"a) Einlegen der gebrauchten Instrumente und/oder Apparate in eine Instrumentenspülmaschine, vorzugsweise in eine Eintank-Instrumentenspülmaschine, wobei die Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich angeordnet ist;
b) Durchführen einer maschinellen Prädekontamination, die folgende Schritte umfasst:
i. Vorspülen;
ii. Reinigen mit einem tensidhaltigen Reinigungsmittel, das anwendungsfertig verdünnt in wässriger Lösung einen pH-Wert von wenigstens 10,5 aufweist;
iii. Neutralisieren und/oder Spülen;
c) Entnehmen der Instrumente und/oder Apparate aus der Instrumentenspülmaschine;
d) Überführen der Instrumente und/oder Apparate zu einer zentralen Instrumentenaufbereitungsstation, wobei das Überführen der vorgereinigten Instrumente und/oder Apparate zu der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation trocken erfolgt;
e) Durchführen einer vollständigen Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente und/oder Apparate in der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation zur Wiederherstellung eines gebrauchsfertigen Zustands der Instrumente
und/oder Apparate."
XI. Die von der Patentinhaberin vorgebrachten entscheidungsrelevanten Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Die Formulierung des Patentanspruchs mache deutlich, dass die maschinelle Prädekontamination eine teilweise, aber keine vollständige Desinfektion durchführe. Der Begriff der maschinellen Prädekontamination sei im Patent im Absatz [0010] erläutert. Absatz [0012] verweise auf weitere Begriffsbestimmungen der Norm DIN- EN 14885:2006. D8 beschreibe auf Seite 1, Zeilen 11 bis 23 einen Stand der Technik mit verschiedenen alternativen Vorgängen. Einer davon sehe vor, dass nach einer manuellen Nassentsorgung in speziellen Behältern mit Desinfektionslösungen eine maschinelle Reinigung und Desinfektion stattfände. Demzufolge gäbe es in D8 keine maschinelle Prädekontamination, sondern eine vollständige maschinelle Reinigung, nach der die chirurgischen Instrumente getrocknet und verpackt zur Sterilisation verschickt werden. Bereits vollständig gereinigte und verpackte Instrumente könnten nicht mehr gereinigt und desinfiziert werden, sondern nur noch sterilisiert, beispielsweise durch eine Dampfsterilisation. Somit würde der Fachmann dem Begriff "sterilisation treatment" in D8 ausschließlich eine Sterilisation zuschreiben. Auch im Anspruch 1 von D8 wird der Begriff "sterilisation treatment" mit dem fachüblichen Bedeutungsinhalt versehen, nämlich ausschließlich eine Sterilisation. Nach gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern müsste die technische Offenbarung eines zum Stand der Technik gehörenden Dokuments als Ganzes betrachtet werden. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei folglich nicht unmittelbar und eindeutig in D8 offenbart.
Hilfsantrag 1
Das Merkmal der Prädekontamination im Operationsbereich hebe nochmals hervor, dass die zentrale Instrumentenaufbereitungsstation räumlich beabstandet von der zur Prädekontamination verwendeten Instrumentenspülmaschine sei. Die objektive technische Aufgabe gegenüber D8 könne darin gesehen werden, den Gesamtvorgang der Aufbereitung zu verbessern. Nichts in D8 spräche gegen eine Überführung der Instrumente aus dem Operationsbereich zur Instrumentenspülmaschine mittels Nassentsorgung im Tauchbehälter. Die Lösung der gestellten Aufgabe werde durch das beanspruchte Verfahren in nicht naheliegender Weise gelöst. Zu einem derartigen Verfahren seien in D8 keinerlei Hinweise oder Anregungen gegeben, so dass Neuheit und erfinderische Tätigkeit gegeben seien. Mit der Lösung werde eine problemlose Handhabung der Instrumente auf dem Weg zur zentralen Aufbereitung ermöglicht und die Überführung der Instrumente könne ggf. unter weniger drastischen Bedingungen durchgeführt werden, da wesentliche Teile der Verschmutzung bereits entfernt worden seien.
Hilfsanträge 2 und 6
Dokument D12 beträfe Reinigungsmittel, welche zur vollständigen Reinigung und Desinfektion als Vorstufe zur Sterilisation eingesetzt würden. Bei einer Prädekontamination erfolge jedoch nur eine teilweise und gerade keine vollständige Desinfektion. Demzufolge könne der Fachmann nicht davon ausgehen, dass ein Reinigungsmittel, das im Rahmen einer vollständigen Instrumentenaufbereitung eingesetzt werde, die speziellen Anforderungen für eine maschinelle Prädekontamination erfülle, an die sich erst noch eine zeitlich und räumlich getrennte, vollständige Reinigung, Desinfektion und Sterilisation anschlösse. Aus dem gesamten Stand der Technik sei eine Vielzahl verschiedenster Reinigungsmittel bekannt, die unterschiedliche Eigenschaften besäßen, so dass das beanspruchte Reinigungsmittel eine nicht naheliegende Auswahl daraus darstellen würde. Die Verwendung des Reinigungsmittels von D12 bei der maschinellen Prädekontamination von D8 stelle demzufolge eine Auswahlerfindung dar.
Hilfsantrag 3
Hilfsantrag 3 kombiniere die Hilfsanträge 1 und 2 und diene einer zusätzlichen Differenzierung vom Stand der Technik, indem der Einsatz des beanspruchten Reinigungsmittels in einer Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich gefordert werde.
Hilfsantrag 5
Der Anspruch definiere, dass die Überführung der vorgereinigten Instrumente zur zentralen Instrumentenaufbereitungsstation trocken erfolge. Dieses sei eine zusätzliche Differenzierung gegenüber D8, das eine Nassentsorgung und einen nassen Transport der in Tanks mit Desinfektionslösung eingelegten Instrumente offenbare.
XII. Die Einsprechenden trugen im Wesentlichen die Argumente vor, auf die sich die unten aufgeführte Begründung stützt.
1. Die Beschwerden sind unstrittigerweise zulässig.
2. Die Erfindung
Das Patent betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung medizinischer und/oder chirurgischer Instrumente. Das Patent erläutert im Absatz [0003], dass aufgrund von Empfehlungen zur Krankenhaushygiene und aus wirtschaftlichen Überlegungen die Instrumentenaufbereitung weitestgehend zentral erfolgt. Dies bedeutet, dass die benutzten Instrumente von ihren dezentralen Einsatzorten (z.B. dem Operationsbereich) zu der zentralen Instrumentenaufbereitung überführt werden. Dabei geht von den verschmutzten Instrumenten insbesondere für das handhabende Personal eine Kontaminationsgefahr aus (Spalte 1, Zeilen 37 bis 39).
In dem im Patent erläuterten Stand der Technik wird dieser Problematik durch einer Prädekontamination begegnet, bei der die Instrumente nach Gebrauch bereits im Operationsbereich in einen Tauchbehälter mit Desinfektionslösung gelegt werden und in diesem Tauchbehälter in die zentrale Instrumentenaufbereitung überführt werden (Spalte 1, Zeilen 9 bis 17; Absatz [0005]). In der zentralen Instrumentenaufbereitung werden die Instrumente einer maschinellen Reinigung und Desinfektion mit anschließender Sterilisation unterzogen (Absätze [0003] und [0004]).
Ferner wird im Absatz [0006] des Patents auf einen weiteren Stand der Technik verwiesen, wie er im Dokument WO-A-2007/000639 - dem nachfolgend erörterten Dokument D8 - beschrieben wird. Das Patent gibt diesbezüglich an, dass die gebrauchten chirurgischen Instrumente zur Desinfektion in Tauchbehälter mit Desinfektionsmittel hineingelegt und weiterhin mittels Instrumentenspülmaschinen behandelt werden, bevor sie zur Sterilisationsbehandlung verschickt werden.
3. Hauptantrag - Neuheit
3.1 Das Verfahren von Anspruch 1 des erteilten Patents (Hauptantrag) beinhaltet im Wesentlichen die folgenden zwei zeitlich und räumlich getrennten Schritte:
(i) die maschinelle Prädekontamination der chirurgischen Instrumente mittels einer Instrumentenspülmaschine und
(ii) die Überführung der chirurgischen Instrumente zu einer zentralen Instrumentenaufbereitungsstation und die Durchführung einer Reinigung, Desinfektion und Sterilisation in besagter Instrumentenaufbereitungsstation.
3.2 Als neuheitsschädlich ist nach Meinung der Kammer der im Dokument D8 auf Seite 1, Zeilen 11 bis 20 und Seite 2, Zeile 29 bis Seite 3, Zeile 18 als "Background Art" beschriebene Stand der Technik.
3.3 Auf Seite 1, Zeilen 11 bis 20 werden verschiedene erste Schritte von Aufbereitungsverfahren von während einer Operation benutzten chirurgischen Instrumenten beschrieben.
In Zeilen 11 bis 17 der Seite 1 wird unter anderem offenbart, dass die benutzten chirurgischen Instrumente in einer Instrumentenspülmaschine behandelt werden (Seite 1, Zeilen 16 bis 17: "... by using specific machines such as surgical intrument washing machines and similar apparatus"). Die Patentinhaberin hob hervor, dass der maschinellen Behandlung mittels Instrumentenspülmaschine zunächst eine Dekontamination in speziellen Behältern mit Desinfektionslösungen vorausgehe (Seite 1, Zeilen 13 bis 14: "a first decontamination treatment by immersion in special tanks containing disinfectant solutions").
Unabhängig davon, ob die in der Instrumentenmaschine behandelten chirurgischen Instrumente zunächst in Behältern mit Desinfektionslösung eingelegt wurden, findet bei der maschinellen Reinigung und Desinfektion in einer Instrumentenspülmaschine ebenfalls eine Dekontamination statt, und zwar implizit so wie es auch im Absatz [0010] des Patents dargelegt wird, nämlich dass wesentliche Teile der Verschmutzung entfernt und andererseits an den Instrumenten anhaftende Mikroorganismen zumindest soweit reduziert werden, dass noch anhaftende Restmengen von Mikroorganismen keine oder nur eine geringe Gefährdung des Personals darstellen, das die Instrumente dem nächsten Aufbereitungsschritt überführt.
Insofern als diesem Dekontaminationsschritt gemäß D8 weitere Dekontaminationsschritte folgen (wie nachfolgend erläutert wird), ist die erwähnte maschinelle Dekontamination mittels Instrumentenspülmaschine eine maschinelle Prädekontamination entsprechend Merkmal b) des Anspruchs 1. Mit der Offenbarung einer derartigen Prädekontamination mittels Instrumentenspülmaschine ist auch das Einlegen und Entnehmen der Instrumente aus der Instrumentenspülmaschine implizit offenbart, wie in Merkmalen a) und c) des Anspruchs 1 definiert.
3.4 Im darauffolgenden Absatz offenbart D8, dass nach Durchführung der maschinellen Reinigung und Desinfektion die chirurgischen Instrumente getrocknet und in geeigneter Weise verpackt zur Sterilisation verschickt werden (Seite 1, Zeilen 18 bis 20: "at the end of the cleaning, the surgical instruments already dried are suitably packaged, for instance, in sheets of paper/polypropylene or metal container or other type and so sent for sterilization treatment."). Der Umstand, dass die chirurgischen Instrumente zur Sterilisation verschickt werden ("sent for sterilization treatment"), besagt, dass der Sterilisationsvorgang räumlich beabstandet von dem Ort erfolgt, an dem der erste Reinigungs- und Desinfektionsschritt stattfand.
Damit sieht die Kammer das Überführen der Instrumente zu einer beabstandeten Instrumentenaufbereitungsstation gemäß Merkmal d) von Anspruch 1 vorweggenommen. Die Bezeichnung der Instrumentenaufbereitungsstation als eine "zentrale Instrumentenaufbereitungsstation" im Merkmal d) hat keine weitere Bedeutung als die, dass die Instrumentenaufbereitungsstation räumlich beabstandet von dem Ort ist, an dem die Prädekontamination erfolgt.
Im weiteren Verlauf der Beschreibung des Standes der Technik in D8, insbesondere in dem die Seiten 2 und 3 überbrückenden Absatz, wird erläutert, dass die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation in gewissen Teilen des Krankenhauses realisiert wird. Seite 3, Zeilen 5 und 6 bezeichnet diese als "pre-existing plant inside the hospital"; Seite 3, Zeilen 14 und 15, oder als "environments in which said treatment of sanitizing, disinfection and sterilization is carried out". Ferner wird ausgeführt (Seite 3, Zeilen 10 bis 18), dass im Falle, dass Instrumente nicht richtig gereinigt wurden, die Effektivität der Sterilisation beeinträchtigt wird, so dass die Instrumente eine erneute Reinigung durchlaufen müssen, bevor sie sterilisiert werden.
In dieser Situation durchlaufen die Instrumente die im Merkmal e) von Anspruch 1 definierten Verfahrensschritte einer vollständigen Reinigung, Desinfektion und Sterilisation in der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation zur Wiederherstellung eines gebrauchsfertigen Zustands.
3.5 Die Patentinhaberin gab zu bedenken, dass bereits vollständig gereinigte und in Papier oder Propylen verpackte Instrumente, wie auf Seite 1, Zeilen 18 bis 20 von D8 offenbart, nicht mehr gereinigt und desinfiziert, sondern nur noch sterilisiert werden könnten, beispielsweise durch eine Dampfsterilisation.
Die Kammer kann dieser Argumentation jedoch nicht folgen. D8 offenbart nämlich die Überführung von "suitably packaged" Instrumenten, wobei als Beispiel die Überführung der Instrumente in Metallcontainern erwähnt wird. Es spricht folglich nichts dagegen, dass die Instrumente samt Metallcontainern vor der Sterilisation in der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation erneut gereinigt werden, wie D8 auf Seite 3, Zeilen 10 bis 26 offenbart. D8 offenbart sogar im Anspruch 1 (Seite 18, Zeilen 18 bis 21), dass die Instrumente mit dem Container, in dem sie transportiert wurden, gewaschen und desinfiziert, bevor sie neuverpackt sterilisiert werden.
3.6 Die Patentinhaberin vertrat ferner die Meinung, dass der Fachmann dem Begriff "sterilisation treatment", wie er in D8, Seite 1, Zeilen 18 bis 20 verwendet wird, ausschließlich die Bedeutung einer Sterilisation zuschreiben würde. Denn nach gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern müsste die technische Offenbarung eines Dokuments als Ganzes betrachtet werden. Demzufolge, und im Hinblick auf die Verwendung des im Merkmal i) von Anspruch 1 von D8 verwendeten Begriffs "sterilisation treatment", würde der Fachmann den Ausdruck auf Seite 1, Zeilen 18 bis 20 mit diesem fachüblichen Bedeutungsinhalt versehen, nämlich ausschließlich eine Sterilisation.
Diese Argumentation überzeugt die Kammer nicht. D8 offenbart auf Seite 1, Zeilen 18 bis 20, dass die zunächst (z.B. maschinell) gereinigten chirurgischen Instrumente zur Sterilisation verschickt werden ("sent for sterilization treatment"); D8 offenbart dann auf Seite 3, Zeilen 10 bis 13, dass falls die Instrumente nicht adäquat gereinigt wurden, was die Effektivität der Sterilisation gefährden könnte ("products not correctly sanitized can jeopardize the effectiveness of the sterilization"), sie nochmals einem Reinigungsverfahren zugeführt werden ("they then have to undergo a further process of cleaning before being returned for sterilization"). Bei dieser Interpretation der Offenbarung des "Background Art" von D8 hat die Kammer durchaus eine einheitliche und fachkonforme Begriffsauslegung verwendet.
3.7 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass Anspruch 1 des Hauptantrags das Erfordernis der Neuheit im Sinne von Artikel 54(1) EPÜ nicht erfüllt.
4. Hilfsantrag 1
4.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 enthält das zusätzliche Merkmal, wonach die Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich angeordnet ist. Der Begriff "im Operationsbereich" schließt den Operationssaal und angrenzende Nebenräume ein, wie auch im Patent in Absatz [0019] dargelegt wird. Räume, die außerhalb des zumeist sterilen Operationstrakts liegen, fallen demzufolge nicht unter dieses Merkmal.
4.2 Dokument D8 enthält keine expliziten Angaben über den Ort, an dem die auf Seite 1, Zeilen 11 bis 17 beschriebene Prädekontamination mittels Instrumentenspülmaschine stattfindet. Es ist ferner nicht zwingend erforderlich, und somit nicht implizit offenbart, dass die Instrumentenspülmaschine im Operationsbereich angeordnet sein muss. Es wäre nämlich prinzipiell vorstellbar, dass die kontaminierten Instrumente in einem geschlossenen Behälter vom Operationssaal an einen entfernten Krankenhausbereich zur maschinellen Prädekontamination gebracht werden.
Demzufolge begründen die dem Anspruch 1 hinzugefügten Merkmale die Neuheit des Verfahrens.
4.3 Diese im Prinzip vorstellbare Möglichkeit, die kontaminierten Instrumente zunächst in einem geschlossenen Behälter vom Operationssaal an einen entfernten Krankenhausbereich zur maschinellen Prädekontamination zu bringen, von wo aus sie erneut verpackt zur Sterilisation verschickt werden müßten ("sent for sterilization treatment"; Seite 1, Zeilen 18 bis 20) würde der Fachmann jedoch als umständlich erachten. Der Fachmann würde vielmehr versuchen, derartige lange Transportwege zu reduzieren. Der Fachmann würde somit in naheliegender Weise die Instrumentenspülmaschine in unmittelbarer Nähe zum Operationssaal, d.h. "im Operationsbereich", wie beansprucht, anordnen.
4.4 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass das Verfahren von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
5. Hilfsantrag 2
5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 enthält das zusätzliche Merkmal, wonach die maschinelle Prädekontamination eine Reinigung mit einem tensidhaltigen Reinigungsmittel, das anwendungsfertig verdünnt in wässriger Lösung einen pH-Wert von wenigstens 10,5 aufweist, umfasst.
5.2 Diese Merkmale sind aus Dokument D8 nicht bekannt, da D8 hinsichtlich der verwendeten Reinigungs- und Desinfektionsmittel keinerlei Angaben macht.
Folglich ist der Fachmann vor die objektive technische Aufgabe gestellt, ein für die erwähnte maschinelle Prädekontamination adäquates Reinigungs- und Desinfektionsmittel zu finden.
5.3 Zur Lösung dieser Aufgabe würde der Fachmann Dokument D12 in Betracht ziehen, das sich ebenfalls mit der Reinigung und Desinfektion chirurgischer Instrumente befasst (Absatz [0001]), insbesondere mit Mitteln für die maschinelle Reinigung und Desinfektion (Absätze [0004] und [0008]). D12 offenbart hierzu die Verwendung von einem tensidhaltigen Reinigungsmittel mit einem pH-Wert von wenigstens 10,5 (Absätze [0004] und [0006]). Der Fachmann würde demzufolge ein solches Reinigungsmittel auch bei dem maschinellen Prädekontaminationsschritt von D8 vorsehen.
5.4 Dass in D12 dieses Reinigungsmittel für eine vollständige Reinigung und Desinfektion als Vorstufe zur Sterilisation - d.h. ohne Prädekontamination - offenbart wird, wie die Patentinhaberin argumentierte, würde den Fachmann nicht davon abhalten, dasselbe Mittel auch bei einer Prädekontamination vorzusehen. Etwaige Gründe, die ihn davon abhalten würden, sind nicht ersichtlich. Ganz im Gegenteil, D12 offenbart im Absatz [0012], dass unter Verwendung eines einzigen Mittels sowohl die Reinigung als auch die Desinfektion möglich sind, womit die aufwendige und teure Vorratshaltung sowie Dosierung eines separaten Desinfektionsmittels unterbleiben kann.
5.5 Die Patentinhaberin vertrat ferner den Standpunkt, dass aus dem gesamten Stand der Technik eine Vielzahl verschiedenster Reinigungsmittel bekannt sei, die unterschiedliche Eigenschaften besäßen, so dass das beanspruchte Reinigungsmittel eine nicht naheliegende Auswahl daraus darstellen würde. Die Verwendung des Reinigungsmittels von D12 bei der maschinellen Prädekontamination von D8 stelle demzufolge eine Auswahlerfindung dar.
Die Kammer ist von dieser Argumentation nicht überzeugt. Die Tatsache, dass es andere Alternativen im Stand der Technik gibt, hat keine Auswirkung darauf, ob die spezifische aus D12 bekannte Alternative naheliegend ist. Wenn außerdem alle bekannten Alternativen gleichartig sind, dann führt die Erfindung bloß zu einer naheliegenden und somit nicht erfinderischen Auswahl aus einer Reihe bekannter Möglichkeiten (T 1045/12). Es ist demzufolge nicht relevant, dass die Offenbarung von D12 einen vermeintlich kleinen Ausschnitt aus einem vermeintlich sehr viel breiteren Stand der Technik darstellen soll.
5.6 Wie oben erläutert, ergibt sich das beanspruchte Verfahren für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Kombination der Dokumente D8 und D12.
5.7 Die Kammer kommt somit zu dem Schluss, dass das Verfahren von Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 auf keiner erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
6. Hilfsantrag 3
6.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 entspricht der Kombination der Hilfsanträge 1 und 2. Die Unterscheidungsmerkmale dieser Hilfsanträge beziehen sich auf die räumliche Anordnung der Instrumentenspülmaschine einerseits und die Wahl des verwendeten Reinigungsmittels andererseits. Es handelt sich somit um zwei getrennte funktionell nicht wechselwirkende Merkmale, die jeweils unterschiedliche getrennte Teilaufgaben lösen (s.o.). Demzufolge stellt die Kombination beider Merkmale eine bloße Aneinanderreihung von Merkmalen dar, die ebenfalls auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht.
6.2 Somit erfüllt Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 nicht das Erfordernis von Artikel 56 EPÜ.
7. Hilfsantrag 5
7.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 entspricht der Kombination der Hilfsanträge 1 und 2 und dem zusätzlichen Merkmal, wonach das Überführen der vorgereinigten Instrumente zu der zentralen Instrumentenaufbereitungsstation trocken erfolgt.
7.2 Das zusätzliche Merkmal der trockenen Überführung der Instrumente ist allerdings bereits in D8 offenbart (Seite 1, Zeilen 18 bis 20: "at the end of the cleaning, the surgical instruments already dried are suitably packaged, for instance, in sheets of paper/polypropylene or metal container or other type and so sent for sterilization treatment").
7.3 In Ermangelung eines weiteren über die Hilfsanträge 1 und 2 hinausgehenden Unterscheidungsmerkmals zum nächstliegenden Stand der Technik D8 beruht auch dieses Verfahren aus obigen Gründen auf keiner erfinderischen Tätigkeit.
7.4 Somit erfüllt Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 nicht das Erfordernis von Artikel 56 EPÜ.
8. Hilfsantrag 6
8.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 fügt Anspruch 1 des Hilfsantrags 5 im Wesentlichen die Merkmale hinzu, wonach vor und nach dem Reinigen mit einem tensidhaltigen Reinigungsmittel mit einem pH-Wert von wenigstens 10,5 bei der maschinellen Prädekontamination jeweils vorgespült und gespült wird.
8.2 Im gleichen Kontext, in dem in D12 zum Zwecke einer maschinellen Reinigung und Desinfektion die Verwendung eines tensidhaltigen Reinigungsmittels mit einem pH-Wert von wenigstens 10,5 offenbart wird, wird ebenfalls offenbart, vor der Reinigung und Desinfektion zunächst vorzuspülen, um grobe Verunreinigungen zu entfernen, und nach der Reinigung und Desinfektion zu spülen, um Reinigungsmittelreste zu entfernen (Absatz [0012]).
Da in D8 keinerlei Angaben über die konkrete Durchführung der offenbarten maschinellen Prädekontamination mittels Instrumentenspülmaschine gemacht werden, würde der Fachmann nicht nur die in D12 offenbarten Merkmale bezüglich der Wahl des Reinigungsmittels berücksichtigen (wie oben unter Punkt 5 bis 5.6 erläutert), sondern ebenso dessen in D12 offenbarten Verwendung im maschinellen Reinigungs- und Desinfektionsprozesses. Das beanspruchte Verfahren ergibt sich somit in naheliegender Weise aus der Kombination der Dokumente D8 und D12.
8.3 Demzufolge erfüllt Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 ebenfalls nicht das Erfordernis von Artikel 56 EPÜ.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.