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T 1128/15 (Software-Paketierung/CEBICON) 27-07-2021
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Verfahren zur Erstellung eines automatisch verteilbaren Software-Pakets
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung mit Datum vom 22. Dezember 2014, die Anmeldung 08157598.7 zurückzuweisen wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit gegenüber D3:
D3 US 5 835 777 A.
II. Die Beschwerde wurde am 25. Februar 2015 eingelegt, die Beschwerdegebühr am selben Tag entrichtet. Die Beschwerdebegründung wurde am 30. April 2015 eingereicht. Mündliche Verhandlung wurde hilfsweise beantragt.
III. In einer Ladung zur mündlichen Verhandlung teilte die Kammer der Beschwerdeführerin ihre vorläufige Meinung mit, wonach die Entscheidung zu bestätigen sei.
IV. In einem Schreiben vom 4. Mai 2021 brachte die Beschwerdeführerin Argumente gegen diese Meinung vor.
V. Am 27. Juli 2021 fand die mündliche Verhandlung in Form einer Videokonferenz statt. Es wurde das folgende Dokument aus dem Stand der Technik eingereicht:
"Softwareverteilung", Artikel der deutschen Wikipedia, zuletzt geändert am 12. Februar 2006, in einer von der Wayback Machine am 19. Februar 2006 auf https://web.archive.org/web/20060219092356/http://de.wikipedia.org:80/wiki/Softwareverteilung archivierten Version.
VI. Am Ende der Verhandlung verkündete der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer.
VII. Der Beschwerdeführer beantragte, die Entscheidung aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf Basis des Hauptantrags (identisch mit Hilfsantrag 1 in der Entscheidung) oder des Hilfsantrags (identisch mit Hilfsantrag 2 in der Entscheidung), beide am 8. September 2014 in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eingereicht und an die Entscheidungsgründe angefügt.
Die weiteren Anmeldeunterlagen sind die gleichen wie in der zurückgewiesenen Fassung.
VIII. Anspruch 1 des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Verfahren zur Erstellung eines automatisch verteilbaren Software-Pakets, das auf einer einem Computer (3) bereitgestellten und nur für einen Einzelplatz vor Ort installationsfähigen Standard-Software beruht, wobei ein mit dem Computer (3) über ein Kommunikationsnetzwerk (2) verbundener Server (1) vorgesehen ist, wobei auf dem Server für verschiedene Standard-Software-Installationen entsprechende Paketierungsinformationen hinterlegt sind, mit folgenden Schritten:
automatische Übertragung von auf dem Server (1) hinterlegten Paketierungsinformationen auf den Computer (3) auf der Grundlage der Bezeichnung der Standard-Software und verschiedener Installationsparameter und
automatische Paketierung der Standard-Software zu einem automatisch verteilbaren Software-Paket auf dem Computer (3) auf der Grundlage der von dem Server (1) übertragenen Paketierungsinformationen, durch eine derartige Aufbereitung der ansonsten nur für einen Einzelplatz vor Ort installationsfähigen Software, dass diese mit zusätzlich, automatisch zur Verfügung stehenden Informationen versehen wird, einschließlich der verschiedenen Installationsparameter, so dass aus der Standard-Software ein automatisch verteilbares Software-Paket erstellt wird, wobei
die Standard-Software auf dem Computer (3) selbst bereitgestellt wird,
die automatische Übertragung der auf dem Server (1) hinterlegten Paketierungsinformationen auf den Computer (3) und/oder die automatische Paketierung der Standard-Software zu einem automatisch verteilbaren Software-Paket auf dem Computer (3) mittels eines auf dem Computer (3) ablaufenden Prozesses durchgeführt wird und
der Prozess von dem Server (1) zur Verfügung gestellt und über das Kommunikationsnetzwerk (2) übertragen wird, so dass
das automatisch verteilbare Software-Paket auf dem Computer zur Verfügung steht und von dort über ein Firmen-LAN weiter verteilt werden kann."
IX. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, dass hinter dem Absatz beginnend mit "automatische Paketierung" folgender Absatz eingefügt wurde:
"[wobei] auf dem Computer (3) automatisch ein Abfragedialog hinsichtlich der Installationsparameter erfolgt,"
1. Zusammenfassung der Erfindung
1.1 Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur automatisierten "Paketierung" und Parametrisierung eines Programms, das dann in dieser Form weiterverteilt werden kann. Zuerst wählt der Kunde auf seinem Computer (3) aus einem Web-Portal (Server 1) eine sogenannte "Standard-Software" aus, die er in seinem Unternehmen zur Verfügung stellen will (S. 7, Z. 17-18, sowie Abb. 1). Eine Standard-Software im Sinne der Anmeldung ist ein allgemein verfügbares Programm, das von verschiedenen Nutzern mit unterschiedlichen Installationsparametern installiert und verwendet wird (Absatz zwischen S. 2 und 3).
1.2 Nach der Auswahl kauft der Kunde die Dienstleistung, dass er oder sie bei der Installation unterstützt wird. Daraufhin wird ein Installations-/Parametrisierungs-Wizard vom Server auf den Computer heruntergeladen und dort gestartet (S. 7, Z. 18-26). Die Standard-Software steht dem Computer bereits zur Verfügung (z.B. als DVD in dessen Laufwerk; S. 8, Z. 3-7; ursprünglicher Anspruch 5).
1.3 Der Wizard erfragt nun vom Kunden die Installationsparameter (S. 3, Z. 23-26; ursprünglicher Anspruch 2; Anspruch 1 der aktuellen Anspruchssätze), sendet an den Server die Bezeichnung der Standard-Software und die Installationsparameter und erhält daraufhin die entsprechenden Paketierungsinformationen (S. 5, Z. 8-14). Damit parametrisiert der Wizard die Standard-Software (S. 8, Z. 19-21) und paketiert sie auf dem Computer in ein vorbestimmtes Paketformat (z.B. Microsofts MSI-Format; S. 8, Z. 17-19), ggf. durch Format-Umwandlung (S. 6, Abs. 2; S. 9, Z. 6-13; ursprünglicher Anspruch 12).
1.4 Danach kann vom Computer aus das auf ihm erstellte Software-Paket über ein Firmen-LAN weiterverteilt werden (S. 3, Z. 11-12; Anspruch 1 der aktuellen Anspruchssätze).
2. Erfinderische Tätigkeit
2.1 Im Folgenden wird nur der Hilfsantrag diskutiert, da er spezifischer als der Hauptantrag ist. Daher impliziert ein Mangel an erfinderischer Tätigkeit des Hilfsantrags auch einen solchen für den Hauptantrag.
2.2 Gemäß Beschwerdebegründung (S. 8, letzter Abs.) offenbart D3 keine Umwandlung einer "nur für einen Einzelplatz vor Ort installationsfähigen Standard-Software" in ein "automatisch verteilbares Software-Paket", sondern nur die Erstellung eines ersteren (nämlich eines Installationspakets für eine Einzelplatz-Version einer Software). Insofern offenbare D3 nicht einmal "einen gattungsgemäßen Stand der Technik" und könne den beanspruchten Gegenstand nicht nahelegen.
2.3 In der mündlichen Verhandlung stellte der Beschwerdeführer diese Umwandlung als den Kern der Erfindung dar. Auf Nachfrage der Kammer erläuterte er die beiden eben genannten zentralen Begriffe, die auch in den Ansprüchen vorkommen. Der Unterschied zwischen beiden sei das Vorhandensein bzw. Fehlen eines Abfragedialogs (während der Installation) bzgl. der Installationsparameter (wie z.B. Installationspfad, Lizenznummer, Administrator-Passwort, Voreinstellungen etc.). Dadurch, dass während der Installation eines automatisch verteilbaren Software-Paket kein solcher Abfragedialog mehr stattfindet, sei dieses überhaupt erst "automatisch verteilbar". In der Erfindung übernehme ein Skript (S. 2, Abs. 2; S. 3, Abs. 3) die Parametrisierung während der Installation des Standard-Software-Pakets. Dieses Skript werde in den Paketierungsinformationen vom Server auf den Computer übertragen.
2.4 Zugunsten der Beschwerdeführerin folgt die Kammer dieser Interpretation, da sie mit der Beschreibung wenigstens konsistent ist, auch wenn sie dort nicht explizit offenbart wird. Ob sie für den einschlägigen, mit Softwarepaketierung befassten Fachmann wenigstens implizit aus der Beschreibung hervorgeht, wie die Beschwerdeführerin behauptet, kann damit offen bleiben. Aus dieser Interpretation folgt, dass D3 kein geeigneter Ausgangspunkt für einen Aufgabe-Lösungs-Ansatz ist.
2.5 Stattdessen betrachtet die Kammer als einen geeigneten Ausgangspunkt das in der Beschreibung als üblich offenbarte Szenario (S. 1, Abs. 2; S. 2, Abs. 2), demgemäß ein System-Administrator eine (gekaufte) Standard-Software durch Hinzufügen eines von ihm programmierten Skripts in ein automatisch verteilbares Software-Paket umwandelt (d.h. parametrisiert und paketiert), um es dann automatisiert (z.B. über ein Firmen-Netzwerk) auf mehreren Rechnern verteilen und installieren zu können.
2.6 Der Anspruch lässt offen, ob die Standard-Software noch in einer Menge von Einzeldateien oder schon als Paket vorliegt, wie es bspw. gemäß dem Verfahren von D3 aus den Einzeldateien erzeugt werden könnte. Weil dem so ist, geht die Kammer vom zweiten, einfacheren Fall aus.
2.7 Die zu lösende technische Aufgabe besteht dem gegenüber darin, einem System-Administrator ohne das nötige "Skripting-Know-How" (S. 2, Abs. 2), etwa in einer kleinen Firma, die Paketierung zu ermöglichen.
2.8 Um diese Aufgabe zu lösen, würde ein Fachmann mit dem notwendigen Know-How die Skripte für die verschiedenen angebotenen Standard-Software-Pakete schreiben und sie den System-Administratoren zur Verfügung stellen. Sie auf einem Server zum Herunterladen bereitzustellen, hält die Kammer für naheliegend, da dies die übliche Methode zur Bereitstellung von Services im Computerbereich ist. Da die Parametrisierung allerdings erst durch den System-Administrator erfolgen kann, müssen die dazu erforderlichen Parameter weiterhin vom System-Administrator erfragt werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: entweder vor dem Herunterladen des Skripts oder danach. Beide erscheinen a priori als naheliegend. Die zweite Möglichkeit wäre zudem dann offensichtlich, sollte es unerwünscht sein, möglicherweise sensible Parametrisierungsdaten über das Internet zu übertragen, wo sie mitgelesen werden könnten. Also müsste der angenommene Fachmann dem System-Administrator auch ein Programm zur Abfrage der Parametrisierungsdaten ("Wizard") bereitstellen.
2.9 Auf diese Art würde der Fachmann ausgehend vom oben beschriebenen Szenario unter Zuhilfenahme seines Fachwissens zum beanspruchten Gegenstand gelangen, ohne dabei ein technisches Problem in nicht-offensichtlicher Weise zu lösen.
2.10 Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung keine weiteren Argumente gegen diesen Aufgabe-Lösungs-Ansatz der Kammer vor.
2.11 Damit ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags nicht erfinderisch (Artikel 56 EPÜ). Dieses Ergebnis gilt, wie oben festgestellt, a fortiori auch für den Hauptantrag.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.