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T 1151/15 26-02-2021
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Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 11 009 939.7 mit Veröffentlichungsnummer EP 2466882 A1.
II. Die folgenden Dokumente wurden in der Entscheidung zitiert:
D1|US 2009/0047917 A1|
D4|EP 1 551 084 A2 |
D5|US 3,869,564 |
III. Der Zurückweisungsentscheidung lagen die mit Schreiben vom 25. September 2014 eingereichten Sätze von Patentansprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag ("Hilfsantrag 1") und der in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 28. Oktober 2014 eingereichte Satz von Patentansprüchen gemäß Hilfsantrag 2 zugrunde.
IV. Die Zurückweisungsgründe für den Hauptantrag waren mangelnde Klarheit und Stützung durch die Beschreibung (Artikel 84 EPÜ) und mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1), 56 EPÜ) des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen des Fachmanns.
Der Zurückweisungsgrund für Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 war mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1), 56 EPÜ) des Gegenstands des Anspruchs 1 gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen eines Fachmanns. Bezüglich des Hilfsantrags 1 wurde Dokument D5 als Beweis des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns zitiert.
V. Gegen diese Entscheidung legte die Anmelderin ("Beschwerdeführerin") Beschwerde ein. In der Beschwerdebegründung (siehe Punkt IV auf Seite 12) erhielt die Beschwerdeführerin die der Entscheidung zugrundeliegenden Anträge aufrecht. Hieraus folgt, dass die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und unter Zugrundelegung der Ansprüche gemäß einem dieser Anträge ein Patent zu erteilen.
VI. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) der revidierten Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020, siehe Zusatzpublikation 2, ABl. EPA 2020) äußerte die Kammer die vorläufige Einschätzung, dass (i) das Merkmal "Verteilungselement mit einer ersten elektronischen Schaltung" an sich kein Problem unter Artikel 84 EPÜ darstellte und (ii) der Gegenstand des Anspruchs 1 aller vorliegenden Anträge nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhte.
VII. Die Beschwerdeführerin hat den Empfang der Ladung nicht bestätigt und sich zu der vorläufigen Einschätzung der Kammer nicht geäußert. Auf Anfrage der Kammer hat das Unternehmen, das vom EPA für die Zustellung der Ladung beauftragt wurde, mit Schreiben vom 19. Januar 2021 deren ordnungsgemäße Zustellung bestätigt.
VIII. Am 26. Februar 2021 fand die mündliche Verhandlung vor der Kammer in Abwesenheit der Beschwerdeführerin statt.
IX. Somit geht aus der Akte hervor, dass die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein europäisches Patent zu erteilen auf der Grundlage der Ansprüche gemäß dem Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 25. September 2014, oder hilfsweise auf der Grundlage des Hilfsantrags 1, eingereicht als "Hilfsantrag" mit Schreiben vom 25. September 2014, oder des Hilfsantrags 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Prüfungsabteilung am 28. Oktober 2014.
X. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet wie folgt:
"Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz, insbesondere ein MATV/SMATV-Netz, das Telekommunikationssignale an Benutzersteckdosen (12) des Verteilungssystems für den Anschluss eines Fernseh-, Video- und/oder Decoder-Endgeräts (TUS) überträgt,
- wobei das Verteilungssystem wenigstens ein Verteilungselement (1) mit einer ersten elektronischen Schaltung (4) aufweist, und
- wobei das Verteilungssystem Benutzersteckdosen (12) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils eine zweite elektronische Schaltung (4) mit einem ersten Verstärker (6) aufweisen, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt,
und
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils erste Mittel (7) aufweisen, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker (6) überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker (6) außer Funktion ist."
XI. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Hinzufügungen (beziehungsweise Streichungen) zu (aus) Anspruch 1 gemäß Hauptantrag sind unterstrichen (durchgestrichen)):
"Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz, insbesondere ein MATV/SMATV-Netz, das Telekommunikationssignale an Benutzersteckdosen (12) des Verteilungssystems für den Anschluss eines Fernseh-, Video- und/oder Decoder-Endgeräts (TUS) überträgt,
- wobei das Verteilungssystem wenigstens ein Verteilungselement (1) mit einer ersten elektronischen Schaltung (4) aufweist, und
- wobei das Verteilungssystem Benutzersteckdosen (12) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils eine zweite elektronische Schaltung (4) mit einem ersten Verstärker (6) aufweisen, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt,
[deleted: und]
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils erste Mittel (7) aufweisen, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker (6) überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker (6) außer Funktion ist, und
- dass die erste elektronische Schaltung (4) des Verteilungselements (1) einen zweiten Verstärker (6) aufweist, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt."
XII. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (Hinzufügungen (beziehungsweise Streichungen) zu (aus) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 sind unterstrichen (durchgestrichen)):
"Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz, insbesondere ein MATV/SMATV-Netz, das Telekommunikationssignale an Benutzersteckdosen (12) des Verteilungssystems für den Anschluss eines Fernseh-, Video- und/oder Decoder-Endgeräts (TUS) überträgt,
- wobei das Verteilungssystem wenigstens ein Verteilungselement (1) mit einer ersten elektronischen Schaltung (4) aufweist, und
- wobei das Verteilungssystem Benutzersteckdosen (12) aufweist,
dadurch gekennzeichnet,
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils eine zweite elektronische Schaltung (4) mit einem ersten Verstärker (6) aufweisen, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt,
- dass die Benutzersteckdosen (12) jeweils erste Mittel (7) aufweisen, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker (6) überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker (6) außer Funktion ist, [deleted: und]
- dass die erste elektronische Schaltung (4) des Verteilungselements (1) einen zweiten Verstärker (6) aufweist, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt,
- dass die erste elektronische Schaltung (4) des Verteilungselements (1) zweite Mittel (7) aufweist, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie die Telekommunikationssignale an die Benutzersteckdosen (12) übertragen, sofern der zweite Verstärker (6) des Verteilungselements (1) außer Funktion ist,
- dass die zweiten Mittel (7) des Verteilungselements (1) ein Durchgangs-Schaltungselement (61) der ersten elektronischen Schaltung (4) des Verteilungselements (1) bilden, und
- dass das Durchgangs-Schaltungselement (61) einen Weg niedriger Impedanz zwischen einem Eingang und einem Ausgang der ersten elektronischen Schaltung (4) des Verteilungselements (1) bildet, über den die Telekommunikationssignale übertragen werden, sofern der zweite Verstärker (6) des Verteilungselements (1) außer Funktion ist."
XIII. Die Argumente der Beschwerdeführerin können - soweit sie für diese Entscheidung von Relevanz sind - wie folgt zusammengefasst werden:
a) Dokument D4 liege näher an der Erfindung als Dokument D1, da D4 im Gegensatz zu D1 sowohl Benutzersteckdosen als auch eine elektronische Schaltung offenbare (siehe Beschwerdebegründung, Seite 4, erster Absatz).
b) Die in Dokument D1 offenbarten Ausgangsbuchsen (beispielsweise die in Abbildung 9a mit Bezugszeichen 560, 562 und 564 gekennzeichneten Buchsen) seien Komponenten des Verstärkers. Somit wiesen die in Dokument D1 offenbarten Benutzersteckdosen nicht jeweils eine zweite elektronische Schaltung mit einem ersten Verstärker auf (siehe Punkt III.3 der Beschwerdebegründung).
c) Die in Dokument D1 offenbarten Benutzersteckdosen wiesen nicht jeweils erste Mittel auf, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker außer Funktion ist. Die in D1 offenbarten ersten Mittel seien Komponenten des Verstärkers (siehe Punkt III.4 der Beschwerdebegründung).
d) Dokument D1 offenbare nicht, dass die Ausgänge (beispielsweise RF OUT 1 560, RF OUT 2 562 und RF OUT N 564 in Abbildung 9a) elektromechanische Buchsen darstellen (siehe Punkt III.6.3 der Beschwerdebegründung).
e) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 betreffe eine weitere Ausgestaltung von Benutzersteckdosen (siehe Seite 11, Punkt 12, der Beschwerdebegründung).
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Erfindung
Die vorliegende Anmeldung betrifft ein Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz (insbesondere ein Gemeinschaftsnetz), das Verteilungselemente enthält, zu denen eine Mehrzahl von Benutzersteckdosen gehört. Die Verteilungselemente weisen einen Verstärker auf und sind mit Mitteln von niedriger Impedanz ausgestattet, die den Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der Verstärker außer Funktion ist.
3. Alle Anträge: Auslegung von Anspruch 1
3.1 "Benutzersteckdose"
3.1.1 Im Lichte der Diskussion unter Punkt 3.12 der angefochtenen Entscheidung und der Argumente in den Punkten III.2 und III.6 der Beschwerdebegründung ist die Auslegung des Begriffs "Benutzersteckdose" von großem Belang.
3.1.2 Es ist unbestreitbar, dass eine "Benutzersteckdose" eine besondere Art Steckdose darstellt (siehe Anspruch 1 in seiner ursprünglich eingereichten Fassung: "Benutzersteckdosen (12), insbesondere Steckdosen..."). Als Ausgangspunkt für die Auslegung des Begriffs "Benutzersteckdose" kann also die allgemein akzeptierte Definition des Begriffs "Steckdose" dienen.
Der Begriff "Steckdose" wird im "Duden" als "[in die Wand eingelassene] Vorrichtung zur Herstellung eines Kontaktes zwischen Stromkabel und elektrischem Gerät mithilfe eines Steckers" definiert.
Dazu sind im Kontext der vorliegenden Anmeldung zwei wichtige Merkmale einer "Benutzersteckdose" zu berücksichtigen (siehe beispielsweise Seite 2, Zeilen 5 bis 8, der ursprünglich eingereichten Beschreibung sowie Abbildung 1, Bezugszeichen 12):
a) Eine Benutzersteckdose wird nicht für die Stromversorgung, sondern für die Übertragung von Daten verwendet.
b) Eine Benutzersteckdose hat die Funktion, die Verbindung zwischen dem Netz und einem Benutzerendgerät (Fernseh-, Video-, Decoder-Geräte usw.) herzustellen beziehungsweise den Anschluss eines Benutzerendgeräts an das Netz bereitzustellen. Daher bringt das Präfix "Benutzer" zum Ausdruck, dass die Steckdose dem Benutzer eines Endgeräts zugänglich ist.
3.1.3 Vor diesem Hintergrund kommt die Kammer zum Schluss, dass der Begriff "Benutzersteckdose" eine Vorrichtung zur Herstellung eines Kontaktes zwischen Datenkabel und elektrischem Gerät mithilfe eines Steckers umfasst, die dem Benutzer eines Endgeräts (Fernseh-, Video-, Decoder-Geräte usw.) zugänglich ist.
3.2 "Verteilungselement"
3.2.1 In allen vorliegenden Anträgen weist das Verteilungssystem gemäß Anspruch 1 wenigstens ein Verteilungselement mit einer ersten elektronischen Schaltung und eine Mehrzahl von Benutzersteckdosen auf.
3.2.2 In ihrer Analyse der erfinderischen Tätigkeit in Bezug auf den Hauptantrag (Punkt 3 der angefochtenen Entscheidung) war die Prüfungsabteilung der Ansicht, dass Dokument D1 zwar "Benutzersteckdosen", aber kein "Verteilungselement mit einer ersten Schaltung" explizit offenbarte. Hieraus folgt, dass für die Prüfungsabteilung diese zwei Komponenten des Verteilungssystems zwangsläufig unterschiedliche Funktionen aufwiesen.
3.2.3 Die Kammer stellt aber fest, dass der Begriff "Verteilungselement" im Kontext der vorliegenden Anmeldung eine Benutzersteckdose umfasst (siehe Seite 2 der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Zeilen 5 und 13). Dies hat insbesondere zur Folge, dass das "wenigstens ein[e] Verteilungselement" in Anspruch 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 auch eine Benutzersteckdose sein kann. Somit kann jede Komponente (erste elektronische Schaltung, zweiter Verstärker) des wenigstens einen Verteilungselements, die in Anspruch 1 dieser Anträge spezifiziert ist, als Komponente einer Benutzersteckdose betrachtet werden.
3.2.4 Diese breite Auslegung gilt nicht für Anspruch 1 des Hilfsantrags 2, da dieser Anspruch klarstellt, dass das "wenigstens ein[e] Verteilungselement" Telekommunikationssignale an die Benutzersteckdosen überträgt (Zeilen 23 bis 26) und somit von den Benutzersteckdosen zu unterscheiden ist.
4. Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
4.1 Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt (Artikel 56 EPÜ).
4.2 Nächstliegender Stand der Technik
4.2.1 Die Kammer teilt die Meinung der Prüfungsabteilung, dass Dokument D1 einen erfolgversprechenderen Ausgangspunkt als Dokument D4 für eine naheliegende Entwicklung darstellt, die zur beanspruchten Erfindung führt.
4.2.2 Im Gegensatz zur Beschwerdeführerin (siehe Punkt XIII.a) oben) ist die Kammer der Ansicht, dass Dokument D1 eine Benutzersteckdose mit einer elektronischen Schaltung offenbart (siehe nächsten Punkt 4.3). An sich können diese Merkmale daher nicht begründen, dass Dokument D4 als nächstliegender Stand der Technik gegenüber D1 zu bevorzugen ist. Hinzu kommt, dass Dokument D1 gegenüber Dokument D4 den Vorteil hat, dass es sich sowohl mit dem Problem der Signalpegelverluste in einem Telekommunikationsnetz als auch mit dem Problem eines Spannungsausfalls bei einem Verstärker innerhalb dieses Netzes befasst (siehe Absätze [0004] und [0005]). Diese sind zwei der Hauptprobleme, die der vorliegenden Anmeldung zugrunde liegen (siehe Seite 2, vorletzter Absatz und Seite 4, Zeilen 16 bis 23).
4.3 Offenbarung des Dokuments D1
4.3.1 Dokument D1 offenbart verschiedene Verstärkungsschaltungen (Abbildungen 1 bis 7, 9a und 9b), die hauptsächlich zur Verstärkung von RF-Signalen dienen, die aus unterschiedlichen Kommunikationsnetzen stammen können, beispielsweise aus einem Telefonnetz, einem Kabelfernsehnetz oder dem Internet (siehe Absatz [0026]). Dokument D1 offenbart somit (implizit) ein "Verteilungssystem für ein Telekommunikationsnetz".
4.3.2 Das Verteilungssystem nach D1 weist wenigstens eine elektronische Schaltung auf (Abbildungen 1 bis 7, 9a und 9b). Jede in D1 offenbarte Schaltung enthält sowohl einen (ersten) Verstärker, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt (siehe beispielsweise Komponenten 140 und 240 in Abbildungen 1 und 2), als auch Mittel, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten (siehe beispielsweise die Verbindungen "DEDICATED NON-INTERRUPTIBLE VOIP PORT" in Abbildungen 1 und 2), sofern der erste Verstärker außer Funktion ist (siehe beispielsweise Absätze [0005], [0037] und [0049]).
4.3.3 Darüber hinaus offenbart Absatz [0030], dass der Verstärker ("amplifier 100") beim Endverbraucher installiert und mit elektronischen Geräten verbunden wird. Ferner offenbart Absatz [0036], dass durch den Ausgang "RF OUT N" Strom in die Schaltung zurückgespeist werden kann. Dies impliziert, dass mindestens eines der Geräte an diesem Ausgang physikalisch - d.h. durch eine elektromechanische Buchse - verbunden wird. Somit stellt jede in Dokument D1 offenbarte Schaltung eine "Vorrichtung zur Herstellung eines Kontaktes zwischen Datenkabel und elektrischem Gerät mithilfe eines Steckers" dar, "die dem Benutzer eines Endgeräts (Fernseh-, Video-, Decoder-Geräte usw.) zugänglich ist", und fällt daher unter den Begriff "Benutzersteckdose", wie er oben unter Punkt 3.1 ausgelegt wurde.
4.4 Unterscheidungsmerkmale
4.4.1 Unter Punkt 3.6 der angefochtenen Entscheidung identifiziert die Prüfungsabteilung zwei Unterscheidungsmerkmale.
Das erste Unterscheidungsmerkmal betrifft im Verteilungssystem nach Anspruch 1 das Vorhandensein eines Verteilungselements mit einer ersten elektronischen Schaltung.
Das zweite Unterscheidungsmerkmal betrifft im Verteilungssystem nach Anspruch 1 das Vorhandensein einer Mehrzahl von Benutzersteckdosen, jeweils mit einem Verstärker und Mitteln, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der Verstärker außer Funktion ist.
4.4.2 Wie oben unter Punkt 3.2 ausgeführt, legt die Kammer den Begriff "Verteilungselement" so aus, dass er eine Benutzersteckdose umfasst. Im Kontext dieser Alternative bedeuten die beiden oben genannten Unterscheidungsmerkmale, dass mindestens drei Benutzersteckdosen im Verteilungssystem vorhanden sind: Diejenige, die das Verteilungselement darstellt, und mindestens zwei - als solche bezeichnete - "Benutzersteckdosen" (Hervorhebung der Kammer), wobei jede dieser - als solche bezeichneten - Benutzersteckdosen einen Verstärker und Mittel aufweist, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der Verstärker außer Funktion ist.
4.4.3 In Dokument D1 wird kein Ausführungsbeispiel offenbart, in dem mindestens zwei (geschweige denn mindestens drei) der offenbarten Schaltungen bei einem oder mehreren Endverbrauchern installiert werden. Die Kammer schließt sich daher der Meinung der Prüfungsabteilung an, dass die oben in Punkt 4.4.1 gelisteten Merkmale als Unterscheidungsmerkmale (in ihrer in Punkt 4.4.2 ausgeführten Bedeutung) zu betrachten sind.
4.4.4 Unter Punkt III.3 der Beschwerdebegründung wurde argumentiert, dass die in Dokument D1 offenbarten Benutzersteckdosen nicht jeweils eine zweite elektronische Schaltung mit einem ersten Verstärker aufwiesen, sondern dass die in D1 offenbarten Ausgangsbuchsen (beispielsweise die in Abbildung 9a mit Bezugszeichen 560, 562 und 564 gekennzeichneten Buchsen) Komponenten des Verstärkers seien.
Dieses Argument ist nach Auffassung der Kammer nicht nachvollziehbar, weil die Tatsache, dass die Ausgangsbuchsen Komponenten des Verstärkers sind, von der Prüfungsabteilung nicht bestritten wurde. Aus der Diskussion unter Punkt 3 der angefochtenen Entscheidung ist ersichtlich, dass die Prüfungsabteilung nicht einzelne Buchsen des Verstärkers als Benutzersteckdosen betrachtet hat (sonst wäre die Prüfungsabteilung zum Schluss gekommen, dass D1 eine Mehrzahl von Benutzersteckdosen offenbart). Vielmehr vertrat die Prüfungsabteilung die Meinung, dass der gesamte Verstärker samt allen seinen Buchsen eine Benutzersteckdose darstelle. Die Kammer teilt diese Auffassung.
4.4.5 Unter Punkt III.4 der Beschwerdebegründung wurde weiter argumentiert, dass die in Dokument D1 offenbarten Benutzersteckdosen nicht "jeweils erste Mittel aufweisen, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker (6) überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker (6) außer Funktion ist", sondern die ersten Mittel Komponenten des Verstärkers seien.
Die Kammer weist darauf hin, dass Dokument D1 dem Begriff "amplifier" zwei Bedeutungen verleiht, die unterschiedlichen Abstraktionsebenen entsprechen. Erstens wird er benutzt, um die gesamte Schaltung zu bezeichnen, die beim Endverbraucher zu installieren ist (siehe beispielsweise Absatz [0028]: "amplifier 100" und Absatz [0030]). Zweitens wird der Begriff "amplifier" benutzt, um eine einzelne Verstärkungskomponente innerhalb dieser Schaltung zu bezeichnen (siehe beispielsweise Absatz [0037]: "individual amplifiers 140 and/or 145").
Nach Auffassung der Kammer ist der Einwand der Prüfungsabteilung so zu verstehen, dass der Verstärker nach D1 - wenn er als gesamte Schaltung (beispielsweise "amplifier 100") betrachtet wird - eine Benutzersteckdose gemäß Anspruch 1 bildet, die sowohl eine elektronische Schaltung mit einem Verstärker - im Sinne einer einzelnen Verstärkungskomponente innerhalb dieser Schaltung ("individual amplifiers 140 and/or 145") - als auch Mittel aufweist, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den ersten Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker außer Funktion ist.
Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung zu.
4.4.6 Unter Punkt III.6.3 der Beschwerdebegründung hat die Beschwerdeführerin weiterhin vorgebracht, dass Dokument D1 nicht offenbare, dass die Ausgänge (beispielsweise RF OUT 1 560, RF OUT 2 562 und RF OUT N 564 in Abbildung 9a) elektromechanische Buchsen darstellen.
Aus den Gründen, die unter Punkt 4.3.3 ausgeführt sind, ist die Kammer von diesem Argument nicht überzeugt.
4.4.7 Die Kammer kommt daher zum Schluss, dass sich das Verteilungssystem gemäß Anspruch 1 vom in Dokument D1 offenbarten Verteilungssystem lediglich durch die unter Punkt 4.4.1 genannten Merkmale unterscheidet.
4.5 Beurteilung des Unterscheidungsmerkmals
4.5.1 Laut Punkt 3.11 der angefochtenen Entscheidung offenbare Dokument D1 ein Netz, das einen Serviceanbieter und eine Mehrzahl von Endverbrauchern und deren Endgeräte miteinander verbindet. Unter diesen Umständen liege es auf der Hand, dass zumindest in einer Mehrzahl von Residenzen Verstärker installiert werden, die eine der offenbarten Schaltungen aufweisen.
4.5.2 Die Kammer schließt sich dieser Analyse an. Darüber hinaus merkt die Kammer an, dass die in Dokument D1 offenbarten Telekommunikationsnetze (siehe beispielsweise Absatz [0026]) üblicherweise eine große Anzahl von Endverbrauchern verbindet. Somit kann das Vorhandensein von mindestens drei der in Dokument D1 offenbarten Benutzersteckdosen an sich keine erfinderische Tätigkeit begründen.
4.5.3 Daher kommt die Kammer zum Schluss, dass die angefochtene Entscheidung den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hauptantrags korrekterweise als naheliegend gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen eines Fachmanns betrachtet hat.
4.5.4 Unter Punkt III.10 der Beschwerdebegründung wurde auf angebliche Vorteile des Gegenstands des Anspruchs 1 verwiesen. Nach Ansicht der Kammer sind diese Vorteile aber nicht auf Unterscheidungsmerkmale zurückzuführen und können somit keine erfinderische Tätigkeit begründen.
5. Hilfsantrag 1: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
5.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags dadurch, dass die erste elektronische Schaltung des Verteilungselements ebenfalls einen Verstärker aufweist, der Telekommunikationssignale des Telekommunikationsnetzes verstärkt.
5.2 Im Kontext des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 umfasst der Begriff "Verteilungselement" eine Benutzersteckdose (siehe Punkt 3.2 oben).
5.3 Unter Punkt 4.5.2 oben ist die Kammer bereits zum Schluss gekommen, dass das Vorhandensein von mindestens drei Benutzersteckdosen mit jeweils einem Verstärker an sich keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.
5.4 Daher kann auch der Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.
5.5 Somit kommt die Kammer zum Schluss, dass die angefochtene Entscheidung den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 korrekterweise als naheliegend gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen eines Fachmanns betrachtet hat.
6. Hilfsantrag 2: erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)
6.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass
(i) die erste elektronische Schaltung des Verteilungselements zweite Mittel aufweist, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie die Telekommunikationssignale an die Benutzersteckdosen übertragen, sofern der zweite Verstärker des Verteilungselements außer Funktion ist,
(ii) die zweiten Mittel des Verteilungselements ein Durchgangs-Schaltungselement der ersten elektronischen Schaltung des Verteilungselements bilden, und
(iii) das Durchgangs-Schaltungselement einen Weg niedriger Impedanz zwischen einem Eingang und einem Ausgang der erster elektronischen Schaltung des Verteilungselements bildet, über den die Telekommunikationssignale übertragen werden, sofern der zweite Verstärker des Verteilungselements außer Funktion ist.
6.2 Wie oben unter Punkt 3.2.4 ausgeführt, impliziert das erstgenannte zusätzliche Merkmal, dass das "wenigstens ein[e] Verteilungselement" keine Benutzersteckdose darstellt.
6.3 Unterscheidungsmerkmale
6.3.1 Nach Auffassung der Kammer unterscheidet sich das Verteilungssystem gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 vom in Dokument D1 offenbarten Verteilungssystem darin, dass es folgende Elemente enthält:
a) Eine Mehrzahl von Benutzersteckdosen jeweils mit einem Verstärker und ersten Mitteln, die in der Weise ausgestaltet sind, dass sie den Verstärker überbrücken und die Telekommunikationssignale durchschalten, sofern der erste Verstärker außer Funktion ist;
b) wenigstens ein Verteilungselement, das zusätzlich zu dem "zweiten Verstärker (6)" (Anspruch 1, Zeilen 20 bis 22) die unter Punkt 6.1 gelisteten Merkmale aufweist.
6.4 Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
6.4.1 Das Vorhandensein einer Mehrzahl von Benutzersteckdosen im Verteilungssystem erlaubt den Anschluss einer Mehrzahl von Benutzern ans Telekommunikationsnetz, beziehungsweise den Anschluss einer größeren Anzahl von Endgeräten.
Aus denselben Gründen, die in Verbindung mit dem Hauptantrag ausgeführt wurden (siehe Punkt 4.5 oben), ist die Kammer der Auffassung, dass dieses Merkmal keine erfinderische Tätigkeit begründen kann.
6.4.2 Das Vorhandensein eines zusätzlichen Verstärkers innerhalb des Verteilungssystems erlaubt es, einem Signalverlust an mindestens einer weiteren Stelle im Telekommunikationsnetz zu begegnen.
Die Kammer stimmt der Prüfungsabteilung zu, dass sich Dokument D1 mit Telekommunikationsnetzen (beispielsweise Kabelfernsehnetzen) befasst, bei denen Verteilungselemente unentbehrlich sind, da lange Distanzen und weit verteilte Endverbraucher bedient werden müssen (siehe Punkte 3.8, 5.3 und 5.4 der angefochtenen Entscheidung). Da diese langen Distanzen und Verteilungselemente zwangsläufig zu Signalpegelverlusten führen, ist es somit ersichtlich, dass die Schaltung, die im System gemäß Dokument D1 beim Endverbraucher installiert wird, nicht allein für einen ausreichenden Signalpegel am Eingang eines Endgeräts sorgen kann, sondern dass ebenfalls sichergestellt werden muss, dass der Pegel des Signals, das diese Schaltung erreicht, einen Mindestwert aufweist. Die Begegnung von Signalverlusten durch Verstärker gehört zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns. Somit hätte ein Fachmann wenigstens ein weiteres Verteilungselement im Netz hinzugefügt, das einen Verstärker aufweist, der Telekommunikationssignale verstärkt.
6.4.3 Das Vorhandensein von Überbrückungsmitteln, sowohl in den Benutzersteckdosen als auch im Verteilungselement, garantiert eine ununterbrochene Übertragung der Telekommunikationssignale zum Endverbraucher selbst im Fall eines Stromausfalls.
Überall dort, wo Verstärker eingesetzt werden - sei es in einer Benutzersteckdose oder in einem anderen Verteilungselement innerhalb des Verteilungssystems -, wird der Fachmann notwendigerweise mit dem Problem eines Stromausfalls konfrontiert. Dieses Problem wird in Dokument D1 durch Mittel gelöst, die die unter Punkt 6.1 genannten Merkmale aufweisen (siehe beispielsweise die Verbindungen "DEDICATED NON-INTERRUPTIBLE VOIP PORT" in Abbildungen 1 und 2). Daher stimmt die Kammer der Prüfungsabteilung zu, dass die Verwendung solcher bekannten Mittel im Verteilungselement keine erfinderische Tätigkeit begründen kann (siehe Punkt 7.2 der angefochtenen Entscheidung).
6.5 In der Beschwerdebegründung (Seite 11, Punkt 12) hat die Beschwerdeführerin lediglich argumentiert, dass Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 eine weitere Ausgestaltung von Benutzersteckdosen betrifft.
6.6 Die Kammer ist von diesem Argument nicht überzeugt, da die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 keine Merkmale einer Benutzersteckdose darstellen, sondern Merkmale eines Verteilungselements, das Telekommunikationssignale an Benutzersteckdosen überträgt.
6.7 Somit kommt die Kammer zum Schluss, dass die angefochtene Entscheidung den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2 korrekterweise als naheliegend gegenüber der Offenbarung des Dokuments D1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen eines Fachmanns betrachtet hat.
7. Zusammenfassung
Da keiner der Anträge der Beschwerdeführerin gewährbar ist, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.