T 0641/17 06-03-2020
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ZIGARETTENPACKUNG UND VERFAHREN ZUM HERSTELLEN VON ZIGARETTENPACKUNGEN
I. Die in zulässiger Weise erhobene Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung Nr. 10 732 286.9.
II. Dieser Entscheidung lag ausschließlich der mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2015 eingereichte Anspruchssatz zugrunde, der die ursprünglich eingereichten Ansprüche ersetzte.
III. Das Beschwerdebegehren der Beschwerdeführerin zu Beginn des Beschwerdeverfahrens bezog sich auf den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Anspruchssatz als Hauptantrag sowie die mit der Beschwerdebegründung als Hilfsanträge 1 und 2 eingereichten Anspruchssätzen.
IV. Mit Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2007 teilte die Kammer ihre vorläufige negative Beurteilung der Sach- und Rechtslage mit.
V. In Reaktion darauf reichte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 einen neuen Hauptantrag ein, dessen Anspruchssatz dem Anspruchssatz in der ursprünglich eingereichten Fassung entsprach. Die Hilfsanträge 1 und 2 wurden nicht weiterverfolgt.
VI. In der mündlichen Verhandlung am 6. März 2020, wegen deren Einzelheiten auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen wird, beantragte die Beschwerdeführerin,
die angefochtene Entscheidung aufzuheben und
ein Patent auf der Basis des mit Schriftsatz vom
18. Dezember 2019 eingereichten Hauptantrages zu
erteilen, oder hilfsweise,
die Angelegenheit an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung auf der Basis des Hauptantrages zurückzuverweisen.
VII. Das entscheidungserhebliche Vorbringen der Anmelderin ist in den nachstehenden Entscheidungsgründen aufgeführt.
Da die vorliegende Entscheidung aus verfahrensrechtlichen Gründen ergeht, wird von der Wiedergabe der Wortlautes der Ansprüche des geltenden Hauptantrages abgesehen.
1. Zulassung des Hauptantrags ins Verfahren
1.1 Nach Artikel 12 (4) VOBK 2007, der nach Artikel 25 (2) VOBK 2020 auf das vorliegende Verfahren anwendbar ist, ist die Kammer befugt, Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können.
Der von der Beschwerdeführerin nunmehr als Hauptantrag zur Entscheidung gestellte Anspruchssatz entspricht dem Anspruchssatz gemäß der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung. Diesen ursprünglichen Anspruchssatz ersetzte die Beschwerdeführerin indes im Prüfungsverfahren durch den mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2015 eingereichten Anspruchssatz, zu dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist. Soweit die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren nunmehr den im Ergebnis vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung zurückgenommenen ursprünglichen Anspruchssatz wiederaufleben zu lassen sucht, stellt sie einen Antrag, den sie im Sinne von Artikel 12 (4) VOBK 2007 im Prüfungsverfahren hätte vorbringen und zur Entscheidung stellen können.
1.2 Die Beschwerdeführerin begründet die Rückkehr zu dem ursprünglichen Anspruchssatz damit, dass durch ihn der einzige Zurückweisungsgrund nach der angefochtenen Entscheidung gemäß Artikel 123 (2) EPÜ prima facie ausgeräumt werde. Die vorläufige Mitteilung der Kammer habe ein Weiterverfolgen des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden und zu Beginn des Beschwerdeverfahren begehrten Anspruchssatzes aussichtslos erscheinen lassen. Aus Gründen der Verfahrensökonomie sei es auch nicht angezeigt gewesen, den ursprünglich eingereichten Anspruchssatz zuvor hilfsweise zu beantragen. Da es sich vorliegend um ein ex parte-Verfahren handele, sei von der Verlängerung des Verfahrens nur die Anmelderin selbst betroffen, weshalb die Beschwerdekammer ersucht werde, im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens der Zurückverweisung und damit der Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auf der Basis des ursprünglich eingereichten Anspruchssatzes zuzustimmen.
1.3 Die Kammer sieht hierin keine hinreichende Begründung, die die Zulassung und Berücksichtigung des geltenden Hauptantrages rechtfertigte.
Es ist ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, im Laufe des Prüfungsverfahrens zurückgenommene Anträge, die im einseitigen Beschwerdeverfahren erneut gestellt werden, nicht ins Verfahren zuzulassen (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Auflage 2019, V.A.4.11.4c, m.w.N.). Aufgrund der Rücknahme des Antrags liegt insoweit keine Entscheidungsbegründung der Prüfungsabteilung zum vorliegenden Hauptantrag vor, die die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Kompetenz nach Artikel 106 (1), Satz 1 EPÜ und Artikel 12 (2) VOBK 2020 überprüfen könnte. Eine Zulassung des Hauptantrags ins Verfahren bedeutete demnach, dass die Kammer den Antrag erstmals im Beschwerdeverfahren prüfen oder die Sache an die Prüfungsabteilung zurückverweisen müsste. Ersteres liefe dem Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens im ex parte-Verfahren, also der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung, zuwider (siehe Punkt 4 der Entscheidungsgründe der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 10/93, ABl. EPA 1995, 172). Letzteres entspräche nicht der Verfahrensökonomie.
Die Kammer lässt den Hauptantrag daher in Ausübung ihres Ermessens nach Artikel 12 (4) VOBK 2007 nicht ins Verfahren zu.
1.4 Folglich liegt kein zugelassener Antrag der Beschwerdeführerin vor. Deshalb liegt keine Fassung der Anmeldung im Sinne von Artikel 113 (2) EPÜ vor, aufgrund welcher ein europäisches Patent erteilt werden könnte. Daher kann die angefochtene Entscheidung nicht aufgehoben werden, und die Beschwerde ist zurückzuweisen.
1.5 Da kein zugelassener Antrag vorliegt, auf dessen Basis eine Zurückverweisung an die Prüfungsabteilung zur weiteren Entscheidung erfolgen könnte, erübrigt sich auch eine Entscheidung der Kammer zum Zurückverweisungsantrag der Angelegenheit an die Prüfungsabteilung.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.