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T 1391/19 23-06-2022
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HAUSGERÄTEWANDUNGSANORDNUNG UND VERFAHREN ZUR BEFESTIGUNG VON WANDUNGSTEILEN BEI EINEM HAUSGERÄT
BSH Hausgeräte GmbH
BLANCO CS GmbH + Co KG
Patentansprüche - Deutlichkeit (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit - nächstliegender Stand der Technik
Spät eingereichte Beweismittel - zugelassen (E9 ja, E10 nein)
Spät eingereichter Einwand (Ausführbarkeit)
Spät eingereichter Einwand - Umstände der Beschwerdesache rechtfertigen Zulassung (nein)
Änderung des Beschwerdevorbringens - Eignung der Änderung zur Lösung der aufgeworfenen Fragen (nein)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der aufrechterhaltenen Fassung hinaus (nein)
I. Das Europäische Patent mit der Nummer 2 097 676 betrifft ein Verfahren zur Befestigung von zumindest zwei Wandungsteilen bei einer Hausgerätevorrichtung, bei dem die Wandungsteile miteinander verschweißt werden, sowie eine entsprechend hergestellte Hausgerätewandungsanordnung.
II. Gegen das Patent wurde Einspruch basierend auf den Gründen gemäß Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ eingelegt. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, das Patent in geändertem Umfang auf Basis des damaligen Hilfsantrags 1 aufrecht zu erhalten. Gegen diese Entscheidung wendete sich die Einsprechende ("Beschwerdeführerin") mit der Beschwerde.
III. Am 23. Juni 2022 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt. Die Verhandlung wurde im Einverständnis mit den Beteiligten als Videokonferenz unter Verwendung der Zoom-Plattform durchgeführt.
IV. Die Schlussanträge lauteten wie folgt:
Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent vollständig zu widerrufen.
Die Patentinhaberinnen ("Beschwerdegegnerinnen") beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, das Patent in eingeschränktem Umfang auf der Grundlage der Hilfsanträge 3 oder 4 bis 11, eingereicht mit Schreiben vom 5. Dezember 2019, eingegangen am 6. Dezember 2019, oder des Hilfsantrags 3a, eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, aufrechtzuerhalten.
V. Die folgenden bereits in der angefochtenen Entscheidung genannten Dokumente sind für die Entscheidung relevant:
E1: DE 3840344 A1
E2: "Quetschnahtschweißen von Feinblechen aus Stahl"
Deutscher Verband für Schweißtechnik; Merkblatt
DVS 2914 (April 1975)
E3: DE 10 314 500 A1
E8: DE 42 20 340 C1
Mit der Beschwerdebegründung wurden erstmals folgende Dokumente vorgebracht:
E9: Garnich F., "Laserbearbeitung mit Robotern",
Forschungsberichte des IWB Technische Universität
München, Band 50, Springer-Verlag 1992;
Geleitwort des Herausgebers und Seiten 104 bis 117
E10: EP 0 511 746 A2
Mit Schreiben von 13. April 2021 brachte die Beschwerdeführerin erstmals folgende Dokumente vor:
Ell: Dawes, C., "Laser Welding - A Practical Guide",
Abington Publishing, First Published 1992
E12: Steen, W.M., Laser Material Processing, 3rd
edition, p.157-199, Springer-Verlag 2003
VI. Antragsfassungen
a) Hauptantrag (Merkmalsgliederung hinzugefügt in "[]", Änderungen gegenüber dem Patent wie erteilt fett hervorgehoben)
Anspruch 1
"[101] Hausgerätewandungsanordnung, insbesondere Backrohrwandungsanordnung,
[102] mit zumindest zwei Wandungsteilen (16, 18),
[103] die mittels einer Schweißnaht (34) miteinander befestigt sind,
[104] wobei eines der Wandungsteile (18) einen dritten Teilbereich (50) aufweist, welcher das andere Wandungsteil (16) umgreift,
dadurch gekennzeichnet, dass
[105a] die Schweißnaht (34) zumindest eines der Wandungsteile (18) vollständig durchdringt,
[105b] wobei die Schweißnaht (34) an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils (18) sichtbar ist
[106] und der dritte Teilbereich (50) im Zusammenwirken mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Auffangraum (54) zum Auffangen von Schweißnahtmaterial bei der Herstellung der Schweißnaht (34) bildet."
Anspruch 8
"[801] Verfahren zur Befestigung von zumindest zwei Wandungsteilen (16, 18) bei einer Hausgerätevorrichtung (14), insbesondere einem Backofen oder Geschirrspüler,
[802] bei dem die Wandungsteile (16, 18) miteinander verschweißt werden,
[803] wobei eines der Wandungsteile (18) einen dritten Teilbereich (50) bildet, der das andere Wandungsteil (16) umgreift,
dadurch gekennzeichnet, dass
[804a] das Schweißen vollständig durch eines der Wandungsteile (18) hindurch
[804b] und derart, dass eine Schweißnaht (34) an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils (18) sichtbar ist, erfolgt
[805] und der dritte Teilbereich (50) mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Auffangraum (54) bildet, welcher bei dem Schweißvorgang mit Schweißnahtmaterial gefüllt wird."
b) Hilfsantrag 3 weist gegenüber dem Hauptantrag folgende zusätzlichen Merkmale auf:
Anspruch 1
"... wobei die Wandungsteile (16, 18) einen Hausgeräteraum (20) begrenzen und die Schweißnaht (34) einen Teilbereich (60) bildet, welcher im Hausgeräteraum (20) angeordnet ist und eine entlang des Hausgeräteraumumfangs umlaufende Fuge (62) bildet."
Anspruch 8
"... wobei die Wandungsteile (16, 18) einen Hausgeräteraum (20) begrenzen, das Schweißen derart ausgeführt wird, dass eine Schweißnaht (34) einen Teilbereich (60) bildet, welcher im Hausgeräteraum (20) angeordnet ist und das Schweißen kontinuierlich entlang des Umfangs eines der Wandungsteile (18) umlaufend durchgeführt wird."
c) Hilfsantrag 3a (eingereicht als Hilfsantrag 2 (neu); Änderung gegenüber Hilfsantrag 3 fett hervorgehoben, unabhängiger Anspruch 8 gestrichen)
"... wobei die Wandungsteile (16, 18) einen Hausgeräteraum (20) begrenzen und die Schweißnaht (34) einen Teilbereich (60) bildet, welcher im Hausgeräteraum (20) angeordnet ist und eine entlang des Hausgeräteraumumfangs vollständig umlaufende Fuge (62) bildet."
d) Hilfsantrag 4 weist gegenüber dem Hauptantrag folgende zusätzlichen Merkmale auf:
Anspruch 1
"... wobei der dritte Teilbereich (50) mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Überlappungsbereich bildet, in dem sich die Wandungsteile überlappen und durch ein Versteifen von Schweißnahtmaterial im Auffangraum der Überlappungsbereich zwischen den Wandungsteilen (16, 18) von der Schweißnaht (34) spaltfrei geschlossen ist, wobei eine spaltfreie Fuge zwischen den Wandungsteilen (16, 18) angeordnet ist."
Anspruch 8
"... wobei der dritte Teilbereich (50) mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Überlappungsbereich bildet, in dem sich die Wandungsteile überlappen und durch ein Versteifen von Schweißnahtmaterial im Auffangraum der Überlappungsbereich zwischen den Wandungsteilen (16, 18) von der Schweißnaht (34) spaltfrei geschlossen wird, wobei eine spaltfreie Fuge zwischen den Wandungsteilen (16, 18) erreicht wird."
e) Hilfsantrag 5 ist eine Kombination der Hilfsanträge 3 und 4
f) Hilfsantrag 6 (Anspruch 1 entspricht Anspruch 8 des Patents wie erteilt. Die Ansprüche 2 bis 4 basieren auf den Ansprüchen 2, 5, 7 des Patents wie erteilt sind jedoch als Verfahrensansprüche formuliert. Die Ansprüche 5 bis 8 entsprechen den Ansprüchen 9 bis 12 des Patents wie erteilt. Einen Vorrichtungsanspruch weist dieser Hilfsantrag nicht auf)
Anspruch 1
"Verfahren zur Befestigung von zumindest zwei Wandungsteilen (16, 18) bei einer Hausgerätevorrichtung (14), insbesondere einem Backofen oder Geschirrspüler, bei dem die Wandungsteile (16, 18) miteinander verschweißt werden, wobei eines der Wandungsteile (18) einen dritten Teilbereich (50) bildet, der das andere Wandungsteil (16) umgreift, dadurch gekennzeichnet, dass das Schweißen durch eines der Wandungsteile (18) hindurch erfolgt und der dritte Teilbereich (50) mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Auffangraum (54) bildet, welcher bei dem Schweißvorgang mit Schweißnahtmaterial gefüllt wird."
g) Hilfsantrag 7 (Anspruch 1 entspricht Anspruch 8 des Hauptantrags mit den folgenden fett und durchgestrichen hervorgehobenen Änderungen. Abhängige Ansprüche wie Hilfsantrag 6)
"Verfahren zur Befestigung von zumindest zwei Wandungsteilen (16, 18) bei einer Hausgerätevorrichtung (14), insbesondere einem Backofen oder Geschirrspüler, bei dem die Wandungsteile (16, 18) miteinander verschweißt werden, wobei eines der Wandungsteile (18) einen dritten Teilbereich (50) bildet, der das andere Wandungsteil (16) umgreift, dadurch gekennzeichnet, dass das Schweißen vollständig durch eines der Wandungsteile (18) hindurch [deleted: und derart, dass] erfolgt, wobei eine Schweißnaht (34) an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils (18) sichtbar ist[deleted: , erfolgt] und der dritte Teilbereich (50) mit dem anderen Wandungsteil (16) einen Auffangraum (54) bildet, welcher bei dem Schweißvorgang mit Schweißnahtmaterial gefüllt wird."
h) Hilfsantrag 8 weist gegenüber Hilfsantrag 7 folgendes zusätzliche Merkmal in Anspruch 1 auf:
"... wobei die Wandungsteile (16, 18) eine einem Hausgeräteraum (20) zugewandte Innenwandungsfläche (40) und eine Außenwandungsfläche (42) bilden und eine Schweißvorrichtung (52) entlang der Außenwandungsfläche (42) gefahren wird."
VII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung des Einwands mangelnder Ausführbarkeit
Zum verspäteten Vorbringen des Einwands hat die Beschwerdeführerin keine Angaben gemacht.
b) Hauptantrag - Mangelnde Deutlichkeit
Die Ansprüche 1 und 8 seien nicht deutlich gefasst. Der Begriff "sichtbar" sei unklar und stehe im Widerspruch zu der gemäß der Beschreibung erforderlichen geringen optischen Auffälligkeit der Fuge. Zudem sei nach Beschichtung z.B. mit einer Emailleschicht die Fuge nicht mehr sichtbar. An beiden Wandungsseiten könne die Schweißnaht zudem nicht sichtbar sein, wenn beide Wandungsteile durchgeschweißt seien. Dies umfasse jedoch optional das Merkmal "zumindest eines der Wandungsteile" in Anspruch 1. Der Begriff "vollständig durchgeschweißt" selbst sei ebenfalls nicht eindeutig. Auch sei unklar, was unter einem "Auffangraum" zu verstehen sei.
c) Hauptantrag - Unzulässige Erweiterung
Der Gegenstand von Anspruch 1 sei unzulässig erweitert, da die auf Seite 2, Zeilen 2 bis 4 offenbarten Merkmale nicht im Zusammenhang mit der Option "zumindest" offenbart worden seien. Anspruch 8 sei ebenfalls unzulässig erweitert. Das Merkmal [804b] sei im Zusammenhang mit Merkmal [804a] nur für Stichlochnähte mittels Plasmaschweißen offenbart, und zwar auf Seite 8, Zeilen 16 bis 24 der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Durch das Weglassen dieser Merkmale liege eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung vor. Die Offenbarung auf Seite 2 beziehe sich dagegen nur auf die fertige Schweißnaht und sei daher als Basis ungeeignet. Zudem gebe es Ausführungsformen in der Kunststoffschweißtechnik oder in der Rührreibschweißtechnik, in denen die Schweißnaht ein Wandungsteil vollständig durchdringe, das Schweißen aber nicht vollständig durch eine Wandung erfolge.
d) Zulassung der Beweismittel E9 und E10
Die neuen Beweismittel E9 und E10 seien zuzulassen, da die Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung überraschend ihre Meinung aus der vorläufigen Meinung bezüglich der Offenbarung der Dokumente E1 und E2 geändert habe. Außerdem seien die Dokumente E9 und E10 prima facie hoch relevant. E9 belege zudem das Fachwissen im Bereich der Überlappschweißnähte.
e) Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand von Anspruch 1 und 8 sei nicht neu über jede der Offenbarungen von E1 und E2.
In E1 durchdringe die Schweißnaht beide Wandungsteile vollständig. Zudem sei die Schweißnaht auf beiden Seiten des Wandungsteils 12 sichtbar, da, wie in Figur 5 zu sehen, in dem verbleibenden Spalt durch das Umbiegen auch die gegenüberliegende Seite des Wandungsteils 12 an der Schweißnaht anliege.
E2 offenbare an dem eingangs vorhandenen Überlappstoß einen Auffangraum für Schweißmaterial. Dass dieser nach dem Schweißvorgang nicht mehr vorhanden sei, schlössen die Ansprüche 1 und 8 nicht aus.
f) Hauptantrag und Hilfsantrag 7 - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags sei nicht erfinderisch. E3 sei ein geeigneter Ausgangspunkt, da es eine Schweißverbindung in einem Überlappungsbereich von Wandungsteilen einer Gargerätemuffel offenbare, die gemäß der Ausführungsform der Figur 4 große strukturelle Ähnlichkeiten mit der des Patents in den Figuren 3a und 3b aufweise. Da die Schweißverbindung unspezifiziert sei, habe die Fachperson Anlass, sich mit deren Verbesserung auseinanderzusetzen. Das Verfahren, welches in E9 offenbart sei, würde die Fachperson hierzu berücksichtigen. Es zeige die Verbesserung der Nahtqualität durch Verlegung der Schweißnaht in den Stoßbereich der einen Wandung. E9 beschäftige sich wie auch E3 mit der Verbindung von Dünnblechen. Da weder E3 noch E9 limitierende Dimensionen offenbarten, sei es nicht überzeugend, dass die Fachperson die Schweißvorrichtung von E9 nicht für eine Schweißung im Inneren einer Muffel berücksichtigen würde. Auch sei die Offenbarung von E9 nicht auf lineare Nähte beschränkt.
g) Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit
Da E3 gemäß Figuren 1 und 2 und Absatz [0021] ebenfalls eine umlaufende Fuge aufweise, sei der beanspruchte Gegenstand aus den gleichen Gründen wie beim Hauptantrag nicht erfinderisch.
h) Hilfsantrag 3a - Zulassung
Die Beschränkung auf eine vollständig umlaufende Fuge sei keine prima facie hinreichend eindeutige Abgrenzung. Auch in E3 sei die Fuge vollständig umlaufend, soweit eine Überlappung vorhanden sei. Daher sei der Antrag nicht zuzulassen.
i) Hilfsanträge 4 und 5 - Klarheit
Der Begriff "spaltfreie Fuge" sei nicht hinreichend deutlich. Einerseits sei eine Schweißfuge ohnehin ohne Spalt, andererseits verbleibe außerhalb der Schweißnaht im Überlappungsbereich ein Spalt. In Absatz [0009] werde der Begriff zudem in Zusammenhang mit einem "ebenen Übergang" gebracht, dessen genaue Abgrenzung nicht definiert sei. Insgesamt sei das Merkmal somit uneindeutig, daher seien die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht erfüllt.
j) Hilfsantrag 6 - Zulassung
Der Gegenstand des Hilfsantrags 6 sei gegenüber der aufrechterhaltenen Fassung erweitert, was den Patentinhaberinnen als Beschwerdegegnerinnen auf Grund des Verbots der reformatio in peius nicht zustehe. Daher sei Hilfsantrag 6 nicht zuzulassen.
k) Hilfsantrag 8 - Unzulässige Erweiterung
Durch die Zuordnung der Merkmale der Ansprüche 2 bis 4 als vormalige abhängigen Vorrichtungsansprüche zu dem Verfahrensanspruch 1 entstünden Merkmalskombination, die nicht ursprünglich offenbart seien.
l) Hilfsantrag 8 - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 sei nicht erfinderisch. Ausgehend von E3 würde die Fachperson das Verfahren nach E9 so anwenden, dass die Schweißvorrichtung von außen geführt würde. Dies hätte den Vorteil, dass der Zugang für die Schweißvorrichtung einfacher zu realisieren sei. Auch ausgehend von E2 in Verbindung mit E8, E9 oder Fachwissen sowie ausgehend von E8 in Verbindung mit allgemeinem Fachwissen, E2, E9, E11 oder E12 sei der Gegenstand von Anspruch 1 nahegelegt.
m) Anpassung der Beschreibung
Die Absätze [0011] und [0012] der angepassten Beschreibung enthielten noch immer Verweise auf die Erfindung, bezögen sich aber auf die Vorrichtung. Daher seien die Ansprüche nicht hinreichend von der Beschreibung gestützt.
VIII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerinnen lässt sich, soweit es für diese Entscheidung relevant ist, wie folgt zusammenfassen:
a) Zulassung des Einwands mangelnder Ausführbarkeit
Der Einwand mangelnder Ausführbarkeit sei verspätet und habe bereits erstinstanzlich erhoben werden können und müssen. Zudem sei er nicht überzeugend.
b) Hauptantrag - Mangelnde Deutlichkeit
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 sei klar. Der Begriff "sichtbar" beziehe sich auf mit dem Auge wahrnehmbare Schweißnähte. Eine mögliche Emaillebeschichtung sei in dem Zusammenhang nicht relevant, da sie nicht Teil des beanspruchten Gegenstandes sei. Die Ansprüche umfassten auch Ausführungsformen, in denen die Stoßkante des einen Wandungsteils und das andere Wandungsteil vollständig durchgeschweißt seien. Daher führe das Wort "zumindest" nicht zu einer Unklarheit. Die Fachperson verstehe, was unter "vollständig durchgeschweißt" zu verstehen sei. Der Begriff des "Auffangraums" sei zudem bereits in den erteilten Ansprüchen definiert und daher keinem Klarheitseinwand zugänglich.
c) Hauptantrag - Unzulässige Erweiterung
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags sei nicht unzulässig erweitert. Der Begriff des vollständigen Durchschweißens beziehe sich nicht nur auf Stichlochschweißverfahren und habe auf Seite 2 der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinreichende Basis.
d) Zulassung der Beweismittel E9 und E10
Die neuen Beweismittel E9 und E10 seien nicht zuzulassen. Sie hätten bereits erstinstanzlich vorgebracht werden müssen, da sich die Situation bezüglich des Hauptantrags mit der Entscheidung nicht geändert habe. Mit der Änderung einer vorläufigen Meinung sei stets zu rechnen. Zudem sei E9 kein Beleg für das allgemeine Fachwissen, sondern liefere lediglich einen Beitrag zum Stand der Technik, vergleichbar einem Patentdokument.
e) Hauptantrag - Neuheit
Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags sei neu. E1 weise keine Schweißnaht auf, die an beiden Seiten eines Wandungsteils sichtbar sei (Merkmale [105b] und [804b]). E2 zeige zumindest kein Umgreifen im Sinne der Merkmale [104] und [803].
f) Hauptantrag und Hilfsantrag 7 - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand des Hauptantrags sei erfinderisch. E3 sei kein zu E8 gleichwertiger Stand der Technik und nicht als Ausgangspunkt geeignet. Selbst wenn man von E3 ausgehe, so offenbare E3 keinen Auffangraum. Der Fachmann würde zudem die Lehre von E9 nicht berücksichtigen. E9 sei auf andere Blechdicken gerichtet und ungeeignet für Stöße mit Versatz wie in E3, vgl. Figur 4, da hier weder der Sensor noch der Laser an der Stoßkante angreifen könnten. Auch sei die gesamte in E9 offenbarte Schweißvorrichtung mit Sensor, Laser sowie Schutzgaszuführung zu groß, um in einer Muffel wie in E3, insbesondere in deren Bodennähe, schweißen zu können. Weiterhin sei das für lineare Schweißnähte entworfene Verfahren von E9 ungeeignet, in den Ecken der Muffel der Naht zu folgen.
g) Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit
Das zusätzliche Merkmal "entlang des Hausgeräteraumumfangs umlaufende Fuge" gehe aus E3 nicht hervor, da hier auf der Seite der Muffelöffnung keine Schweißnaht am Hausgeräteraumumfang vorhanden sei.
h) Hilfsantrag 3a - Zulassung
Der Hilfsantrag 3a sei zuzulassen, da eine "vollständig umlaufenden Fuge" sich nicht auf die Ausführungsform von E3, Figuren 1 bis 4, lesen lasse und somit der Einwand gegen Hilfsantrag 3 ausgeräumt sei. Der Gegenstand von Hilfsantrag 3 sei zudem nicht naheliegend.
i) Hilfsanträge 4 und 5 - Klarheit
Das aus der Beschreibung hinzugefügte Merkmal "spaltfreie Fuge" sei hinreichend deutlich und in Absatz [0009] des Patents erläutert. Der Begriff "spaltfrei" beziehe sich nicht auf den verbleibenden Spalt außerhalb der Schweißnaht, was der Fachperson klar sei.
j) Hilfsantrag 6 - Zulassung
Hilfsantrag 6 sei zuzulassen. Er unterliege nicht dem Verbot der reformatio in peius. Es komme lediglich darauf an, welche Anträge in welcher Reihenfolge erstinstanzlich gestellt worden seien. Hilfsantrag 6 sei somit als bereits im Einspruchsverfahren eingereichte Rückfallposition zu betrachten. Zudem sei der Antrag gegebenenfalls notwendig, um auf einen Einwand einer "angeblichen unzulässigen Änderung, einer angeblichen mangelnden Klarheit und einer angeblichen mangelnden Ausführungsart" reagieren zu können.
k) Hilfsantrag 8 - Unzulässige Erweiterung
Durch lediglich eine Zuschreibung von Vorrichtungsmerkmalen zu einem Verfahrensanspruch ergebe sich nicht zwingend eine Erweiterung des Gegenstandes. Eine konkrete Merkmalskombination, die angeblich nicht ursprünglich offenbart sei, habe die Beschwerdeführerin nicht angeben können.
l) Hilfsantrag 8 - Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 sei erfinderisch. Ausgehend von E3 und selbst unter Berücksichtigung des Verfahrens aus E9 könne man die Schweißvorrichtung lediglich an der Innenseite führen. Direkt am Flansch schweiße die Fachperson nicht, da dieser sonst geschwächt würde. Auch sei dort kein Auffangraum vorhanden.
E8 eigne sich überhaupt nicht als Ausgangspunkt, da hier ein Schweißen von außen gerade vermieden werden solle. Zudem sei außen auch kein Auffangraum für Schweißnahtmaterial vorgesehen. E2 eigne sich ebenfalls nicht als Ausgangspunkt, da das hier offenbarte Aufschmelzen und anschließende Verquetschen nicht auf das Merkmal eines Auffangraums lesbar sei.
m) Anpassung der Beschreibung
Die Beschreibung sei hinreichend an die Ansprüche angepasst.
1. Die revidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK 2020) ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen (Artikel 25 VOBK) ist die revidierte Fassung auch auf am Tag des Inkrafttretens bereits anhängige Beschwerden anwendbar. Im vorliegenden Fall wurde die Beschwerdebegründung vor dem 1. Januar 2020 und die Erwiderung darauf fristgerecht eingereicht. Daher ist Artikel 12(4) bis (6) VOBK 2020 nicht anzuwenden. Stattdessen ist Artikel 12 (4) VOBK 2007 sowohl auf die Beschwerdebegründung als auch auf die Erwiderung anzuwenden (Artikel 25 (2) VOBK 2020).
Zulassung des Einwands mangelnder Ausführbarkeit
2. Gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007 hat die Kammer das Ermessen, Einwände nicht zu berücksichtigen, die bereits erstinstanzlich hätten vorgebracht werden können. Die erstmals mit der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände unter Artikel 83 EPÜ werden unter dieser Bestimmung nicht in das Verfahren zugelassen.
Die Einwände mangelnder Ausführbarkeit richteten sich gegen die unter Punkt 3.1 genannten Merkmale a) und b). Gründe für das verspätete Vorbringen dieser Einwände wurden seitens der Beschwerdeführerin nicht angegeben. Zwar sind die Einwände durch Änderungen gegenüber der erteilten Fassung bedingt, allerdings wurde der jetzige Hauptantrag bereits vor der Einspruchsabteilung diskutiert. Diese Einwände hätten somit bereits dort erhoben werden können und sollen. Sie sind zudem auch im Hinblick auf die Ausführungen bezüglich der Auslegung der Merkmale unter Punkt 3. prima facie nicht überzeugend.
Hauptantrag - Einwand mangelnder Deutlichkeit
3. Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 8 ist hinreichend deutlich gefasst.
3.1 Die Beschwerdeführerin erhob Einwände mangelnder Deutlichkeit gegen die folgenden Merkmale der Ansprüche 1 und 8:
a) [105a] und [804a] "zumindest eines der Wandungsteile vollständig durchdringt";
b) [105b] und [804b] "an beiden Wandungsseiten sichtbar";
c) [106] und [805] "Auffangraum".
Die Merkmale [105a] und [804a] sowie [105b] und [804b] beziehen sich auf "eines der Wandungsteile", das im folgenden als "erstes Wandungsteil" bezeichnet wird. Demzufolge wird im Folgenden das andere Wandungsteil als "zweites Wandungsteil" bezeichnet.
3.2 Die angefochtene Entscheidung befasst sich lediglich mit der Deutlichkeit der Merkmale b). Bezüglich der Merkmale a) "wies" die Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor der Einspruchsabteilung jedoch "darauf hin", dass das vom Anspruch umfasste Merkmal der Erfindung, wonach beide Wandungsteile von der Schweißnaht vollständig durchdrungen sein können, im Widerspruch zu dem Merkmal stehe, dass die Schweißnaht an beiden Wandungsseiten sichtbar sein solle. Daher sei die Erfindung nicht ausführbar (vergleiche Punkte 22 und 23 der Niederschrift). Hieraus geht hervor, dass die Auslegung dieser Merkmale Gegenstand des Einspruchsverfahrens war. Der entsprechende Deutlichkeitseinwand wird daher berücksichtigt.
3.3 Die Merkmale c) waren bereits in den Ansprüchen der erteilten Fassung vorhanden. Sie sind gemäß der Entscheidung G 03/14 im Einspruchsbeschwerdeverfahren einem Klarheitseinwand nicht zugänglich.
3.4 Merkmale b): "an beiden Wandungsseiten sichtbar"
Es ist nicht überzeugend, dass ein Widerspruch zwischen den Begriffen "sichtbar" und "gering optisch auffällig" besteht. "Gering optisch auffällig" ist eine sprachliche Abschwächung von "optisch auffällig", in beiden Fällen ist das so beschriebene Objekt "sichtbar". Auf Untersuchungsmethoden und Analyseverfahren, die über den bloßen Augenschein hinausgehen, bezieht sich das Merkmal nicht. Die Kammer folgt auch nicht der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass das Merkmal erfordere, dass die Wandungsteile unbeschichtet sein müssten. Der Gegenstand von Anspruch 1 und 8 umfasst auch Wandungsanordnungen, die lediglich ein Vorprodukt des finalen Hausgerätes sind. Weitere Arbeitsschritte, wie z.B. das Aufbringen einer Beschichtung mit der möglichen Folge, dass die Schweißnaht nicht mehr sichtbar wäre, werden durch die Ansprüche nicht ausgeschlossen.
Das Merkmal fordert vielmehr, dass das zweite Wandungsteil bezüglich des ersten Wandungsteils im Bereich der Umgreifung der Teile so angeordnet sein muss, dass trotzdem die Schweißnaht an beiden Seiten des ersten Wandungsteils sichtbar bleibt. Hiermit wird impliziert, dass das zweite Wandungsteil mit seiner Stoßkante lediglich an der Schweißnaht anliegt (vergleiche Teil 16 in Figur 3b des Patents), so dass die durchgeschweißte Naht des ersten Wandungsteils zumindest teilweise sichtbar bleibt. Durch diese inhärente Limitierung im Zusammenhang mit den Merkmalen a) und der in Figur 3b des Patents offenbarten, das Merkmal verwirklichenden, Ausführungsform besteht prima facie kein Ausführungsmangel (vgl. obigen Punkt 2.).
3.5 Merkmale a): "zumindest eines der Wandungsteile vollständig durchdringt"
Die Kammer folgt der Auffassung der angefochtenen Entscheidung, dass das Merkmal "Schweißnaht [,die] zumindest eines der Wandungsteile vollständig durchdringt" (Merkmale [105a] und [804a]) hinreichend deutlich ist. Die Merkmale sind so auszulegen, dass in einem vollständigen Querschnitt des Wandungsteils dieses vollständig aufgeschmolzen wird und anschließend erstarrt. Es ist dabei unerheblich, ob dies direkt am Rand oder beabstandet vom Rand erfolgt. Auch im Hinblick auf die Auslegung des Merkmals b) ist der Zusatz "zumindest" nicht widersprüchlich. Die Stoßkante des zweiten Wandungsteils kann teilweise oder vollständig aufgeschmolzen sein, jedoch muss zumindest das erste Wandungsteil vollständig von der Schweißnaht durchdrungen sein.
Hauptantrag - Artikel 123(2) EPÜ
4. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 erfüllt die Erfordernisse von Artikel 123(2) EPÜ.
4.1 Anspruch 1 des Hauptantrags basiert auf den Ansprüchen 1, 7 und 8 der ursprünglich eingereichten Fassung, und Anspruch 8 basiert auf den Ansprüchen 10 und 14 der ursprünglichen Fassung. In beiden Ansprüchen wurden zusätzlich die folgenden Merkmale aufgenommen:
- die Schweißnaht durchdringt eines der Wandungsteile vollständig (Merkmale [105a], [804a]
- die Schweißnaht ist an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils sichtbar (Merkmale [105b], [804b])
Diese Merkmale sind auf Seite 2, Zeilen 2 bis 4 der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart. Hier heißt es ,,vorteilhafterweise durchdringt die Schweißnaht eines der Wandungsteile vollständig, wobei die Schweißnaht an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils sichtbar ist" (Hervorhebungen zugefügt).
4.2 Bezüglich Anspruch 1 ergibt sich durch das Wort "zumindest" keine unzulässige Erweiterung, wie aus der Auslegung unter Punkt 3.5 deutlich wird. Die bereits im ursprünglichen Anspruch 1 durch den Begriff "zumindest" umfassten beiden Optionen stehen nicht im Widerspruch zu der auf Seite 2, Zeile 4 offenbarten Bedingung "an beiden Wandungsseiten sichtbar", die im Übrigen auch der einzigen Ausführungsform der Figur 3b entspricht, gemäß der beide Wandungsteile vollständig von der Schweißnaht durchdrungen sind.
4.3 Bezüglich der streitigen Verbindung von Merkmal [804a] mit Merkmal [804b] in Anspruch 8 "dass das Schweißen vollständig durch eines der Wandungsteile (18) hindurch und derart, dass eine Schweißnaht (34) an beiden Wandungsseiten dieses Wandungsteils (18) sichtbar ist" liegt auch keine unzulässige Erweiterung vor. Auch hier ist die Offenbarung auf Seite 2, Zeilen 2 bis 4 der ursprünglichen eingereichten Fassung eine hinreichende Basis unter Artikel 123(2) EPÜ. Es ist nicht überzeugend, dass die Formulierung in Anspruch 8 "das Schweißen ... vollständig ... hindurch" lediglich auf Stichlochschweißverfahren gerichtet ist, bei denen ein Laser- oder Plasmastrahl vollständig durch das Wandungsteil dringt. Ein Aufschmelzen durch die vollständige Dicke des Wandungsteils hindurch fällt nämlich bereits unter das Merkmal [804a] von Anspruch 8. Damit ist nicht lediglich die Offenbarungsstelle auf Seite 8, Zeilen 16 bis 24 für die Offenbarung relevant, wie seitens der Beschwerdeführerin argumentiert wurde, sondern es genügt die Offenbarung auf Seite 2, Zeilen 2-4. Somit sind auch die Argumente bezüglich möglicher weiterer Verfahren, die unter die Offenbarungsstelle auf Seite 2 fallen könnten, nicht jedoch unter die in Anspruch 8 aufgenommene Formulierung (Kunststoffschweißen durch eine transparente Wand, Reibschweißen), nicht überzeugend.
4.4 Auch durch die Formulierung "und derart" ergibt sich keine zusätzliche Kausalität zwischen den Merkmalen [804a] und [804b] und somit auch kein anderer Gegenstand als ohne diese Formulierung (vgl. Anspruch 1 des Hilfsantrags 7: "wobei"), da die Merkmale [804a] und [804b] unabhängig von der Formulierung eine direkte Folge des Schweißverfahrens sind.
Zulassung E9 und E10 gemäß Artikel 12(4) VOBK 2007
5. Gemäß Artikel 12(4) VOBK hat die Kammer ein Ermessen, Beweismittel nicht zuzulassen, die bereits erstinstanzlich hätten vorgebracht werden können. Das Dokument E9 wird unter dieser Bestimmung in das Verfahren zugelassen, das Dokument E10 nicht.
5.1 Die Beschwerdeführerin bringt die Dokumente E9 und E10 sowie darauf basierende Einwände mangelnder Patentierbarkeit erstmals mit der Beschwerdebegründung vor. Sie begründet dies mit der für sie überraschenden Abkehr in der angefochtenen Entscheidung von der in der Ladung bezüglich der Neuheitsbewertung der Dokumente E1 und E2 geäußerten vorläufigen Auffassung. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine vorläufig geäußerte Auffassung jedoch nicht bindend, und die Parteien müssen stets mit einer für sie ungünstigen Entscheidung rechnen.
5.2 Allerdings hatte die Einsprechende bereits im Einspruchsverfahren argumentiert, dass der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Dokument E3 in Kombination mit allgemeinen Fachwissen beruhe. In der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung diesen Einwand inhaltlich nicht geprüft (vgl. Punkt 7.1.4). Dies obliegt nun der Kammer im Rahmen der Beschwerde. Die Kammer hält deshalb eine weitere Detaillierung der genannten, erstmals vollständig zur Erörterung stehenden Argumentationslinie durch Belege für das behauptete Fachwissen für zulässig.
5.3 In diesem Zusammenhang ist das Dokument E9 als Beleg des Fachwissen anzusehen. Diese Veröffentlichung dient explizit dem Wissenstransfer von der Forschung in die Praxis (vgl. E9, Geleitwort). Im Kapitel 6.3 "Sensorgeführtes Kehlnahtschweißen an Überlappstößen" werden Untersuchungsergebnisse an industriellen Schweißvorrichtungen zusammengefasst sowie Empfehlungen zur Parametrisierung solcher Anlagen gegeben, um diese für industrielle Anwendungen im Bereich der Dünnblechverbindungen anwendbar zu machen (vgl. Seiten 104 und 117). Dabei geht E9 auf Seite 104 (Kapitel 6.3) von dem allgemeinem Fachwissen bezüglich der vorteilhaften Ausführung von Kehlnähten gegenüber "konventionellen" Schweißnähten bei Überlappverbindungen aus. Dies wird in Bild 6.41 nochmals dargestellt. Es mag zwar richtig sein, dass E9 zusätzlich das sensorgeführte Nahtfolgesystem erstmalig als technischen Beitrag zur automatisierten Umsetzung dieses Fachwissens offenbart; das Nahtfolgesystem ist jedoch nicht Gegenstand der hier betrachteten Erfindung, sondern lediglich die Ausführung der Schweißnaht selbst.
Die Absicherung des allgemeinen Fachwissens durch E9 mit der Beschwerdebegründung ist daher zulässig und wird im Beschwerdeverfahren berücksichtigt.
5.4 Das allgemeine Fachwissen schließt jedoch in der Regel Patentliteratur nicht ein (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage 2019, I.C.2.8.2). Das Patentdokument E10 kann daher nicht zur Absicherung des allgemeinen Fachwissens in Kombination mit E3 dienen.
Die von der Beschwerdeführerin erstmals mit der Beschwerdebegründung geltend gemachten eigenständigen Angriffslininen unter den Artikeln 54 und 56 EPÜ unter Verwendung dieses Dokuments hätten bereits im Einspruchsverfahren eingereicht werden können und sollen.
Dokument D10 wird daher nicht im Beschwerdeverfahren berücksichtigt.
Hauptantrag - Neuheit
6. Keines der beiden Dokumente E1 oder E2 nimmt den Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags neuheitsschädlich vorweg.
6.1 Neuheit über die Offenbarung von E1
E1 offenbart zumindest nicht, dass die Schweißnaht an beiden Seiten eines der Wandungsteile sichtbar ist (Merkmale [105b] und [804b]). Dies ist durch die Lage der Schweißpunkte, beabstandet von den jeweiligen Kanten der Wandungsteile, nicht möglich. Die Schweißnaht ist im Bereich zwischen der Oberseite des Teils 17a des Blechs 12 und der Unterseite des Blechs 15 nicht sichtbar (vgl. Figur 5).
Die Beschwerdeführerin argumentiert, dass die Schweißnaht bezüglich des Wandungsteils 12 beidseitig sichtbar sei, da sie auf einer Seite offen sichtbar sei und durch den Umbug 17b das Blech 12 der Schweißnaht auch die gegenüberliegende Seite zuwende, so dass die Schweißnaht im umgebogenen Bereich auch an der anderen Wandungsseite des Blechs 12 sichtbar sei. Eine solche Interpretation ist jedoch nicht fachgerecht. Die Merkmale [105b] und [804b] erfordern, dass die Schweißnaht an den beiden Wandungsseiten sichtbar sind (im Sinne einer Durchschweißung), und nicht lediglich in deren Nähe.
6.2 Neuheit über die Offenbarung von E2
E2 offenbart zumindest keinen Auffangraum zum Auffangen von Schweißnahtmaterial bei der Herstellung der Schweißnaht (Merkmale [106] und [805]). Gemäß des in E2 offenbarten und in den Figuren 1a bis 1d gezeigten Schweißverfahrens werden die beiden Teile durch Anlegen eines hohen Stroms aufgeschmolzen. Die Kehlnaht wird dann während des Schweißvorgangs verquetscht, so dass so gut wie kein Versatz zwischen den Kanten bestehen bleibt (vgl. auch Figur 2). Dieses Verfahren lässt sich nicht auf einen vorgesehenen Auffangraum lesen, der dann wieder zumindest teilweise durch Schweißnahtmaterial verfüllt wird.
Zudem offenbart E2 auch nicht, dass eines der Wandungsteile einen dritten Teilbereich aufweist, welcher das andere Wandungsteil umgreift (Merkmale [104] und [803]). Der Begriff des "Umgreifens" bezeichnet das räumliche gegenseitige Umfassen von Wandungsteilen, wie z.B. das (drei- oder vierseitige) Umgreifen eines Muffelraumes mit den Rändern eines Deckels. Liegt ein solches räumliches Umgreifen vor, so scheint ein bloßes Überlappen der Wandungsteile ohne weiteren Abbug oder Absatz bereits hinreichend zu sein (vergleiche Patent, Absatz [0008] und Spalte 6, Zeilen 44 bis 48). Ein reiner Überlappstoß ohne räumliche Umgreifung der Wandungsteile wie in E2 fällt jedoch nicht darunter.
Hauptantrag - Erfinderische Tätigkeit
7. Der Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 des Hauptantrags ist nicht erfinderisch ausgehend von der Offenbarung von E3 und unter Berücksichtigung der Offenbarung von E9.
7.1 Eignung von E3 als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit
In der angefochtenen Entscheidung kommt die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, E3 bilde nicht den nächstliegenden Stand der Technik, und führt folglich keine Betrachtung der ausgehend von E3 vorgebrachten Angriffslinien (E3 in Verbindung mit allgemeinem Fachwissen sowie E3 in Verbindung mit E2) im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit mehr durch.
7.1.1 Gemäß ständiger Rechtsprechung sind bei der Wahl eines geeigneten Ausgangspunktes zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit unter anderem die folgenden Kriterien anzuwenden:
a) ein geeigneter Ausgangspunkt sollte auf einen ähnlichen Zweck, ein ähnliches technisches Problem oder zumindest auf das gleiche technische Gebiet wie die Erfindung gerichtet sein,
b) ein geeigneter Ausgangspunkt sollte die meisten mit der Erfindung gemeinsamen technischen Merkmale aufweisen und entsprechend ein Minimum an strukturellen und funktionellen Modifikationen erfordern, um zur Erfindung zu gelangen.
7.1.2 Wenn dem Fachmann mehrere gangbare Wege offenstehen, d. h. von mehreren unterschiedlichen Dokumenten ausgehende Wege, die zu der Erfindung führen könnten, erfordert es die Ratio des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes, die Erfindung in Bezug auf alle diese Wege zu prüfen, bevor ihr die erfinderische Tätigkeit zugesprochen wird (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9.Auflage 2019, I.D.3.1). In solchen Fällen ist die Beschränkung auf lediglich einen "nächstliegenden Stand der Technik" (die Beschwerdegegnerinnen sprechen hier auch von "nicht gleichwertigen Druckschriften") nicht zielführend. Ein Dokument kann somit als Ausgangspunkt in der Regel nicht lediglich auf Basis der Feststellung ausgeschlossen werden, dieses Dokument weise weniger gemeinsame Merkmale mit der zu betrachtenden Erfindung auf als ein anderes.
7.1.3 Im vorliegenden Fall zeigen die Offenbarungen von E8 und E3 strukturell unterschiedliche Ausführungen der Überlappschweißverbindung, so dass ein einfacher Vergleich der Menge gemeinsamer Merkmale mit der Erfindung nicht hinreichend zum Ausschluss von E3 als Ausgangspunkt zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist. Beispielsweise liegt die Schweißstelle in E8 im Gegensatz zu E3 im Bereich des Flansches (vgl. E8, Spalte 2, Zeilen 31 und 32). Auch ist in E8 im Gegensatz zu E3 nicht gezeigt, wie der Überlappstoß vor dem Schweißen aussieht, und ob ein Auffangraum vorgesehen ist.
7.1.4 Bezüglich des Ausgangspunktes E3 hat die Einspruchsabteilung mit Verweis auf E8 argumentiert, E3 habe "weniger Merkmale mit dem Gegenstand der Ansprüche 1 und 8 gemeinsam". Wie die Einspruchsabteilung zu dieser Schlussfolgerung kommt, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, da keine Analyse der Unterscheidungsmerkmale von E3 gegenüber den Ansprüchen 1 und 8 durchgeführt wurde. Es wird zwar festgestellt, E3 weise zumindest keinen Aufnahmeraum für Schweißgutmaterial auf, aber auch dies wird nicht an Hand der Offenbarung von E3 weiter ausgeführt. Tatsächlich weist die Ausführungsform der Figur 4 von E3 große strukturelle Ähnlichkeit mit dem Überlappungsstoß der Wandungsteile mit Auffangraum 38 (vor Schweißen) gemäß Figur 3a des Patents auf. Daher ist auch nicht ersichtlich, warum der gleichen Struktur am Stoß des zweiten Wandungsteils 17 in Figur 4 von E3 nicht ebenfalls die zumindest potentielle Funktion eines Auffangraums im Sinne der Ansprüche zugeschrieben werden könnte.
7.1.5 Daher sind die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend, um E3 als geeigneten Ausgangspunkt auszuschließen.
7.1.6 Aus Sicht der Kammer ist das Dokument E3 vielmehr durchaus ein geeigneter Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Wie auch das Patent selbst, beschreibt E3 in der bevorzugten Ausführungsform (vgl. Figuren 1 und 4 sowie Absatz [0009]) eine Schweißverbindung zweier Teile (15,17) einer Gargerätemuffel, die sich gegenseitig umgreifen und mit einer Schweißverbindung (29) verbunden sind. Die Gestaltung der Umgreifung der beiden Wandungsteile, die in Figur 4 von E3 dargestellt ist, weist zudem, wie schon zuvor ausgeführt, große strukturelle Ähnlichkeiten mit denen in den Ausführungsformen der Figuren 3a und 3b des Patents auf. Dabei bildet sich im Knickbereich des ersten Wandungsteils (23,25) zusammen mit dem Stoß des zweiten Wandungsteils (27) ein Bereich, der prinzipiell zum Auffangen von Schweißnahtmaterial geeignet ist. Das Schweißverfahren ist in E3 ansonsten nicht weiter spezifiziert und ausgeführt, so dass die Fachperson sich mit deren technischer Realisierung näher auseinandersetzen muss.
7.2 Unterscheidungsmerkmale
7.2.1 Unstreitig offenbart E3 die Merkmale [101] bis [104] sowie [801] bis [803]. Die Kammer ist ferner überzeugt, dass E3 zumindest implizit offenbart, dass die Schweißnaht zumindest eines der Wandungsteile vollständig durchdringt (Merkmale [105a] und [804a]), da sonst keine Verbindung der Wandungsteile an der offenbarten Stelle, also jeweils beabstandet von den Kanten der Wandungsteile, möglich wäre. Das Argument der Beschwerdegegnerinnen, die Verbindung gemäß Figur 4 könne auch ohne Durchschweißung mittels Materialeintrag durch Schweißzusatz erfolgen, überzeugt nicht. Der "beträchtliche" "Materialeintrag zwischen den beiden Blechabschnitten" in Absatz [0009] bezieht sich auf das Schließen des Spaltes mit Schweißnahtmaterial. Es ist weder ersichtlich, noch ergeben sich aus E3 entsprechende Hinweise, ob und wie ein entsprechender Schweißzusatz in die Überlappung eingeführt werden könnte oder wie entsprechendes Schweißmaterial geschmolzen würde, ohne eine der Wandungen vollständig durchzuschweißen. Ohnehin kann die Frage, ob die Schweißverbindung in E3 als zumindest bezüglich eines Wandungsteils vollständig durchdringend offenbart ist, im Hinblick auf die Formulierung der objektiven technischen Aufgabe dahingestellt bleiben.
7.2.2 Wie bereits ausgeführt, ist im Unterschied zu der Ausführungsform des Patents die Schweißverbindung (29) in Figur 4 von E3 im mittleren Bereich der Überlappung vorgesehen und somit beabstandet von den jeweiligen Kanten der Wandungsteile. Im Gegensatz zu den Ansprüchen 1 und 8 ist daher die Schweißnaht an keiner der beiden Wandungsteile beidseitig sichtbar (Merkmale [105b] und [804b] sind daher nicht in E3 offenbart). Während der in Figur 4 offenbarte Auffangraum zumindest geeignet ist, bei Herstellung einer Schweißnaht zumindest teilweise mit Schweißmaterial gefüllt zu werden (Merkmal [106] ist somit offenbart), so ist dies in der Ausführungsform der Figur 4 nicht eindeutig offenbart (Merkmal [805] ist somit nicht offenbart). Die weiteren Beschränkungen, die die Beschwerdegegnerinnen hinsichtlich der Eignung bezüglich des Merkmals "Auffangraum" in E3 erkennen wollen (nicht offen gegenüber der Schwerkraftrichtung), gehen nicht aus dem Merkmal [106] und [805] hervor und hängen von der Lage der Überlappung während des Schweißvorgangs ab, die entsprechend anpassbar ist.
7.3 Technische Aufgabe
Die von der Beschwerdeführerin für beide unabhängigen Ansprüche genannte Aufgabenstellung, das Schweißverfahren so zu verbessern, dass eine hohe Nahtqualität und eine langlebige Schweißverbindung erzielt wird, ist nicht streitig. Diese Aufgabe ist, auch im Hinblick auf die gemäß dem Patent zu erzielenden Aufgaben entsprechend den Absätzen [0004] und [0007] die objektive technische Aufgabe.
7.4 Naheliegen der Lösung
7.4.1 Das Dokument E9 beschäftigt sich mit der Verbesserung der Nahtqualität von Schweißverbindungen an Überlappstößen von "Dünnblechen" (S.104, Kapitel 6.3). Auch E3 ist auf das Verbinden von "Dünnblechen" gerichtet (Absatz [0020]). E9 zeigt, dass es bekannt ist, Laserschweißen bei überlappenden Teilen an der Kante des zweiten Wandungsteils entlang und mittels Durchschweißen durch das erste Wandungsteil durchzuführen (vgl. Seite 117; dargestellt in Bild 6.41, rechts, "Kehlnaht am Überlappstoß"). Diese Vorgehensweise wird in E9 mit den Vorteilen gegenüber einer "konventionellen" Überlappnaht (dargestellt in Bild 6.41, links) in Form von besserem Korrosionsschutz, geringerer Aufhärtung und günstigerem Kraftfluss beschrieben. Dabei entspricht die Lage der "konventionellen" Schweißverbindung genau einer Schweißverbindung, wie sie in Figur 4 von E3 dargestellt ist.
Schon aus diesem Grund legt das in E9 dokumentierte allgemeine Fachwissen die Verwendung einer solchen Schweißverbindung für den Überlappstoß von E3 nahe, was, wie im Folgenden gezeigt wird, die Unterscheidungsmerkmale umfasst. Zudem wird im Folgenden ausgeführt, dass die weitere Offenbarung von E9 zur spezifischen Ausführung dieser Schweißverbindung keinen Anlass gibt, diese für eine Gargerätemuffel nach E3 als nicht geeignet anzusehen.
7.4.2 E9 offenbart Ausführungsbeispiele für Blechdicken von 0.75, 1 und 2 mm. Es war nicht streitig, dass es sich hierbei um übliche Dicken von Dünnblechen auch für ein Haushaltsgerät wie eine Backofenmuffel handelt. Dass E3 lediglich Dicken von 0.3 bis 0.5 mm offenbart (Absatz [0020]) ist unschädlich für die Kombinierbarkeit der Lehren. Zum einen zeigt E9 lediglich drei bestimmte beispielhafte Dicken, ohne weitere auszuschließen, zum anderen ist nicht ersichtlich und wurde seitens der Beschwerdegegnerinnen auch nicht gezeigt, warum das für 0.75 mm als geeignet Blechdicke offenbarte Verfahren nicht auch für Bleche von 0.5 mm anwendbar sein sollte. Seitens des Sensors ist die Schweißposition jedenfalls auch bei einer Blechdicke von 0.75 mm über die Höhe der Stoßkante variabel einstellbar (vgl. E9, Bild 6.33), was eine hinreichende Auflösung auch für Dicken von 0.5 mm impliziert.
7.4.3 Die Argumente der Beschwerdegegnerinnen hinsichtlich der räumlichen Limitierung bei der Anbringung der Schweißverbindung innerhalb der Muffel von E3, Figur 1, die eine sensorgeführte Schweißung im Sinne von E9 auf Grund des hierfür ungünstigen Schweißwinkels sowie der Größe von Sensor und Schweißgerät nicht erlaubten, überzeugen ebenfalls nicht. Es gibt weder restriktive Vorgaben hinsichtlich der Dimensionen der Gargerätemuffel in E3, noch wurde gezeigt, dass die Schweißvorrichtung inhärent auf Grund ihrer Dimensionierung nicht innerhalb einer solchen Muffel geführt werden kann. Generelle Probleme beim Schweißen innerhalb einer Muffel bestehen augenscheinlich nicht, wie das Beispiel in D8, Figur 2, zeigt.
Es ist zudem in E9 offenbart, dass das Schweißgerät mittels des Sensors durch Zusatzachsen Eckverbindungen, und somit auch dem in E3, Figur 1 dargestellten eckseitigen kurvenartigen Verlauf der Überlappstöße, folgen kann (vgl. Seite 105, rechte Spalte, letzter Absatz und Bild 6.25). Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Limitierung auf lineare Schweißnähte ergibt sich hieraus gerade nicht. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, dass die Stoßkante in E3, Figur 4, nicht freiliege und somit vom Sensor nicht erfasst und vom Schweißgerät somit nicht auf den Stoß geschweißt werden könne. Dies überzeugt nicht im Hinblick auf die Tatsache, dass der Sensor die Kante aus der Senkrechten detektiert und der Schweißlaser einen steilen Winkel von beispielsweise 20° zur Senkrechten aufweist (vgl. E9, Kapitel 6.3.4).
7.4.4 Auch das Argument der Beschwerdegegnerinnen, der in E3 offenbarte Flansch könne dann seiner in E3 beschriebenen Wärmeableitungsfunktion nicht mehr nachkommen, ist im Hinblick auf bauliche Nähe und Wärmeleitfähigkeit der Wandungsteile nicht überzeugend. Zudem offenbart auch das Patent in den Ausführungsformen der Figuren 3a und 3b einen solchen Flansch.
7.5 Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Fachperson das in E9 dokumentierte allgemeine Fachwissen zur verbesserten Ausführung einer Überlappschweißnaht für Dünnbleche für die Herstellung einer Gargerätemuffel gemäß E3 und im Hinblick auf die objektive technische Aufgabe berücksichtigen würde. Auch die in E9 vorgeschlagene technische Realisierung ist ohne weitere Einschränkungen oder Modifikationen auf die Ausführungsform von E3 anwendbar. Somit würde die Fachperson den Überlappstoß der Wandungsteile gemäß Figur 4 von E3 von der Innenseite der Muffel an der Stoßkante des zweiten Wandungsteils und vollständig durch das erste Wandungsteil durchschweißen. Das Schweißnahtmaterial wird dann inhärent in dem an der Stoßkante gebildeten Auffangraum aufgefangen. Daher beruht der Gegenstand von Anspruch 1 und 8 des Hauptantrags nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 3 - Erfinderische Tätigkeit
8. Auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit ergibt sich gegenüber dem Hauptantrag für Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 keine neue Situation. Eine "umlaufende Fuge" im Sinne des Streitpatentes ist gemäß Absatz [0009] ein Verschluss im Überlappungsbereich der Wandungsteile durch die Schweißnaht, wie dieser in Figur 1 von E3 als Überlappungsstoß der Teile 15 und 17 gezeigt ist (vgl. E3, Absatz [0020]). Die umlaufende Fuge ergibt sich durch das Schweißverfahren von E9 zwangsläufig.
Hilfsantrag 3a - Zulassung
9. Der erst in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag 3a wird gemäß Artikel 13(2) VOBK 2020 in der Gesamtschau mit den Erfordernissen des Artikel 13 (1) VOBK 2020 nicht in das Verfahren zugelassen, weil schon keine prima facie Gewährbarkeit vorliegt.
9.1 Zwar differenziert das Patent bezüglich der zu bildenden Fuge zwischen "umlaufend" und "vollständig umlaufend" (Patent, Absatz [0014]), dies bezieht sich jedoch jeweils auf die "Befestigungsschnittstelle". Dementsprechend ist auch eine vollständig umlaufende Fuge im gesamten Bereich der Überlappungsschnittstelle zwischen den Teilen 15 und 17 gemäß Figur 1 von E3 offenbart, auch wenn an der Kante der Muffelöffnung kein Überlappungsbereich vorgesehen ist. In Absatz [0021] von E3 ist ausgeführt, dass sich der Flansch über die gesamte Länge der Schweißnaht erstreckt. Da der Flansch gemäß Figuren 1 und 2 vollständig um die drei geschlossenen Wandungsteile der Muffel umläuft, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass auch die Schweißnaht vollständig umlaufend ist.
9.2 Die Änderung ist somit zumindest prima facie nicht geeignet, den Einwand mangelnder erfinderischer Tätigkeit auszuräumen. Da bei der Ausübung des Ermessens gemäß Artikel 13(2) VOBK auch die Kriterien in Artikel 13(1) VOBK und damit die Frage des Vorliegens einer prima facie Gewährbarkeit zur Anwendung kommen können (vgl. Abl. EPA 2020, Zusatzpublikation 2, Erläuterungen zum Konvergenzansatz - Stufe 3 in den VOBK 2020, Seite 33, vierter Absatz), ist die Änderung bereits aus diesem Grund gemäß Artikel 13(2) VOBK nicht zuzulassen. Die Frage des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände im Sinne von Artikel 13(2) VOBK 2020 kann somit dahingestellt bleiben.
Hilfsanträge 4 und 5 - Klarheit
10. Das in den Hilfsanträgen 4 und 5 aus der Beschreibung in den Ansprüchen 1 und 8 hinzugefügte Merkmal, wonach "durch ein Versteifen von Schweißnahtmaterial im Auffangraum der Überlappungsbereich zwischen den Wandungsteilen (16, 18) von der Schweißnaht (34) spaltfrei geschlossen ist/wird", ist nicht hinreichend deutlich. Daher sind die Hilfsanträge unter Artikel 84 EPÜ nicht gewährbar.
10.1 Während die Fuge als die Fügungsstelle der Schweißnaht verstanden wird, d.h. der (zumindest teilweise) gefüllte Auffangraum, wird weder aus dem Anspruch selbst noch aus der Beschreibung deutlich, beim Vorliegen welcher Eigenschaften eine solche Fuge als "spaltfrei" gilt. Dies gilt insbesondere, da die Fuge bereits infolge der Schweißung keinen Spalt aufweisen sollte. Es ist unklar, ob hierunter ein "glatter" bzw. "ebener" Übergang zwischen den Wandungsteilen fällt (vgl. Patent Absatz [0009]), und ob die gesamte Fuge im Überlappbereich vollständig gefüllt sein muss.
10.2 Das Argument der Beschwerdegegnerinnen, es handele sich um einen Fachbegriff, der eindeutig sei, wurde nicht belegt. Da demzufolge nicht deutlich ist, wann das Merkmal auf eine Fuge lesbar ist und wann nicht, sind die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ nicht erfüllt.
Hilfsantrag 6 - Zulassung
11. Gemäß der angefochtenen Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das Patent in geänderter Form auf Basis des damaligen Hilfsantrags 1 aufrecht erhalten. Die Einsprechende ist die einzige Beschwerdeführerin. Mit Hilfsantrag 6 legen die Beschwerdegegnerinnen einen Anspruch 1 vor, der weiter gefasst ist als Anspruch 8 des Patents wie aufrecht erhalten. Gemäß den Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer G 9/92 und G 4/93 (ABl. 1994, 875), Leitsatz 2, können Änderungen, die der Patentinhaber als Beteiligter nach Art. 107, Satz 2 EPÜ vorschlägt, von der Beschwerdekammer abgelehnt werden, wenn sie nicht sachdienlich oder erforderlich sind, das Patent in der Fassung zu verteidigen, die die Einspruchsabteilung ihrer Zwischenentscheidung zugrunde gelegt hat. Dies ist hier der Fall, wie im Folgenden ausgeführt wird. Daher hat die Kammer entschieden, Hilfsantrag 6 nicht im Verfahren zu berücksichtigen.
11.1 In Anspruch 1 des Hilfsantrags 6 sind die Merkmale "vollständige Durchdringung" und "an beiden Wandungsseiten sichtbar" im Vergleich zum Anspruch 8 des Hauptantrags weggelassen. Der Gegenstand ist somit gegenüber der aufrecht erhaltenen Fassung erweitert, zumindest da nun auch Ausführungsformen unter den Anspruch fallen, die bezüglich beider Wandungsteile beabstandet zur Stoßkante geschweißt sind (vgl. Auslegung des Merkmals [M804b] unter Punkt 3.4). Dies resultiert in einer Schlechterstellung der Beschwerdeführerin, die in Hinblick auf Hilfsantrag 6 mit einer Erweiterung des beanspruchten Gegenstands des Verfahrensanspruchs konfrontiert wäre.
11.2 Da die Einsprechende die einzige Beschwerdeführerin ist, unterliegt der Gegenstand des Hauptantrags dem Verbot einer reformatio in peius (s. G 4/93, ABl. 1994, 875). Die Patentinhaberinnen als Beschwerdegegnerinnen sind im vorliegenden Fall also primär darauf beschränkt, das Patent in der Fassung zu verteidigen, die die Einspruchsabteilung ihrer Zwischenentscheidung zugrunde gelegt hat. Änderungen, die zu Erweiterungen des Gegenstandes führen, sind nur ausnahmsweise unter den in der Entscheidung G1/99 (ABl. 2001, 381) genannten Bedingungen möglich. Die gemäß G 1/99 möglichen Ausnahmen betreffen im Wesentlichen unzulässige Änderungen aus dem Einspruchsverfahren, die zu einem Widerruf des Patents führen würden. Da der Hauptantrag in dieser Entscheidung jedoch sowohl unter Artikel 84 EPÜ als auch 123(2) EPÜ als gewährbar erachtet wird und Einwände unter Artikel 83 EPÜ nicht zugelassen werden, greifen die Ausnahmen im vorliegenden Fall nicht. Diesbezüglich haben die die Beschwerdegegnerinnen auch nicht konkret vorgetragen.
11.3 Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdegegnerinnen ist zudem lediglich der Gegenstand der Ansprüche der vorgelegten Anträge zur Beurteilung einer möglichen Schlechterstellung der einzigen Beschwerdeführerin relevant, und nicht die Reihenfolge, in der diese Anträge bereits erstinstanzlich vorgebracht worden sind.
Hilfsantrag 7 - Erfinderische Tätigkeit
12. Der Anspruch 1 von Hilfsantrag 7 entspricht trotz der geringfügigen Änderung der Formulierung dem Gegenstand des Anspruch 8 des Hauptantrags (vgl. auch Punkt 4.). Dies war auch seitens der Beteiligten weder streitig, noch hat die Beschwerdeführerin die Änderung überhaupt gerügt. Somit beruht der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 7 aus den gleichen Gründen wie der Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Hilfsantrag 8 - Erweiterung des Gegenstands
13. Der Gegenstand der Ansprüche 2 bis 4 ist durch deren Zuordnung zum Verfahrensanspruch 1 nicht unzulässig erweitert.
Die Beschwerdeführerin hat nicht bezüglich einer spezifischen Merkmalskombination argumentiert, sondern pauschal die Zuschreibung der Merkmale der Ansprüche 2 bis 4 (die den Vorrichtungsansprüchen 2, 5 und 9 wie ursprünglich eingereicht entsprechen) zu dem Verfahrensanspruch 1 gerügt.
Anspruch 2 betrifft die Ausführung der Schweißnaht als Stichlochschweißnaht, also ein Merkmal, dessen Auslassung im Verfahrensanspruch 8 des Hauptantrags die Beschwerdeführerin noch als unzulässige Zwischenverallgemeinerung gerügt hatte (vgl. Punkt 4.3). Dieses ist zudem als Ausführungsform des erfindungsgemäßen Schweißverfahrens in allgemeiner Form auf Seite 3, Zeilen 3 bis 7 der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart.
Die Ansprüche 3 und 4 betreffen die Ausgestaltung der Wandungsteile (Form und Material), die somit auch als Ausführungsformen der mittels des erfindungsgemäßen Schweißverfahrens zu verbindenden Teile in der ursprüngliche eingereichten Fassung offenbart sind.
Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Zuordnung der ursprünglich von den Erzeugnisansprüchen abhängigen Merkmale zu den Verfahrensansprüchen eine unzulässige Gegenstandserweiterung zur Folge hat.
Hilfsantrag 8 - Erfinderische Tätigkeit
14. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 8 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Beschwerdeführerin hatte folgende Einwände mangelnder erfinderischer Tätigkeit vorgebracht:
- ausgehend von E3 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen bzw. E9
- ausgehend von E2 in Verbindung mit E8 oder E9
- ausgehend von E8 in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen, E2, E9, E11 oder E12
Diese Einwände überzeugen aus den folgenden Gründen nicht.
14.1 Erfinderische Tätigkeit im Lichte von E3 als Ausgangspunkt
14.1.1 Im Hinblick auf die in Figur 4 von E3 offenbarte Konfiguration des Überlappstoßes und der Lage des Flansches 31 kann ein Laserschweißgerät gemäß der in E9 offenbarten Schweißmethode lediglich an der Stoßkante im Innenraum der Ausführungsform der Figuren 1 und 4 von E3 geführt werden. Als zusätzliches Unterscheidungsmerkmal ergibt sich daher, die Schweißvorrichtung entlang der Außenwandungsfläche zu fahren.
14.1.2 Es liegt dabei nicht nahe, die Konfiguration des Überlappungsbereichs in E3 zu invertieren. Zum einen ist der Flansch in E3 stets als an der Außenseite angeordnet offenbart, um beispielsweise einen äußeren Montageabschnitt bereitzustellen, Stöße abzufangen und Verformungen der Muffel zu vermeiden (Absätze [0011] und [0012]). Zum anderen würde sonst der Flansch in den Hausgeräteraum, d.h. die Gargerätemuffel, hineinragen. Das Schweißverfahren gemäß E9 erfordert jedoch eine Stoßkante als Orientierung für den Sensor.
14.1.3 Es ist mit dem in E9 offenbarten Verfahren jedoch auch nicht nahegelegt, von der (bezüglich des Auffangraums) gegenüberliegenden Seite zu schweißen, da dem Sensor dann der Bezugspunkt (Stoßkante) fehlt. Dies gilt auch dann, wenn die Führung der Schweißvorrichtung an der Außenseite auf Grund der fehlenden Platzlimitierungen einfacher erscheint.
14.1.4 Somit liegt es aus der Kombination der Lehren E3 und E9 nicht nahe, eine Schweißvorrichtung "entlang der Außenwandungsfläche" zu fahren.
14.2 Erfinderische Tätigkeit im Lichte von E2 oder E8 als Ausgangspunkt
14.2.1 Wie bereits in der Diskussion zur Neuheit ausgeführt (Punkt 6.2), umfasst das in E2 offenbarte Verfahren keinen Auffangraum, der mit Schweißnahtmaterial gefüllt wird. E2 ist somit als Ausgangspunkt zur Widerlegung der erfinderischen Tätigkeit fernliegend, da die Fachperson das Verfahren zunächst vollständig durch ein anderes Schweißverfahren ersetzen müsste, in dem die Wandungsteile nicht miteinander verquetscht werden. Dies ergibt sich jedoch allenfalls in Kenntnis der Lösung, also rückschauend.
14.2.2 Hinsichtlich des Hilfsantrags 8 ist E8 ebenfalls ein ungeeigneter Ausgangspunkt. Die diskutierte Ausführungsform der Figur 2 zeigt eine von der Innenseite angelegte Schweißnaht, die durch ihre Lage zu dem Flansch 10 nicht ohne weiteres auf die Außenseite verlegt werden kann, ohne das gesamte Konzept des hier offenbarten Überlappungsstoßes abzuändern. Dies käme nur bei einer rückschauenden Betrachtungsweise in Frage, die aber unzulässig ist.
14.2.3 Ausgehend von E2 oder E8 käme die Fachperson daher nicht in naheliegender Weise zur beanspruchten Erfindung, selbst wenn sie die von der Beschwerdeführerin genannten Dokumente zu Rate zöge.
14.2.4 Daher kann die Frage der Zulassung der Dokumente E11 und E12, die unter anderen seitens der Beschwerdeführerin mit E8 als Ausgangspunkt kombiniert wurden, dahingestellt bleiben.
Anpassung der Beschreibung
15. Die Kammer hat keine Einwände bezüglich der angepassten Beschreibung. Die von der Beschwerdeführerin bemängelten Begrifflichkeiten "vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung" (Absatz [0011]) und "bevorzugte Ausgestaltung" (Absatz [0012]), die jeweils Bezug auf Ausgestaltungen der Vorrichtung nehmen, stehen nicht im Widerspruch zum Verfahrensanspruch 1. Sie sind als bevorzugte Ausführung der gemäß dem Verfahren nach Anspruch 1 zu befestigenden Wandungsteile zu verstehen, wie auch durch den Verweis auf die Vereinfachung des "Befestigungsprozess" deutlich wird.
16. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Hilfsantrag 8 gewährbar ist.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung mit der Anordnung zurückverwiesen, ein Patent in geändertem Umfang mit folgender Fassung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 8, eingereicht mit Schreiben vom 5. Dezember 2019, eingegangen am 6. Dezember 2019
Beschreibung:
Absätze 1, 4 bis 9, 11, 13 und 16 bis 18 wie per E-Mail um 16:56 eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, und
Absätze 2, 3, 10, 12, 14, 15 und 19 bis 33 wie erteilt
Figuren 1 bis 6 wie erteilt