T 2064/19 19-12-2022
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Energiesteuerungsvorrichtung für ein Energienetz mit einer Steuereinheit zum Steuern eines Energieflusses zwischen der Energieerzeugungseinheit, der Energiespeichereinheit, der Lasteinheit und/oder dem Energienetz
SMA Solar Technology AG
sonnen GmbH
Ausreichende Offenbarung - Ausführbarkeit Hauptantrag (nein)
Änderung nach Ladung - Hilfsanträge berücksichtigt (nein)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 2 293 410.
II. In der angefochtenen Entscheidung war die Einspruchsabteilung zu dem Schluss gelangt, dass das europäische Patent die Erfindung gemäß dem damaligen Hauptantrag nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann, Artikel 83 EPÜ. Der damalige Hilfsantrag 1 wurde aus dem gleichen Grund für nicht gewährbar erachtet. Die weiteren Hilfsanträge 2, 3 und 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung, wurden nicht in das Einspruchsverfahren zugelassen.
III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 15 (1) VOBK 2020, teilte die Kammer den Parteien u.a. ihre vorläufige Meinung mit, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß geändertem Hauptantrag nicht das Erfordernis von Artikel 83 EPÜ erfülle.
IV. Eine mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 19. Dezember 2022 in Anwesenheit der Parteien statt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geänderter Fassung aufrechtzuerhalten gemäß dem mit Schreiben vom 24. April 2018 eingereichten Hauptantrag, hilfsweise in der Fassung eines der in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereichten Hilfsanträge I und II. Weiter hilfsweise beantragte die Beschwerdeführerin die Angelegenheit an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen, sofern die Diskussion über Artikel 83 EPÜ hinausgehen sollte.
Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende 1 und 2) beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.
V. Anspruch 1 des Hauptantrags hat den folgenden Wortlaut (Merkmalsbezeichnung in eckigen Klammern nachträglich hinzugefügt):
"[a)] Energiesteuerungsvorrichtung (110) für ein Energienetz (11,13) mit
[i.] einer Energieerzeugungseinheit (113), insbesondere einer Photovoltaikeinheit, zum Erzeugen von Energie aus erneuerbaren Ressourcen,
[ii.] einer Energiespeichereinheit (115) zum Speichern von Energie,
[iii.] einer Messvorrichtung zum Ermitteln des Energieverbrauchs einer Lasteinheit (111) zum Verbrauchen von Energie,
[iv.] einer Netzanschlusseinheit (114) in Form einer Wechselrichtereinheit, zum Verbinden der Energiesteuerungsvorrichtung (110) mit dem Energienetz (11,13), zum Entnehmen von Energie aus dem Energienetz (13) und zum Zuführen von Energie in das Energienetz (11), und
[v.] einer Steuereinheit (117) zum Steuern eines Energieflusses zwischen der Energieerzeugungseinheit (113), der Energiespeichereinheit (115), der Lasteinheit (111) und/oder dem Energienetz (11,13),
[b)] wobei die Steuereinheit (117) ausgebildet ist, um die Menge der Energie, welche in das Energienetz (11) eingespeist wird, in Abhängigkeit von der Menge der Energie, die von der Lasteinheit (111) verbraucht wird, zu steuern,
dadurch gekennzeichnet, dass
[c)] die Energieerzeugungseinheit (113) mit der Steuereinheit (117) solcherart signaltechnisch gekoppelt ist, dass
[i.] nur genau die Menge der von der Lasteinheit (111) benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit (113) an die Wechselrichtereinheit geleitet wird und [ii.] darüber hinaus erzeugte Energie ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit direkt der Energiespeichereinheit (115) zugeführt wird."
VI. Im Hinblick auf die zu den Hilfsanträgen I und II getroffene Entscheidung der Kammer ist die Wiedergabe dieser Anträge an dieser Stelle nicht erforderlich.
VII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - Mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung
Die Erfindung nach Anspruch 1 des Hauptantrags sei für den Fachmann ausführbar im Sinne von Artikel 83 EPÜ. Bei den Merkmalen b) und c) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag handele es sich nicht um sich widersprechende Merkmale. Die Erfindung beruhe auf dem Grundprinzip des saldierenden Zählers, bei dem Verbräuche und Erträge aller drei Phasen miteinander verrechnet würden. Ein entsprechender Betriebsmodus der beanspruchten Energiesteuerungsvorrichtung ergebe sich aus mehreren Stellen des Streitpatents, wo eine übereinstimmende Entnahme und Einspeisung aus dem bzw. in das öffentliche Netz offenbart sei. Der Fachmann erkenne in dem Wortlaut des Anspruchs 1, insbesondere in den Merkmalen b) und c) einen entsprechenden Betriebsmodus, bei dem nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungsvorrichtung an die Wechselrichtereinheit geleitet werde. Anspruch 1 besage nicht, dass die Energie von der Wechselrichtereinheit an die Lasteinheit geleitet werde. Vielmehr ergebe sich unmittelbar aus Anspruch 1, dass die Energie von der Wechselrichtereinheit in das Energienetz eingespeist werde. Insbesondere sei gemäß Merkmal a)iv. die Wechselrichtereinheit zum Verbinden der Energiesteuerungsvorrichtung mit dem Energienetz zum Entnehmen von Energie aus dem Energienetz und zum Zuführen von Energie in das Energienetz ausgebildet.
Zulassung der Hilfsanträge I und II in das Beschwerdeverfahren
Die Hilfsanträge I und II seien in das Beschwerdeverfahren zuzulassen. Der Einwand der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) im Hinblick auf die Merkmale b) und c) des Anspruchs 1 sei nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens und auch nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen. Vielmehr sei der Einwand erstmals in der Beschwerdeerwiderung vorgebracht worden. Es habe somit keine Verpflichtung seitens der Beschwerdeführerin bestanden, zu diesem Einwand Stellung zu nehmen. In der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung habe die Kammer unter Punkt 13 den entsprechenden Einwand der Beschwerdegegnerin aufgegriffen. Vor diesem Hintergrund sei die Berücksichtigung der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge I und II im Beschwerdeverfahren gerechtfertigt, die im Übrigen den entsprechenden Einwand ausräumten.
VIII. Die für diese Entscheidung relevanten Argumente der Beschwerdegegnerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag - Mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung
Die die Auslegung des Anspruchs 1 betreffenden Argumente der Beschwerdeführerin seien erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden. Sie seien daher verspätet und im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.
Anspruch 1 des Hauptantrags umfasse zwei sich widersprechende Merkmale b) und c). Gemäß Merkmal b) gebe es eine in das Energienetz einzuspeisende Energie, welche gemäß Merkmal a)v. nicht die Energie sei, die der Lasteinheit zugeführt werde, sondern eine zusätzliche, über deren Verbrauch hinausgehende Energie. Die Steuereinheit solle diese in Abhängigkeit der Energie, die von der Lasteinheit verbraucht werde, steuern. Somit sei das Merkmal b) so auszulegen, dass in Abhängigkeit des Energieverbrauchs der Lasteinheit eine Energieeinspeisung in das Energienetz erfolgen solle und diese gesteuert werde. Dies widerspreche jedoch Merkmal c) des Anspruchs 1, denn dieses Merkmal fordere, dass nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit geleitet werde und darüber hinaus erzeugte Energie ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit direkt der Speichereinheit zugeführt werde. Der Fachmann verstehe das Merkmal c) unter Heranziehung des Streitpatents, insbesondere Absatz [0044] und Absatz [0053] so, dass die Energie über die Wechselrichtereinheit an die Lasteinheit übertragen werde. Die gesamte von der Energieerzeugungseinheit erzeugte Energie werde somit für die beiden Aufgaben des Merkmals c) verbraucht. Folglich stehe jedoch aufgrund des Merkmals c) - anders als von Merkmal b) gefordert - keine Energie zur Einspeisung in das Energienetz zur Verfügung. Die Erfindung nach Anspruch 1 sei damit nicht ausführbar.
Berücksichtigung der Hilfsanträge I und II im Beschwerdeverfahren
Die Hilfsanträge I und II seien erstmals in der mündlichen Verhandlung eingereicht worden und daher verspätet. Sie seien im Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen. Der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit im Hinblick auf die Widersprüchlichkeit der Merkmale b) und c) des Anspruchs 1 sei bereits in der Einspruchsbegründung der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) vorgebracht worden (siehe Punkt II, 2.2 der Einspruchsbegründung eingereicht am 22. November 2017). Es handele sich somit nicht um einen neuen Einwand. Ferner habe die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) den Einwand in ihrer Beschwerdeerwiderung wiederholt (siehe Punkt II, 2.2. der Beschwerdeerwiderung vom 6. Februar 2020). Die Beschwerdeführerin habe somit ausreichend Zeit gehabt, auf den Einwand zu reagieren. Es habe auch Veranlassung bestanden zu einem früheren Zeitpunkt, insbesondere vor der mündlichen Verhandlung, die neuen Hilfsanträge I und II einzureichen. Ferner seien keine außergewöhnlichen Umstände im Sinne von Artikel 13 (2) VOBK 2020 erkennbar, welche die Einreichung der Hilfsanträge I und II erstmals in der mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnten. Insbesondere enthalte die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung unter Punkt 13 nichts, was über den betreffenden Einwand der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) hinaus gehen würde.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag - Auslegung des Anspruchs 1
2.1 Die Beschwerdeführerin hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer Angaben zur Auslegung des Anspruchs 1 gemacht. Die Parteien vertreten in diesem Punkt unterschiedliche Auffassungen. Da die Auslegungsfrage außerdem entscheidend für die Ausführbarkeit der Erfindung nach Anspruch 1 ist, ist zunächst die Prüfung dieses Punktes geboten.
2.2 Gemäß dem erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachten Hauptargument der Beschwerdeführerin verstehe der Fachmann, dass die Grundidee der Erfindung auf der Verwendung eines sogenannten "saldierenden Zählers" beruhe, bei dem Verbräuche und Erträge aller drei Phasen miteinander verrechnet werden. Ferner verstehe der Fachmann, dass es Ziel der Erfindung sei, eine ausgeglichene Energiebilanz dadurch zu erreichen, dass genau so viel Energie in das Energienetz eingespeist werde, wie von der Lasteinheit verbraucht werde. Zur Erläuterung hat die Beschwerdeführerin nachfolgend abgebildete Handskizze in der mündlichen Verhandlung erstellt.
FORMEL/TABELLE/GRAPHIK
Im oberen Teil der Handskizze soll das Funktionsprinzip des saldierenden Zählers dargestellt sein. Demnach ist an einer Phase L3 der Wechselrichter (WR) angeschlossen, während Lasten auf die weiteren Phasen L1 und L2 verteilt sind. Nach dem Argument der Beschwerdeführerin beschreibe Anspruch 1 in den Merkmalen b) und c) die Tatsache, dass von dem Wechselrichter genau so viel Energie in das Energienetz eingespeist werde, wie von den Lasten benötigt werde (im oben dargestellten Beispiel 500 Watt). Die entsprechende Menge an Energie, die zum Betrieb der Lasten benötigt werde (wiederum 500 Watt gemäß obigem Beispiel), werde im Gegenzug von dem Energienetz über die Phasen L1 und L2 zu den Lasten gespeist. Die resultierende Energiebilanz in dem saldierenden Zähler sei folglich 0.
In dem unteren Teil der Handskizze hat die Beschwerdeführerin eine zeichnerische Darstellung dessen erstellt, was der Fachmann ihrer Meinung nach dem beanspruchten Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag entnimmt. Die entsprechende zeichnerische Darstellung soll untermauern, dass, unter Anwendung des saldierenden Zählers, nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit und in das Energienetz geleitet wird (Merkmal c)). In Übereinstimmung mit Merkmal b) werde somit die Menge der Energie, welche in das Energienetz eingespeist werde, in Abhängigkeit von der Menge der Energie, die verbraucht werde, gesteuert.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin bestehe somit kein Widerspruch zwischen den Merkmalen b) und c) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag. Sie stützt ihr Argument ferner auf das Streitpatent, insbesondere auf Absatz [0010], letzter Satz, Absatz [0023], Absatz [0024] ab Zeile 44, Absatz [0025] ab Zeile 13, Absatz [0049] sowie Figur 7 in Verbindung mit Absatz [0052]. Anspruch 1 betreffe somit keinen Inselbetrieb, sondern eindeutig einen Betriebsmodus, in welchem Energie unter Verwendung eines saldierenden Zählers in das öffentliche Energienetz eingespeist und von diesem empfangen werde.
2.3 Der Verspätungseinwand der Beschwerdegegnerinnen gegen die obige, von der Beschwerdeführerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgebrachte Auslegung des Anspruchs 1, kann dahin stehen bleiben, denn jedenfalls überzeugt sie in der Sache nicht.
2.4 Zunächst stellt die Kammer fest, dass das Prinzipschaltbild im oberen Teil der Handskizze offensichtlich auf der Verwendung eines einphasigen Wechselrichters beruht. Nur in diesem Fall ist keine Versorgung der zwei anderen Phasen L1 und L2 durch den an Phase L3 angeschlossenen Wechselrichter möglich, sondern lediglich eine an Phase L3 angeschlossene Lasteinheit kann mittels der Energieerzeugungseinheit mit Energie versorgt werden. Die Kammer bemerkt in diesem Zusammenhang, dass Anspruch 1 keine Einschränkung im Hinblick auf die Art des verwendeten Wechselrichters (einphasig oder mehrphasig, insbesondere dreiphasig) enthält.
Ungeachtet der Art des Wechselrichters stimmt die Kammer jedenfalls nicht mit der Beschwerdeführerin darin überein, dass die Verwendung eines saldierenden Zählers im Lichte des Gesamtoffenbarung des Streitpatents impliziert, dass der an ein oder mehrere Phasen angeschlossene Wechselrichter nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie in das öffentliche Energienetz einspeist. Vielmehr kann kein Zweifel daran bestehen, dass Energie, die der an einer oder mehrere Phasen angeschlossene Wechselrichter in diese Phase(n) einspeist, von einer Lasteinheit verbraucht wird, die an die entsprechende(n) Phase(n) angeschlossen ist. Dies gilt selbstverständlich nicht für eine Last, die an eine andere Phase angeschlossen ist.
Somit ist die von der Energieerzeugungseinheit erzeugte und der Wechselrichtereinheit zugeführte Energie zunächst zum Verbrauch durch die an die entsprechende(n) Phase(n) angeschlossene Lasteinheit vorgesehen. Nur die darüber hinausgehende, überschüssige Energie steht zur anderweitigen Verwendung zur Verfügung (siehe auch Streitpatent in Absätzen [0040], [0044], [0053]). Gemäß Merkmal c) des Anspruchs 1 ist diese weitere Verwendung jedoch beschränkt auf eine direkte Speicherung in der Energiespeichereinheit ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit.
Die von der Beschwerdeführerin skizzierte Verwendung eines saldierenden Zählers kann somit nur auf der Annahme beruhen, dass an Phase L3 entweder nur die Wechselrichtereinheit und keine Lasteinheit angeschlossen ist, oder, dass es sich bei der in das öffentliche Energienetz eingespeisten Energie um überschüssige Energie handelt, deren Menge der Energie entspricht, die eine an den anderen Phasen L1 und L2 angeschlossene Lasteinheit benötigt. Beide Fälle sind jedoch weder in dem Streitpatent beschrieben noch stehen sie in Einklang mit dem Wortlaut des Anspruchs 1.
2.5 Das Merkmal c) des Anspruchs 1 ist nicht dahingehend eingeschränkt, dass nur genau von der Lasteinheit benötigte und an die Wechselrichtereinheit geleitete Energie zur Einspeisung in das Energienetz vorgesehen ist. Eine entsprechende Interpretation ergibt sich auch nicht aus dem Merkmal a)iv., wonach eine Netzanschlusseinheit in Form einer Wechselrichtereinheit zum Verbinden der Energiesteuerungsvorrichtung mit dem Energienetz, zum Entnehmen von Energie aus dem Energienetz und zum Zuführen von Energie in das Energienetz, vorgesehen ist. Das betreffende Merkmal schließt nämlich nicht aus, dass die Wechselrichtereinheit mit der Lasteinheit verbunden ist. Es impliziert somit keineswegs im Hinblick auf das Merkmal c), dass die der Wechselrichtereinheit zugeführte Energie zwangsläufig in das Energienetz eingespeist wird.
Ganz im Gegenteil sind laut Streitpatent in Absatz [0038] die Lasteinheit und die Energieerzeugungseinheit in der Energiesteuerungsvorrichtung enthalten. Somit versteht der Fachmann das Merkmal a)iv. zweifellos so, dass auch die Lasteinheit mit der Wechselrichtereinheit verbunden ist. Weiterhin wird gemäß Absatz [0044] des Streitpatents die von der Energieerzeugungseinheit erzeugte Energie direkt von dem Inverter an den Haushalt geleitet.
Vor diesem Hintergrund hält die Kammer den unteren Teil der Handskizze der Beschwerdeführerin für unzutreffend, soweit dort ausschließlich eine direkte Verbindung zwischen dem Energienetz und der Lasteinheit dargestellt ist, jedoch keine Verbindung zwischen der Wechselrichtereinheit und der Lasteinheit. Vielmehr entnimmt der Fachmann dem Anspruch 1 zumindest implizit, insbesondere im Lichte der Gesamtoffenbarung des Streitpatents, dass an die von der Wechselrichtreinheit gespeiste Phase(n) eine Lasteinheit zum Eigenverbrauch der durch die Energieerzeugungseinheit erzeugten Energie angeschlossen ist. In diesem Zusammenhang haben die Beschwerdegegnerinnen zurecht geltend gemacht, dass es nur einen Wechselrichter in der Energiesteuerungsvorrichtung gebe, über den zwangsläufig auch die angeschlossene Lasteinheit versorgt werde.
2.6 Das Streitpatent offenbart zwar mehrere Betriebsmodi, welche von der Energiesteuerungsvorrichtung ausführbar sein sollen. Allerdings ergibt sich bereits aus Absatz [0009] des Streitpatents, dass es insbesondere die Aufgabe der Erfindung ist, eine für die Effizienz eines Inselenergienetzes optimierte Energiesteuerungsvorrichtung bereitzustellen.
Dem steht auch nicht entgegen, dass Anspruch 1 in Merkmal a)iv. eine Netzanschlusseinheit in Form einer Wechselrichtereinheit zum Verbinden der Energiesteuerungseinrichtung mit dem Energienetz, zum Entnehmen von Energie aus dem Energienetz und zum Zuführen von Energie in das Energienetz umfasst. Das Streitpatent betrifft nämlich eindeutig keinen reinen netzgekoppelten Wechselrichter, sondern eine hybride Ausführungsform, welche die Lasteinheit direkt mit Energie aus der Energieerzeugungseinheit versorgen kann, siehe beispielsweise Absätze [0040], [0044] und [0053]. Ein Inselbetrieb ist damit zweifellos nicht nur möglich, sondern erfindungsgemäß auch vorgesehen.
Ferner ergibt sich aus dem Streitpatent unmittelbar und eindeutig, dass, in Übereinstimmung mit der angestrebten Effizienzoptimierung, der Eigenverbrauch optimiert werden soll, siehe z.B. Absätze [0047], [0049] und [0055] des Streitpatents.
2.7 Absatz [0023] des Streitpatents wurde von der Beschwerdeführerin als Beleg für die ihrer Ansicht nach korrekte Auslegung des Anspruchs 1 genannt, wonach nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie in das Energienetz eingespeist wird. Die Kammer kann diesem Argument nicht folgen. Der betreffende Absatz offenbart nicht, dass nur genau die von der Lasteinheit benötigte Menge an Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit geleitet wird und darüber hinaus erzeugte Energie direkt an die Energiespeichereinheit geleitet wird.
Vielmehr wird dort eine Einspeisung in das Energienetz beschrieben, welche von der Menge der Energie abhängt, die von einer Lasteinheit aus dem Energienetz entnommen wird. Ferner wird der Betriebsmodus als vorteilhaft beschrieben, weil auch bei Mindererzeugung von Energie ein Gleichgewicht zwischen entnommener und eingespeister Energie gehalten werden kann.
Der Fachmann erkennt somit unmittelbar, dass dem beschriebenen Betriebsmodus der Fall einer Mindererzeugung von Energie zugrunde liegt, da Energie aus dem öffentlichen Energienetz entnommen werden muss. Er erkennt daher, dass die Energieerzeugungseinheit in dem beschriebenen Fall nicht die von der Lasteinheit benötigte Menge an Energie erzeugt und somit nicht unter die von Anspruch 1 umfasste Erfindung fällt. Anspruch 1 ist nämlich ausschließlich auf einen Betriebsmodus gerichtet, bei dem nur genau die von der Lasteinheit benötigte Menge an Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit geleitet wird, während überschüssige Energie direkt, d.h. ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit, der Energiespeichereinheit zugeführt wird. Der beanspruchte Betriebsmodus setzt somit voraus, dass die Energieerzeugungseinheit mehr (und nicht weniger) Energie erzeugt, als die Lasteinheit benötigt. Dies ist jedoch bei dem in Absatz [0023] beschriebenen Betriebsmodus eindeutig nicht der Fall.
2.8 Absatz [0024] erschöpft sich in der allgemeinen Offenbarung einer gemischten Zuführung von Energie durch Steuerung der Energieflüsse zwischen Energieerzeugungseinheit, Speichereinheit, Lasteinheit und öffentlichem Netz. Demnach soll über einen bestimmten Zeitraum ein konstantes Verhältnis zwischen Einspeisung und Entnahme in das bzw. aus dem Energienetz erzielt werden. Einen konkreten Hinweis auf das Merkmal c) des Anspruchs 1, d.h. die Zuführung von genau der von der Lasteinheit benötigten Menge an Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit kann die Kammer diesem Absatz nicht entnehmen.
Im Übrigen gilt das zu Absatz [0023] Gesagte, denn auch der in Absatz [0024] beschriebenen allgemeinen Anwendung liegt offenkundig eine Mindererzeugung von Energie durch die Energieerzeugungseinheit zugrunde.
2.9 Entsprechendes gilt auch für Absatz [0025]. Dort mag offenbart sein, dass der Energiefluss in das öffentliche Energienetz (durch die mit der Energieerzeugungseinheit verbundene Phase) betragsmäßig dem Energiefluss aus dem öffentlichen Netz (in einer oder mehreren der anderen Phasen des Hausnetzes) entspricht. Weiterhin wird dort jedoch ausdrücklich beschrieben, dass durch diese Betriebsweise eine Unterversorgung auf einer der anderen Phasen durch Einspeisung aus dem öffentlichen Netz ausgeglichen werden kann. Entweder handelt es sich bei den aus dem öffentlichen Energienetz gespeisten Phasen somit um solche, die nicht mit der Wechselrichtereinheit verbunden sind, und daher keine durch die Energieerzeugungseinheit erzeugte Energie beziehen können, oder es liegt wiederum eine Minderversorgung durch die Energieerzeugungseinheit vor. Für beide Fälle erkennt der Fachmann, dass sie nicht in Einklang mit Merkmal c) des Anspruchs 1 stehen, wonach die Energieerzeugungseinheit einen Energieüberschuss produziert, der eine Speicherung von Energie in der Energiespeichereinheit ermöglicht.
2.10 Schließlich stützt sich die Beschwerdeführerin auf die Offenbarung in Absatz [0049]. Zwar wird dort offenbart nur genau so viel Energie "in das Netz" einzuspeisen, wie gerade verbraucht wird, und überschüssige Energie der Energieerzeugungseinheit ("PV-Energie") zwischenzuspeichern. Jedoch ergibt sich aus diesem Absatz keineswegs eine Einspeisung in das öffentliche Energienetz. Vielmehr lässt die betreffende Passage offen, in welches "Netz" die Energie eingespeist wird. Ferner spricht die Tatsache, dass gemäß Absatz [0049] eine Einspeisung "in das Netz" vorgesehen ist, um den Eigenverbrauch zu optimieren, dafür, dass in dem betreffenden Absatz [0049] mit "Netz" auf das Hausnetz bzw. das Inselnetz Bezug genommen.
Zumindest enthält der Absatz keine eindeutige Stützung der von der Beschwerdeführerin vertretenen Interpretation des Merkmals c), wonach nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigte Energie von der Energieerzeugungseinheit in die Wechselrichtereinheit zur Einspeisung in das öffentliche Energienetz geleitet wird.
Vor diesem Hintergrund ist auch zu bemerken, dass das Streitpatent den Begriff "Netz" nicht mit dem (öffentlichen) Energienetz gleichsetzt. Vielmehr wird in dem Streitpatent auf weitere Netze, insbesondere auch auf ein "Inselenergienetz", "Inselnetz" oder ein "Hausnetz", Bezug genommen (siehe z.B. Absätze [0009], [0025], [0053]).
Weiterhin ist Absatz [0049] nicht isoliert zu betrachten, sondern vielmehr im Kontext der vorangehenden Beschreibung, insbesondere auch Absatz [0044] des Streitpatents. Aus diesem Absatz ergibt sich, dass die von der Energieerzeugungseinheit erzeugte Energie direkt über den Inverter (Wechselrichtereinheit) zum Verbrauch in den Haushalt (Lasteinheit) geleitet wird. Ferner ist in diesem Zusammenhang Absatz [0047] zu berücksichtigen, der ebenfalls als angestrebtes Ziel die Maximierung des Eigenverbrauchs angibt.
2.11 Weiterhin verwies die Beschwerdeführerin auf Figur 7, welche ihrer Ansicht nach eine Auslegung des Merkmals c) belege, bei der nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit in das Energienetz eingespeist werde.
Eine entsprechende Offenbarung kann die Kammer der Figur 7, insbesondere auch im Lichte der zugehörigen Beschreibung, nicht entnehmen. Vielmehr zeigt die Figur 7 gemäß Absatz [0052] des Streitpatents ein Zählerkonzept zur Bestimmung des Eigenverbrauchs der selbsterzeugten Energie. Somit versteht der Fachmann die Figur 7 in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung so, dass die von der Energieerzeugungseinheit Energie gerade nicht in das Energienetz eingespeist wird, sondern vorrangig in der Lasteinheit verbraucht werden soll. Das die Figur 7 betreffende Argument der Beschwerdeführerin überzeugt die Kammer deshalb nicht.
2.12 Die Beschwerdegegnerinnen haben zutreffend auf mehrere Stellen in dem Streitpatent, insbesondere in Absatz [0044] und Absatz [0053] hingewiesen, in denen ein Betriebsmodus als erfindungswesentlich beschrieben ist, der in Einklang mit dem Sinngehalt des Anspruchs 1 steht. Insbesondere wird in Absatz [0044] beschrieben, dass die Energieerzeugungseinheit ihre Energie direkt über den Inverter (Wechselrichtereinheit) in den Haushalt überträgt, solange sie genügend Energie produziert. Ein Energieüberschuss wird in der Energiespeichereinheit gespeichert. Der Fachmann versteht diesen Betriebsmodus zweifellos so, dass Energie von der Wechselrichtereinheit in die Lasteinheit gespeist wird.
Das in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument, es handele sich bei dem in Absatz [0044] genannten "Haushalt" nicht um die Lasteinheit, überzeugt die Kammer nicht. Nach Absatz [0037] handelt es sich bei der Lasteinheit nämlich beispielsweise um einen privaten Haushalt. Der Fachmann würde somit zweifellos verstehen, dass der "Haushalt" gemäß Absatz [0044] einer Lasteinheit im Sinne des Anspruchs 1 entspricht.
2.13 Ferner beschreibt Absatz [0053] des Streitpatents unter Bezugnahme auf das "erfindungsgemäße Inselnetz" einen Betriebsmodus, bei dem Energie entweder direkt aus der Energieerzeugungseinheit oder aus dem Energiespeicher oder aus einer Kombination beider Quellen bereitgestellt wird. Nur wenn aus diesen Quellen nicht genug Energie zur Verfügung gestellt werden kann, wird auf das Energienetz zurückgegriffen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, wonach in Absatz [0053] lediglich versehentlich vergessen wurde, den Begriff "erfindungsgemäß" heraus zu streichen, überzeugt die Kammer ebenfalls nicht. Jedenfalls ist nicht erkennbar, dass es sich um einen offensichtlichen Fehler handelt oder in sonstiger Weise etwas anderes gemeint war, als es der klare Wortlaut des betreffenden Absatzes, nämlich das "erfindungsgemäße Inselnetz", vermuten lassen würde.
2.14 Bei den vorstehend erörterten Textpassagen handelt es sich um zwei Ausführungsbeispiele, welche das Verständnis des Fachmanns des Anspruchs 1 belegen, wonach nach Merkmal c), zum Zwecke der Maximierung des Eigenverbrauchs, nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit, zum Verbrauch durch die Lasteinheit, geleitet wird und darüber hinaus erzeugte Energie ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit direkt der Speichereinheit zugeführt wird. Nach Überzeugung der Kammer steht die Beschreibung in Absatz [0049] des Streitpatents damit im Einklang.
2.15 Des weiteren haben die Beschwerdegegnerinnen zutreffend dargelegt, dass der erfinderische Beitrag des Streitpatents vorrangig auf einen Inselbetrieb gerichtet ist. In diesem Zusammenhang sei beispielsweise auf Absatz [0009] des Streitpatents verwiesen, in welchem als Aufgabe der Erfindung die Bereitstellung einer die Effizienz eines Inselenergienetzes optimierten Energiesteuerungsvorrichtung genannt wird. Auch die Absätze [0011], [0012], [0041], [0053] und [0055] des Streitpatents beziehen sich auf ein Inselenergienetz und stellen dieses als erfindungswesentlich hinaus. Der Fachmann versteht die von Anspruch 1 beanspruchte Erfindung somit als auf einen Betriebsmodus gerichtet, bei welchem der Eigenverbrauch der von der Energieerzeugungseinheit erzeugten Energie optimiert wird. Hierzu ist zweifellos ein Verbrauch der von der Energieerzeugungseinheit erzeugten Energie durch die Lasteinheit vorgesehen, während überschüssige Energie (vor Durchlaufen der Wechselrichtereinheit) in der Energiespeichereinheit gespeichert wird. Ferner versteht der Fachmann, dass eine Einspeisung in das öffentliche Energienetz einem Eigenverbrauch entgegensteht.
Weiterhin führt das Streitpatent an mehreren Stellen aus, dass nur im Falle einer Minderversorgung auf die Energieversorgung aus dem Energienetz zurückgegriffen wird. Dieser Betriebsmodus ist jedoch nicht von Anspruch 1 umfasst, denn dieser setzt explizit eine Überproduktion von Energie durch die Energieerzeugungseinheit voraus: zum einen wird die von der Lasteinheit benötigte Energie produziert (Merkmal c)i.), und zum anderen wird zusätzliche Energie zur Speicherung in der Energiespeichereinheit erzeugt (Merkmal c)ii.).
2.16 Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, dass Anspruch 1 keinen Inselbetrieb betreffen könne, da die Wechselrichtereinheit gemäß Merkmal a)iv. dazu geeignet sei, Energie von dem Energienetz zu empfangen und in dieses einzuspeisen.
Die Kammer kann dem Argument der Beschwerdeführerin nicht folgen. Ein Wechselrichter im Sinne des Anspruchs 1 mag grundsätzlich die Eignung aufweisen, einen Energieaustausch zwischen dem Hausnetz und dem öffentlichen Energienetz zu bewerkstelligen. Der hybride Wechselrichter gemäß der vorliegenden Erfindung speist jedoch zweifellos ein oder mehrere Phasen des Hausnetzes sowie die daran angeschlossene Lasteinheit. Ein Inselbetrieb des Wechselrichters, bei dem kein Energieaustausch mit dem öffentlichen Energienetz stattfindet, ist somit ohne Weiteres möglich und gemäß der vorliegenden Erfindung auch ausdrücklich vorgesehen.
2.17 Insgesamt ist die Kammer daher zu dem Schluss gelangt, dass der Fachmann im Lichte der Gesamtoffenbarung des Streitpatents das Merkmal c) des Anspruchs 1 so versteht, dass nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit zum Verbrauch in der Lasteinheit geleitet wird.
3. Hauptantrag - Mangelnde Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)
3.1 Die von Anspruch 1 umfasste Erfindung ist in dem europäischen Patent nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
3.2 Der Fachmann versteht das Merkmal c) gemäß der unter Punkt 2. oben vorgenommenen Auslegung des Anspruchs 1 so, dass nur genau die Menge der von der Lasteinheit benötigten Energie von der Energieerzeugungseinheit an die Wechselrichtereinheit zum Verbrauch in der Lasteinheit zugeführt wird, um den Eigenverbrauch zu optimieren. Dem Energienetz wird in diesem Betriebszustand folglich keine Energie zugeführt, denn überschüssige Energie wird direkt, d.h. ohne Durchlaufen der Wechselrichtereinheit, in der Energiespeichereinheit gespeichert.
Wie die Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) jedoch zutreffend dargelegt hat, steht dies im Widerspruch zu Merkmal b) des Anspruchs 1, demgemäß die Steuereinheit ausgebildet ist, um die Menge an Energie, welche in das Energienetz eingespeist wird, in Abhängigkeit von der Menge der Energie, die von der Lasteinheit verbraucht wird, zu steuern. Das Merkmal b) erfordert somit gleichzeitig eine Menge an Energie, die in das Energienetz eingespeist wird. Dies wird durch das Merkmal c) jedoch gerade ausgeschlossen, denn die von der Wechselrichtereinheit empfangene Menge an Energie entspricht genau der von der Lasteinheit benötigten Energie und wird folglich von dieser vollständig verbraucht (Merkmal c)i.). Überschüssig produzierte Energie wird in der Energiespeichereinheit gespeichert (Merkmal c)ii.). Bei der beanspruchten Betriebsweise fällt somit keine überschüssige Energie an, die in das Energienetz eingespeist werden könnte.
3.3 Die Kammer versteht das Streitpatent zwar so, dass mehrere Betriebsmodi zur Steuerung des Energieflusses beschrieben werden, die je nach erzeugter und geforderter Energiemenge sowie sonstiger zu berücksichtigender Umstände nach Bedarf eingestellt werden. Als erfindungsgemäß wird jedoch ein Betriebsmodus herausgestellt und beansprucht, bei dem der Eigenverbrauch im Sinne eines Inselbetriebs optimiert ist. Dabei erfolgt gerade kein Energieaustausch mit dem Energienetz.
3.4 Anspruch 1 beansprucht mit Merkmal c) ferner eine feststehende signaltechnische Kopplung zwischen der Energieerzeugungseinheit und der Steuereinheit. Eine entsprechende signaltechnische Kopplung im Sinne des Merkmals c) besteht somit dauerhaft und die damit verbundene Funktion nach den Untermerkmalen c)i. und c)ii. ist somit auch permanent implementiert. Entsprechendes gilt auch für das Merkmal b). Auch unter Berücksichtigung der Beschreibung hat der Fachmann daher keine ausreichenden technischen Informationen, um den in Anspruch 1 bestehenden dauerhaften Widerspruch zwischen den Merkmalen b) und c) aufzulösen.
3.5 Die Kammer ist daher zu der Überzeugung gelangt, dass das Streitpatent die Erfindung nach Anspruch 1 nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann sie ausführen kann. Der Hauptantrag verstößt daher gegen das Erfordernis von Artikel 83 EPÜ.
4. Hilfsanträge I und II - Berücksichtigung im Beschwerdeverfahren (Artikel 13 (2) VOBK 2020)
4.1 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beschwerdeführerin erstmals neue Hilfsanträge I und II überreicht. Es handelt sich dabei unbestritten um eine Änderung des Beschwerdevorbringens der Beschwerdeführerin.
Nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 bleiben Änderungen des Beschwerdevorbringens eines Beteiligten nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung grundsätzlich unberücksichtigt, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat stichhaltige Gründe dafür aufgezeigt, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.
4.2 Im vorliegenden Fall sind keine außergewöhnlichen Umstände erkennbar, welche die Zulassung der erstmals in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsanträge I und II rechtfertigen könnten.
Die Beschwerdeführerin hat dargelegt, der Einwand betreffend die Widersprüchlichkeit der Merkmale b) und c) des Anspruchs 1 des Hauptantrags sei weder Gegenstand des Einspruchsverfahrens noch der angefochtenen Entscheidung gewesen. Es habe daher keine Verpflichtung bestanden, zu diesem, in der Beschwerdeerwiderung der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) vorgebrachten Einwand, Stellung zu nehmen. In der der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung habe die Kammer zwar unter Punkt 13 den entsprechenden Einwand der Beschwerdegegnerin aufgegriffen. Aus den vorgenannten Gründen sei die Beschwerdeführerin aber auch daraufhin nicht verpflichtet gewesen, auf den Einwand zu reagieren.
4.3 Zunächst bemerkt die Kammer, dass der in Rede stehende Einwand betreffend die mangelnde Ausführbarkeit der Erfindung unter Artikel 83 EPÜ im Hinblick auf die Widersprüchlichkeit der Merkmale b) und c) bereits in der Einspruchsbegründung der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) unter Punkt 2.2 vorgebracht wurde.
4.4 Des weiteren bemerkt die Kammer, dass gemäß Artikel 12 (1) c) VOBK 2020, anwendbar unter Artikel 25 (1) VOBK 2020, dem Beschwerdeverfahren alle schriftlichen Erwiderungen des anderen Beteiligten zugrunde liegen. Im vorliegenden Fall liegt somit die Beschwerdeerwiderung der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) dem Beschwerdeverfahren zu Grunde.
4.5 Zwar ist der Beschwerdeführerin grundsätzlich darin zuzustimmen, dass keine Verpflichtung zur Stellungnahme auf einen in der Beschwerdeerwiderung vorgebrachten Einwand besteht. Jedoch hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit, im Beschwerdeverfahren zu sämtlichen in der Beschwerdeerwiderung vorgebrachten Einwänden Stellung zu nehmen und gegebenenfalls neue Hilfsanträge einzureichen. Durch den Verzicht auf die bestehende Möglichkeit der Einreichung neuer Hilfsanträge zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt im Verfahren, spätestens jedoch vor Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer, unterliegt sie im Hinblick auf das nunmehr geänderte Beschwerdevorbringen den Bestimmungen des Artikels 13 (2) VOBK 2020.
4.6 Die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügte Mitteilung der Kammer wirft unter Punkt 13 keine neuen Fragen oder Einwände auf, die über das hinausgehen, was von der Beschwerdegegnerin (Einsprechende 1) in ihrer Beschwerdeerwiderung vorgetragen wurde. Die Mitteilung der Kammer nach Artikel 15 (1) VOBK 2020 bietet somit keine Grundlage für einen außergewöhnlichen Umstand, welche die Einreichung der neuen Hilfsanträge I und II während der mündlichen Verhandlung vor der Kammer rechtfertigen könnte.
Auch ein Vertreterwechsel oder eine sonstige personelle Veränderung seitens der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem Streitpatent oder der Streitsache stellt regelmäßig keinen Umstand dar, welcher die verspätete Einreichung von neuen Anträgen erstmals in der mündlichen Verhandlung rechtfertigen kann (siehe Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 10. Auflage 2022, V.A.5.8.2).
Andere außergewöhnliche Umstände sind weder ersichtlich, noch wurden sie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht.
4.7 Selbst wenn jedoch das Aufgreifen des betreffenden Einwandes unter Artikel 83 EPÜ in der Mitteilung der Kammer als eine unvorhergesehene Entwicklung im Verfahren angesehen werden sollte, so hätte für die Beschwerdeführerin die Verpflichtung bestanden, zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt nach Kenntnisnahme hierauf zu reagieren. Dies hat sie jedoch unterlassen. Stattdessen hat sie bis zum letztmöglichen Zeitpunkt im Verfahren, bis zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer, mit der Einreichung neuer Hilfsanträge gewartet.
4.8 Aus den oben genannten Gründen hat die Kammer das ihr nach Artikel 13 (2) VOBK 2020 zustehende Ermessen dahingehend ausgeübt, die Hilfsanträge I und II im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt zu lassen.
5. Ergebnis
Da der Hauptantrag gegen das Erfordernis von Artikel 83 EPÜ verstößt und die Hilfsanträge I und II im Beschwerdeverfahren unberücksichtigt geblieben sind, war dem Antrag der Beschwerdegegnerinnen stattzugeben.
Da ferner die Bedingung für den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung nicht eingetreten ist, konnte dieser Antrag im vorliegenden Verfahren unberücksichtigt bleiben.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.