T 3181/19 14-03-2022
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SENSOREINHEIT MIT ELEKTRISCHER VERBINDUNG DES SENSORGEHÄUSES ZUM ABFÜHREN ELEKTROSTATISCHER LADUNG EINES KRAFTFAHRZEUGS
Anmeldeunterlagen - Zeilennummerierung erforderlich (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - wesentlicher Verfahrensmangel (nein)
Rückzahlung der Beschwerdegebühr - Verletzung des rechtlichen Gehörs (nein)
Kostenverteilung zum Nachteil des EPA
Kostenverteilung - (nein)
Zurückverweisung - (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hauptantrag (nein)
Patentansprüche - Klarheit
Patentansprüche - Hilfsantrag (nein)
Neuheit - Hauptantrag (nein)
Neuheit - Hilfsantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (nein)
Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag (nein)
I. Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die europäische Patentanmeldung Nr. 16701406.7 zurückzuweisen. Die Prüfungsabteilung hatte die Zurückweisung damit begründet, dass das Formerfordernis der Regel 49 (7) EPÜ im Zusammenhang mit dem Erfordernis bezüglich der Angaben der Anmelderin zum Nachweis der Stützung der Änderungen (Artikel 123 (2) und Regel 137 (4) EPÜ) und dem Bestreben der Prüfungsabteilung nach einem effizienten und effektiven Verfahrensablauf (Regel 137 (3) EPÜ) nicht erfüllt gewesen sei.
II. Folgende Dokumente sind für die vorliegende Entscheidung relevant:
D1: DE 101 52 252 A1
D7: US 2002/0024791 A1
D8: US 6 251 513 B1
III. Die Beschwerdeführerin beantragte mit der Beschwerdebegründung die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent auf Basis des Anspruchssatzes vom 5. Juni 2019 zu erteilen. Hilfsweise beantragte sie, ein Patent auf Basis des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchsatzes gemäß Hilfsantrag zu erteilen.
Des Weiteren beantragte sie, die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten. Weiterhin stellte sie Antrag auf Kostenfestsetzung. Hilfsweise beantragte sie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, wobei sie beantragte, die entstehenden Kosten der Beschwerdeführerin, insbesondere die Reise- und Übernachtungskosten, der Beschwerdegegnerin, also dem Europäischen Patentamt, vor einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung aufzuerlegen.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020, die zusammen mit einer Ladung zur mündlichen Verhandlung am 14. März 2022 verschickt wurde, vertrat die Kammer die vorläufige Meinung, dass das in Regel 49 (7) EPÜ angegebene Erfordernis nicht zwingend erfüllt werden müsse. Sie könne auch im vorliegenden Fall keine Umstände erkennen, die es erforderlich machten, eine Zeilennummerierung zu verlangen. Das rechtliche Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ sei jedoch erfüllt und die Kammer beabsichtige daher die Beschwerdegebühr nicht zurückzuerstatten. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenfestsetzung könne die Kammer mangels Rechtsgrundlage nicht stattgeben. Zudem teilte die Kammer die Auffassung der Prüfungsabteilung, dass Ansprüche 1 und 5 gemäß Hauptantrag das Klarheitserfordernis nicht erfüllten, der Gegenstand der ersten Variante des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht neu sei und der Gegenstand der zweiten Variante des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Bezüglich des Hilfsantrags war die Kammer der vorläufigen Meinung, dass die Ansprüche weitgehend den Ansprüchen gemäß Hauptantrag entsprächen und die für den Hauptantrag genannten Einwände daher auch auf die Ansprüche des Hilfsantrags zuträfen.
V. Mit Schreiben vom 15. Dezember 2021 beantragte die Beschwerdeführerin erneut die Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Die Beschwerdeführerin sah es nach wie vor als schwerwiegenden Verfahrensfehler an, die Anmeldung allein wegen der fehlenden Zeilennummerierung zurückzuweisen. Sollte die Kammer den Ausführungen der Beschwerdeführerin zum Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht entsprechen können, teilte die Beschwerdeführerin mit, ihre Beschwerde hilfsweise zurückzuziehen. Zudem informierte die Beschwerdeführerin die Kammer, dass sie zur mündlichen Verhandlung am 14. März 2022 nicht erscheinen werde, und nahm ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.
VI. In einer weiteren Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK 2020 informierte die Kammer die Beschwerdeführerin, dass das EPÜ nicht vorsehe, dass in Fällen, in denen es zu einer fehlerhaften Beurteilung von Sachfragen gekommen sei und die Beschwerdeführerin deshalb eine Beschwerde einreichen musste, die Beschwerdegebühr zurückerstattet werde. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern stellten auch grobe Fehlbeurteilungen nicht Verfahrensmängel im Sinne von Regel 103 EPÜ dar. Jedoch könne die Beschwerdegebühr in Höhe von 50 % zurückgezahlt werden, wenn die Beschwerde innerhalb eines Monats ab Zustellung der Mitteilung ohne innerprozessuale Bedingung zurückgenommen werde.
VII. Mit Schreiben vom 26. Januar 2022 beantragte die Beschwerdeführerin erneut die Beschwerdegebühr in vollem Umfang zurückzuerstatten und die Anmeldung zur weiteren sachlichen Diskussion an die erste Instanz zurückzuverweisen. Die übrigen, in der Beschwerdebegründung gestellten Anträge erhielt sie aufrecht.
Die Beschwerdeführerin begründete ihre Anträge damit, dass die Zurückweisung der Anmeldung ausschließlich auf Basis der angeblich fehlenden Zeilennummerierung erfolgt und dabei ein schwerwiegender Verfahrensfehler erfolgt sei.
VIII. Da die Beschwerdeführerin die Kammer informiert hatte, dass sie zur mündlichen Verhandlung am 14. März 2022 nicht erscheinen werde und ihren Antrag auf mündliche Verhandlung zurücknehme, hob die Kammer den für den 14. März 2022 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung auf.
IX. Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, eingereicht mit Schreiben vom 5. Juni 2019, lautet wie folgt:
"Sensoreinheit zum Einbau in ein Kraftfahrzeug oder Anhänger, wobei die Sensoreinheit (2) einen Sensormessaufbau (16) zum Sensieren mindestens einer physikalischen Größe, ein den Sensormessaufbau (16) teilweise oder vollständig umgebendes Sensorgehäuse (12) und mindestens zwei Verbindungsleitungen (18) aufweist, wobei der Sensormessaufbau (16) über die Verbindungsleitungen (18) mit einer Auswerteeinrichtung (6) verbindbar ist und wobei die Sensoreinheit (2) mit dem Sensorgehäuse (12) galvanisch mit einem leitfähigen Teil des Kraftfahrzeugs oder Anhängers verbindbar ist,
wobei
die Sensoreinheit (2) einen vorbestimmten Entladungspfad (4) zwischen dem elektrisch leitenden Sensorgehäuse (12) und einer Verbindungsleitung (18) oder zwischen dem elektrisch leitenden Sensorgehäuse (12) und dem Sensormessaufbau (16) zum Abführen elektrostatischer Ladung aus dem leitfähigen Teil des Kraftfahrzeugs aufweist,
dadurch gekennzeichnet, dass
der vorbestimmte Entladungspfad (4) als ein hochohmiger Widerstand (4.3) zwischen dem Sensorgehäuse (12) und einer Verbindungsleitung (18) der Sensoreinheit (2) oder zwischen dem Sensorgehäuse (12) und dem Sensormessaufbau (16) der Sensoreinheit (2) ausgebildet ist oder
dass
der vorbestimmte Entladungspfad (4) als eine hochohmige Vergussmasse (4.4) zwischen dem Sensorgehäuse (12) und einer Verbindungsleitung (18) der Sensoreinheit (2) oder zwischen dem Sensorgehäuse (12) und dem Sensormessaufbau (16) der Sensoreinheit (2) ausgebildet ist,
wobei
die Auswerteeinrichtung (6) eine Auswerteschaltung (22) beinhaltet, welche über die Verbindungsleitungen (18) mit der Sensoreinheit (2) verbunden ist, wobei die Auswerteeinrichtung (6) über eine weitere elektrische Leitung (24) mit dem Fahrzeugrahmen (11) als Massepotential verbunden ist, wobei die elektrostatische Ladung somit aus dem Teil des Kraftfahrzeugs oder Anhängers, an dem die Sensoreinheit (2) befestigt ist, über die Verbindungsleitung (18) und der damit verbundenen Auswerteeinrichtung (6) abgeleitet wird."
Der unabhängige Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag, eingereicht mit der Beschwerdebegründung, unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass am Ende des ersten Absatzes des kennzeichnenden Teils vor den Worten "oder dass" folgender Text eingefügt wurde:
"wobei
die Auswerteeinrichtung (6) eine Auswerteschaltung (22) beinhaltet, welche über die Verbindungsleitungen (18) mit der Sensoreinheit (2) verbunden ist, wobei die Auswerteeinrichtung (6) über eine weitere elektrische Leitung (24) mit dem Fahrzeugrahmen (11) als Massepotential verbunden ist, wobei die elektrostatische Ladung somit aus dem Teil des Kraftfahrzeugs oder Anhängers, an dem die Sensoreinheit (2) befestigt ist, über die Verbindungsleitung (18) und der damit verbundenen Auswerteeinrichtung (6) abgeleitet wird,".
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zurückweisung wegen fehlender Zeilennummerierung (Regel 49 (7) EPÜ)
2.1 Die Prüfungsabteilung war der Ansicht, dass der Wortlaut der Regel 49 (7) EPÜ zwingend Zeilennummern auf Blättern der Beschreibung und der Ansprüche vorsehe, wenn keine außerordentlichen Umstände die Anmelderin davon abhielten (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 16). Sie bezog sich zudem auf die Entscheidung T 237/84, in der ein Fehlen von Bezugszeichen als Zurückweisungsgrund angesehen worden sei (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 19).
2.2 Die Beschwerdeführerin sah die Erfordernisse der Regel 49 (7) EPÜ als eine Kann-Vorschrift an, deren Einhaltung weder von der Eingangsstelle noch von der Prüfungsabteilung in den ersten beiden Mitteilungen gefordert worden war. Erstmals in der Mitteilung vom 17. April 2019 habe die Prüfungsabteilung die Zeilennummerierung gefordert. Diese sei aber nicht zwingend vorgeschrieben, wie das Europäische Patentamt (EPA) auf seiner Homepage selbst ausführe. Bei einer Online-Einreichung sei eine Zeilennummerierung sogar nicht möglich (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 2, letzter Absatz bis Seite 4, erster Absatz). Die sehr alte Entscheidung T 237/84 sei nicht einschlägig, da dort die Prüfungsabteilung nicht die Einführung von Bezugszeichen gefordert habe, sondern die Streichung von Bezugszeichen nicht zugelassen habe (vgl. Beschwerdebegründung, Seite 4, zweiter Absatz bis Seite 5, dritter Absatz). Weder die Formalprüfungsstelle noch der beauftragte Prüfer hätten zunächst die fehlenden Zeilennummerierungen beanstandet. Erst mit der dritten Mitteilung vom 17. April 2019 sei die Aufforderung, Zeilennummerierungen einzufügen, ergangen (vgl. Punkte 5 und 5.2 dieser Mitteilung). Dabei sei es aufgrund der Angabe von Seite und Absatz problemlos möglich und zumutbar gewesen, die Offenbarungen der Änderungen nachzuvollziehen. Der Prüfer habe nicht begründet, warum aus seiner Sicht diese Absätze nicht die streitigen Merkmale offenbaren sollten. Der Hinweis auf der Homepage des EPA, dass bei Online-Einreichungen keine Zeilennummerierungen möglich seien, sei vom beauftragten Prüfer dahingehend abgetan worden, dass angeblich auch dieser Hinweis keine Rechtsgrundlage offenbare, welche die aus seiner Sicht zwingend erforderliche MUSS-Vorschrift der Zeilennummerierung annulliere oder ändere (vgl. Schreiben vom 26. Januar 2022, Abschnitt II).
2.3 Die Kammer ist der Auffassung, dass das in Regel 49 (7) EPÜ angegebene Erfordernis nicht zwingend erfüllt werden muss. Dort heißt es: "Auf jedem Blatt der Beschreibung und der Patentansprüche soll jede fünfte Zeile nummeriert sein." (in der englischen Fassung "The lines of each sheet of the description and of the claims shall preferably be numbered in sets of five" und in der französischen Fassung "Les lignes de chaque feuille de la description et des revendications doivent en principe être numérotées de cinq en cinq"). Somit wird deutlich, dass es sich um eine Vorschrift handelt, die beachtet werden soll, aber nicht beachtet werden muss. Dies wird vom EPA auf seiner Internetseite (https://www.epo.org/service-support/faq/online-services/patxml_de.html#fag-159, dort Abschnitt "Kann ich in PatXML, wie in Regel 49 EPÜ empfohlen, Zeilennummern anbringen?") bestätigt, wo Folgendes ausgeführt ist: "In Regel 49 heißt es lediglich, dass die Zeilen nummeriert sein 'sollen', d. h. dies ist nicht zwingend vorgeschrieben. Mit der Abkehr von Papiersystemen werden Zeilennummern (und Seitenzahlen) überflüssig bzw. sinnlos. Deshalb haben wir vor einigen Jahren die Absatznummerierung eingeführt."
Die Prüfungsabteilung hat die Notwendigkeit der Zeilennummerierung damit begründet, dass ohne eine Zeilennummerierung der Anmelder die Grundlage der Änderungen im Anspruch nur vage und nicht hinreichend präzise angeben könne. Sie hat aber keine Ausführungen gemacht, aufgrund welcher Kriterien (z.B. außergewöhnliche Länge der Absätze) dies in diesem Fall erforderlich sein soll.
Die Entscheidung T 237/84 gibt auch keinen Hinweis auf eine mögliche andere Auslegung. Die Prüfungsabteilung hatte argumentiert, dass in Regel 29 (7) EPÜ 1973 (entspricht Regel 43 (7) EPÜ) auch das Wort "sollen" verwendet werde ("Sind der Europäischen Patentanmeldung Zeichnungen beigefügt, so sollen die in den Patentansprüchen genannten technischen Merkmale mit Bezugszeichen versehen werden, wenn dies das Verständnis des Patentanspruchs erleichtert."). Die Kammer führte aber in der Entscheidung T 237/84 nicht aus, dass nach Regel 29 (7) EPÜ 1973 Referenzzeichen grundsätzlich eingeführt werden müssten. Sie kam lediglich zum Ergebnis, dass das Streichen der Referenzzeichen bei dem Wortlaut und der Länge des damals vorliegenden Anspruchs einen Mangel an Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ 1973 hervorrufen würde und der Anspruch somit neu formuliert werden müsste, was aber in einem so späten Verfahrensstadium vermieden werden solle.
2.4 Die Kammer kommt daher zu dem Schluss, dass Zeilennummerierungen nicht grundsätzlich vorgeschrieben sind, und sie kann auch im vorliegenden Fall keine Umstände erkennen, die es erforderlich machen würden, eine Zeilennummerierung zu verlangen.
3. Rückzahlung der Beschwerdegebühr (Regel 103 (1) a) EPÜ)
3.1 Die Beschwerdeführerin hat die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt, da sie es als schwerwiegenden Verfahrensfehler ansehe, die Anmeldung allein wegen der fehlenden Zeilennummerierung zurückzuweisen. Wenn ein solches Verhalten des beauftragten Prüfers keinen Verfahrensfehler darstelle, dann seien zukünftigen unsinnigen und rechtsbeugenden Prüfungsbescheiden Tür und Tor geöffnet. Daher sei es in diesem Fall mehr als billig, die Beschwerdegebühr vollständig zurückzuzahlen (vgl. Schreiben vom 15. Dezember 2021). Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liege ein schwerwiegender Verfahrensfehler vor, da der Einwand der fehlenden Zeilennummerierung erst sehr spät im Verfahren - mit der dritten Mitteilung vom 17. April 2019, Punkte 5 und 5.2 - vorgebracht wurde, der beauftragte Prüfer es nicht begründet habe, warum aus seiner Sicht die angegebenen Absätze nicht die streitigen Merkmale offenbaren sollten, er sich somit geweigert habe, die zitierten Stellen zu prüfen, und durch die Zuteilung eines Anmeldetags durch die Formalprüfungsstelle bereits bestätigt worden sei, dass die Anmeldung alle Formerfordernisse erfülle. Der Prüfer habe außerdem den Hinweis auf die Homepage des EPA dahingehend abgetan, dass angeblich dieser Hinweis auf der Homepage des EPA keine Rechtsgrundlage offenbare, welche die aus seiner Sicht zwingend erforderliche MUSS-Vorschrift der Zeilennummerierung annulliere oder ändere. Der beauftrage Prüfer hätte sich rückversichern müssen, ob seine Auffassung über die angeblich zwingend vorgeschriebene Zeilennummerierung überhaupt vertretbar sein könne, da offensichtlich seine eigene Meinung gegensätzlich zu der Aussage des EPA auf dessen Homepage sei. Somit sei die Beschwerdeführerin offensichtlich der willkürlichen Auslegung und Anwendung des EPÜ durch den beauftragten Prüfer ausgesetzt gewesen. Zudem sei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der sachlich-inhaltlichen Auseinandersetzung mit den unter Angabe von Seite und Absatz genannten Offenbarungsstellen das rechtliche Gehör verwehrt worden, da der Prüfer inhaltlich nicht zu den zitierten Textstellen Stellung genommen habe (vgl. Schreiben vom 26. Januar 2022, Abschnitt II).
3.2 Die Beschwerdegebühr kann nach Regel 103 (1) a) EPÜ in voller Höhe zurückerstattet werden, wenn der Beschwerde durch die Beschwerdekammern stattgegeben wird und die Rückzahlung wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels der Billigkeit entspricht. Daher prüft die Kammer im Folgenden, ob das Prüfungsverfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet ist.
3.3 Eine fehlerhafte Beurteilung von Sachfragen, wie die Beurteilung, ob in diesem Fall Zeilennummerierungen zwingend erforderlich sind, stellt an sich keinen Mangel im Verfahren dar (siehe auch Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Aufl. 2019, V.A.9.5.10 c)). Es ist offensichtlich, dass eine fehlerhafte Beurteilung von Sachfragen für den Beschwerdeführer immer mit Nachteilen verbunden ist, denn jede fehlerhafte Beurteilung von Sachfragen, die zu einer Zurückweisung der Anmeldung führt, kann nur durch Einreichung der Beschwerde korrigiert werden. Das EPÜ sieht jedoch nicht vor, dass in Fällen, in denen es zu einer fehlerhaften Beurteilung von Sachfragen gekommen ist und die Beschwerdeführerin deshalb eine Beschwerde einreichen musste, die Beschwerdegebühr erstattet wird.
3.4 Die Argumentation der Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 15. Dezember 2021 könnte dahingehend verstanden werden, dass zumindest (in den Worten der Beschwerdeführerin) "unsinnige" und "rechtsbeugende", oder, allgemeiner gesprochen, willkürliche oder offensichtlich rechtswidrige Entscheidungen über materiell-rechtliche Fragen als verfahrensfehlerhaft einzuordnen seien. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern stellen auch grobe Fehlbeurteilungen nicht Verfahrensmängel im Sinne von Regel 103 EPÜ dar (vgl. T 860/93, ABl. EPA 1995, 47, Gründe 7). Da vorliegend aus Sicht der Kammer die Auffassung der Prüfungsabteilung zwar sachlich unrichtig, aber nicht schlechthin unvertretbar ist und auch mit zumindest vertretbaren Gründen versehen wurde, ist die Grenze zu Willkür oder offensichtlicher Rechtswidrigkeit eindeutig nicht überschritten. Zugunsten der Beschwerdeführerin könnte also bestenfalls von einer "groben Fehlbeurteilung" durch die Prüfungsabteilung ausgegangen werden, die jedoch nicht als Verfahrensmangel anzusehen ist.
3.5 Auch die Tatsache, dass die Prüfungsabteilung den vermeintlichen Mangel erst in einem späten Verfahrensstadium geltend gemacht hat und dieser nicht schon von der Eingangsstelle erhoben wurde, kann nicht als wesentlicher Verfahrensmangel angesehen werden. Ein Grundsatz, wonach die Prüfungsabteilung neue Einwände in einem späten Stadium des Prüfungsverfahrens nicht mehr vorbringen dürfte bzw. ein spätes Vorbringen "verfahrensmissbräuchlich" (so die Beschwerdeführerin) sei, ist dem EPÜ fremd. Ein solcher Grundsatz wäre vielmehr mit dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß Artikel 114 (1) EPÜ unvereinbar.
3.6 Ein Verfahrensfehler könnte jedoch vorliegen, wenn ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gemäß Artikel 113 (1) EPÜ gegeben wäre. Dieser wäre dann zu bejahen, wenn die Entscheidung auf Gründe gestützt worden wäre, zu denen sich die Beschwerdeführerin nicht hätte äußern können, oder wenn die Prüfungsabteilung in ihrer Entscheidung nicht auf wesentliche Argumente der Beschwerdeführerin eingegangen wäre (vgl. Rechtsprechung der Beschwerdekammern, 9. Aufl. 2019, III.B.2.3.1 und III.B.2.4.2).
3.7 Das rechtliche Gehör gemäß Artikel 113 (1) EPÜ sieht die Kammer erfüllt, da die Prüfungsabteilung ihre - sachlich unzutreffende - Sichtweise zu Regel 49 (7) EPÜ der Beschwerdeführerin bereits in der Mitteilung vom 17. April 2019, Punkt 4, mitgeteilt hat und die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2019, Abschnitt II, darauf eingegangen ist und Gegenargumente vorgebracht hat, welche von der Prüfungsabteilung in der Entscheidung behandelt wurden. Die Prüfungsabteilung ist in der angefochtenen Entscheidung insbesondere auf das Argument der Beschwerdeführerin eingegangen, dass das Amt die Zeilennummerierung für nicht zwingend notwendig und mit der Abkehr von Papiersystemen sogar für überflüssig erachte, und hat Ausführungen gemacht, wonach sie in Textpassagen mit Hilfestellungen zum elektronischen Einreichen von Anmeldeunterlagen keine Rechtsgrundlage sehen könne, die das Erfordernis des EPÜ annulliere oder ändere (vgl. Entscheidungsgründe, Punkt 17). Die Prüfungsabeilung war auch der Meinung, dass von der Soll-Vorschrift der Regel 49 (7) EPÜ nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden dürfe, die die Beschwerdeführerin nicht ausreichend geltend gemacht habe. Die Tatsache, dass die Prüfungsabteilung zwar die Argumente der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen und entgegnet hat, sich jedoch dadurch nicht von deren Ansicht hat überzeugen lassen, kann nicht als wesentlicher Verfahrensmangel angesehen werden.
3.8 Wie die Beschwerdeführerin richtig ausgeführt hat, erfolgte die Zurückweisung ausschließlich auf Basis der fehlenden Zeilennummerierung; die Frage einer etwaigen Verletzung von Artikel 123 (2) EPÜ spielte für die Entscheidung der Prüfungsabteilung keine Rolle. In dieser Hinsicht konnte kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör zum Nachteil der Beschwerdeführerin vorliegen, so dass ihre zuletzt vorgebrachten Argumente hinsichtlich der fehlenden sachlich-inhaltlichen Auseinandersetzung der Prüfungsabteilung mit den von der Beschwerdeführerin zitierten Textstellen einen Verfahrensmangel nicht begründen können.
3.9 Insofern liegt nach Auffassung der Kammer kein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne von Regel 103 (1) a) EPÜ vor.
3.10 Die Kammer weist daher den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurück.
4. Hilfsweise Beschwerderücknahme
4.1 Die Beschwerdeführerin hat in ihrem letzten Schriftsatz vom 26. Januar 2022 keine Ausführungen mehr dazu gemacht, ob sie ihre im Schriftsatz vom 15. Dezember 2021 geäußerte hilfsweise Beschwerderücknahme für den Fall, dass die Kammer den Ausführungen der Beschwerdeführerin zur vollständigen Rückerstattung der Beschwerdegebühr nicht folge, aufrechterhalte.
4.2 Dies kann jedoch dahinstehen. Wie bereits im Bescheid der Kammer vom 20. Januar 2022 ausgeführt, stellt eine Beschwerderücknahme für den Fall, dass über den Antrag auf vollständige Rückzahlung der Beschwerdegebühr negativ entschieden wird, eine innerprozessuale Bedingung dar. Über die Frage des Bedingungseintritts kann aber nicht vorab, sondern erst im Rahmen einer verfahrensabschließenden Entscheidung entschieden werden. Zu diesem Zeitpunkt ist allerdings aufgrund der mit Verkündung der Entscheidung eingetretenen Verfahrensbeendigung eine Beschwerderücknahme nicht mehr möglich. Die hilfsweise Beschwerderücknahme durch die Beschwerdeführerin ginge also ins Leere.
5. Kostenverteilung
5.1 Die Beschwerdeführerin beantragte Kostenverteilung. Durch das rechtswidrige Verhalten des beauftragten Prüfers sei sie gezwungen gewesen, sich trotz Hinweis auf die Unzulässigkeit der Forderung nach der Zeilennummerierung aufgrund der erfolgten Zurückweisung mit dieser Angelegenheit auseinanderzusetzen. Hierfür machte die Beschwerdeführerin einen Aufwand von sechs Arbeitsstunden geltend, welche nicht angefallen wären, wenn es nicht zu der ungerechtfertigten Zurückweisung gekommen wäre. Die Beschwerdeführerin gab keine Rechtsgrundlage an, aufgrund der eine Verteilung der Kosten festgesetzt werden könne.
5.2 Eine Möglichkeit der Kostenverteilung, gemäß der das EPA die Kosten der Anmelderin übernehmen kann, ist im EPÜ nicht vorgesehen. Artikel 104, Regel 88 EPÜ und Artikel 16 VOBK 2020 gelten nur für das Einspruchs(beschwerde)verfahren und sähen auch nur eine Kostenverteilung zum Nachteil eines anderen Beteiligten (also einer Partei des Verfahrens) und nicht zum Nachteil des EPA vor.
5.3 Die Kammer kann daher dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenverteilung mangels Rechtsgrundlage nicht stattgeben.
6. Zurückverweisung an die erste Instanz (Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ, Artikel 11 VOBK 2020)
6.1 Mit Schreiben vom 26. Januar 2022 beantragte die Beschwerdeführerin, die Anmeldung an die erste Instanz zur weiteren sachlichen Diskussion zurückzuverweisen.
6.2 Gemäß Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ hat die Kammer das Ermessen die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen oder selbst tätig zu werden. Eine Kammer verweist die Angelegenheit nur dann zur weiteren Entscheidung an das Organ zurück, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wenn besondere Gründe dafür sprechen (vgl. Artikel 11 VOBK 2020). Ziel dieser Vorschrift ist es, die Wahrscheinlichkeit eines Ping-Pong-Effekts zwischen den Beschwerdekammern und der ersten Instanz sowie die damit einhergehende unangemessene Verzögerung des Gesamtverfahrens vor dem EPA zu verringern. Wenn die Kammer alle relevanten Fragen mit angemessenem Aufwand entscheiden kann, sollte sie die Angelegenheit in der Regel nicht zurückverweisen (vgl. Zusatzpublikation 2, ABl EPA 2020, Erläuterungen zu Artikel 11 VOBK 2020). Da die Prüfungsabteilung bereits zu einigen Punkten im Rahmen eines obiter dictum in der angefochtenen Entscheidung (siehe Punkte 22 ff.) Stellung genommen hat, kann die Kammer mit angemessenem Aufwand die Beurteilung dieser Sachfragen durchführen und überprüfen.
6.3 Die Kammer verweist die Angelegenheit daher in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ nicht an die erste Instanz zurück.
7. Hauptantrag - Klarheit (Artikel 84 EPÜ)
7.1 Die Prüfungsabteilung führt an, dass der Anspruch 1 nicht klar sei, weil einerseits eine Sensoreinheit beansprucht wird, in der der Sensormessaufbau (16) über die Verbindungsleitungen (18) mit einer Auswerteeinrichtung (6) verbindbar ist, andererseits aber die Auswerteeinrichtung (6) eine Auswerteschaltung (22) beinhaltet, welche über die Verbindungsleitungen (18) mit der Sensoreinheit (2) verbunden ist. Zudem werde in Anspruch 5 zusätzlich die Kombination von Sensoreinheit und Auswerteeinrichtung beansprucht (vgl. obiter dictum zur Entscheidung, Punkte 24 und 25).
7.2 Die Beschwerdeführerin war der Meinung, dass die vorgebrachten Klarheitseinwände nicht nachvollziehbar seien (vgl. Beschwerdebegründung, Abschnitt VII).
7.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Prüfungsabteilung. Anspruch 1 ist nicht klar, weil zunächst nur eine Sensoreinheit beansprucht wird, deren Sensormessaufbau über Verbindungsleitungen mit einer Auswerteeinrichtung verbindbar ist. Im letzten Absatz ist definiert, dass die Auswerteeinrichtung eine Auswerteschaltung beinhaltet, welche über die Verbindungsleitungen mit der Sensoreinheit verbunden ist. Im weiteren werden Merkmale der Auswerteeinrichtung definiert, und angegeben, wie elektrostatische Ladung über die Auswerteeinrichtung abgeleitet wird. Daher ist nicht klar, ob lediglich eine Sensoreinheit beansprucht wird, oder die Kombination einer Sensoreinheit mit einer Auswerteeinrichtung.
Ferner ist der abhängige Anspruch 5 nicht klar, weil eine Sensier- und Auswertevorrichtung beansprucht wird mit einer Sensoreinheit nach einem der vorstehenden Ansprüche. Im Weiteren werden aber Merkmale der Sensoreinheit (Entladungspfad) erneut definiert, die bereits für die Sensoreinheit in Anspruch 1 definiert sind. Darüber hinaus werden in Anspruch 5 keine Merkmale der Auswertevorrichtung definiert. Sollte Anspruch 1 bereits die Kombination aus Sensoreinheit und Auswerteeinrichtung beanspruchen, ist nicht klar, was Anspruch 5 zusätzlich beansprucht.
8. Hauptantrag - Anspruch 1 - Neuheit und erfinderische Tätigkeit ausgehend von D1 (Artikel 54 (1) und 56 EPÜ).
8.1 Die Prüfungsabteilung war der Meinung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber D1 nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (vgl. obiter dictum der Entscheidung, Punkte 28 bis 39).
8.2 Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe (vgl. Beschwerdebegründung, Abschnitte V. und VI.; Schreiben vom 10. Januar 2019, Abschnitte II. und III.).
8.3 Die Kammer ist der Meinung, dass das Dokument D1 die folgenden Merkmale des Anspruchs 1 offenbart:
Sensoreinheit 8, 9 zum Einbau in ein Kraftfahrzeug oder Anhänger (vgl. Absatz 0001 oder 0011),
wobei die Sensoreinheit 8, 9 einen Sensormessaufbau 6, 7 zum Sensieren mindestens einer physikalischen Größe (vgl. Spalte 2, Zeilen 33 bis 41), ein den Sensormessaufbau teilweise oder vollständig umgebendes Sensorgehäuse 2 (vgl. Zusammenfassung, Figur 1, gestrichelt angedeutet) und mindestens zwei Verbindungsleitungen (23 bis 26) aufweist, wobei der Sensormessaufbau über die Verbindungsleitungen mit einer Auswerteeinrichtung 10 verbindbar ist und wobei die Sensoreinheit mit dem Sensorgehäuse galvanisch mit einem leitfähigen Teil des Kraftfahrzeugs oder Anhängers verbindbar ist (vgl. Absatz 0016),
wobei die Sensoreinheit 8, 9 einen vorbestimmten Entladungspfad 100 zwischen dem elektrisch leitenden Sensorgehäuse 2 und einer Verbindungsleitung 23 zum Abführen elektrostatischer Ladung aus dem leitfähigen Teil des Kraftfahrzeugs aufweist (vgl. Absatz 0017 und Figur 2),
wobei der vorbestimmte Entladungspfad als ein hochohmiger Widerstand 100 zwischen dem Sensorgehäuse 2 und einer Verbindungsleitung 24 der Sensoreinheit ausgebildet ist,
wobei die Auswerteeinrichtung 10 eine Auswerteschaltung beinhaltet (vgl. Absatz 0014, "Mikrocomputer"), welche über die Verbindungsleitungen mit der Sensoreinheit 8, 9 verbunden ist, wobei die Auswerteeinrichtung 10 über eine weitere elektrische Leitung mit dem Fahrzeugrahmen als Massepotential verbunden ist (vgl. Absatz 0014, in der Auswerteeinrichtung ist eine Masseverbindung vorhanden, mit der auch die Sensoreinheit verbunden ist), wobei die elektrostatische Ladung somit aus dem Teil des Kraftfahrzeugs oder Anhängers, an dem die Sensoreinheit befestigt ist, über die Verbindungsleitung 24 und der damit verbundenen Auswerteeinrichtung abgeleitet wird.
Somit sind alle Merkmale der ersten Variante des Anspruchs 1 aus D1 bekannt und deren Gegenstand erfüllt nicht das Erfordernis der Neuheit gemäß Artikel 54 (1) EPÜ.
8.4 Bezüglich der zweiten Variante war die Prüfungsabteilung der Meinung, dass eine leitende Vergussmasse zum Schutz vor elektrostatischer Entladung aus Dokument D7 bekannt sei und es für einen Fachmann naheliegend sei, zu der zweiten Variante zu kommen (vgl. obiter dictum der Entscheidung, Punkte 32 bis 37).
8.5 Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Schreiben vom 10. Januar 2019 unter Abschnitt III. ausgeführt, dass das Dokument D7 lediglich die Verwendung einer Vergussmasse offenbare. Durch Kombination der D1 mit der D7 könne der Fachmann daher höchstens zu der Erkenntnis gelangen, dass der aus der D1 bekannte spannungsabhängige Widerstand 100 auch als Vergussmasse ausgeführt werden könne.
8.6 Ausgehend von Dokument D1 unterscheidet sich die zweite Variante vom Stand der Technik dadurch, dass statt dem spannungsabhängigen Widerstand 100 eine hochohmige Vergussmasse zwischen dem Sensorgehäuse und der Verbindungsleitung der Sensoreinheit ausgebildet ist. Die Vergussmasse hat die gleiche Wirkung wie der Widerstand 100 (vgl. Anmeldung, Seite 6, zweiter Absatz, Schutz der Auswerteeinrichtung). Dem Fachmann stellt sich somit die objektive technische Aufgabe, eine alternative Lösung zum Schutz vor elektrostatischen Entladungen zu finden.
Die Kammer teilt die Auffassung der Prüfungsabteilung, dass der Fachmann durch die Kombination der Dokumente D1 und D7, und insbesondere durch das in D7, Absatz 0102 zitierte Dokument US 6 251 513 (D8) (vgl. Spalte 2, Zeilen 47 bis 52) dazu angeregt wird, den spannungsabhängigen Widerstand 100 als Vergussmasse auszuführen.
8.7 Die Kammer ist daher der Meinung, dass die zweite Alternative durch die Kombination der Dokumente D1 und D7 nahegelegt ist und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.
9. Hilfsantrag
9.1 Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag entsprechen weitgehend den Ansprüchen gemäß Hauptantrag. Der letzte Absatz des Anspruchs 1 wurde lediglich nochmals nach dem Merkmal der ersten Variante eingefügt.
9.2 Die Beschwerdeführerin erläuterte, dass der beauftragte Prüfer mit Mitteilung gemäß Artikel 94 (3) EPÜ, datiert auf den 17. April 2019, behauptet habe, die mit Schreiben vom 10. Januar 2019 eingereichten Änderungen bezögen sich nur auf die zweite Variante des Anspruchs. Dieser Behauptung sei die Beschwerdeführerin im Prüfungsverfahren mit ihrer Eingabe vom 5. Juni 2019 entgegengetreten und habe den vorliegenden Anspruch 1 durch eine weitere Zeile optisch so getrennt, dass es nach ihrer Auffassung unzweifelhaft erkennbar sei, dass die neu hinzugefügten Merkmale sich eindeutig auf beide Varianten des Anspruchs 1 bezögen. Dieser Anspruchssatz vom 5. Juni 2019 bleibe daher als Hauptantrag im Verfahren. Zusätzlich habe die Beschwerdeführerin einen Hilfsantrag eingereicht, der sich dahingehend vom Hauptantrag unterscheide, dass die neuen Merkmale des Hauptantrags nun zusätzlich direkt zu jeder Variante des Hauptantrags hinzugefügt würden.
9.3 Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass der letzte Absatz des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag sich auf beide Varianten des Anspruchs bezieht. Die Wiederholung dieses letzten Absatzes nach der ersten Variante ändert daher den Anspruch 1 nicht in der Substanz. Die oben genannten Einwände bezüglich Klarheit, Neuheit und erfinderischer Tätigkeit treffen daher in gleicher Weise auch auf die Ansprüche des Hilfsantrags zu.
10. Da keiner der eingereichten Anträge den Erfordernissen des EPÜ genügt, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Kostenverteilung wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.