T 0980/22 25-09-2024
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Konstruktionsverfahren zum Aufbau eines Schienenfahrzeugwagens, Verfahren zur Herstellung eines Schienenfahrzeugwagens, und Schienenfahrzeugfamilie
Patentierbare Erfindung - (nein)
Patentierbare Erfindung - Verfahren für gedankliche Tätigkeiten
Spät eingereichte Anträge 1, 1A, 2, 2A - wären bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorzubringen gewesen (ja)
Änderungen - Erweiterung über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinaus (Hilfsantrag 3
Änderungen - ja, Hilfsantrag 4
Änderungen - nein)
Zurückverweisung - besondere Gründe für Zurückverweisung (ja)
I. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, das europäische Patent Nr. 2543570 aufgrund des Artikels 101(3)(b) EPÜ zu widerrufen.
II. Die Einspruchsabteilung hatte entschieden, dass das im erteilten Anspruch 1 definierte Konstruktionsverfahren gemäß Artikel 52(2)(c) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist.
Weiterhin wurde entschieden, dass alle im schriftlichen Verfahren eingereichten Hilfsanträge gegen Artikel 123(2) EPÜ verstoßen. Die in der mündliche Verhandlung eingereichten Hilfsanträge 13 und 13A wurden als verspätet und wegen fehlender prima facie Gewährbarkeit nicht ins Verfahren zugelassen.
III. Am 25. September 2024 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts statt.
Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt (Hauptantrag), hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents auf Basis eines der mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hilfsanträge 1, 1A, 2, 2A, 3, 4, 5, 5A, 6, 6A, 6B, 6C, 7, 7A, 8, 8A, 9, 10, 10A, 11, 11A, 12, 12A, 13, 13A, 14, 14A, 15, 15A, sowie die Zurückverweisung an die erste Instanz für die Frage der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
IV. Der Hauptantrag umfasst die unabhängigen Ansprüche 1 (Konstruktionsverfahren), 6 (Verfahren zur Herstellung), 10 (Verwendung), 11 (Schienenfahrzeugfamilie) und 13 (Schienenfahrzeug). Für die vorliegende Entscheidung sind die Ansprüche 1, 6 und 11 relevant. Diese lauten in der Merkmalsgliederung entsprechend der angefochtenen Entscheidung wie folgt.
Anspruch 1:
1.1 Konstruktionsverfahren für die Herstellung von Schienenfahrzeugwagen langen Bautyps mit unterschiedlicher Sitzplatzkapazität, umfassend:
1.2 - Definieren eines Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps mit einer maximalen Sitzplatzanzahl und einer zulässigen Radlast;
1.3 - Vorgeben einer Maximallänge des Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps sowie eines Sitzteilers (151);
1.4 - Konstruieren eines Wagenkastens (160)
1.5 einschließlich tragender Strukturen für den Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps,
1.6 wobei der Wagenkasten (160) ein Grundsegment (110), welches für die Aufnahme einer Vielzahl von Sitzreihen entsprechend des Sitzteilers (151) ausgelegt ist,
1.7 und mindestens ein Fenstersegment (120) zur Verlängerung des Grundsegments (110) umfasst,
1.8 wobei die Länge (x) eines Fenstersegments etwa dem Sitzteiler (151) entspricht
1.9 - Ermitteln des erforderlichen Querschnitts und Festigkeitsauslegung der tragenden Strukturen für den Wagenkasten (160) des Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps; und
1.10 - Konstruieren, d.h. Entwerfen, eines Schienenfahrzeugwagens (100, 101, 102) als Ganzes
1.11 in mindestens zwei verschiedenen Längenvarianten
1.12 unter Beibehaltung des Querschnitts und der Festigkeitsauslegung des Wagenkastens und der tragenden Strukturen des Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps,
1.13 wobei bei der Konstruktion des verkürzten Schienenfahrzeugwagens (101, 102) die Länge des Wagenkastens um ein oder zwei Fenstersegmente reduziert wird und
1.14 - wobei die Konstruktion, d.h. das Entwerfen, des Aufbaus des Schienenfahrzeugwagens (100) modular erfolgt, die eigentliche Herstellung des Schienenfahrzeugwagens jedoch modulunabhängig erfolgen kann.
Anspruch 6:
6.1 Verfahren zur Herstellung eines Schienenfahrzeugwagens unter Anwendung des Konstruktionsverfahrens nach einem der vorangestellten Ansprüche umfassend:
6.2 - Ermitteln von erforderlichen Querschnitten und Festigkeitsauslegung für tragende Strukturen für einen Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps,
6.3 wobei der Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps einen Sitzteiler (151) definiert
6.4 und einen Wagenkasten (160) mit einem Grundsegment (110), welches für die Aufnahme einer Vielzahl von Sitzreihen entsprechend des Sitzteilers (151) ausgelegt ist,
6.5 und mindestens ein oder zwei Fenstersegmente(120) zur Verlängerung des Grundsegments (110) umfasst,
6.6 wobei die Länge (X) eines Fenstersegments (120) etwa dem Sitzteiler(151) entspricht;
6.7 Aufbau eines Schienenfahrzeugwagens (101,102) als Ganzes
6.8 unter Verwendung der zuvor ermittelten tragenden Strukturen
6.9 unter Beibehaltung des Querschnitts und der Festigkeitsauslegung,
6.10 wobei der Schienenfahrzeugwagen (101, 102) je nach Bedarf gemäß dem Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens vom langen Bautyp (100) ist, oder um mindestens ein oder zwei Fenstersegmente(120) kürzer als der Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps ist.
Anspruch 11:
11.1 Schienenfahrzeugfamilie umfassend (100, 101, 102):
11.2 mindestens zwei Schienenfahrzeugwagen
11.3 mit jeweils einem Wagenkasten (160, 161,162),
11.4 wobei die Schienenfahrzeugwagen unter Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 6 bis 9 hergestellt ist und
11.5 den gleichen Sitzteiler (151) aufweisen;
dadurch gekennzeichnet,
11.6 - dass sich die Länge der Wagenkasten (160, 161, 162) um ein oder zwei Fenstersegmente (120) unterscheidet,
11.7 wobei das oder die Fenstersegmente (120) jeweils eine Länge (X) aufweisen, die etwa der Länge des Sitzteilers (151) der Schienenfahrzeugwagen entspricht,
11.8 - und dass die Wagenkästen (160, 161, 162) der Schienenfahrzeugwagen (100,101, 102) über tragende Strukturen mit gleichem Querschnittsprofil und Festigkeitsauslegung verfügen.
Die Hilfsanträge 1, 1A, 2 und 2A basieren auf dem Hauptantrag. In Hilfsantrag 1 bzw. 1A wurde u.a. im Konstruktionsverfahren nach Anspruchs 1 das folgende Merkmal ergänzt:
"wobei nicht-technische Konstruktionsverfahren umfassend die vorstehenden Merkmale ausgeschlossen sind."
In Hilfsantrag 2 bzw. 2A wurde Anspruch 1 u.a. um das folgende Merkmal ergänzt:
"wobei Konstruktionsverfahren umfassend die vorstehenden Merkmale, welche rein gedanklich durchgeführt werden, ausgeschlossen sind."
Hilfsantrag 3 basiert auf dem Hauptantrag und beschränkt sich auf zwei unabhängige Ansprüche. Anspruch 1 bezieht sich auf ein Herstellungsverfahren basierend auf dem erteilten Anspruch 6 unter Integration des erteilten Anspruchs 1. Anspruch 6 bezieht sich auf die Schienenfahrzeugfamilie basierend auf dem erteilten Anspruch 11.
Anspruch 1 lautet (Änderungen zum ursprünglichen Anspruch 6 von der Kammer hervorgehoben, Merkmale in Analogie zum Hauptantrag nummeriert):
6.1 - Verfahren zur Herstellung eines Schienenfahrzeugwagens umfassend:
1.2 - Definieren eines Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps mit einer maximalen Sitzplatzanzahl und einer zulässigen Radlast;
1.3 (6.3) - Vorgeben einer Maximallänge des Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps sowie eines Sitzteilers (151)
6.3+6.4 (1.6) wobei der Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps einen Wagenkasten (160) mit einem Grundsegment (110), welches für die Aufnahme einer Vielzahl von Sitzreihen entsprechend des Sitzteilers (151) ausgelegt ist,
6.5 (1.7) und mindestens ein oder zwei Fenstersegmente (120) zur Verlängerung des Grundsegments (110) umfasst,
6.6 (1.8) wobei die Länge (X) eines Fenstersegments (120) etwa dem Sitzteiler(151) entspricht;
1.4 - Konstruieren eines Wagenkastens
1.5 einschließlich tragender Strukturen für den Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps
6.2 (1.9) - Ermitteln von erforderlichen Querschnitten und Festigkeitsauslegung für tragende Strukturen für den Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps,
1.10 - Konstruieren, d.h. Entwerfen, eines Schienenfahrzeugwagens (100) als Ganzes
1.11 in mindestens zwei verschiedenen Längenvarianten
1.12 unter Beibehaltung des Querschnitts und der Festigkeitsauslegung des Wagenkastens und der tragenden Strukturen des Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps,
1.13* wobei bei der Konstruktion des verkürzten Schienenfahrzeugwagens die Länge des Wagenkastens um ein oder zwei Fenstersegmente zur Anpassung der Sitzplatzanzahl reduziert wird, und
6.7 - Aufbau eines Schienenfahrzeugwagens (101,102) als Ganzes
6.8 unter Verwendung der zuvor ermittelten tragenden Strukturen
6.9 unter Beibehaltung des Querschnitts und der Festigkeitsauslegung,
6.10 wobei der Schienenfahrzeugwagen (101, 102) je nach Bedarf gemäß dem Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens vom langen Bautyp (100) ist,
oder um mindestens ein oder zwei Fenstersegmente(120) kürzer als der Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens (100) langen Bautyps ist;
1.14 - wobei die Konstruktion, d.h. das Entwerfen, des Aufbaus des Schienenfahrzeugwagens modular erfolgt, die eigentliche Herstellung des Schienenfahrzeugwagens jedoch modulunabhängig erfolgen kann.
In Anspruch 6 wurde im Vergleich zur erteilten Fassung des Anspruchs 11 der Rückbezug in Merkmal 11.4 zu "nach einem der voranstehenden Ansprüche" angepasst. Die zweiteilige Form wurde aufgegeben, indem "dadurch kennzeichnet, dass" mit "wobei" ersetzt wurde.
Hilfsantrag 4 basiert auf Hilfsantrag 3. Im Anspruch 1 wurde in Merkmal 1.2 der Begriff "Radlast" durch "Radsatzlast" ersetzt.
Weiterhin wurde zwischen Merkmal 6.6 und Merkmal 1.4 das folgende Merkmal eingefügt:
"und wobei das Grundsegment einen kürzesten Wagenkasten einer Schienenfahrzeugfamilie bildet"
Gleiches wurde auch in Anspruch 6 zwischen den Merkmalen 11.5 und 11.6 eingefügt.
V. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) - soweit es für die Entscheidung wesentlich war - lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Gemäß der G3/08 (Abschnitt 12.2.1 und 12.2.2) seien zur Prüfung des technischen Charakters eines Anspruchs alle Merkmale zu berücksichtigen, da auch nicht-technische Merkmale zum technischen Charakter beitragen könnten. Dabei sei eine technische Wirkung auf eine physische Einheit gemäß der G1/19 nicht erforderlich (Absatz 88 in Abschnitt E.II.d).
Stattdessen sei relevant, ob das beanspruchte Verfahren einen technischen Beitrag basierend auf dem Ergebnis des Verfahrens leiste. Wenn ja, könne ihm die Technizität nicht abgesprochen werden. Gemäß Absatz 137 der G1/19 sei ein (Simulations-)Verfahren als technisch anzusehen, wenn das Ergebnis dieses Verfahrens einen Beitrag bei einer weiteren technischen Anwendung leistet, wobei die weitere technische Anwendung zumindest implizit im beanspruchten Gegenstand anzugeben sei. Genau dies sei vorliegend der Fall:
Aus den Merkmale 1.1 und 1.14 gehe hervor, dass das Ergebnis des Konstruktionsverfahrens - wie in G1/19 gefordert - zumindest implizit für eine weitere technische Verwendung herangezogen werde: die nachfolgende Herstellung. Dabei müsse die Herstellung selbst - entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung - nicht Teil des Anspruchs sein.
Tatsächlich sei die Herstellung durch die Zweckangabe gemäß Merkmal 1.1 ("für die Herstellung") jedoch zumindest implizit sogar in Anspruch 1 enthalten. Dieses Verständnis werde durch den Leitsatz der T1931/14 bestätigt. Auch gemäß Richtlinien, F-IV, 4.13.3, sei die Zweckbestimmung "Verfahren zur..." als spezifische Anwendung des Verfahrens zu verstehen.
Weiterhin würde kein Fachmann im Jahr 2011 (Anmeldejahr des Streitpatents) auf die Idee kommen, Merkmal M1.9 rein gedanklich auszuführen. Dies werde zwangsläufig computergestützt durchgeführt.
Hilfsanträge 1, 1A, 2, 2A
Die mit der Beschwerdebegründung erstmals eingereichten Hilfsanträge seien eine Reaktion auf den von der Einspruchsabteilung erhobenen Einwand der Nicht-Patentierbarkeit des Anspruchs 1. Dieser Einwand sei durch den eingefügten Disclaimer unmittelbar ausgeräumt.
Hilfsanträge 3 und 4
Die Zulassung sei nicht in Frage zu stellen, da diese Hilfsanträge inhaltlich denen der Entscheidung zugrunde liegenden Hilfsanträgen 1 und 2 entsprächen. Die Änderungen in den abhängigen Ansprüchen dienten nur dazu, den Wortlaut des Anspruchssatzes an den der erteilten Fassung anzupassen und so einem Einwand unter Regel 80 EPÜ gerade zuvorzukommen.
Entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung seien die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ erfüllt.
Basis für die Kombination des Herstellungsverfahrens mit dem Konstruktionsverfahren sowie die Verwendung beider Verfahren für die Schienenfahrzeugfamilie finde sich an vielen Stellen der ursprünglichen Offenbarung. Beispielhaft seien die Absätze [0013], [0016], [0024] und [0025] der A1-Veröffentlichung des Streitpatents genannt. Die bereits im Prüfungsverfahren hinzugefügten Rückbezüge in den unabhängigen Ansprüchen seien daher zulässig.
Die Einspruchsabteilung beanstandete weiterhin irrtümlicherweise die Merkmale 1.2, 1.14 und Anspruch 2 des Hilfsantrags 3 (Hilfsantrag 1 im Einspruch). Tatsächlich basiere
- Merkmal 1.2 auf Absatz [0013] der A1-Veröffentlichung des Streitpatents;
- Merkmal 1.14 auf Absatz [0035] bzw. Absatz [0047];
- Anspruch 2 auf den Absätzen [0024] und [0031] mit den Absätzen [0065] und [0069] der A1-Veröffentlichung des Streitpatents.
Sollte die Kammer den Begriff "Radlast" in Merkmal 1.2 in Absatz [0013] nur als "Radsatzlast" offenbart sehen, sei dies in Hilfsantrag 4 entsprechend geändert, so dass zumindest Hilfsantrag 4 nicht über die ursprüngliche Offenbarung hinausgehe.
Das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 zusätzlich hinzugefügte Merkmale finde eine wortwörtliche Basis in Absatz [0014] der A1-Veröffentlichung des Streitpatents.
VI. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) - soweit es für die Entscheidung wesentlich war - lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Hauptantrag
Die G1/19 sei nicht anwendbar sei, weil es sich bei Anspruch 1 nicht um ein computer-implementiertes Verfahren handle. Das Konstruieren umfasse gerade keinen technischen Schritt. Auch sei die Herstellung gerade nicht in Anspruch 1 enthalten. Der Anspruch lasse offen, ob das Schienenfahrzeug am Ende hergestellt werde oder nicht.
Hilfsanträge 1, 1A, 2, 2A
Diese Hilfsanträge richteten sich auf Einwände, die bereits frühzeitig im Einspruchsverfahren vorlagen. Gemäß Artikel 12(6), zweiter Satz, VOBK seien die Hilfsanträge daher nicht ins Verfahren zuzulassen.
Hilfsanträge 3 und 4
Die Hilfsanträge 3 und 4 seien nicht ins Verfahren zuzulassen, da sie Änderungen enthielten, die nicht Regel 80 EPÜ entsprächen.
Weiterhin lägen eine Vielzahl von Verstößen gegen Artikel 123(2) EPÜ vor - wie von der Einspruchsabteilung korrekt festgestellt (angefochtene Entscheidung, Punkt 10.3.4).
Auch das in Hilfsantrag 4 zusätzlich eingefügte Merkmal sei so ursprünglich nicht offenbart, da sich Absatz [0014] der A1-Offenbarung des Streitpatent nur auf das Konstruktionsverfahren, nicht jedoch auf das Herstellungsverfahren beziehen würde.
1. Hauptantrag - Artikel 52(2)(c) EPÜ
1.1 Die Kammer bestätigt die Einscheidung der Einspruchsabteilung, dass das im erteilten Anspruch 1 beanspruchte Konstruktionsverfahren eine rein gedankliche Tätigkeit umfasst und damit von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist.
1.2 Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) fällt Anspruch 1 nicht unter den in G1/19 diskutierten Fall der computer-implementierten Erfindungen (CII). Gemäß der gängigen Rechtsprechung, 10. Auflage, Kapitel I.A.2.4.1 deckt eine CII Ansprüche ab, die einen Computer, Computernetze o.ä. umfassen, wobei mindestens ein Merkmal durch ein Computerprogramm realisiert wird. Anspruch 1 umfasst jedoch weder einen Computer, noch ein Merkmal, das (explizit oder implizit) durch ein Computerprogramm realisiert wird.
1.3 Auch für das von der Beschwerdeführerin angeführte Merkmal 1.9, das angeblich vom Fachmann zweifelsfrei als computergestützt verstanden würde, ist es durchaus denkbar, dass es nur "rein gedanklich" durchgeführt wird. Tatsächlich fordert das Konstruktionsverfahren keine technischen Mittel und ist daher nicht auf physische, technische Ausführungen beschränkt. Das beanspruchte Verfahren erstreckt sich somit auch auf von Artikel 52(2)(c) EPÜ ausgeschlossene Gegenstände und ist daher nicht patentierbar (vgl. gängige Rechtsprechung, 10. Auflage, I.A.2.5.2).
1.4 Weiterhin ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin eine Herstellung gerade nicht im erteilten Anspruch 1 enthalten. Tatsächlich ist Anspruch 1 gerichtet auf ein Verfahren zur Konstruktion eines Schienenfahrzeugs, geeignet für eine (optionale, spätere) Herstellung. Ein Konstruktionsverfahren mag die Konstruktion selbst als Verfahrensschritt beinhalten - wie entsprechend in der von der Beschwerdeführerin angeführten T1931/14 festgestellt - jedoch nicht implizit auch das spätere, nachgeordnete Verfahren der Herstellung.
1.5 Das Verständnis, dass die Herstellung selbst kein Schritt des Konstruktionsverfahrens ist, wird auch durch den erteilten, unabhängigen Anspruch 6 gestützt. Dieser ist auf die Herstellung des Schienenfahrzeugwagens unter Anwendung des Konstruktionsverfahrens gerichtet. Aus Anspruch 6 würde sich keine weitere Einschränkung ergeben, wenn das Verfahren zur Konstruktion bereits die Herstellung beinhalten würde.
2. Hilfsanträge 1, 1A, 2, 2A - Zulassung
2.1 Bezüglich dieser Hilfsanträge verwiesen die Parteien in der mündliche Verhandlung ausschließlich auf ihr schriftliches Vorbringen. Die Kammer sieht daher keinen Grund von ihrer vorläufigen Einschätzung abzuweichen, die hiermit wie folgt bestätigt wird.
2.2 Die Hilfsanträge 1, 1A, 2 und 2A werden gemäß Artikel 12(6), zweiter Satz, VOBK nicht ins Beschwerdeverfahren zugelassen.
2.2.1 Diese Hilfsanträge wurden erstmals mit der Beschwerdebegründung eingereicht. Sie richten sich auf den Einwand der Nicht-Patentierbarkeit.
2.2.2 Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin), dass die späte Einreichung der Hilfsanträge als Reaktion auf die von der Einspruchsabteilung erhobenen Einwände zu sehen sei, ist die Kammer der Ansicht, dass bereits erstinstanzlich sowohl Anlass als auch Gelegenheit zur Einreichung dieser Hilfsanträge gegeben waren.
2.2.3 Die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung entsprach hinsichtlich des erteilten Anspruchs 1 bereits der der Zwischenentscheidung. Als Reaktion auf diese vorläufige Meinung wurden erstinstanzlich Hilfsanträge 1 bis 12A eingereicht. Es ist nicht ersichtlich, warum die nun vorliegenden Hilfsanträge 1, 1A, 2 und 2A nicht bereits zusammen mit den anderen Hilfsanträgen eingereicht wurden, um die von der Einspruchsabteilung erhobenen Einwänden auszuräumen.
3. Hilfsanträge 3 und 4 - Zulassung
3.1 Die Hilfsanträge 3 und 4 wurden gemäß Artikel 12(2), (4) VOBK in das Beschwerdeverfahren zugelassen.
3.2 Die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 im Hilfsantrag 3 bzw. 4 entsprechen jeweils denen des Hilfsantrags 1 bzw. 2 im Einspruchsverfahren. Im Vergleich zu Hilfsantrag 1 bzw. 2 im Einspruchsverfahren wurde in den Ansprüchen 2, 5 und 7 (erteilte Ansprüche 5, 9 und 12) der Begriff "wobei" durch "dadurch gekennzeichnet, dass" ersetzt.
3.3 Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) sah diese Änderungen nicht durch einen Einspruchsgrund veranlasst. Durch die Änderungen seien die Hilfsanträge 3 bzw. 4 jedoch als neu im Beschwerdeverfahren und als verspätet anzusehen und folglich nicht ins Verfahren zuzulassen.
3.4 Die Kammer sah jedoch keine Veranlassung, die vorliegenden Hilfsanträge 3 und 4 nicht zuzulassen.
3.4.1 Der unabhängige Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 bzw. 4 wurde erstinstanzlich diskutiert. Hierzu liegt eine gemäß Artikel 12(2) VOBK angefochtene und zu überprüfende Entscheidung vor.
3.4.2 Die Änderung von "wobei" zu "dadurch gekennzeichnet, dass" in den abhängigen Ansprüchen ist eine Rückänderung zum erteilten Wortlaut. Regel 80 EPÜ bezieht sich auf Änderungen der Patentansprüche. Auf Rückänderungen zum erteilten Wortlaut ist Regel 80 EPÜ nicht anwendbar. Dies wird dadurch deutlich, dass ein Hilfsantrag i.d.R. - und auch im vorliegenden Fall - auf der erteilten Fassung basiert. Im Vergleich zu dieser Fassung wurde in den abhängigen Ansprüchen 2, 5 und 7 des Hilfsantrags 3 (erteilte Ansprüche 5, 9 und 12) nämlich abgesehen von den Rückbezügen gar keine Änderung vorgenommen.
3.4.3 Durch die rein sprachlichen Änderungen in den abhängigen Ansprüchen des Hilfsantrags 3 bzw. 4 ergibt sich auch keine negative Beeinflussung der Verfahrensökonomie. Unter Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 12(4) VOBK lässt die Kammer daher die Hilfsanträge 3 und 4 ins Verfahren zu.
4. Hilfsantrag 3 - Artikel 123(2) EPÜ
4.1 In Hilfsantrag 3 wurden die erteilten Ansprüche 1 bis 5 (Konstruktionsverfahren) gelöscht. Das Herstellungsverfahren aus Anspruch 6 wurde zu Anspruch 1 und um die Merkmale des Konstruktionsverfahrens ergänzt. Merkmal 1.13 wurde dabei zur Anpassung an den Wortlaut des Absatzes [0019] zu Merkmal 1.13* geändert. Der neue Anspruch 2 basiert auf dem erteilten Anspruch 5.
Weiterhin wurden die erteilten unabhängigen Ansprüche 10 (Verwendung) und 13 (Schienenfahrzeug) sowie zugehörige abhängige Ansprüche gelöscht.
Damit beschränkt sich Hilfsantrag 3 auf ein Herstellungsverfahren (Anspruch 1) und eine Schienenfahrzeugfamilie hergestellt nach Anspruch 1 (Anspruch 6).
4.2 Hilfsantrag 3 erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikel 123(2) EPÜ, da es dem Merkmal 1.2 an einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung in den ursprünglich eingereichten Unterlagen fehlt.
4.3 Merkmal 1.2 lautet: "Definieren eines Grundtyps eines Schienenfahrzeugwagens langen Bautyps mit einer maximalen Sitzplatzanzahl und einer zulässigen Radlast"
Umstritten ist u.a. der Begriff "Radlast".
4.4 Gemäß Absatz [0013] der A1-Veröffentlichung des Streitpatents - von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) als Basis für Merkmal 1.2 genannt - wird der Grundtyp "mit einer maximalen Sitzplatzanzahl unter Berücksichtigung der zulässigen Radsatzlast konzipiert." Der Begriff "Radlast" kommt in der A1-Schrift nur einmal in Absatz [0068] vor, wonach das Maximalgewicht des schwersten Wagentyps "durch die zulässige Radlast begrenzt" ist. Sonst wird im Streitpatent immer von "Radsatzlast" gesprochen. Der Fachmann entnimmt daher der Gesamtoffenbarung, dass beim Definieren des Grundtyps eine zulässige "Radsatzlast" vorgegeben wird. Eine Vorgabe der Radlast findet jedoch keine Basis in der ursprünglichen Anmeldung.
4.4.1 Die Beschwerdeführerin war der Ansicht, dass der Fachmann aus der Zusammenschau der Absätze [0017], [0031] und [0068] erkenne, dass der einmalig verwendete Begriff "Radlast" im Streitpatent als Synonym zu "Radsatzlast" anzusehen sei. Daher entspräche Merkmal 1.2 in technischer Hinsicht der Offenbarung des Absatzes [0013].
4.4.2 Die Kammer stimmt jedoch der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) zu, dass der Fachmann den Begriffen "Radlast" und "Radsatzlast" technisch unterschiedliche Bedeutungen zuordnet: die Radlast ist die Last, die auf ein einziges Rad wirkt, die Radsatzlast ist die Last, die auf den Radsatz mit zwei Rädern wirkt. Dass der Fachmann die beiden Begriffe als Synonyme ansehen würde, ist daher nicht überzeugend.
5. Hilfsantrag 4 - Artikel 123(2) EPÜ
5.1 Entgegen der angefochtenen Entscheidung erfüllt der Hilfsantrag 4 die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
Hilfsantrag 4 basiert auf Hilfsantrag 3, wobei in Anspruch 1 im Merkmal 1.2 der Begriff "Radlast" durch "Radsatzlast" ersetzt wurde und zusätzlich definiert wird, dass "das Grundsegment einen kürzesten Wagenkasten einer Schienenfahrzeugfamilie bildet".
5.2 Im folgenden wird immer Bezug genommen auf die A1-Veröffentlichung des Streitpatents.
5.3 Anspruch 1
5.3.1 Aus Sicht der Beschwerdegegnerin gehe das auf Absatz [0013] basierende Merkmal 1.2 noch immer über die ursprüngliche Offenbarung hinaus, weil
a) der Schritt des "Definierens" in Absatz [0013] nicht vorkomme. Stattdessen werde von einem Grundtyp "ausgegangen".
b) der mit Merkmal 1.2 eingefügte "Grundtyp eines Schienenfahrzeugs" in Absatz [0013] zum einen gar nicht mit dem Herstellungsverfahren offenbart gewesen sei und wenn doch, dann
c) der Grundtyp nur in Kombination mit weiteren Merkmalen offenbart sei, insbesondere fehle, dass der Wagenkasten den Passagierbereich bilde.
5.3.2 Die Kammer ist nicht überzeugt.
a) Hinsichtlich des Schritts "Definieren" heißt es in Absatz [0013] (Unterstreichung von der Kammer hinzugefügt): "Dabei wird von einem Grundtyp eines Schienenfahrzeugwagens, der auch als Schienenfahrzeugwagen langen Typs bezeichnet wird, ausgegangen. Dieser Schienenfahrzeugwagen wird mit einer maximalen Sitzplatzanzahl unter Berücksichtigung der zulässigen Radsatzlast konzipiert."
Demnach wird zwar von einem Grundtyp "ausgegangen", der jedoch entsprechend "konzipiert" wird. "Konzipieren" beinhaltet ein "sich ausdenken" und damit auch ein "definieren". Folglich ist die technische Information in Merkmal 1.2 die gleiche wie ursprünglich offenbart.
b) Auch war der in Merkmal 1.2 definierte Grundtyp ursprünglich in Verbindung mit dem Herstellungsverfahren offenbart. Gemäß Absatz [0013] wird der Grundtyp definiert als "Schienenfahrzeugwagen langen Typs". Der ursprüngliche Anspruch 6 bezog sich bereits auf einen Schienenfahrzeugwagen langen Typs und somit auf den Grundtyp.
c) Weiterhin sind alle in Absatz [0013] relevanten Merkmale des Grundtyps in den Merkmalen M1.3, 1.6, 1.7 bzw. 6.3 bis 6.5 enthalten, so dass sich keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung ergibt. Insbesondere bedarf es nicht der Aufnahme des Merkmals, dass der Wagenkasten den Passagierbereich bildet. Sowohl der ursprüngliche Anspruch 6 als auch der ursprüngliche Anspruch 1 beinhalteten bereits, dass der Grundtyp bzw. der Schienenfahrzeugwagen langen Typs einen Wagenkasten bestehend aus einem Grundsegment und Fenstersegmenten aufweist - ohne die Information, dass der Wagenkasten den Passagierbereich bildet.
5.3.3 Laut Beschwerdegegnerin fehle es dem erst im Prüfungsverfahren hinzugefügten Merkmal 1.14 an einer wörtlichen Offenbarung. Ursprünglich sei in Absatz [0047] offenbart, dass es sich bei der Konstruktion um einen modularen Aufbau handle. M1.14 definiere jedoch eine modulare Konstruktion des Aufbaus.
5.3.4 Die Kammer sieht in Absatz [0035] bzw. Absatz [0047] der A1-Schrift eine Basis für Merkmal 1.14. Merkmal 1.14 ist so zu verstehen, dass das Entwerfen des Aufbaus modular erfolgt, so dass sich in der Konstruktion ein modularer Aufbau wie in Absatz [0047] beschrieben ergibt. Eine unzulässige Erweiterung ist daher nicht ersichtlich.
5.3.5 Die Beschwerdegegnerin beanstandete weiterhin, dass der ursprüngliche Anspruch 6 gar nicht auf das Konstruktionsverfahren gemäß Anspruch 1 rückbezogen gewesen sei. Für die Kombination der beiden ursprünglich als unabhängig dargestellten Verfahren gebe es keine Basis.
5.3.6 Die Kammer stimmt jedoch der Beschwerdeführerin zu, dass sich u.a. in den folgenden Absätzen eine Basis für die Kombination der beiden Verfahren findet:
- Absatz [013]: "Das Konstruktionsverfahren geht von der Überlegung aus, die Herstellung von Schienenfahrzeugwagen mit unterschiedlicher Sitzplatzkapazität möglichst effizient zu gestalten."
- Absatz [0016]: "Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, dass die konstruktive Ermittlung und Festlegung für tragende Strukturen nur einmal zu erfolgen braucht. Weiterhin wird die eigentliche Herstellung der unterschiedlichen Schienenfahrzeugwagen vereinfacht, da...",
- Absatz [0025]: "..., lässt sich eine Schienenfahrzeugfamilie mit unterschiedlich langen Schienenfahrzeugwagen konstruieren und herstellen."
Aus den aufgeführten Passagen ist es für den Fachmann offensichtlich, dass die Konstruktion und die Herstellung zusammenhängen, auch wenn diese nacheinander durchgeführt werden. Der Fachmann versteht, dass das Herstellungsverfahren auf Basis des zuvor beanspruchten Konstruktionsverfahrens erfolgt.
5.3.7 Die Beschwerdegegnerin argumentierte auch, dass das neu in Hilfsantrag 4 hinzugekommene Merkmal ursprünglich nicht in Verbindung mit dem Herstellungsverfahren, sondern nur mit dem Konstruktionsverfahren offenbart gewesen sei.
5.3.8 Die Kammer ist aus den unter Punkt 5.3.6 aufgeführten Gründen nicht überzeugt, da das Herstellungsverfahren ursprünglich auch in Kombination mit dem beschriebenen Konstruktionsverfahren offenbart ist. Das neu in Hilfsantrag 4 hinzugekommene Merkmal, dass "das Grundsegment einen kürzesten Wagenkasten einer Schienenfahrzeugfamilie bildet", findet eine Basis in Absatz [0013] und Absatz [0014] und erfüllt damit die Erfordernisse des Artikels 123(2) EPÜ.
5.4 Anspruch 2
5.4.1 Anspruch 2 wurde im Prüfungsverfahren als Anspruch 5 neu hinzugefügt und lautet:
"Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den tragenden Strukturen um durch den Wagenkasten durchgehende Strukturen handelt."
5.4.2 Die Beschwerdegegnerin argumentierte, dass die tragenden Strukturen nirgends als durchgehend offenbart seien. Stattdessen werde z.B. in Absatz [0024] von tragenden Strukturen oder durchgehenden Strukturen gesprochen.
5.4.3 Die Kammer sieht in der ursprüngliche Offenbarung jedoch durchgehende Strukturen als tragende und als nicht tragende Strukturen offenbart. Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 2 ursprünglich mit umfasst.
Zwar kann der Beschwerdegegnerin (Einsprechende) zugestimmt werden, dass dies nicht unmittelbar aus z.B. Absatz [0024] hervorgeht. Die von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) angeführten Absätze [0065] und [0069] offenbaren jedoch durchgehende, tragende Strukturen.
Gemäß Absatz [0065] wird die "Festigkeitsauslegung insbesondere von tragenden oder durchgehenden Strukturen für alle Schienenfahrzeugwagen derselben Familie ermittelt. Bei derartigen Strukturen handelt es sich insbesondere um in Längsrichtung verlaufende Träger aber auch durchgehende Decken oder Fußböden." In Absatz [0069] heißt es "tragende Strukturen, sowie andere durchgehende Strukturen".
Aus dem Wortlaut geht hervor, dass die tragenden Strukturen (z.B. Träger) in Längsrichtung verlaufen bzw. zu den durchgehenden Strukturen gehören.
Anspruch 2 erfüllt somit die Anforderungen des Artikels 123(2) EPÜ.
5.5 Anspruch 6
5.5.1 Laut Beschwerdegegnerin sei der auf die Schienenfahrzeugfamilie gerichtete, jetzige Anspruch 6 ursprünglich nicht auf das Herstellungsverfahren rückbezogen gewesen. Der im Prüfungsverfahren hinzugefügte Rückbezug "wobei die Schienenfahrzeugwagen unter Anwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 6 bis 9 hergestellt ist" finde keine Basis in der ursprünglichen Beschreibung.
5.5.2 Die Kammer erachtet Absatz [0025] - wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen - als ausreichende Basis für eine Schienenfahrzeugfamilie gemäß Anspruch 6, wonach die Schienenfahrzeugwagen unter Anwendung des zuvor beanspruchten Verfahrens hergestellt werden. Darin heißt es, dass "sich eine Schienenfahrzeugfamilie mit unterschiedlich langen Schienenfahrzeugwagen konstruieren und herstellen" lässt.
6. Zurückverweisung - Artikel 11 VOBK
6.1 Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen. Besondere Gründe, die dafür sprechen (Artikel 11 VOBK), sind darin zu sehen, dass die anderen Einspruchsgründe (Artikel 54 und 56 EPÜ) in der angefochtenen Entscheidung keinen Niederschlag gefunden haben.
6.2 Die Zurückverweisung wurde von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragt. Die Beschwerdeführerin erhob hiergegen keine Einwände.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.