T 1398/23 21-03-2025
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COMPUTERIMPLEMENTIERTES VERFAHREN ZUR BESTIMMUNG VON ZENTRIERPARAMETERN
Carl Zeiss Vision International GmbH
Carl Zeiss AG
Spät eingereichter Antrag - Rechtfertigung der Verspätung (ja)
Spät eingereichter Antrag - Ermessensfehler in erster Instanz (ja)
Wird die Neuheit eines beanspruchten Gegenstands infolge eines von der Einsprechenden am letzten Tag der Frist gemäß Regel
116(1) EPÜ erhobenen Einwandes mangelnder Neuheit in Bezug auf ein in diesem Zusammenhang erstmals erwähntes Dokument vorweggenommen, so ist der Patentinhaberin spätestens in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung Gelegenheit zu geben, auf diesen neuen Einwand mit einem neuen, noch nicht im Verfahren diskutierten Anspruchssatz zu reagieren. In diesem Fall liegt die Zulassung eines neuen Anspruchssatzes nicht im Ermessen der Einspruchsabteilung. Siehe Entscheidungsgründe, Punkt 2.3.5.
I. Die Patentinhaberinnen (Beschwerdeführerinnen; im Folgenden Patentinhaberin) haben gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, das Patent Nr. 3574371 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, Beschwerde eingelegt.
II. Mit dem Einspruch war das Patent in vollem Umfang im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 (1) und 56 EPÜ sowie auf Artikel 100 b) und c) EPÜ angegriffen worden.
III. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, dass das europäische Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damaligen dritten Hilfsantrag den Erfordernissen des EPÜ genügten.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 15 (1) VOBK teilte die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige und unverbindliche Meinung zu bestimmten wesentlichen Aspekten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens mit.
V. Die mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer fand am 21. März 2025 statt.
VI. Die Patentinhaberin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, festzustellen, dass die Nichtzulassung des damaligen Hilfsantrags 2 durch die Einspruchsabteilung ermessensfehlerhaft war oder die Umstände der Beschwerdesache eine Zulassung rechtfertigten, den Hilfsantrag 2 zum Verfahren zuzulassen und das Patent auf Grundlage des damaligen Hilfsantrags 2 aufrechtzuerhalten.
VII. Die Einsprechende (Beschwerdegegnerin und Verfahrensbeteiligte) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
VIII. Die vorliegende Entscheidung nimmt Bezug auf die folgenden aus dem erstinstanzlichen Verfahren bereits bekannten Dokumente:
D2: DE 10 2009 004 383 A1,
D8: "3D-Videozentriersystem zur hochgenauen Vermessung der Zentrierdaten und individueller Parameter des Systems Brille Auge", Rainer Seßner et al., DGaO-Proceedings 2007.
1. Zulässigkeit der Beschwerde
Der von der Einsprechenden in der Beschwerdeerwiderung, Punkt 2, schriftlich erhobene Einwand, dass die Beschwerde unzulässig sei, wurde von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung nicht weiterverfolgt. Die Kammer sieht daher keinen Anlass, von ihrer in der vorläufigen Mitteilung gemäß Artikel 15(1) VOBK angekündigten Auffassung abzuweichen, wonach die Beschwerde der Patentinhaberin zulässig ist.
2. Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Hilfsantrag 2 nicht zuzulassen, war fehlerhaft.
2.1 Maßgebliche Ereignisse im erstinstanzlichen Verfahren
- 23. September 2022: Ladung zur mündlichen Verhandlung am 20. April 2023; die Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ endete am 20. Februar 2023,
- 17. Februar 2023: Einreichung eines Hilfsantrags 14,
- 20. Februar 2023: Einreichung eines Einwands gemäß Artikel 54(1) EPÜ im Hinblick auf D2,
- 20. April 2023: mündliche Verhandlung; Entscheidung der Einspruchsabteilung, dass D2 die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 vorwegnimmt,
- 20. April 2023: Einreichung des Hilfsantrags 2 mit der Bezeichnung "Patentansprüche Hilfsantrag 14a".
2.2 Angefochtene Entscheidung
Die Einspruchsabteilung hat die folgenden Aspekte bei der Ausübung ihres Ermessens berücksichtigt:
2.2.1 Die Einspruchsabteilung verwies auf Regel 116(1) EPÜ, die gewährleisten soll, "dass die anderen Parteien und die Einspruchsabteilung genügend Zeit zur Verfügung haben, um die neu eingereichten Unterlagen zu studieren und entsprechend zu reagieren" (angefochtene Entscheidung, Punkt 25.2).
2.2.2 Die Einspruchsabteilung stellte fest, dass Hilfsantrag 2 nach Ablauf der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ eingereicht worden war und somit als verspätet anzusehen war. "Um die Fairness des Verfahrens zu garantieren", müsse daher überprüft werden, ob die Patentinhaberin "ohne weiteres den [Hilfsantrag 2] auch früher, rechtzeitig, hätte einreichen können oder ob der Ablauf des Verfahrens eine entsprechende Reaktion [der Patentinhaberin] rechtfertigen könnte" (angefochtene Entscheidung, Punkt 25.3).
2.2.3 Die Einspruchsabteilung stellte ferner fest, dass ein Hilfsantrag 14 rechtzeitig vor der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ eingereicht wurde. "Der neu eingereichte Hilfsantrag 2 ist identisch zu diesem Hilfsantrag 14 mit dem Unterschied, dass die Ansprüche 6 bis 10 aufrechterhalten werden" (angefochtene Entscheidung, Punkt 25.4).
2.2.4 Aufgrund dieser Konstellation der Hilfsanträge 2 und 14 kam die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass "ausgehend von der Antragslage vor dem Einreichen des Hilfsantrags 2 die Patentinhaberin keinen Grund hatte, einen neuen Antrag mit zusätzlichen Ansprüchen einzureichen. Eine Änderung der Strategie einer Partei, die unabhängig vom Verfahrensverlauf ist, ist keine gültige Begründung für ein spätes Vorbringen. Der Hilfsantrag 2 hätte spätestens kurz vor Ablauf der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ eingereicht werden müssen" und "wird daher gemäß Artikel 114(2) EPÜ nicht ins Verfahren zugelassen" (angefochtene Entscheidung, Punkte 25.5 und 25.6).
2.3 Fehlerhafte Ermessensausübung der Einspruchsabteilung
2.3.1 Wie von der Einspruchsabteilung zuerst zutreffend festgestellt, ist für die Frage der Zulassung des nach der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ eingereichten Hilfsantrags 2 zu prüfen, ob rechtfertigende Umstände für das verspätete Einreichen des Hilfsantrags 2 vorlagen. Dieser Grundsatz entspricht den Richtlinien für die Prüfung, E-VI, 2.2.2 (März 2024):
"Es liegt im Ermessen der Prüfungs- oder Einspruchsabteilung, Änderungen, die nach dem in Regel 116(1) EPÜ genannten Zeitpunkt eingereicht werden, als verspätet eingereicht außer Acht zu lassen, sofern sie nicht wegen einer Änderung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts zuzulassen sind." (Hervorhebung durch die Kammer)
2.3.2 Die Einspruchsabteilung ging von der Sachlage vor Einreichung des Hilfsantrags 2 aus, d.h. von der Sachlage, in der sowohl der Hilfsantrag 14 eingereicht als auch der erstmals am letzten Tag der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ erhobene Einwand unter Artikel 54(1) EPÜ im Hinblick auf das Dokument D2 erhoben wurde. Ausgehend von dieser Sachlage besteht die durch die Einreichung des Hilfsantrags 2 herbeigeführte Änderung der Sachlage tatsächlich nur darin, dem bereits vorhandenen Anspruchssatz des Hilfsantrags 14 weitere Ansprüche hinzuzufügen. Auf dieser Grundlage hat die Einspruchsabteilung dann nachvollziehbar keine Umstände gesehen, die eine solche bloße Hinzufügung weiterer Ansprüche zu einem bereits vorhandenen Anspruchssatz rechtfertigen.
2.3.3 Die Einspruchsabteilung hat jedoch die Ausgangslage unzutreffend ermittelt.
Die maßgebliche Ausgangslage bestand nämlich darin, dass die Einsprechende am letzten Tag der Frist gemäß Regel 116(1) EPÜ erstmals einen Einwand unter Artikel 54(1) EPÜ in Bezug auf das Dokument D2 erhoben hatte und die Einspruchsabteilung in der mündlichen Verhandlung von ihrem Ermessen Gebrauch machte, diesen neuen Einwand zum Verfahren zuzulassen, auf dessen Basis der beanspruchte Gegenstand des Hauptantrags und des Hilfsantrags 1 dann als nicht neu angesehen wurde.
Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Patentinhaberin den Hilfsantrag 14 eingereicht hatte, bevor ihr der Einwand fehlender Neuheit im Hinblick auf D2 überhaupt bekannt war. Der Hilfsantrag 14 konnte daher nur als Versuch gewertet werden, die davor erhobenen Einwände der Einsprechenden zu beheben bzw. der vorläufigen Meinung der Einspruchsabteilung Rechnung zu tragen. Dies bedeutet, dass Hilfsantrag 14 nicht als Reaktion auf den neuen Einwand unter Artikel 54(1) EPÜ im Hinblick auf D2 angesehen werden darf. Entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung ist Hilfsantrag 14 daher nicht Teil der Ausgangslage, die bei der Bestimmung der durch die Einreichung von Hilfsantrag 2 bewirkten Änderung zu berücksichtigen ist.
2.3.4 Dies entspricht dem schriftlichen Vortrag der Patentinhaberin: "Es kann nämlich nicht richtig sein, dass die Patentinhaberin grundsätzlich auf die bis zum Ende der Schriftsatzfrist eingereichten Hilfsanträge festgelegt ist, nur weil einer dieser Hilfsanträge - zufällig - geeignet ist, die am letzten Tag oder danach noch vorgebrachten verspäteten Angriffe der Einsprechenden auszuräumen. ... Wäre keiner der Hilfsanträge schutzfähig gewesen, hätte die Patentinhaberin als Reaktion auf den neuen Neuheitsangriff und die Änderung der vorläufigen Auffassung der Einspruchsabteilung das Recht gehabt, Hilfsantrag 2 zu formulieren. Dieses Recht kann doch nicht davon abhängen, welche Hilfsanträge die Patentinhaberin rechtzeitig - bei völlig anderer Sachlage - vorsorglich eingereicht hat. Das bedeutet nämlich, dass es in diesem Fall nachteilhaft war, vorsorglich Hilfsanträge einzureichen, die über die in der Einspruchsschrift vorgebrachten Angriffe der Einsprechenden hinausgehen" (Schreiben der Patentinhaberin vom 21. Januar 2025, Seite 4, vorletzter und letzter Absatz).
2.3.5 Ausgehend von dem hier maßgeblichen Sachverhalt, dass ein neuer Einwand unter Artikel 54(1) EPÜ erst am letzten Tag der Frist nach Regel 116(1) EPÜ erhoben wurde, dieser erst in der mündlichen Verhandlung durch die Einspruchsabteilung zum Verfahren zugelassen wurde und dann zur Ablehnung der Neuheit des beanspruchten Gegenstands führte, ist die Einreichung eines neuen Hilfsantrags in der mündlichen Verhandlung als rechtzeitige und angemessene Reaktion zu bewerten. In diesem Falle lag die Zulassung des neuen Hilfsantrags 2 nicht im Ermessen der Einspruchsabteilung, sondern der Hilfsantrag 2 musste zugelassen werden.
Im Übrigen entspricht dieses Vorgehen den Richtlinien für die Prüfung, E-VI, 2.2.2 (März 2024):
"Wenn nach dem gemäß Regel 116(1) EPÜ festgelegten Zeitpunkt eingereichte Änderungen eingehen, wird die Abteilung also zunächst analysieren, ob diese rechtzeitig als Reaktion auf eine Änderung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts eingereicht wurden. Nur wenn dies zu verneinen ist, liegt es im Ermessen der Abteilung, die Änderungen außer Acht zu lassen".
2.4 Argumente der Einsprechenden zur Richtigkeit der Ermessensausübung durch die Einspruchsabteilung
2.4.1 Die Einsprechende ist der Auffassung, dass "weder ein Ermessensfehler ersichtlich [sei] noch rechtfertigen die Umstände der Beschwerdesache eine Zulassung dieses erstinstanzlich nicht zugelassenen Antrags" (Beschwerdeerwiderung, Seite 3, vierter Absatz). Die Einspruchsabteilung habe ihr Ermessen korrekt ausgeübt, indem sie festgestellt habe, dass der Hilfsantrag 2 (ursprünglich bezeichnet als Hilfsantrag 14a) erst in der mündlichen Verhandlung verspätet eingereicht worden sei und dass dieser Hilfsantrag 2 sich von dem rechtzeitig eingereichten Hilfsantrag 14 nur durch zusätzliche Ansprüche unterscheide. "Damit hätte der Hilfsantrag [2] auch ohne weiteres zusammen mit dem Hilfsantrag 14 gestellt werden können, da diese Anträge dieselben Änderungen beinhalten" (Beschwerdeerwiderung, Seite 3, vorletzter Absatz). Mit Verweis auf Artikel 12(6) Satz 1 VOBK kommt die Einsprechende zu dem Schluss, dass die Kammer den Hilfsantrag 2 nicht zulassen solle.
Entgegen der Auffassung der Einsprechenden, war die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Hilfsantrag 2 nicht zuzulassen, fehlerhaft (siehe oben Punkt 2.3). Auch wenn Hilfsantrag 2 im Vergleich zu Hilfsantrag 14 nur zusätzliche Ansprüche aufweist, kann das Recht der Patentinhaberin, auf einen neuen Einwand mit einem neuen Anspruchssatz (Hilfsantrag 2) zu reagieren, nicht durch einen Anspruchssatz (Hilfsantrag 14) erschöpft werden, der sich bereits vor Einreichung des Einwands im Verfahren befand.
2.4.2 In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer trug die Einsprechende folgende Argumente vor:
- Hilfsantrag 2 unterscheide sich von Hilfsantrag 14 nur, indem ein unabhängiger Anspruch 6 und ein von diesem abhängiger Anspruch 7 hinzugefügt wurden.
- Der Gegenstand des hinzugefügten Anspruchs 6 unterscheide sich vom Gegenstand des Anspruchs 1 (Anspruch 1 ist identisch in den beiden Hilfsanträgen 2 und 14) im Wesentlichen dadurch, dass das Brillenmodell im Anspruch 6 anhand der Fassungsränder definiert wird ("nasale und/oder temporale Fassungsränder beschreibende Parameter") anstatt durch die Brillenglasfläche (Anspruch 1: "Ebenen oder Linearkombinationen von Flächen").
- Aufgrund der Aussagen der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid, Punkt 9.2 und Punkt 10.3.3, sei die Einspruchsabteilung eindeutig der vorläufigen Auffassung gewesen, dass die dem Gegenstand des Anspruchs 6 zugrunde liegende Idee, das Brillenmodell anhand der Fassungsränder zu definieren, nahegelegt sei im Hinblick auf das Dokument D8.
- Auf diesen Hinweis der Einspruchsabteilung im Ladungsbescheid habe die Patentinhaberin u. a. mit dem Streichen des Anspruchs 6 aus dem Anspruchssatz verschiedener Hilfsanträge reagiert (Einreichung der Hilfsanträge 13 bis 15).
- Die Verfahrensökonomie sei ein grundlegendes Kriterium, das bei der Frage der Zulassung eines verspätet eingereichten Hilfsantrags zu beachten sei. Da die Einspruchsabteilung bereits in ihrem Ladungsbescheid zu erkennen gegeben habe, dass D8 den Gegenstand des Anspruchs 6 nahelege, habe das Kriterium der Verfahrensökonomie eine Zulassung des neuen verspätet eingereichten Hilfsantrags 2 mit dem hinzugefügten Anspruch 6 verboten.
- Da die Patentinhaberin auf die vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung mit der Streichung des Anspruchs 6 in den Hilfsanträgen 13 bis 15 reagiert habe, würde die Zulassung des Hilfsantrag 2 (der den Anspruch 6 wieder einführt) einen Rückschritt im Verfahren bedeuten. Dieses Vorgehen der Patentinhaberin entspreche einer Aufhebung ihrer ursprünglichen Verteidigung und sei nicht erlaubt.
2.4.3 Die Kammer ist nicht überzeugt von diesen Argumenten.
Wie von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen, ist die Auffassung der Einsprechenden, die Einspruchsabteilung habe den Gegenstand des Anspruchs 6 als nahegelegt angesehen, reine Spekulation seitens der Einsprechenden. Es hat in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung keine Diskussion stattgefunden, inwiefern der Gegenstand des Anspruchs von D8 nahegelegt wird. Die Aussage im Ladungsbescheid stellt lediglich eine vorläufige Meinung der Einspruchsabteilung dar, die offen lässt, wie die endgültige Entscheidung ausfallen würde.
Des Weiteren enthält der Ladungsbescheid der Einspruchsabteilung, Punkt 11.1, die Aussage, dass nach Streichung eines abhängigen Anspruchs 10, "keiner der Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hauptantrag entgegensteht". Da der Hauptantrag den Anspruch 6 enthält, hebt diese Aussage die von der Einsprechenden zitierte gegenteilige Aussage in den Punkten 9.2 und 10.3.3 des Ladungsbescheids der Einspruchsabteilung auf.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Anspruch 6 des Hilfsantrags 2 gegenüber dem Anspruch 6 des Hauptantrags, der den Aussagen in den Punkten 9.2 und 10.3.3 des Ladungsbescheids der Einspruchsabteilung zugrunde lag, weitere einschränkende Merkmale enthält. Somit sind die Aussagen in den Punkten 9.2 und 10.3.3 des Ladungsbescheids der Einspruchsabteilung nicht relevant für Hilfsantrag 2.
3. Da die Entscheidung der Einspruchsabteilung, den Hilfsantrag 2 nicht zuzulassen, fehlerhaft war, muss die angefochtene Entscheidung aufgehoben werden.
4. Eine erstmalige Beurteilung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Anspruchs 6 des Hilfsantrags 2 sowie etwaiger geänderter Fassungen des Anspruchs 6 durch die Kammer ist mit dem vorrangigen Ziel des Beschwerdeverfahrens, nämlich der gerichtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung, nicht vereinbar.
Die Kammer beschließt daher, ihr Ermessen nach Artikel 111 (1) EPÜ und Artikel 11 VOBK dahingehend auszuüben, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die Einspruchsabteilung zur weiteren Entscheidung zurückverwiesen.