T 1600/23 (Mehrschichtiger Verbundkörper/REHAU) 29-09-2025
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MEHRSCHICHTIGER VERBUNDKÖRPER
Ausreichende Offenbarung - Hauptantrag (ja)
Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag (ja)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer - (nein)
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, den Einspruch zurückzuweisen.
II. Die Einsprechende hatte den Widerruf des Patents auf Grundlage der Einspruchsgründe nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit) und Artikel 100 b) EPÜ beantragt.
III. Die Einspruchsabteilung hat entschieden, dass die Erfindung ausführbar sei und der beanspruchte Gegenstand gegenüber D6 als nächstliegendem Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
IV. Anspruch 1 des Hauptantrags (Patent in der erteilten Fassung) lautet wie folgt:
"Mehrschichtiger Verbundkörper umfassend:
- eine erste Verbundplatte (1) mit
· einer oberen Schicht (10), aus wenigstens einem (Meth)acrylatcopolymer, welches einen Längenausdehnungskoeffizient von etwa 7 bis 9,5 x 10**(-5)K**(-1) gemessen nach ISO 11359 aufweist,
· einer Zwischenschicht (11) aus wenigstens einem (Meth)acrylatcopolymer, enthaltend Pigmente und/oder Farbstoffe ggf. Lichtschutzmittel, welches einen Längenausdehnungskoeffizient von etwa 7 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359 aufweist,
· einer unteren Schicht (12) umfassend wenigstens ein Styrolpolymer, insbesondere Styrolcopolymer mit einem Längenausdehnungskoeffizient von etwa 6,5 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359
wobei die erste Verbundplatte (1) eine Gesamtdicke von wenigstens 1 mm und das Material der ersten Verbundplatte (1) einen Längenausdehnungskoeffizient von etwa 5 bis 7 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359 aufweist.[sic]
- eine zweite Verbundplatte (5) mit
· einer ersten Schicht (50) aus wenigstens einem Styrolpolymer, insbesondere Styrolcopolymer mit einem Längenausdehnungskoeffizient von etwa 6,5 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359,
· einer zweiten Schicht (51) aus wenigstens einem Styrolpolymer, insbesondere Styrolcopolymer oder wenigstens einem (Meth)acrylatcopolymer und/oder Mischungen aus diesen mit einem Längenausdehnungskoeffizient von etwa 6,5 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359,
· einer dritten Schicht (52) aus wenigstens einem Styrolpolymer, insbesondere Styrolcopolymer mit einem Längenausdehnungskoeffizient von etwa 6,5 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359 oder wenigstens einem (Meth)acrylatcopolymer mit einem Längenausdehnungskoeffizient von etwa 7 bis 9,5 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359
wobei die zweite Verbundplatte (5) eine Gesamtdicke von wenigstens 1 mm und das Material der zweiten Verbundplatte (2) einen Längenausdehnungskoeffizient von etwa 5 bis 7 x 10**(-5) K**(-1) gemessen nach ISO 11359 aufweist.[sic]
- einem zwischen der ersten Verbundplatte (1) und der zweiten Verbundplatte (5) über wenigstens eine Verbindungslage (2, 4) angeordneten Trägerelement (3),
- wobei die Verbindungslage (2, 4) wenigstens einen reaktiven Schmelzkleber auf Basis von Polyurethan (PUR) mit einer Auftragsmenge von etwa 30 bis 150 g/m**(2), vorzugsweise 40 bis 80 g/m**(2) aufweist."
Die Ansprüche 2 bis 12 sind von Anspruch 1 abhängige Produktansprüche.
V. Im vorliegenden Fall wurden die folgenden Dokumente zitiert:
D6: DE 27 30 899 A1
D23: G.W. Ehrenstein et al., "Praxis der Thermischen
Analyse von Kunststoffen", Carl Hanser Verlag
München Wien, 1998, Seiten 137, 138, 140, 142,
144, 146 bis 162
D24: Baur et al., Saechtling Kunststofftaschenbuch,
31. Ausgabe, Carl Hanser Fachbuchverlag, 2013,
Kapitel 6, Beschreibung der Kunststoffe, Seite 488
D25: Lexikon der Kunststoffprüfung, "Thermomechanische
Analyse"
D27: C. Terfloth, Zeitschrift "Kleben & Dichten",
Ausgabe 10/2006, "Folieren statt Lackieren:
Produktveredelung durch Klebetechnik", Seiten 12,
14 und 15
VI. Die relevanten Argumente der Parteien werden nachfolgend in der Entscheidungsbegründung behandelt.
VII. Anträge
Die Beschwerdeführerin beantragte, dass die Entscheidung aufgehoben und das Patent widerrufen wird. Ferner beantragte sie, von ihr formulierte Fragen der Großen Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ vorzulegen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag), hilfsweise das Patent im Umfang eines der Hilfsanträge 1 bis 3, eingereicht mit der Beschwerdeerwiderung, aufrechtzuerhalten.
HAUPTANTRAG
1. Auslegung von Anspruch 1
Die mit "etwa" eingeleiteten Merkmale des Anspruchs 1 in Bezug auf den Längenausdehnungskoeffizienten führen allenfalls zu einer Unschärfe des angegebenen Wertebereichs. Diese Merkmale weisen jedoch einen einschränkenden Charakter in Anspruch 1 auf und sind nicht - wie von der Beschwerdeführerin argumentiert - bedeutungslos. Dies gilt auch für das Merkmal "Polyurethan (PUR) mit einer Auftragsmenge von etwa 30 bis 150 g/m**(2)".
2. Ausführbarkeit, Artikel 100 b) EPÜ
2.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass die Erfindung nicht ausführbar sei.
2.2 Aus den folgenden Gründen kommt die Kammer zu einer anderen Einschätzung und teilt die Bewertung der Einspruchsabteilung, dass die Erfindung ausführbar ist.
2.2.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass Anspruch 1 ein (Meth)acrylatcopolymer beschreibe, wohingegen in der Beschreibung in den Absätzen [0017] und [0056] Polymethylmethacrylat (PMMA), d.h. ein Homopolymer, als (Meth)acrylatcopolymer erwähnt sei. Dieser Widerspruch führe nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu einem Problem hinsichtlich der Ausführbarkeit.
2.2.2 Die Kammer teilt die Einschätzung der Einspruchsabteilung, dass Anspruch 1 eindeutig ein (Meth)acrylatcopolymer beschreibt und kein Homopolymer. Dies ist für eine Fachperson eine eindeutige und klare Angabe. Eine mögliche Diskrepanz zu den Angaben in der Beschreibung kann vorliegend nicht zu einer mangelnden Ausführbarkeit führen. Bestenfalls ist dies eine Frage der Klarheit. Eine Fachperson ist in der Lage geeignete (Meth)acrylatcopolymere aufzufinden.
2.2.3 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, dass die Merkmale, die auf den Längenausdehnungskoeffizienten gerichtet sind, aufgrund der Ausdrucks "etwa" und aufgrund einer mangelnden Richtungsangabe bzw. mangelnden Temperaturangabe zu einer mangelnden Ausführbarkeit führten.
2.2.4 Wie vorstehend unter Punkt 1. ausgeführt schränken die mit "etwa" eingeleiteten Merkmale den beanspruchten Gegenstand ein, wenn auch mit einer gewissen Unschärfe. Diese Auslegung ist eine Frage der Klarheit, nicht aber der Ausführbarkeit.
2.2.5 In diesem Zusammenhang hat die Beschwerdeführerin das Beispiel "ein Energiespeicher mit annähernd unendlicher Speicherkapazität" angeführt. Ihrer Meinung nach sei dabei der Ausdruck "annähernd" an sich undeutlich, aber es läge auch ein Mangel an Ausführbarkeit vor, da es "bekanntlich [...] einen solchen Energiespeicher nicht [gebe]".
Dies ist nicht überzeugend. Die Beschwerdeführerin konnte nicht zeigen, dass eine Fachperson die in Anspruch 1 angegebenen Längenausdehnungskoeffizienten nicht messen kann. Sie argumentierte lediglich, dass die fehlende Richtungs- bzw. Temperaturangabe zu einer mangelnden Ausführbarkeit führe. Entsprechende experimentelle Beweise hat sie nicht erbracht, sie verwies aber auf die Dokumente D23 bis D25.
2.2.6 Es ist zutreffend, dass der Längenausdehnungskoeffizient in Extrusionsrichtung (gemessen nach ISO 11359) und der Längenausdehnungskoeffizient orthogonal zur Extrusionsrichtung (gemessen nach ISO 11359) unterschiedlich sind. Dies ergibt sich auch aus der Beschreibung des Patents (siehe die Absätze [0049] und [0060]). Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Erfindung aufgrund unterschiedlicher Längenausdehnungskoeffizienten in Extrusionsrichtung und orthogonal dazu nicht ausführbar ist. Vielmehr variiert der entsprechende Wert etwas, je nachdem ob der Längenausdehnungskoeffizient in Extrusionsrichtung oder orthogonal zur Extrusionsrichtung gemessen wird. Dies ist nach Ansicht der Kammer allenfalls eine Frage der Klarheit, nicht jedoch der Ausführbarkeit. Die im Patent beschriebenen Unterschiede des Längenausdehnungskoeffizienten (siehe die Absätze [0049] und [0060]) sind darüber hinaus geringer als die von der Beschwerdeführerin unter Bezug auf Seite 488 von D24 geltend gemachten Werte.
2.2.7 Die Kammer teilt die Einschätzung der Einspruchsabteilung, dass in Abwesenheit einer konkreten Temperaturangabe davon auszugehen ist, dass diese Messung im Bereich der Raumtemperatur durchzuführen ist. Die Kammer ist nicht von dem Argument der Beschwerdeführerin überzeugt, dass genauso wahrscheinlich sei, dass die Temperatur bei der Herstellung des Verbundkörpers gemeint sein könnte, geschweige denn, dass dies eine Hürde für die Ausführbarkeit der Erfindung sein könnte. Eine Fachperson ist in der Lage einen geeigneten Temperaturbereich der Messung zu finden und die Messung durchzuführen.
2.2.8 Die Beschwerdeführerin argumentierte ferner, dass der Längenausdehnungskoeffizient einer mehrschichtigen Verbundplatte aufgrund von Materialspannungen zwischen den einzelnen Schichten nicht genau bestimmbar sei. Die Beschwerdeführerin scheint sich hier auf den Längenausdehnungskoeffizienten des "Materials der" ersten bzw. zweiten Verbundplatte zu beziehen.
2.2.9 Die Kammer ist von diesem Einwand nicht überzeugt. Zum einen hat die Beschwerdeführerin keine experimentellen Nachweise für ihre Behauptung erbracht. Zum anderen ist es für die Kammer nicht ersichtlich, weshalb ein Längenausdehungskoeffizient nicht an einer mehrschichtigen Verbundplatte gemessen werden könnte. Ob ein solcher Wert "nicht genau bestimmbar" ist, ist allenfalls eine Frage der Klarheit und steht der Ausführbarkeit der Erfindung nicht entgegen.
2.2.10 Die Beschwerdeführerin argumentierte weiter, dass die Ermittlung einer Auftragsmenge anhand des fertigen Produktes nicht möglich sei.
2.2.11 Dies ist nicht überzeugend. Bei der Frage der Ausführbarkeit ist maßgeblich, ob eine Fachperson den beanspruchten Gegenstand ohne unzumutbaren Aufwand herstellen kann. Dies ist im Hinblick auf die Auftragsmenge des in Anspruch 1 beschriebenen reaktiven Schmelzklebers eindeutig gegeben, da bereits Anspruch 1 die entsprechende Anweisung enthält. Die Frage, ob und wie diese Menge am fertigen Produkt bestimmbar ist, ist irrelevant, da es darauf ankommt, ob eine Fachperson den beanspruchten Gegenstand ausführen, d.h. herstellen, kann. Dies ist vorliegend gegeben.
Somit ist die Erfindung für eine Fachperson ausführbar, so dass der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 b) EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegensteht.
3. Erfinderische Tätigkeit, Artikel 100 a), 56 EPÜ
3.1 Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der beanspruchte Gegenstand gegenüber D6 als nächstliegendem Stand der Technik im Kombination mit D27 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
3.2 Aus den folgenden Gründen kommt die Kammer zu einer anderen Einschätzung und teilt auch diesbezüglich die Bewertung durch die Einspruchsabteilung, dass der beanspruchte Gegenstand auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
3.2.1 D6 betrifft Verbunde aus einer transparenten Deckschicht und einer Trägerschicht, wobei die Deckschicht aus Polycarbonat, einem niedrig schmelzenden thermoplastischen Polyester, einem transparenten ABS-Polymerisat oder Polymethylmethacrylat besteht, die Trägerschicht aus Polyvinylchlorid oder einem Styrolpolymerisat aufgebaut ist und die Deckschicht mit der Trägerschicht gegebenenfalls über eine oder mehrere Zwischenschichten festhaftend verbunden ist, wobei mindestens die der Deckschicht benachbarte Schicht dekorativ bedruckt, geprägt oder eingefärbt und geprägt ist (siehe Anspruch 1 von D6).
3.2.2 Anspruch 1 unterscheidet sich von D6 wenigstens durch eine Verbindungslage, die einen reaktiven Schmelzkleber auf Basis von Polyurethan (PUR) mit einer Auftragsmenge von etwa 30 bis 150 g/m**(2) aufweist. Darüber hinaus findet sich in D6 keine eindeutige Offenbarung eines mehrschichtigen Verbundkörpers, der neben einer ersten Verbundplatte und einem Trägerelement eine zweite Verbundplatte auf der anderen Seite des Trägerelements aufweist. Somit ist in D6 auch nicht offenbart, welchen konkreten Aufbau, welches Material und welche Dicke solch eine zweite Verbundplatte aufweist.
3.2.3 Auch kann die Kammer nicht erkennen, dass aus D6 eindeutig ableitbar sein könnte, dass eine zweite Verbundplatte als Gegenzug implizit offenbart ist. In D6 ist angegeben, dass die Anwendung der erfindungsgemäßen dekorativen Verbunde vielseitig sei und diese Verbunde beispielsweise verwendet werden können für dekorative Verkleidungen an Innenwänden von Gebäuden, insbesondere von Nassräumen, für Möbel und Teile von Möbeln, Sanitärobjekte, wie Handwaschbecken, Duschtassen und Badewannen, Filter etc. (siehe Seite 15 in der Nummerierung unten rechts, letzter Absatz, von D6). Keine dieser in D6 beschriebenen Anwendungen scheint unmittelbar und eindeutig einen Gegenzug zu implizieren.
3.2.4 Die Kammer teilt auch nicht die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass D6 eine zweite Verbundplatte mit den Merkmalen des Anspruchs 1 offenbart.
3.2.5 Selbst wenn eine aus diesen Unterschieden gegenüber D6 resultierende Verbesserung nicht anerkannt werden würde und die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung eines alternativen mehrschichtigen Verbundkörpers zu sehen wäre, so beruhte der beanspruchte Gegenstand aus den folgenden Gründen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.2.6 Der Beschwerdegegnerin ist zuzustimmen, dass weder D6 noch D27 eine Anregung entnommen werden kann, um in naheliegender Weise zum beanspruchten Gegenstand zu gelangen. Die Kammer teilt die Einschätzung der Einspruchsabteilung, dass es für die Fachperson nicht naheliegend war, einen Gegenzug bereitzustellen, der mehrlagig ausgebildet ist und den in Anspruch 1 für die zweite Verbundplatte definierten Aufbau aufweist.
3.2.7 Die Beschwerdeführerin argumentierte diesbezüglich, dass mehrschichtige Gegenzugfolien, wie die in der D6 offenbarte Variante, prädestiniert seien, und dass für die Gegenzugeigenschaften einlagige und mehrlagige Folien gleichwertig seien. Unter Berücksichtigung jeder gleichwertigen technischen Alternative für einen Gegenzug müsse auch die vorbeschriebene mehrschichtige Verbundfolie der D6 bei der Lösung berücksichtigt werden.
3.2.8 Die Kammer ist davon nicht überzeugt. Vielmehr handelt es sich bei dieser Argumentation um eine Spekulation bzw. eine rückschauende Betrachtungsweise. Die Beschwerdeführerin hat keine Textstelle in D6 zitiert, die diese Spekulation untermauern könnte.
3.2.9 Aus den vorstehenden Gründen ist der beanspruchte Gegenstand daher wenigstens eine nicht-naheliegende Alternative gegenüber D6 als nächstliegendem Stand der Technik.
Somit beruht der beanspruchte Gegenstand gegenüber D6 als nächstliegendem Stand der Technik, in Kombination mit D27, auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ. Der Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ steht daher ebenfalls nicht der Aufrechterhaltung des Patents entgegen.
4. Antrag auf Vorlage der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Fragen an die Große Beschwerdekammer
4.1 Die Beschwerdeführerin beantragte, zur Klärung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nach Artikel 112 (1) a) EPÜ, die Große Beschwerdekammer mit folgenden Fragen zu befassen:
"A) Wird festgestellt, dass ein Merkmal eines Anspruchs keinen beschränkenden Charakter gegenüber dem Stand der Technik hat, ist dann die Frage der mangelnden Ausführbarkeit dieses Merkmals unerheblich?
B) Fehlt bei der Angabe der Messmethode eine Randbedingung - hier die Messung des Längenausdehnungskoeffizienten längs oder quer zur Fließrichtung eines Kunststoffs - ohne welches ein Messwert nicht exakt bestimmbar ist und führt die Wahl der Randbedingung zu zwei unterschiedlichen Messwerten, ist die Ausführbarkeit des Merkmals dann gegeben, wenn der Fachmann sicherstellt, dass beide Messwerte (längs und quer zur Fließrichtung) innerhalb des beanspruchten Mess-Bereichs liegen?
B1) Wenn ja, was bedeutet dies für die Auslegung den Schutzbereich [sic] dieses Anspruchs? Sind Messwerte, welche nur bei einer Variante der Randbedingung (z.B. längs zur Fließrichtung) innerhalb des beanspruchten Messwertbereichs liegen, unter einer zweiten Variante der Randbedingung (z.B. quer zur Fließrichtung) allerdings nicht, vom Schutzbereich des Anspruchs 1 erfasst?" (wörtliche Wiedergabe aus der Beschwerdebegründung; siehe dort Seiten 1 und 2)
4.2 Die von der Beschwerdeführerin gemachte Annahme eines Anspruchsmerkmals, das "keinen beschränkenden Charakter gegenüber dem Stand der Technik hat" (siehe die Vorlagefrage A) unter dem vorstehenden Punkt 4.1), liegt in Anspruch 1 nicht vor, da die mit "etwa" eingeleiteten Merkmale in Bezug auf den Längenausdehnungskoeffizienten einen einschränkenden Charakter aufweisen (siehe den vorstehenden Punkt 1.). Wie vorstehend unter Punkt 2. ausgeführt, ist die Erfindung ausführbar. Eine Entscheidung der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Vorlagefragen ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich.
Somit weist die Kammer den Antrag auf Vorlage der von der Beschwerdeführerin vorgeschlagenen Fragen an die Große Beschwerdekammer zurück.
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.