T 0018/84 07-12-1984
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Verfahren und Anordnung zur Untersuchung eines Körpers mit durchdringender Strahlung
Diagnostizierverfahren
diagnostic method
I. Die am 18. September 1980 angemeldete, unter der Nr. 0 028 036 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 80 200 882.1, für die die Priorität einer früheren Anmeldung vom 27. September 1979 in Anspruch genommen wird, ist von der Prüfungsabteilung 127 durch Entscheidung vom 30. August 1983 zurückgewiesen worden.
Der Entscheidung lagen die ursprünglichen Patentansprüche 1-7 zugrunde.
II. Die Prüfungsabteilung führt in der Entscheidung aus, das Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 sei als Diagnostizierverfahren anzusehen, das am menschlichen Körper vorgenommen werde, und deshalb gewerblich nicht anwendbar. Der Patentanspruch 1 sei daher nach Artikel 52 (1) EPÜ nicht gewährbar.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin am 25. Oktober 1983 Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent im Rahmen der ursprünglichen Patentansprüche 1-7 zu erteilen. Die Beschwerdegebühr ist am 24. Oktober 1983 gezahlt worden und die schriftliche Begründung der Beschwerde am 17. Dezember 1983 eingegangen.
Die Anmelderin tritt der Auffassung der Prüfungsabteilung entgegen.
IV. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin den ursprünglichen Patentanspruch 1 durch folgenden Anspruch ersetzt:
"1. Verfahren zur Korrektur der mit Hilfe einer aus mehreren Detektorelementen bestehenden Detektoranordnung bei der Durchstrahlung eines Körpers mit durchdringender Strahlung gemessenen Werte, bei dem ein Primärstrahl mit geringem Querschnitt den Körper durchsetzt und die dabei erzeugte Streustrahlung durch eine Blendenanordnung ausgeblendet und durch die Detektoranordnung gemessen wird, wonach aus den Meßwerten die Dichteverteilung im Primärstrahl rekonstruiert wird, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens ein Teil der Elemente der Detektoranordnung zumindest zeitweise gegen die Einfach-Streustrahlung abgeschirmt wird und daß die dabei von den abgeschirmten Elementen gemessenen Werte zur Korrektur der bei der Messung der Einfach-Streustrahlung erzeugten Meßwerte herangezogen werden."
V. Wegen des Wortlauts der ursprünglichen Patentansprüche wird auf die Veröffentlichung Nr. 0 028 036 verwiesen.
1. Die Beschwerde enspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Der im Beschwerdeverfahren vorgelegte Patentanspruch 1 stimmt in seinem materiellen Inhalt mit dem ursprünglichen Patentanspruch 1 überein. Von ihm unterscheidet er sich nur durch das Wesen des angemeldeten Verfahrens klarstellende Änderungen. Durch diese ist der Gegenstand der Anmeldung daher nicht unzulässig geändert worden.
3. Nach den Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung ist die Prüfungsabteilung ersichtlich der Auffassung, unter Diagnostizierverfahren seien nur die Schritte zu verstehen, die dazu bestimmt sind, den Ist-Zustand eines Patienten zu erkennen. Aufgrund der mit dem Diagnostizierverfahren gewonnenen Erkenntnisse über den Ist-Zustand des Patienten werde dann die Diagnose gestellt.
3.1 Der Ansicht, daß unter Diagnostizierverfahren Verfahren zu verstehen seien, deren Ergebnis die Grundlage für die Diagnose bilde, kann die Kammer nicht folgen. Wie sie in ihren nichtveröffentlichten Entscheidungen T 61/83 und T 208/83 ausgeführt hat, muß ein Diagnostizierverfahren auf jeden Fall auch einen Hinweis auf die zu stellende Diagnose enthalten.
3.2 Weitere Ausführungen zur Frage, was ein Diagnostizierverfahren sei, bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht; denn Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der ursprünglichen als auch in der geltenden Fassung war und ist schon kein Untersuchungsverfahren, sondern ein Korrekturverfahren. Dies mag aus der der Entscheidung zugrundeliegenden ursprünglichen Anspruchsfassung nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervorgegangen sein, in der der Gegenstand des Anspruchs 1 als Verfahren "zur Untersuchung eines Körpers" bezeichnet ist, ergibt sich aber eindeutig aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Fassung, gemäß der der Patentanspruch 1 ein Verfahren betrifft, bei dem es darum geht, die bei einem Verfahren der im Oberbegriff des Anspruchs angegebenen Art auftretende Verfälschung der mit der Detektoranordnung ermittelten Meßergebnisse zu korrigieren. Diese Verfälschung wird, wie in der Beschreibung erläutert ist, durch die mehrfache Streuung eines Teils der Streustrahlung verursacht, die in dem mit durchdringender Strahlung durchstrahlten Körper im Bereich des Primärstrahls erzeugt wird.
3.3 Ein solches Verfahren zur Korrektur eines verfälschten Meßergebnisses ist zwar im Rahmen eins Diagnostizierverfahrens anwendbar, ist für sich jedoch zum Erkennen und Unterscheiden eines pathologischen Zustands nicht geeignet und stellt daher kein Diagnostizierverfahren dar. Es ist deshalb ohne Bedeutung, ob das in der Anmeldung offenbarte Korrekturverfahren nur bei der Ermittlung der Dichteverteilung in einem menschlichen Körper oder, wie die Anmelderin nachträglich eingewendet hat, auch für Werkstoffuntersuchungen anwendbar ist oder nicht.
3.4 Wie vorstehend dargelegt, ist das Verfahren nach Anspruch 1 kein Diagnostizierverfahren. Daher kann ihm die gewerbliche Anwendbarkeit im Sinn des Artikels 52 (1) EPÜ mit dieser Begründung nicht abgesprochen werden.
4. Da die Prüfungsabteilung der Auffassung war, daß das Verfahren nach Anspruch 1 ein Diagnostizierverfahren und deshalb nicht patentfähig sei, hat sie sich nicht mehr dazu geäußert, ob das Verfahren neu ist und ob es auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Bei dieser Sachlage hält es die Kammer für verfrüht, in die Prüfung dieser Frage einzutreten, sondern für geboten, zunächst der Prüfungsabteilung Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen. Die Kammer macht deshalb von der ihr in Artikel 111 (1) EPÜ eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird wie folgt entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen.