T 0010/86 01-09-1988
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Verfahren zur Gewinnung von Energieleistung aus der Masse-Energie-Äquivalenz bei der Entstehung von Protonen und Neutronen
Keine Ausführbarkeit bei einer das normale
fachmännische Können übersteigende Leistung.
No reproduceability on effort exceeding the ordinary
skills of a practitioner
I. Die europäische Patentanmeldung 81 107 754.4 mit der Veröffentlichungsnummer 0 049 816 ist von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen worden.
II. Der Entscheidung lagen die folgenden ursprünglich eingereichten unabhängigen Patentansprüche zugrunde:
1.) Verfahren zur Herstellung von atomarer Energieleistung dadurch gekennzeichnet, daß man zwei Ströme von Elektronen auf die Geschwindigkeit von mehr als 0,5c mit ca. 100 keV beschleunigt und diese gegeneinander leitet, und die dabei entstehende Strahlungsenergie mit bekannten Verfahren in elektrische Potentialdifferenzen oder in Wärmedifferenzen umwandelt und diese zur Energieleistung nutzt.
3.) Verfahren zur Gewinnung von atomarer Energieleistung dadurch gekennzeichnet, daß man zwei Ströme von Protonen auf die Geschwindigkeit von mehr als 0,5c mit ca 200 MeV beschleunigt und gegeneinander richtet, und die dabei entstehende Strahlungsenergie direkt oder indirekt zur Energiegewinnung nutzt.
Der Anspruch 2 ist von Anspruch 1 abhängig.
III. Die Zurückweisung wurde unter Hinweis auf Art. 83 EPÜ damit begründet, daß das Funktionieren der beanspruchten Verfahren nicht auf der Grundlage nachvollziehbarer baulicher Maßnahmen bewiesen worden sei. Somit sei es nicht so offenbart, daß es der Fachmann ausführen könne. Zusätzlich seien die Verfahren auch aufgrund des Artikels 57 EPÜ vom Patentschutz auszuschließen, da ihre Funktionsweise -d.h. die durch die beanspruchten Maßnahmen angeblich erzielten Wirkungen - im Widerspruch zu feststehenden, von der allgemeinen Fachwelt anerkannten physikalischen Gesetzen stünden. Die technische Zielsetzung der beanspruchten Verfahren, die Bereitstellung nutzbarer Energieleistung, werde nämlich kausal auf relative Partikelgeschwindigkeiten zurückgeführt, die größer sind als die Lichtgeschwindigkeit. Hingegen sieht die etablierte wissenschaftliche Erkenntnis die Lichtgeschwindigkeit als eine aus der Einstein'schen Relativitätstheorie und der Lorentzinvarianz resultierende obere Grenze an.
IV. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer (Anmelder) Beschwerde eingelegt.
In seiner Beschwerdebegründung vertrat der Beschwerdeführer folgende Auffassung:
a) Bei der aus der ursprüngichen Beschreibung hervorgehenden Gegeneinanderrichtung zweier Linearbeschleuniger entstehe nach den Naturgesetzen von selbst zwangsläufig ein Energiefluß. Die Offenbarung weiterer technischer Details sei nicht erforderlich, da es allgemein bekannt sei, wie man einen Energiefluß technisch nutzbar macht.
b) Die Lorentztransformation sei aus physikalischen Fakten nicht herleitbar. Zu Naturgesetzen, die auf Fakten beruhen, stehe die Erfindung nicht im Widerspruch. Vielmehr fuße sie insbesondere auf der von Debye entdeckten Asymmetrie der Coulombkräfte gegenüber Annäherungs- und Fluchtbewegungen, die auf das Quadrat des optischen Dopplereffekts zurückzuführen sei.
Der Beschwerdeführer stützt seine theoretischen Überlegungen unter anderem auf die Dokumente:
E. Friebe: "Analyse des physikalischen Aussagegehalts der Maxwellschen Elektrodynamik" in "Dabei Colloquium" Heft 2, Bonn 1985, Seiten 1-41 (Dokument D1); sowie:
W. Schmidt: "Irreversible Wechselwirkungen und deren Anwendung" in "Dabei Colloquium", Heft 1, Bonn 1985, Seiten 1-57 (Dokument D2).
V. In einem Bescheid wurden dem Beschwerdeführer die Bedenken der Kammer mitgeteilt, daß die vorliegende Patentanmeldung den Fachmann nicht in die Lage versetze, Verfahrensschritte, für die in den Ansprüchen Schutz begehrt wird, mit Hilfe der in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbarten Arbeitsmittel technisch zu realisieren, und somit die Erfordernisse des Artikels 83 EPÜ nicht erfülle. Die Kammer stützte ihre Bedenken auf die folgenden Gründe:
a) Gemäß Anspruch 1 solle die bei der Elektron-Elektron- Wechselwirkung aufgrund der Theorie des Beschwerdeführers erwartete elektromagnetische Strahlung (s. Beschreibung, Seite 5, Zeilen 12 bis 14) in elektrische Potential- oder Wärmedifferenzen umgewandelt werden. Für diese Umwandlung sehe das einzige offenbarte Ausführungsbeispiel gemäß Abb. 2 eine die Wandung zweier gegeneinander gerichteter Elektronenmikroskope von außen umfassenden mantelförmigen Kupferblock vor. Die theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung müsse also die Elektronenmikroskopwand durchsetzen, bevor sie im Kupferblock umgewandelt werden könne. Die Außenwände von Elektronenmikroskopen seien aber derartig ausgelegt, daß sie eine eintretende elektromagnetische Strahlung vollständig absorbieren (Hierzu wurde gutachtlich auf die Dokumente:
P.W. Hawckes: "Magnetic Electron Lenses", Springer Verlag 1982, Seite 209 (Dokument D3); und D.B.Williams: "Practical Analytical Electron Microscopy in Materials Science", Verlag Chemie International, 1984, Seite 7 (Dokument D4) verwiesen). Aus diesem Grunde könne die theoretisch im Inneren des Elektronenmikroskops erwartete elektromagnetische Strahlung gar nicht in den außerhalb des Elektronenmikroskops angeordneten Kupferblock gelangen. Daher sei das offenbarte Arbeitsmittel "Kupferblock" für die beanspruchte Umwandlung in elektrische Potential- oder Wärmedifferenzen technisch ungeeignet und die Ausführbarkeit der Lehre des Anspruchs 1 anhand der Offenbarung in der Patentanmeldung nicht gegeben.
b) Anspruch 3 enthalte die Maßnahme, die bei der Proton- Proton-Wechselwirkung aufgrund der Theorie des Beschwerdeführers erwartete Strahlungsenergie "direkt oder indirekt zur Energiegewinnung zu nutzen". In bezug auf die technische Realisierung dieser Nutzung beschränke sich die Patentanmeldung auf die folgende rein aufgabenhafte Angabe in der Beschreibung Seite 5, Zeilen 32-34: "Diese Strahlung kann man durch chemische Prozesse in Strom umwandeln, oder über die Wärme mittels Wärmekraftmaschinen". Die Nacharbeitbarkeit der beanspruchten Nutzung verlange aber nach Auffassung der Kammer die Offenbarung mindestens eines konkreten Arbeitsmittels zur Energiegewinnung.
Für die Realisierung der beabsichtigten Stromerzeugung über einen chemischen Prozeß benötige der Fachmann also insbesondere die formelmäßige Beschreibung wenigstens einer durch die theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung eingeleiteten chemischen Umsetzungsreaktion mit konkret genannten speziellen Substanzen. Ferner seien Angaben über die konstruktive Verbindung des Prozeßreaktors für die Umsetzreaktion mit zwei gegeneinander gerichteten Linearbeschleunigern erforderlich.
Die beabsichtigte Stromerzeugung über Wärme könne ein Fachmann nur dann nacharbeiten, wenn der konstruktive Aufbau und das Material wenigstens eines Wandlers konkret angegeben sei, der mit zwei entgegengerichteten Linearbeschleunigern zusammenwirkt und die theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung in Wärme umsetzt.
Derartige Offenbarungsmängel seien aber nicht heilbar, ohne gegen Art. 123 (2) EPÜ zu verstoßen.
VI. Aus der Stellungnahme des Beschwerdeführers zu dem vorstehend dargelegten Bescheid der Kammer geht implizit hervor, daß er nach wie vor die Erteilung eines Patents auf der Basis der ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen beantragt. Dabei verteidigt er die Ausführbarkeit der Lehren der Ansprüche 1 und 3 im Sinne des Artikels 83 EPÜ unter Beiziehung des Dokuments "Progress in Space-Time Physics", 1987, Seiten 210-226 (Dokument D5) im wesentlichen durch folgende Argumente:
a) die Kammer gehe bei ihren Darlegungen gemäß dem vorstehenden Punkt V-a davon aus, daß die (zur Durchführung des beanspruchten Verfahrens zu verwendende) Apparatur so kompliziert sein müßte, daß ein Fachmann nicht damit arbeiten könne. Tatsächlich sei die Apparatur aber denkbar einfach. Sie bestehe aus zwei Kathodenstrahlern, die mittels eines Glühdrahts von zwei abgelegten Fernsehröhren abgesprengt und durch Hochvakuumkitt mit den Enden eines elastischen Kupferrohres von ca. 50 cm Länge verbunden werden. Die gegeneinander geschossenen 100 keV-Elektronen würden eine Kühlung der Wandung der Apparatur verursachen, so daß damit Gase verflüssigt oder Kältemaschinen betrieben werden könnten; vgl. die Stellungnahme des Beschwerdeführers, Seite 1, Absatz 2-4.
b) Die Bedenken der Kammer gemäß dem vorstehenden Punkt V-a seien durch Verwendung einer Wand der Hochvakuumapparatur aus strahlungsdurchlässigem Quarzglas zu umgehen. Die austretende Strahlung könne dann durch photoelektrische Verfahren genutzt werden; vgl. die Stellungnahme des Beschwerdeführers, Seite 3, Absatz 5.
c) Auch für die Energiegewinnung nach Anspruch 3 sei direkt die Wechselwirkung der theoretisch erwarteten Strahlung mit der Apparaturwand ausnutzbar. Mit Hilfe der erhitzten Apparaturwand seien Dampfmaschinen oder Thermoelemente betreibbar sowie chemische Prozesse einleitbar; vgl. die Stellungnahme des Beschwerdeführers, Seite 3, Absatz 3 und 4.
d) Es werde ausschließlich die Einleitung von Prozessen nach den Ansprüchen 1 bis 3 beansprucht, durch die Energiedifferenzen entstünden. Die technische Nutzung dieser Energiedifferenzen sei mit Hilfe bereits bekannter Verfahren möglich; vgl. die Stellungnahme des Beschwerdeführers, Seite 3, letzter Absatz.
Einem weiteren Schreiben fügte der Beschwerdeführer einen Sonderdruck der Zeitschrift "Raum und Zeit" Bd. 32, 1988, Seiten 65-68 (Dokument D6) bei.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Verfahren gemäß den unabhängigen Ansprüchen 1 und 3 haben zum Ziel, eine "Energieleistung" herzustellen. Dieses Ziel soll anspruchsgemäß durch zwei Verfahrensschritte erreicht werden: In einem ersten Verfahrensschritt werden zwei Partikelströme, die jeweils auf mehr als die halbe Lichtgeschwindigkeit beschleunigt worden sind, gegeneinander gerichtet. In einem zweiten Verfahrensschritt soll die im ersten Verfahrensschritt entstehende Strahlungsenergie genutzt werden. Gemäß Anspruch 1 sind die Partikel Elektronen, gemäß Anspruch 3 Protonen. Die theoretischen Überlegungen des Beschwerdeführers - vgl. die Beschreibung, insbesondere Seite 2, Zeile 3 bis Seite 5, Zeile 14, sowie die Dokumente D2, D5, D6 - führen zu dem Ergebnis, daß im Laufe einer derart eingeleiteten Elektron-Elektron- sowie Proton-Proton-Wechselwirkung eine "elektromagnetische Strahlung (Beschreibung, S. 5, Z. 13)" entsteht.
Es sei bereits jetzt darauf hingewiesen, daß es im Hinblick auf die für die vorliegende Entscheidung relevanten Gründe unerheblich ist, ob die theoretischen Überlegungen des Beschwerdeführers in Einklang mit anerkannten Naturgesetzen stehen und ob damit die von ihm theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung auch experimentell bestätigbar ist. Denn selbst bei einem experimentell erbrachten Nachweis dieser elektromagnetischen Strahlung, wäre - wie nachstehend im einzelnen ausgeführt wird - nach Auffassung der Kammer ein Fachmann nicht in der Lage, anhand der in der Patentanmeldung offenbarten Arbeitsmittel den zweiten beanspruchten Verfahrensschritt auszuführen, durch den erst das Verfahrensziel erreicht wird, d.h. die im Laufe der Partikel-Wechselwirkung theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung zur Energiegewinnung zu nutzen. Dabei sind aufgrund von Offenbarungsunterschieden die Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 3 gesondert abzuhandeln.
3. Die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung (s. oben Punkt VI-a), es werde nur die Einleitung der Partikelwechselwirkung beansprucht, d.h. sinngemäß nur der oben definierte erste Verfahrensschritt, steht im Widerspruch zu der Tatsache, daß beide unabhängigen Patentansprüche nicht nur den die theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung auslösenden Verfahrensschritt enthalten sondern auch den oben definierten zweiten Verfahrensschritt, der die Nutzung der theoretisch erwarteten elektromagnetischen Strahlung zum Gegenstand hat. Darüberhinaus ist in beiden unabhängigen Ansprüchen nicht die Erzeugung elektromagnetischer Strahlung, sondern die "Herstellung bzw. Gewinnung von Energieleistung" als Verfahrensziel angegeben. Das beanspruchte Verfahrensziel ist aber, wenn überhaupt, nur durch die Summe beider Verfahrensschritte erreichbar, d.h. durch Strahlungserzeugung und durch Strahlungswandlung in eine gewerblich nutzbare Energieform. Damit ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch der die Nutzung der theoretisch erwarteten Strahlung betreffende Verfahrensschritt als ein wesentliches Merkmal des erfindungsgemäßen Verfahrens anzusehen, das den Erfordernissen der Ausführbarkeit gemäß Art. 83 EPÜ unterliegt.
4. Der auf die Nutzung der theoretisch erwarteten elektromagnetischen Strahlung bei der Elektron-Elektron- Wechselwirkung gemäß Anspruch 1 abzielende Verfahrensschritt sieht eine Wandlung in elektrische Potential- oder in Wärmedifferenzen vor. Das einzige Ausführungsbeispiel gemäß Abb. 2 verwendet hierfür einen außerhalb gegeneinander gerichteter Elektronenmikroskope angeordneten Kupferblock. Aus den oben in Punkt V-a im einzelnen genannten Gründen vertritt die Kammer die Auffassung, daß bei diesem Ausführungsbeispiel die im Inneren des Elektronenmikroskops theoretisch erwartete elektromagnetische Strahlung von der Außenwand des Elektronenmikroskops absorbiert wird und nicht zur Nutzung in den Kupferblock gelangt. Das offenbarte Arbeitsmittel ist somit zur Umwandlung der theoretisch erwarteten Strahlung in nutzbare Energie ungeeignet. Andere technische Mittel hierfür sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht offenbart.
Dem hat der Beschwerdeführer auch nicht widersprochen. Er hat in seiner Erwiderung auf den Bescheid der Kammer nur eine Reihe apparativer Alternativen für die Wandlung in nutzbare Energie aufgezeigt, wie die Verwendung eines strahlungsdurchlässigen Quarzapparats (vgl. oben Punkt VI- b) oder die Vornahme der Elektron-Elektron-Wechselwirkung innerhalb eines evakuierbaren Kupferrohres (vgl. oben Punkt VI-a und Dokument D6). Beide apparative Alternativen sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht offenbart. Im Stand der Technik findet der Fachmann keinerlei Hinweise oder Anregungen, mit Hilfe welcher technischen Mittel eine bei einer Partikel-Wechselwirkung im Innern des beschriebenen Geräts entstehende elektromagnetische Strahlung außerhalb des Geräts in eine nutzbare Energieform umgewandelt werden kann. Dem Beschwerdeführer ist zwar insofern zu folgen, daß dem Fachmann eine Reihe von Energiewandlern bekannt sind, deren Eingang auf elektromagnetische Strahlung anspricht. Doch übersteigt es nach Auffassung der Kammer im Sinne von Artikel 83 EPÜ die Fähigkeiten des Durchschnittsfachmanns, diese zum Stande der Technik gehörenden Wandler konstruktiv derart mit den zum Stand der Technik gehörenden Partikelbeschleunigern zusammenzubringen, daß eine effiziente Wirkverbindung der Wandler mit der theoretisch erwarteten elektromagnetischen Strahlung entsteht. Insbesondere ist die Kammer davon überzeugt, daß der Fachmann von sich aus allein auf der Basis seines Fachwissens nicht zu den vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Ausführungsbeispielen gemäß Punkt VI-a und VI-b gelangen würde. Auch einfache technische Lösungen können mit einem hohen Maß an Kreativität verbunden sein. Artikel 83 EPÜ ist aber dahingehend auszulegen, daß die Ausführbarkeit einer beanspruchten Maßnahme ohne jegliche zusätzliche erfinderische Leistung allein mit dem normalen fachmännischen Können anhand der (ursprünglichen) Anmeldungsunterlagen möglich sein muß. Jedoch ist es nach Auffassung der Kammer für einen Fachmann allein aufgrund der Angaben in der Patentanmeldung nicht möglich, ohne selbst erfinderisch tätig werden zu müssen, bekannte Teilchenbeschleuniger und Wandler so zu verknüpfen, daß die theoretisch erwartete Strahlung derart auf den Wandler einwirken kann, daß für das beanspruchte Verfahren insgesamt eine positive Energiebilanz sichergestellt ist, d. h., in der Terminologie des Beschwerdeführers, eine "Energieleistung" gewonnen werden kann.
5. Der die Nutzung der theoretisch erwarteten elektromagnetischen Strahlung bei der Proton-Proton- Wechselwirkung gemäß Anspruch 3 betreffende Verfahrensschritt soll "direkt oder indirekt" verlaufen. In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen befindet sich weder ein Ausführungsbeispiel für die Einleitung der Proton-Proton-Wechselwirkung noch für die Nutzung der hierbei erwarteten elektromagnetischen Strahlung. Für die Einleitung der Proton-Proton-Wechselwirkung beschränkt sich die Beschreibung auf den allgemeinen Hinweis, Linearbeschleuniger zu verwenden, vgl. Seite 5, Zeile 26. Die einzige technische Erläuterung der direkten oder indirekten Nutzung gibt die ursprüngliche Beschreibung mit den Worten: "Diese Strahlung kann man durch chemische Prozesse in Strom umwandeln oder über die Wärme mittels Wärmekraftmaschinen"; vgl. Seite 5, Zeilen 32-34. In Punkt V-b ist im einzelnen dargelegt, welche technischen Fakten nach Auffassung der Kammer in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hätten enthalten sein müssen, um dem Fachmann die Ausführung einer Wandlung der bei der Protonenwechselwirkung theoretisch erwarteten Strahlung in nutzbare Energie zu ermöglichen.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Kammer das Ausführungprinzip nachgebracht, mit der erhitzten Apparaturwand Dampfmaschinen oder Thermoelemente zu betreiben; vgl. oben Punkt VI-c. Dieses Ausführungsprinzip für die Umwandlung der bei Protonenwechselwirkung theoretisch erwarteten Strahlung in nutzbare Energie ist in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht offenbart. Die Kammer ist überzeugt, daß ein Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit nicht auf die Idee kommen würde, die Außenwand bekannter Linearbeschleuniger für Protonen als Energiewandler zu benutzen und sie zum Heizen von Thermoelementen oder Dampfmaschinen zu verwenden. Somit ist auch das nachgebrachte Ausführungsprinzip für die Nutzung der bei der Proton- Proton-Wechselwirkung theoretisch erwarteten Strahlung nicht auf der Basis des normalen Könnens des Fachmanns realisierbar. Analog zu den Ausführungen im vorstehenden Punkt 4 stellt aber jegliche Anforderung an den Fachmann, die sein normales Können übersteigt, die Ausführbarkeit einer beanspruchten Lehre im Sinne von Artikel 83 EPÜ in Frage.
6. Wie aus dem Vorstehenden im einzelnen zu entnehmen ist, vermochten die in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der Kammer enthaltenen Ausführungen des Beschwerdeführers die Bedenken der Kammer hinsichtlich der Ausführbarkeit der Lehren der Ansprüche 1 und 3 nicht auszuräumen. Die gleiche Schlußfolgerung trifft auch für den auf Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 2 zu, der eine besondere Ausführungart des Verfahrens nach Anspruch 1 zum Inhalt hat. Es muß daher daran festgehalten werden, daß die Anmeldungsunterlagen die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Somit genügen die Anmeldungsunterlagen nicht den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ. Die Entscheidung der Prüfungsabteilung, die Patentanmeldung zurückzuweisen, ist daher gerechtfertigt.
7. Bei dieser Sachlage erachtet es die Kammer als überflüssig, zu den auf Artikel 57 EPÜ gestützten Zurückweisungsgründen der Vorinstanz und damit zu den theoretischen Überlegungen des Beschwerdeführers - insbesondere gemäß Punkt IV-b - Stellung zu nehmen.
8. Schließlich bestand für die Kammer auch keine Veranlassung, den Beschwerdeführer etwa dazu anzuregen, sein Patentbegehren ausschließlich auf den jweils ersten Verfahrensschritt der Ansprüche 1 und 3 zu richten. Dies hätte nur zu einer gemäß Art. 123 (2) EPÜ unzulässigen Änderung der Patentanmeldung führen könen, weil diese ursprünglich gerade auf die technische Nutzung des angeblich entstehenden Energieflusses abzielte (vgl. Beschreibung, Seite 5, Zeilen 24/25 und 32 bis 34, sowie Seite 6, Zeilen 3 bis 9).
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.