T 0323/91 27-04-1993
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Beschlag für einen zumindest parallelabstellbaren Flügel eines Fensters, einer Tür od. dgl.
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Inventive step (yes)
I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 28. Februar 1991, mit der der Einspruch der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) gegen das europäische Patent Nr.0 103 725 (Patentanmeldung Nr.83 107 722.7) zurückgewiesen wurde.
II. Der einzige unabhängige Anspruch 1 des Streitpatents - in Form einer Merkmalsanalyse - hat folgende Wortlaut:
a) "Beschlag für einen mittels Ausstellarmen (5 bis 8) zumindest parallelabstellbaren und in dieser Lage horizontal verschiebbaren Flügel (3) eines Fensters, einer Tür od. dgl.,
b) wobei der oder die unteren Ausstellarme (7, 8) am unteren Flügelquerholm einerseits und an einem bzw. je einem Laufwagen (9, 10) andererseits jeweils drehbar gelagert ist bzw. sind,
c) mit einer auslösbaren Sperrvorrichtung (28) für den oder die in Parallelabstellage befindlichen unteren Ausstellarm bzw. Ausstellarme (7, 8), die aus einem mit einer Rastaufnahme (27) zusammenwirkenden Riegelglied (21) besteht,
d) wobei die Sperrvorrichtung durch die Schiebe-Schließendbewegung des Flügels (3) gegenüber dem festen Rahmen (1) mittels eines schrägstehenden ortsfesten Anschlags (31) auslösbar ist,
e) wobei ein Steuerarm (19) vorhanden ist, der an dem bzw. einem der unteren Ausstellarme (7, 8), insbesondere dem schließseitigen (7), angelenkt ist,
f) wobei außerdem die Rastaufnahme (27) am Laufwagen und das Riegelglied (21) am Steuerarm angebracht ist
g) und der ortsfeste Anschlag (31) in der Schiebe-Schließendbewegung mit dem Steuerarm (19) zusammenwirkt und
h) wobei die Rastaufnahme (27) in einem sich in Verschieberichtung (34) des Flügels (3) erstreckenden ersten Schlitzarm (25) eines winkelförmigen Steuerschlitzes (22) übergeht,
i) dessen zweiter Schlitzarm (26) die Rastaufnahme mit seinem freien Ende bildet."
Auf Anspruch 1 sind Ansprüche 2 bis 12 rückbezogen.
III. Der Einspruch wurde damit begründet, daß die Gegenstände der Ansprüche des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Als Beweis wurde u. a. auf die folgenden Dokumente verwiesen:
D5: DE-A-2 643 854
D10: US-A-2 741 807.
IV. Die Beschwerdeführerin hat am 20. April 1991 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt und hat die Begründung dieser Beschwerde am 3. Juli 1991 eingereicht. In dieser Beschwerdebegründung hat sie auf eine weitere Entgegenhaltung hingewiesen, nämlich:
D13: US-A-4 110 934.
V. Am 27. April 1993 hat eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer stattgefunden. In dieser wurde die Frage der erfinderischen Tätigkeit ausführlich diskutiert.
VI. Die Beschwerdeführerin brachte im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung folgende Argumente vor:
Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei Dokument D13 als nächstliegender Stand der Technik anzusehen, da der aus diesem Dokument bekannte Beschlag mit dem Gegenstand des Streitpatents die größte Anzahl von Merkmalen gemeinsam habe. Insbesondere weise dieser vorbekannte Beschlag eine auslösbare Sperrvorrichtung für den in Parallelabstellage befindlichen Ausstellarm und einen Steuerarm auf, der in der Schiebe-Schließendbewegung der Tür mit einem schrägstehenden ortsfesten Anschlag zusammenwirke und auf diese Weise die Sperrvorrichtung auslöse. Die Sperrvorrichtung bestehe aus einer Rastaufnahme, die von einer radialen Fläche der an dem Laufwagen gelagerten Drehachse des Ausstellarms gebildet sei, und aus einem damit zusammenwirkenden Riegelglied, das am Steuerarm angebracht sei. Aus Figur 4 dieser Entgegenhaltung sei erkennbar, daß der Ausstellarm und der Steuerarm eine Y-förmige Ausstellschere bilden, wenn der Steuerarm mit seinem Riegelglied in die Rastaufnahme des Ausstellarms eingreife, so daß eine sichere Parallelabstellage der Tür erfolge. Deshalb gewährleiste dieser bekannte Beschlag eine Abstützung der Tür in der Parallelabstellage und das Lösen einer Sperrvorrichtung, so daß die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe bereits vollständig gelöst werde.
Von diesem Beschlag unterscheide sich der Gegenstand des Streitpatents durch die Merkmale h) und i) und teilweise durch die Merkmale b), e) und f), insofern als es sich beim Streitpatent um die unteren Ausstellarme der Tür handele (statt des oberen, Merkmal b), der Steuerarm an einem unteren Ausstellarm angelenkt sei (statt einer Anlenkung am Laufwagen, Merkmal e) und die Rastaufnahme am Laufwagen (statt "am Ausstellarm", Merkmal f) angebracht sei. Mit den Merkmalen h) und i) schließe sich die Rastaufnahme an einen Schlitz im Laufwagen an. Diese Unterschiede seien jedoch wirkungsmäßig nicht wesentlich, da die Sperrvorrichtung und der Steuerarm nach Dokument D13 dieselben Funktionen erfüllten als die Sperrvorrichtung und der Steuerarm des Gegenstands des Streitpatents. Daher beträfen diese Maßnahmen nur bauliche Änderungen, vor allem eine Vertauschung von zwei möglichen Steuerarm-Anlenkungen und Rastaufnahmelagen, die äquivalent seien und daher bereits aus diesem Grunde nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.
Außerdem habe der Fachmann mit den Dokumenten D5 und D10 schon Vorbilder für solche technischen Äquivalente:
Suche der Fachmann eine weitere Abstützung des Austellarms, so stoße er auf Dokument D5, das einen Beschlag beschreibe, der mit dem Gegenstand des Streitpatents viele Merkmale, nämlich die Merkmale a) bis d) und teilweise Merkmal f) (Riegelglied am Steuerarm), gemeinsam habe. Bei diesem bekannten Beschlag wirke ein Kniehebel als Abstandshalter mit dem Schwenkhebel bzw. Ausstellarm einer Schwenkschiebetür zusammen und bilde somit einen Stützarm für diesen. Versuche der Fachmann die Lehre beider Dokumente D13 und D5 zu kombinieren, so gelange er zu einer Lösung, die dem Gegenstand des Streitpatents sehr nahe liege: Er brauche dann lediglich den am Laufwagen befindlichen Schwenklenkpunkt des Steuerarms nach Dokument D13 am Ausstellarm anzubringen, wie jene nach Dokument D5, und die am Ausstellarm angebrachte Rastkurve bzw. Rastaufnahme am Laufwagen anzuordnen. Eine derartige vertauschte Anordnung von zwei Funktionselementen in ihrer Lage könne nicht eine erfinderische Tätigkeit begründen.
Da auch beim Beschlag nach Dokument D5 mindestens die Merkmale a) bis d) des Anspruchs 1 des Streitpatents verwirklicht seien, könne dieser Stand der Technik als Ausgangspunkt betrachtet werden. Für den Fachmann sei es dann naheliegend, die bei der Schiebe-Schließendbewegung zwischen dem Ausstellarm und dem feststehenden Rahmen miteinander in Wirkverbindung tretenden Rolle und Gegenführung des Beschlags nach Dokument D5 durch die dem gleichen Zweck dienenden Elemente, nämlich den Steuerarm und den ortsfesten Anschlag nach Dokument D13, zu ersetzen.
Nach Dokument D10 gehöre zum Stand der Technik, zwischen einem Steuerarm und seinem Ausstellarm eine den Steuerarm in Richtung seiner Sperrstellung belastende Spreizfeder vorzusehen. Unter Wirkung dieser Feder gelange der Steuerarm selbsttätig in eine Spreizlage, so daß eine Einrastbewegung des Steuerarms in einem Schlitz bei in Parallelabstellage befindlichem Ausstellarm herbeigeführt werde. Der Fachmann erhalte somit mit diesem Dokument ein Vorbild für eine Anordnung von Ausstellarm und Steuerarm, die so beschaffen sei, daß ein am Steuerarm angebrachtes Riegelglied mit einer Rastaufnahme zusammenwirke.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) ist diesem Vorbringen entgegengetreten. Sie macht insbesondere geltend, daß die von der Beschwerdeführerin als Steuerarm bezeichneten Hebel, nämlich der doppelarmige Hebel nach Dokument D13 sowie der Kniehebel nach Dokument D5, jeweils keinen Steuerarm im Sinne des Streitpatents darstellten, weil sie absolut nichts steuerten. Bei den erwähnten Entgegenhaltungen fehle ferner eine Reihe von Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents, insbesondere die Merkmale e) bis i), so daß keine Kombination dieser Dokumente zum Gegenstand des Anspruchs 1 führe. Außerdem bestehe für den Fachman keine Veranlassung, die von diesen Druckschriften bekannten Konstruktionen zu kombinieren.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr.0 103 725.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Neuheit des Gegenstandes des Streitpatents wurde nicht bestritten, so daß es sich erübrigt, auf diese Frage näher einzugehen. Die nach Artikel 54 (3) und (4) EPÜ zu berücksichtigende Anmeldung EP-A-0 090 956 (Dokument D1) enthält nicht alle Merkmale des Anspruchs 1, insbesondere wird dort kein Steuerarm beschrieben. Da der Anspruch 1 des Streitpatents von diesem Stand der Technik ausgeht, ist seine Fassung im Hinblick auf Regel 29 (1) EPÜ einteilig.
3. Gemäß Artikel 56 EPÜ darf das Dokument D1 bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden. Die Kammer geht deshalb, wie von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen, von Dokument D13 als dem nächstkommenden vorveröffentlichten Stand der Technik aus. Diese Druckschrift betrifft einen Beschlag für die in eine parallele Lage zur Karosserie-Seitenwand bringbare eingehängte Schiebetür eines kleinen Lieferwagens. Dieser Beschlag weist nur einen einzigen Ausstellarm auf, so daß die Tür - im Gegensatz zu Merkmal a) des Anspruchs 1 des Streitpatents - bei der Überführung von der Schließlage in die Parallel- Abstellage nicht parallel zu sich bewegt wird und daher nicht parallelabstellbar ist. Außerdem ist der Ausstellarm bei diesem bekannten Beschlag nicht an einem unteren Querholm der Tür (vgl. Merkmal b)) des Anspruchs 1), sondern am oberen Ende eines Längsholms angelenkt. Die Schiebetür eines kleinen Lastwagens ist im Vergleich mit einem mittels unteren Ausstellarmen parallelabstellbaren Flügel - d. h. einem Flügel, der üblicherweise in Wohngebäuden mit Doppel- oder Mehrfach- Verglasung Verwendung findet - sehr leicht und ferner einer ganz anderen Belastung unterworfen, als Fenster und Türen im Wohnungsbau. Bereits mit den oben erwähnten Unterschieden, die einer bestimmte Art von Fenstern und Türen entsprechen, ist es fragwürdig, ob der Fachmann, der sich eine Verbesserung von Fenstern und Türen dieser Art als Ziel setzt, eine Druckschrift wie das Dokument D13, das sich mit einer ganz anderen Art von Türen befaßt, in Betracht ziehen würde.
4. Wichtiger sind der dort beschriebene Ausstellarm und seine Sperrvorrichtung: Der Ausstellarm nach Dokument D13 ist an einem Holm der Tür einerseits und an einem Laufwagen andererseits gelagert. Auf dem am Laufwagen angeordneten Lagerzapfen des Ausstellarms ist ein Nocken drehfest befestigt, dessen Oberfläche eine variable Abmessung besitzt und eine Schulter aufweist. Zwischen diesem Lagerzapfen und dem einem ortsfesten Anschlag des Wagenrahmens zugewendeten Ende des Laufwagens ist ein doppelarmiger Sperrhebel am Laufwagen schwenkbar gelagert. Das freie Ende des einen Hebelarms - nämlich des linken Hebelarms in den Figuren der Zeichnung - dieses Sperrhebels wird durch eine Feder gegen die Oberfläche des Nockens gedrückt, während dessen anderer Hebelarm ein mit dem ortsfesten Anschlag zusammenwirkendes hakenförmiges Auslöseglied aufweist. Wenn sich die Tür anfänglich von der geschlossenen Position nach einer seitlich nach außen gerichteten, teilweise offenen Position dreht, bewegt die Oberfläche des Nockens den Sperrhebel, so daß das hakenförmige Auslöseglied mit einem Teil des ortsfesten Anschlags in Eingriff bleibt und dadurch eine Bewegung des Laufwagens verhindert, bis das Ende des linken Hebelarms die Schulter erfaßt. In diesem Augenblick schwenkt der Sperrhebel unter dem Einfluß der Feder, so daß das Auslöseglied und das Anschlagteil nicht mehr miteinander im Eingriff stehen, wodurch dem Laufwagen die Möglichkeit gegeben wird, eine Rückwärtsschiebebewegung zu beginnen, um die Tür weiter zu öffnen. Da das Ende des linken Hebelarms die Schulter erfaßt, wird die Tür gleichzeitig in einer seitlich nach außen gedrehten Position festgehalten. Die Sperrvorrichtung erfüllt somit ihre Funktion. Bei der Schiebe-Schließendbewegung der Tür läuft das hakenförmige Auslöseglied gegen eine Rolle des ortsfesten Anschlags und löst dadurch die Sperrvorrichtung aus, so daß der Ausstellarm frei ist, um in Schließrichtung der Tür zu schwenken.
5. Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, daß dieser Sperrhebel ein Steuerarm, zumindest im Sinne des Streitpatents, ist:
5.1. Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß ein Steuerarm die Bewegung eines anderen Teils ständig steuern müsse und nicht nur in einem bestimmten Abschnitt des Bewegungsablaufs, wie dies in Dokument D13 der Fall sei. Um die Bewegung eines Teils ständig zu steuern, müsse der Steuerarm mit diesem Teil gekoppelt sein.
Es trifft zu, daß beim Gegenstand des Streitpatents ein Ende des Steuerarms am Ausstellarm angelenkt ist (Merkmal e), während das andere Ende in dem Schlitz des Laufwagens geführt wird, so daß bei jeder Drehstellung der Ausstellarm mit dem Steuerarm zusammenwirkt und durch diesen geführt wird. Dagegen ist der Sperrhebel nach Dokument D13 nicht mit dem Ausstellarm gekoppelt, sondern mit dem Laufwagen, und übt daher keine Wirkung auf das Schwenken des Ausstellarms aus, solange dieser seine Sperrstellung nicht erreicht hat. Dieser Sperrhebel hat deshalb keine Führungsfunktion und bewirkt nur zusammen mit dem ortsfesten Anschlag und der Schulter der türseitigen Achse des Ausstellarms das Sperren bzw. Entsperren der Sperrvorrichtung für den Ausstellarm.
5.2. Wesentlicher in diesem Zusammenhang ist jedoch nach Aufassung der Kammer die Tatsache, daß bei dem aus Dokument D13 bekannten Beschlag nicht von einer Abstützung des Ausstellarms gesprochen werden kann. Aus den Figuren der Zeichnung dieser Druckschrift geht deutlich hervor, daß der Sperrhebel und der Ausstellarm keine richtige Y-förmige Ausstellschere bilden, da die von der Beschwerdeführerin als Rastaufnahme angegebene Schulter an dem laufwagenseitigen Drehlager des Ausstellarms liegt, so daß der Abstützpunkt - wenn man von einem "Abstützpunkt" überhaupt sprechen will - sich sehr nahe der Drehachse des Ausstellarms befindet. In dieser Hinsicht ganz identisch ist die Konstruktion bei dem Stand der Technik nach Dokument D1, von dem das Streitpatent ausgegangen ist, so daß sich dieselben in der Beschreibung dieses Streitpatents geschilderten ungünstigen Hebelarmverhältnisse ergeben. Dagegen ist der Steuerarm gemäß Merkmalen e), f), h) und i) des Anspruchs 1 des Streitpatents einerseits an dem Ausstellarm angelenkt und andererseits aufgrund des Zusammenwirkens des am Steuerarm angebrachten Riegelglieds mit der am Laufwagen angeordneten Rastaufnahme unmittelbar am Laufwagen abgestützt, so daß er mit dem Ausstellarm eine richtige y-förmige Ausstellschere bildet.
Es ist somit nicht zutreffend, daß das Merkmal e), zumindest teilweise (insbesondere ein Steuerarm), bereits aus Dokument D13 hervorgeht. Fraglich ist auch, ob ein Fachmann ohne ex post Betrachtungsweise die Schulter des Nockens bzw. das Ende des linken Hebelarms nach Dokument D13 als eine "Rastaufnahme" bzw. ein "Riegelglied" betrachten würde (Merkmal c) des Anspruchs 1).
6. Daher unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents von dem aus Dokument D13 bekannten Stand der Technik mindestens durch seine wesentlichen Merkmale e) bis i).
Daraus folgt, daß die Kammer der Argumentation der Beschwerdeführerin darin nicht folgen kann, daß die Unterschiede zwischen dem Beschlag nach Dokument D13 und dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents im wesentlichen lediglich in einer Vertauschung von zwei möglichen Steuerarmanlenkungen und Rastaufnahmelagen bestehen.
7. Durch die Anordnung des Riegelglieds am Steuerarm und dessen Zusammenwirken mit dem bzw. der sich am Laufwagen befindenden Schlitz bzw. Rastaufnahme sowie durch das Zusammenwirken des Steuerarms mit dem ortsfesten Anschlag für das Lösen bzw. Auslösen der Sperrvorrichtung erfüllt der Steuerarm des Gegenstands des Streitpatents nicht nur die bereits vorstehend angegebene Führungsfunktion, vielmehr ist er auch ein Bestandteil der Sperrvorrichtung und bildet gleichzeitig mit dem Ausstellarm eine Y-förmige Ausstellschere, so daß dadurch eine besonders steife und stabile Abstützung der ihm zugeordneten Flügelecke erreicht wird.
Ausgehend vom Stand der Technik gemäß D13 kann daher die der Erfindung zugrunde liegende objektive Aufgabe darin gesehen werden, einen Beschlag für einen parallelabstellbaren Flügel so weiterzubilden, daß der Flügel sicherer geführt und abgestützt wird.
8. Da zur Lösung dieser Aufgabe Mittel benützt werden, die gleichzeitig der Sperrvorrichtung dienen, ergibt sich daraus, daß es sich bei den Merkmalen c) bis i) des Anspruchs 1 des Streitpatents um eine echte Kombination von Merkmalen handelt. Nur durch die funktionellen Wechselwirkung dieser Merkmale miteinender kann der Beschlag gemäß Streitpatent funktionieren. Im Hinblick auf die Frage, ob der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist mithin zu prüfen, ob der Stand der Technik für das Zusammenwirken dieser Merkmale unter Berücksichtigung aller, und nicht nur einiger, ihrer Funktionen innerhalb der Kombination eine Anregung gibt.
9. Da eine echte Kombination von Merkmalen beansprucht wird, die außerdem andere Funktionen erfüllen als beim Beschlag nach Dokument D13, kann nicht von äquivalenten Mitteln zwischen diesem vorbekannten Beschlag und dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gesprochen werden. Zwar ist zugunsten der Beschwerdeführerin einzuräumen, daß die Sperrvorrichtung nach Dokument D13 dieselbe Doppelfunktion wie die Sperrvorrichtung des Gegenstandes des Streitpatents hat, weil sie einerseits die Tür gegen eine seitliche Verschiebung gegenüber dem festen Rahmen sichert (vgl. Anspruch 4 des Streitpatents), solange diese noch nicht in die im wesentlichen parallele Lage zur Karosserie-Seitenwand des Wagens gelangt, und andererseits während der Schiebebewegung des Laufwagens diese parallele Lage der Tür mit Hilfe des Ausstellarms fixiert (auslösbare Sperrvorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents). Die bei diesen Sperrvorrichtungen bestehende funktionale Identität genügt jedoch nicht, um eine Äquivalenz der entsprechenden Mittel dieser Sperrvorrichtungen zu begründen, wenn die Mittel der Sperrvorrichtung noch zusätzliche Funktionen erfüllen, was, wie bereits dargelegt, beim Gegenstand des Streitpatents zutrifft.
Zusammenfassend ist festzustellen, daß Dokument D13 gar nicht die Merkmale e) bis i) und deren Kombination offenbart wie der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents, und aus diesem Stand der Technik sind ferner auch keine äquivalenten Mittel zu entnehmen. Deshalb kann der Fachmann aufgrund der Lehre des Dokument D13 nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents gelangen.
10. Auch geben die anderen Dokumente D5 und D10 keine Anregung, den Beschlag nach Dokument D13 im Sinne der Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents umzugestalten, und zwar schon deshalb nicht, weil hier auch keine Steuerarme im Sinne des Streitpatents vorhanden sind.
11. Bei dem aus Dokument D5 bekannten Beschlag ist ein Ausstellarm einer Schwenkschiebetür an einem Laufwagen angelenkt. Mit diesem Ausstellarm ist das eine Ende eines als Abstandshalter dienenden Kniehebels drehbar verbunden, während das andere Ende dieses Hebels drehbar an der Tür gelagert ist. Das Kniegelenk des Kniehebels weist eine federbelastete Rastvorrichtung auf, durch die die Tür in der geöffneten Stellung bzw. in ihrer Parallelabstellage gehalten wird. Der Ausstellarm besitzt ferner nicht weit von dem Laufwagen eine Rolle, die als Führung mit einer unterhalb des Laufwagens an dem Festrahmen befestigten Gegenführung zusammenwirkt. Die Gegenführung weist eine Ausnehmung und mehrere Führungs- bzw. Druckflächen auf. In Schließstellung ist die Lage der Tür durch die Lagerung der Rolle in der Ausnehmung der Gegenführung festgelegt. Beim Öffnen bildet die Rolle anfänglich das Drehlager für den Ausstellarm, so daß mit dem Abheben der Tür der Laufwagen in Richtung eines ortsfesten Anschlags verschoben wird. Sobald der Laufwagen durch diesen Anschlag in seiner Bewegung gestoppt wird, schwenkt alsdann der Ausstellarm um seine laufwagenseitige Achse, bis die Schwenkbewegung des Ausstellarms und damit der Tür durch den im Kniegelenk angeordneten Raster begrenzt wird. Während dieser Bewegung läuft die Rolle der Führungsfläche der Gegenführung entlang.
Obwohl der Kniehebel mit einem Stützarm vergleichbar ist, stellt er einerseits keinen Steuerarm dar, weil er nicht ständig eine Steuerfunktion ausübt, und ist andererseits kein richtiger Abstützarm, weil er insbesondere bei großen Belastungen, z. B. infolge des Winddruckes auf die Tür, entgegen der durch die federbelastete Rastvorrichtung ausgeübten Kraft knicken kann. Schon aus diesem Grund kann dieser Kniehebel nicht mit dem Steuerarm des Gegenstands des Streitpatents verglichen werden.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wie der Fachmann aus diesem Dokument D5 ein Vorbild für die gesamte Kombination der Merkmalen c) bis i) des Anspruchs 1 des Streitpatents entnehmen könnte. Beim Beschlag nach Dokument D5 ist der Kniehebel an die Tür angelenkt, und nicht am Laufwagen. Da dieser Kniehebel über sein türseitiges Ende sowie über eine Schwenkwelle mit dem zugeordneten oberen Ausstellarm gekoppelt ist, kann das Dokument dem Fachmann keine Anregung geben, den Kniehebel so anzuordnen, daß er statt an der Tür am Laufwagen angelenkt wird. Würde der Fachmann im Hinblick auf den dort beschriebenen Kniehebel trotzdem auf den Gedanken kommen, einen Abstützarm zwischen dem Laufwagen und dem Ausstellarm vorzusehen, wäre er jedoch noch weit vom beanspruchten Gegenstand des Streitpatents entfernt, da das Dokument D5 auch für andere Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents keine Anregung vermittelt. Der Laufwagen besitzt keine Rastaufnahme und keinen Schlitz, so daß die Merkmale f), h) und i) des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht verwirklicht sind. Ferner weist der vorbekannte Beschlag keine auslösbare Sperrvorrichtung auf. Trifft nämlich der Laufwagen am ortsfesten Anschlag auf, wechselt nur die wirkende Achse des Kniehebels von der Rolle zum laufwagenseitigen Drehlager. Die sich am Kniehebel befindliche Rastvorrichtung verschiebt sich dann allmählich unter der Federwirkung und während der Schwenkbewegung des Ausstellarms von einer Rasterfläche zur anderen. Deshalb fehlen wesentliche Mekmale der in Anspruch 1 des Streitpatents beanspruchten Kombination.
Insbesondere enthält das Dokument D5 keinen Hinweis auf die Verwendung eines Steuerarms, der im Hinblick auf das Auslösen bzw. Lösen einer Sperrvorrichtung mit einem orstfesten Anschlag zusammenwirkt. Der von der Beschwerdeführerin gemachte Vergleich zwischen der Rolle und der Gegenführung des Beschlags nach Dokument D5 einerseits und dem Steuerarm und dem ortsfesten Anschlag des Beschlags nach Anspruch 1 des Streitpatents andererseits kann nur das Ergebnis von Überlegungen sein, die sich in unzulässiger Weise auf die Kenntnis der Erfindung abstützen. Außerdem löst, wie bereits angegeben, die Rolle nach Dokument D5 keine Sperrvorrichtung aus, so daß dieser Vergleich unzutreffend ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents ergibt sich somit nicht in naheliegender Weise aus einer Kombination der Lehre nach den Dokumenten D13 und D5. Hätte man andererseits anstelle der Druckschrift D13 die Druckschrift D5 als Ausgangpunkt gewählt, wäre man aufgrund dieser zahlreichen Unterschiede zu demselben Ergebnis gekommen.
12. Dokument D10 betrifft eine Schiebetür für einen Eisenbahn-Kühlwagen und wurde von der Beschwerdeführerin dem Gegenstand der abhängigen Ansprüche 9 und 10 des Streitpatents entgegengehalten, weil dort eine Spreizfeder offenbart ist, die selbsttätig einen an einem Laufwagen drehbar gelagerten Ausstellarm der Tür und einen an diesen Ausstellarm angelenkten anderen Arm in eine Spreizlage bringt. Jedoch ist dieser zweite Arm weder ein Steuerarm noch ein Abstützarm, da seine einzige Aufgabe darin besteht, beim Schiebeschließen am Ende des Verschiebens der Tür in einen festrahmenseitigen Vorsprung einzugreifen, um eine Schwenkung der Tür zu ermöglichen. Außerdem ist bei dem aus diesem Dokument bekannten Beschlag keine auslösbare Sperrvorrichtung vorgesehen. Schon allein aus diesen Gründen kann Dokument D10 gar nicht die bereits erwähnte beanspruchte Kombination von Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents nahelegen.
13. Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents beruht mithin auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und ist daher patentfähig. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 12 sind ebenfalls rechtsbeständig, weil sie bevorzugte Ausführungsformen des Beschlags nach Anspruch 1 betreffen. Das Streitpatent kann daher in unveränderter Form, d. h. in seiner erteilten Fassung, aufrechterhalten werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.