T 0793/91 13-03-1992
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Schneller Digital-Wandler
Party adversely affected
Amendments proposed by Examining Division
Änderungen im Sinne der Prüfungsabteilung
I. Die unter der Nummer 0 191 470 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 86 101 762.2 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 30. April 1991 zurückgewiesen.
II. Der Entscheidung lagen die Anmeldungsunterlagen in der ursprünglichen Fassung zugrunde.
Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß der Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 mit Rücksicht auf DE- 2 946 934 (D1) nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Anmelderin und der Anmeldungsunterlagen habe die Prüfungsabteilung der Anmelderin (Beschwerdeführerin) im Verfahren mitgeteilt, daß sich der Anmeldungsgegenstand vom Stand der Technik nach D1 durch die folgenden Merkmale unterscheide:
a) unterschiedliche Abtastzeitpunkte für jeden einzelnen Komparator,
b) Optimierung der Leitungsführungen im Sinne einer für jeden Komparator geltenden gleichen Laufzeitdifferenz zwischen Analog- und Taktsignal.
Dabei habe die Anmelderin in ihrem Schreiben vom 26. März zwar ausgeführt, daß im Sinne einer für jeden Komparator geltenden gleichen Laufzeitdifferenz erfindungsgemäß die einzelnen Eingangswiderstände beispielweise durch Abstimmen der Leiterbahngeometrie so angepaßt würden, daß die gleichen Laufzeitkonstanten eingestellt würden. Jedoch reflektiere der unverändert aufrechterhaltene Anspruch 1 nicht solche oder entsprechende Merkmale. Somit bestünden noch die in den Bescheiden (vom 7. November 1988 und 16. November 1989) erhobenen Einwände.
III. Am 21. Juni 1991 legte die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen diese Entscheidung ein und entrichtete die entsprechenden Gebühren. Am 27. August 1991 reichte sie die Beschwerdebegründung ein, hielt nicht mehr am vormaligen Hauptantrag fest, sondern beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent mit den geänderten Unterlagen gemäß "Hilfsantrag 1", hilfsweise mit den Unterlagen gemäß "Hilfsantrag 2" zu erteilen. Der Anspruch 1 gemäß "Hilfsantrag 1" (nunmehr eigentlich Hauptantrag) lautet:
"Analog-Digital-Wandler nach dem Parallelverfahren mit taktgesteuerten Komparatoren und eingespeisten Takt- und Analogsignalen (TS, AS), gekennzeichnet durch eine Optimierung der Leitungsführungen zu jedem Komparator im Sinne einer für jeden einzelnen Komparator geltenden gleichen Laufzeitdifferenz zwischen Takt (TS) und Analogsignal (AS)."
Die Beschwerdeführerin führt aus, daß die Entgegenhaltung keinen AD-Wandler nach dem Parallelverfahren betreffe, sondern einen nach dem erweiterten Parallelverfahren. Bei diesem Verfahren werde in einem ersten Schritt eine Analogspannung mit Hilfe einer ersten Batterie parallelliegender Komparatoren in eine Anzahl Bits umgewandelt. Das Ergebnis werde mit einem DA-Umsetzer in eine Analogspannung rückgewandelt und von der Eingangsspannung subtrahiert. Die verbleibende Restspannung werde mit einer zweiten Batterie parallelliegender Komparatoren digitalisiert. Da in der ersten Komparatorbatterie zunächst eine Digitalwandlung mit anschließender Rückwandlung in ein Analogsignal erfolge, müsse gegebenenfalls die Eingangs-Analogspannung soweit verzögert werden, daß entsprechende Signale voneinander substrahiert würden. Darüberhinaus müsse die zweite Komparatorbatterie mit einem entsprechend verzögerten Taktsignal gesteuert werden. Die entsprechende Schaltung, die global eine Verzögerung der Takt- und Analogsignale (Verzögerungsglieder 7 und 4 in D1) für eine gesamte Komparatorbatterie vorsehe, berühre die der Erfindung zugrundeliegende Idee nicht. In D1 gebe es überhaupt keinen Hinweis auf Fehler, die durch Laufzeitdifferenzen zwischen dem Analog- und Taktsignal eines einzelnen Komparators entstehen könnten.
Die Beschwerdeführerin hat auch darauf aufmerksam gemacht, daß es in der Erfindung implizit enthalten sei, daß für jeden einzelnen Komparator unterschiedliche Abtastzeitpunkte gegeben sein könnten (vgl. oben Merkmal a).
1. Zulässigkeit
Artikel 107, Satz 1 EPÜ lautet:
"Die Beschwerde steht denjenigen zu, die an dem Verfahren beteiligt waren, das zu der Entscheidung geführt hat, soweit sie durch die Entscheidung beschwert sind."
Die Beschwerdeführerin ist Adressatin der angefochtenen Entscheidung über die Zurückweisung ihrer Patentanmeldung. Sie ist somit verfahrensbeteiligt. Weiter stellt sich die Frage, ob sie durch die angefochtene Entscheidung beschwert sei. Als nicht beschwert erscheint eine Partei, wenn sie der angefochtenen Entscheidung zustimmt. Eine Zustimmung muß jedoch nicht schon darin erblickt werden, daß die Beschwerdeführerin die Kritik der Vorinstanz auszuräumen bemüht ist. Hier rügt die Beschwerdeführerin zwar die Begründung der angefochtenen Entscheidung insbesondere im Punkte der Würdigung des Standes der Technik nach Dokument D1, verzichtet jedoch auf ihren bisherigen Hauptantrag und reicht mit der Beschwerde einen neuen, im Sinne der Bescheide der Vorinstanz geänderten, Hauptantrag (bei ihr "Hilfsantrag 1") und einen entsprechenden Hilfsantrag (bei ihr Hilfsantrag 2") ein, wofür sie schon im Verfahren vor der Prüfungsabteilung Gelegenheit gehabt hätte.
Die Beschwerdekammer hat in solchen Fällen in konstanter Praxis Beschwertheit des Beschwerdeführers angenommen (vgl. u. a.: T 313/90 vom 14. Januar 1991, nicht publ.). Zweifellos liegt die Annahme der Beschwertheit dann auf der Hand, wenn am vormaligen Hauptantrag, gegebenenfalls unter gleichzeitiger Einreichung von Hilfsanträgen, festgehalten wird. Auch in einem solchen Fall steht es der Beschwerdeführerin jedoch frei, sich im Laufe des Verfahrens auf die Hilfsanträge zurückzuziehen. Ein Festhalten am vormaligen Hauptantrag in der Beschwerde erscheint angesichts dessen dann als lediglich formale Maßnahme, wenn das Abrücken davon, wie hier, offensichtlich ist.
Da auch die übrigen Erfordernisse der Art. 106 - 108 und Regel 64 EPÜ erfüllt sind ist die Beschwerde zulässig.
2. Begründetheit
Die Vorinstanz hat die vorliegende Europäische Patentanmeldung mangels erfinderischer Tätigkeit gemäß Art. 56 EPÜ zurückgewiesen. Der neue Hauptantrag räumt die in der angefochtenen Entscheidung und bereits in den beiden Bescheiden vom 7. November 1988 und vom 16. November 1988 genannten Vorbehalte der Vorinstanz im wesentlichen aus.
Die Vorinstanz hat der Beschwerde trotzdem nicht gemäß Art. 109 EPÜ abgeholfen. Die Verweigerung der Abhilfe lag in der Kompetenz der Vorinstanz. Es bestand für sie keine Verpflichtung eine solche Verweigerung mit einer Begründung zu versehen, weshalb diese hier nicht zu überprüfen ist.
Die vorgenommenen Änderungen sind substantieller Art. Sie erfordern eine Fortführung der Prüfung. Die Beschwerdekammer verweist die Sache daher in Anwendung von Art. 111 (1) EPÜ zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanz zurück (vgl. dazu auch T 313/90).
Der hilfsweise gestellte Antrag auf mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer wird angesichts der Verfahrensfortsetzung gegenstandslos.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Beschwerde wird stattgegeben; die angefochtene Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 30. April 1991 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Prüfungsabteilung zur Fortsetzung des Verfahrens zurückverwiesen.