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W 0040/92 01-03-1993
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Verfahren zur Erkennung und Schätzung der räumlichen Lage von Objekten aus einer zweidimensionalen Abbildung
I. Die Anmelderin hat am 2. Oktober 1991 beim Deutschen Patentamt die internationale Anmeldung PCT/DE.... eingereicht.
II. Die Zweigstelle des Europäischen Patentamts in Den Haag, als zuständige Internationale Recherchenbehörde (IRB), hat der Anmelderin mit Mitteilung vom 27. Februar 1992 eine Aufforderung zur Zahlung einer zusätzlichen Recherchengebühr zugestellt.
Sie vertritt die Auffassung, daß die internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung gemäß Regel 13.1 PCT nicht entspreche und gab an, daß die Ansprüche sich auf folgende zwei Gruppen von Erfindungen beziehen:
1. Patentansprüche 1 bis 6, 11 bis 15: Schätzung von Lageparametern mittels Korrelationsverfahren mit Referenzmuster, und Interpolationen zwischen Referenzlagen,
2. Patentansprüche 7 bis 10: Lernverfahren zum Ermitteln der Werte der Referenzmuster.
Als Begründung gab sie an, daß die Sachverhalte 1 und 2 sich voneinander so unterscheiden, daß kein technischer Zusammenhang erkannt werden könne, um einen einzigen gemeinsamen erfinderischen Gedanken zu bilden.
Mit Schreiben vom 26. März 1992, eingangen am 27. März 1992, hat die Anmelderin die zusätzliche Recherchengebühr gezahlt und Widerspruch nach Regel 40.2 c) PCT eingelegt. Sie hat beantragt, die zusätzliche Gebühr zurückzuerstatten. Nach Ansicht der Anmelderin sei die Anmeldung einheitlich, da die ihr zugrundeliegende Aufgabe der Lageschätzung und Objekterkennung durch die Methode der adaptiven Vektorquantisierung gelöst werde. Mit derartigen adaptiven Verfahren sei immer ein Lernverfahren zur adaptiven Bestimmung der Netzwerkparameter assoziiert. Die zwei Gruppen von Patentansprüchen verwirklichten somit einen allgemeinen Erfindungsgedanken.
1. Der Widerspruch entspricht der Regel 40.2 c) PCT. Er ist daher zulässig.
2. Nach Regel 13.1 PCT darf sich die internationale Anmeldung nur auf eine Erfindung oder eine Gruppe von Erfindungen beziehen, die so zusammenhängen, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.
3. Die Anmeldung betrifft in erster Linie ein Verfahren zur Erkennung und Schätzung der räumlichen Lage von Objekten aus einer zweidimensionalen Abbildung. Im automatisierten Industrieverfahren kann es vorkommen, daß ein dreidimensionales Objekt durch eine Fernsehkamera erfaßt wird, so daß eine zweidimensionale Abbildung des Objekts erkannt werden muß. Die Projektion des Objektes auf einer zweidimensionalen Fläche kann zu einer Abbildung führen, die die Erkennung des Objekts schwierig macht. Verfahren wurden entwickelt, die anhand von Eckpunkten und Kantenlinien eine vereinfachte zweidimensionale Projektion liefern, die zur Erkennung des Objekts und Schätzung der Lageparametern dienen können. Dabei werden Gleichungssysteme aufgestellt, die durch analytische oder iterative Methoden gelöst werden können. Diese bekannten Verfahren haben die Nachteile, daß sie störanfällig sind bzw. mit numerischen Methoden verarbeitet werden müssen.
4. Gemäß der Anmeldung ist die Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren anzugeben, das die oben angegebenen Probleme löst und das einerseits ein Verfahren zur Schätzung von Lageparametern des Objekts ermöglicht, sowie ein Verfahren zur gleichzeitigen Objekterkennung und Schätzung von Lageparametern des Objekts. Dabei wird die Methode der adaptiven Vektorquantisierung verwendet. In der Sprache der neuralen Netzwerke werden die Koordinaten von Merkmalspunkten als sogenannte Mustervektoren gebildet, die mit abgespeicherten Referenzmustern, sogenannte Gewichtskoeffizienten, verglichen werden. Die optimale Zuordnung zwischen Referenzmustern und Lageparametern bzw. Objekterkennung erfordert ein Lernverfahren, bei dem die Referenzmuster und die daraus zu entnehmenden Interpretationen schrittweise unter dem Einfluß von Trainingsmustervektoren verändert werden, so daß die Referenzmuster am Ende des Lernvorgangs die statistische Verteilung der Trainingsmuster wiedergeben und somit die strukturellen Eigenschaften der zu erkennenden Objekten kodiert werden.
5. Aus den Patentansprüchen 1 bis 6 ist nach Auffassung der Kammer zu entnehmen, daß das beanspruchte Verfahren zur Schätzung von Lageparametern eines Objekts bzw. zur Objekterkennung bei gleichzeitiger Schätzung von Lageparametern des Objekts, einen Lernvorgang voraussetzt. Dies ist aus Merkmal a) aller dieser Ansprüche zu entnehmen: aus diesem Merkmal geht hervor, daß eine Zahl von Referenzmustern und zugehörigen Lageparametern vorgegeben wird. In den Ansprüchen werden neurale Netzwerke zwar nicht explizit erwähnt, jedoch geht aus Seite 7, Zeilen 7 bis 18 der Beschreibung hervor, daß der in den Ansprüchen 2, 3 und 5, 6 erwähnte Index (i) der Gitterpunkte (i (1), i (2), i (3)) eines räumlichen Gitters mit einem Neuron eines neuralen Netzwerkes gleichzusetzen ist. Somit beziehen sich die Ansprüche 1 bis 6 auch auf den Fall, wobei das Verfahren unter Verwendung eines neuralen Netzwerks die notwendigen Daten ermittelt. Es wäre dem Fachmann selbstverständlich, daß die Verwendung eines neuralen Netzwerks einen geeigneten Lernvorgang voraussetzt, so daß ohne die Beschreibung eines derartigen Vorgangs die Anmeldung möglicherweise nicht vollständig wäre. Daß die vorgegebenen Daten einen Lernvorgang voraussetzen geht auch aus der Beschreibung, Seite 7, Zeilen 1 bis 18, hervor: "Die erfindungsgemäße Lösung ... bedient sich der Methode der adaptiven Vektorquantisierung ... . Da es sich hierbei um eine adaptive Methode handelt, setzt die technische Anwendung dieser Methode ein geeignetes Lernverfahren voraus." Hieraus schließt die Kammer, daß sich nicht nur die Ansprüche 7 bis 10 auf ein Lernverfahren beziehen; ein solches Verfahren dürfte auch den Ansprüchen 1 bis 6 zugrunde liegen, obwohl es in den letztgenannten Ansprüchen nicht explizit erwähnt wird.
6. In dieser Hinsicht nimmt die Kammer Bezug auf den zweiten Beispiel der Regel 13.2 PCT (Fassung vom 1. Januar 1985), wobei es möglich ist innerhalb derselben internationalen Anmeldung unabhängige Ansprüche für ein bestimmtes Verfahren und für eine Vorrichtung oder ein Mittel, die zur Ausführung dieses Verfahrens besonders entwickelt wurde, zu verbinden. Nach Auffassung der Kammer kann das Mittel zur Ausführung des Verfahrens gegebenenfalls auch selbst ein Verfahren sein. In der Anmeldung werden sowohl ein Verfahren (zur Schätzung von Lageparametern bzw. zur Objekterkennung) als ein Mittel zur Ausführung dieses Verfahrens, nämlich ein weiteres Verfahren zur Adaption von Referenzmustern zur Schätzung von Lageparametern, beansprucht.
7. Aus alledem folgt, daß die zwei Anspruchsgruppen als einheitlich im Sinne von Regel 13.1 und 13.2 PCT (Fassung vom 1. Januar 1985) anerkannt werden können.
8. Die IRB hat in ihrer Aufforderung keine Hinweis auf den Stand der Technik gemacht. Die Kammer geht davon aus, daß nur ein Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit "a priori" beabsichtigt war und hat somit keine Veranlassung, von sich aus zu prüfen, ob evtl. im Hinblick auf das Ergebnis der internationalen Teilrecherche eine Uneinheitlichkeit "a posteriori" vorliegt.
9. Dem Antrag der Anmelderin auf Rückzahlung der zusätzlich gezahlten Recherchengebühr ist somit stattzugeben.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Rückzahlung der zusätzlich gezahlten Recherchengebühr wird angeordnet.