J 0022/85 (Überweisungsauftrag) 23-07-1986
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Überweisungsauftrag
10-Tage-Regel
I. Der Beschwerdeführer reichte am 14. November 1984 die europäische Patentanmeldung Nr. 84 113 758.1 persönlich ein. Die Grundfrist zur Zahlung der Anmelde- und der Recherchengebühr gemäß Artikel 78 (2) EPÜ lief somit am 14. Dezember 1984 ab. Bis zum Ablauf dieser Frist war beim Europäischen Patentamt keine Zahlung eingegangen. Nach Regel 83 EPÜ lief die Nachfrist gemäß Regel 85a EPÜ am 14. Februar 1985 ab. Die Anmelde-, Recherchen- und Zuschlagsgebühren wurden am 15. Februar durch Scheck gezahlt.
II. Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid vom 11. März 1985 mitgeteilt, daß die Patentanmeldung gemäß Artikel 90 (3) EPÜ als zurückgenommen gelte. Auf die Möglichkeit des Nachweises gemäß Artikel 8 (3) der Gebührenordnung, daß die Frist als eingehalten gelte, wurde hingewiesen. Mit Schreiben vom 10. Mai 1985 beantragte der Beschwerdeführer eine Entscheidung der Eingangsstelle, ohne einen Nachweis gemäß Artikel 8 (3) der Gebührenordnung zu führen. Mit Entscheidung vom 3. Juni 1985 stellte die Eingangsstelle fest, daß die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen gelte, weil die Anmeldegebühr und die Recherchengebühr nicht innerhalb der Fristen gemäß Artikel 78 (2) und Regel 85a EPÜ entrichtet worden seien.
III. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer am 3. August 1985 unter Zahlung der Gebühr Beschwerde ein. Er begründete diese am 5. Oktober 1985.
IV. In der von ihm selbst unterzeichneten Begründung trug der Beschwerdeführer vor, er habe am 1. Februar 1985 einem Bankinstitut einen formgerechten Auftrag zur Überweisung der Anmelde-, Recherchen- und Zuschlagsgebühr erteilt. Am 12. Februar 1985 habe er bemerkt, daß die Überweisung nicht ausgeführt worden sei. Daher habe er den Überweisungsauftrag zurückgenommen und an das Europäische Patentamt durch Eilboten einen Scheck über dieselbe Geldsumme gesandt, die beim Europäischen Patentamt am 15. Februar 1985 einging.
V. In seiner Beschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der oben genannten Umstände gebeten, daß die Frist zur Entrichtung der Anmelde- und Recherchengebühr unter Anwendung der Bestimmungen des Artikels 8 (3) b) der Gebührenordnung als eingehalten betrachtet werden sollte. Hilfsweise beantragte er festzustellen, daß gemäß Regel 83 (2) EPÜ die Einmonatsfrist des Artikels 78 (3) am 15. November 1984 und die Zweimonatsfrist der Regel 85a EPÜ am 15. Dezember 1984 begonnen hätten, so daß die Frist gemäß Regel 85a EPÜ am 15. Februar 1985 geendet habe. Lege man diese Daten zugrunde, sei seine Zahlung rechtzeitig gewesen.
VI. Mit Bescheid vom 23. Januar 1986 wurde der Beschwerdeführer davon unterrichtet, daß die Kammer davon ausgehen werde, daß die Frist gemäß Regel 85a EPÜ am 14. Februar 1985 abgelaufen sei. Er wurde zur Vorlage hinreichender Beweismittel aufgefordert. Der Beschwerdeführer reichte eine Kopie seines Überweisungsauftrages vom 1. Februar 1985 und eine Kopie seines Schecks vom 12. Februar 1985 sowie eine eidesstattliche Versicherung vom 20. Mai 1986 ein.
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Regel 83 EPÜ regelt die Berechnung von Fristen. Sind Fristen nach Monaten bestimmt, beginnt die Berechnung an dem Tag, der dem Tag folgt, an dem das entsprechende Ereignis eingetreten ist, und die Frist endet an dem Tag des entsprechenden folgenden Monats, der dieselbe Zahl aufweist, wie der Tag, an dem das Ereignis eingetreten ist. Beginnt man die Berechnung an dem Tag, der dem Ereignis folgt, so steht eine Frist von einem oder mehreren vollständigen Monaten zur Verfügung, wenn die Frist an dem Tag mit derselben Zahl des folgenden Monats endet, den auch der Tag aufweist, an dem das Anfangsereignis eingetreten ist. Daraus folgt für den folgenden Fall:
(a) Die Einmonatsfrist des Artikels 78 (2) EPÜ lief am 14. Dezember 1984 ab. Der Zeitraum vom 15. November bis zum 14. Dezember 1984 einschließlich stellt eine Frist von einem vollständigen Monat dar.
(b) Die Zweimonatsfrist gemäß Regel 85a EPÜ lief am 14. Februar 1985 aus. Der Zeitraum vom 15. Dezember 1984 bis zum 14. Februar 1985 einschließlich stellt eine Frist von zwei vollständigen Monaten dar. Infolgedessen war im vorliegenden Fall der 14. Februar 1985 der letzte Tag, an dem die Anmelde- und Recherchengebühr zusammen mit der nach Regel 85a EPÜ erforderlichen Zuschlagsgebühr hätten gezahlt werden können. Unter diesen Umständen kann dem Vortrag des Beschwerdeführers, daß sein Scheck innerhalb der Frist der Regel 85(a) EPÜ eingegangen sei, nicht gefolgt werden.
3. Artikel 8 (3) b) der Gebührenordnung bestimmt: "Gilt eine Gebührenzahlung ... erst nach Ablauf der Frist als eingegangen, innerhalb der sie hätte erfolgen müssen, so gilt diese Frist als eingehalten, wenn dem Amt nachgewiesen wird, daß der Einzahler spätestens 10 Tage vor Ablauf der genannten Frist in einem Vertragsstaat: b) einen Auftrag zur Überweisung des zu entrichtenden Betrags einem Bankinstitut oder Postscheckamt formgerecht erteilt hat". Weil im vorliegenden Fall der Eingangsstelle lediglich bekannt war, daß die Scheckzahlung vom 12. Februar 1985 am 15. Februar 1985 eingegangen war, da der Beschwerdeführer keinerlei Beweismittel über seinen Überweisungsauftrag vom 1. Februar 1985 eingereicht hatte, befaßt sich die Entscheidung der Eingangsstelle nicht mit der Bedeutung des Überweisungsauftrages, sondern führt lediglich aus, daß die Zahlung der entsprechenden Gebühren erst nach Ablauf der Frist vorgenommen worden sei, in der sie hätte vorgenommen werden müssen. Nach Auffassung der Kammer ist jedoch in den vorgelegten Beweismitteln, nämlich der Beschwerdebegründung, die der Beschwerdeführer selbst unterschrieben hat, der von ihm selbst unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung, dem Doppel des Überweisungsauftrages vom 1. Februar 1985 und die Kopie des Schecks vom 12. Februar 1985, ausreichend dargetan, daß der Beschwerdeführer mehr als 10 Tage vor dem 14. Februar 1985 einen formgerechten Überweisungsauftrag seiner Bank zur Überweisung eines ausreichenden Geldbetrages gegeben hat. Obgleich der Überweisungsauftrag am 12. Februar 1985 storniert wurde, weil der Beschwerdeführer verständlicherweise fürchtete, daß er nicht mehr fristgerecht ausgeführt werden würde, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus den vorgelegten Beweismitteln, daß der Scheck vom 12. Februar 1985 an die Stelle des Überweisungsauftrages treten sollte. Unter den besonderen Gegebenheiten dieses Falles erachtet die Kammer die Voraussetzungen gemäß Artikel 8 (3) b) der Gebührenordnung als erfüllt. Demgemäß gilt die Frist zur Entrichtung der Anmeldegebühr und der Recherchengebühr gemäß Artikel 78 (2) EPÜ als eingehalten.
4. Obwohl der Beschwerde stattgegeben wird, hält es die Kammer nicht für billig, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, weil der Beschwerdeführer es unterlassen hatte, bereits im Verfahren vor der Eingangsstelle die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten Beweismittel geltend zu machen. Der Eingangsstelle konnte daher nicht bekannt sein, daß der Beschwerdeführer seiner Bank bereits am 1. Februar 1985 einen Überweisungsauftrag zur Überweisung eines aus reichenden Geldbetrages gegeben hatte.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Eingangsstelle vom 3. Juni 1985 wird aufgehoben und die Anmeldung wird zur Fortsetzung des Verfahrens an die Eingangsstelle zurückverwiesen.
2. Es wird festgestellt, daß die Frist gemäß Artikel 78 (2) EPÜ zur Zahlung der Anmelde- und Recherchengebühr eingehalten worden ist.