J 0019/92 (Mandatsniederlegung) 11-10-1993
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Niederlegung des Mandats eines Vertreters - Zustellung an Vertreter
Deliveries despatched before the representative relinquished his brief - need not be repeated
I. Die europäische Patentanmeldung wurde am 14. August 1986 eingereicht. Dem Vertreter des Anmelders wurde ein Prüfungsbescheid mit Datum vom 22. März 1990 gemäß Artikel 96(2) und Regel 51(2) EPÜ mit der Aufforderung zugestellt, innerhalb einer Frist von 4 Monaten zu dem Bescheid Stellung zu nehmen. Am 07. August 1990 wurde die gesetzte Frist auf Antrag um 2 Monate auf insgesamt 6 Monate verlängert.
II. Am 26. September 1990 wurde an den Vertreter des Anmelders die Mitteilung abgesandt, daß die Jahresgebühr für das 5. Jahr, die am 31. August 1990 fällig war noch innerhalb einer Nachfrist von 6 Monaten mit Zuschlagsgebühr entrichtet werden könne.
III. Mit Telefax vom 28. September 1990 beantragte der Vertreter eine weitere Fristverlängerung und erklärte ferner, daß er das Mandat niederlege. Die beantragte Fristverlängerung wurde mit Bescheid vom 11. Oktober 1990, der an den Vertreter zugestellt wurde, bewilligt. Mit Bescheid vom 16. Oktober 1990 wurde dem Vertreter bestätigt, daß gemäß seinem Antrag vom 28. September 1990 die Niederlegung der Vertretung mit Wirkung vom 01. Oktober 1990 registriert worden sei. Kopien der Mitteilungen vom 11. und 16. Oktober 1990 wurden dem Anmelder mit Schreiben vom 17. Oktober 1990 zur Kenntnisnahme zugestellt.
IV. Mit Schreiben vom 14. Januar 1991 wurde dem Anmelder mitgeteilt, daß seine europäische Patentanmeldung als zurückgenommen gelte, weil der Aufforderung zu dem Bescheid der Prüfungsabteilung vom 22. März 1990 Stellung zu nehmen, nicht entsprochen worden sei.
V. Der Vertreter teilte mit Schreiben vom 14. März 1991 mit, daß er vom Anmelder gebeten wurde, das Mandat wieder aufzunehmen. Im Hinblick auf die Feststellung nach Artikel 96 (3) EPÜ vom 14. Januar 1991 beantragte der Vertreter Weiterbehandlung nach Artikel 121 EPÜ und entrichtete die Weiterbehandlungsgebühr. Er nahm zum Prüfungsbescheid vom 22. März 1990 Stellung und reichte geänderte Patentansprüche ein. Mit Entscheidung vom 02. Mai 1991 wurde dem Vertreter mitgeteilt, daß die europäische Patentanmeldung weiter behandelt werde.
VI. Am 03. Mai 1991 erging an den Vertreter die Mitteilung nach Regel 69 (1) EPÜ, daß die europäische Patentanmeldung gemäß Artikel 86 (3) EPÜ als zurückgenommen gelte, weil die 5. Jahresgebühr und die Zuschlagsgebühr trotz Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ nicht rechtzeitig entrichtet worden seien. Die Jahresgebühr sei erst am 28. März 1991 entrichtet worden.
VII. Mit Schreiben vom 27. Juni 1991 beantragte der Vertreter eine Entscheidung nach Regel 69 (2) EPÜ. Zur Begründung führte er unter anderem aus, daß der Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ an ihn und nicht an den Anmelder übersandt worden sei, obwohl er die Vertretung niedergelegt gehabt hätte. Es sei daher ein Zustand entstanden, der demjenigen einer Unterbrechung des Verfahrens nach Regel 90 EPÜ nahe käme, weil der Anmelder als nicht geschäftsfähig anzusehen sei, da er die Mitteilung nicht erhalten habe.
VIII. Mit Entscheidung des Hauptformalsachbearbeiters vom 14. Januar 1992 wurde der Antrag, die Mitteilung vom 03. Mai 1991 aufzuheben, zurückgewiesen.
IX. Gegen diese Entscheidung legte der Vertreter frist- und formgerecht Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, daß die Mitteilung mit dem Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ vom 26. September 1990 sich mit seinem Schreiben vom 28. September 1990 gekreuzt habe, mit dem er die Niederlegung seines Mandates mitgeteilt habe. Daher habe der Anmelder nicht wissen können, wie es um seine Anmeldung steht. Weil der Vertreter das Mandat niedergelegt habe und aus einem parallelen Fall gewußt habe, daß eine Benachrichtigung des Anmelders durch das EPA erfolge, falls etwas nicht in Ordnung sei, habe auch kein Anlaß zur besonderen Benachrichtigung des Anmelders bestanden. Dieser sei daher tatsächlich, da er keine Kenntnis gehabt habe, handlungsunfähig gewesen. Eine mündliche Verhandlung wurde als Eventualantrag beantragt, falls sie für die weitere Abklärung des Sachverhaltes dienlich sei.
X. In einem Bescheid des Berichterstatters vom 28. Januar 1993 wurde darauf hingewiesen, daß es sich bei der Zustellung des Hinweises auf Artikel 86 (2) EPÜ nicht um einen Zustellungsmangel handele, daß von einer Handlungsunfähigkeit des Anmelders keine Rede sein könne und daß eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet werde.
XI. Mit Schriftsatz vom 05. April 1993 führte der Beschwerdeführer aus, daß nicht mehr die Meinung vertreten werde, die Zustellung des Hinweises auf Artikel 86 (2) EPÜ sei als Zustellungsmangel zu bewerten, da er an den Vertreter und nicht an den Anmelder gesandt worden sei, weil zu diesem Zeitpunkt das Mandat tatsächlich noch nicht niedergelegt worden sei. Ein Zustellungsmangel werde jedoch darin gesehen, daß die Feststellung gemäß Artikel 96 (3) EPÜ an den Anmelder direkt erging, ohne daß ihm nochmals der Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ zugestellt worden sei. Daher habe der Anmelder dem Irrtum unterliegen müssen, seine Anmeldung habe zwar einen Mangel bezüglich Artikel 96 (3) EPÜ, er habe jedoch nicht erkennen können, daß noch die Jahresgebühr mit Zuschlag zu bezahlen sei.
1. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die angefochtene Entscheidung zu Recht ergangen ist.
2. Die angefochtene Entscheidung stellt zu Recht fest, daß der mit Mitteilung gemäß Regel 69 (1) EPÜ festgestellte Rechtsverlust, nämlich daß die europäische Patentanmeldung gemäß Artikel 86 (3) EPÜ als zurückgenommen gilt, eingetreten ist, weil die 5. Jahresgebühr nebst Zuschlagsgebühr trotz Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ nicht rechtzeitig, nämlich erst am 28. März 1991, entrichtet worden ist.
3. Die 5. Jahresgebühr wurde am 31. August 1990 fällig. Da sie bis zum Fälligkeitstag nicht gezahlt wurde, wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers der Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ zugestellt. Damit wurde der Vertreter unterrichtet, daß die Jahresgebühr noch innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit wirksam entrichtet werden kann, sofern innerhalb der Frist, also bis zum 28. Februar 1991, die Gebühr nebst Zuschlag entrichtet wird.
4. Der Hinweis gemäß Artikel 86 (2) EPÜ wurde ordnungsgemäß dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt. Der Vertreter hat zwar mit Telefax vom 28. September 1990 dem EPA mitgeteilt, daß er die Vertretung des Beschwerdeführers niederlege, der Hinweis gemäß Artikel 86 (2) EPÜ wurde aber an den Vertreter bereits am 26. September 1990 abgesandt, also zu einem Zeitpunkt, als der Adressat noch Vertreter des Beschwerdeführers war. Regel 81 EPÜ verpflichtet das Europäische Patentamt, Zustellungen an den Vertreter zu richten, wenn ein Vertreter bestellt ist. Die Zustellung an den Vertreter war somit ordnungsgemäß, was der Vertreter mit seinem Schreiben vom 05. April 1993 auch nicht mehr in Zweifel zieht.
5. Der Vertreter des Beschwerdeführers vertritt jedoch die Auffassung, daß der Hinweis gemäß Artikel 86 (2) EPÜ dem Anmelder selbst hätte zugestellt werden müssen, als diesem die Mitteilung gemäß Artikel 96 (3) EPÜ zugestellt wurde. Die Mitteilung gemäß Artikel 96 (3) EPÜ ist dem Anmelder völlig zutreffend am 14. Januar 1991 selbst zugestellt worden, weil der Anmelder infolge der Mandatsniederlegung vom 28. September 1990 nicht mehr von einem Vertreter vertreten war. Worauf der Vertreter seine Ansicht stützen will, daß bei dieser Gelegenheit das Europäische Patentamt dem Anmelder auch noch einmal den Hinweis auf Artikel 86 (2) EPÜ hätte zustellen müssen, ist der Kammer nicht ersichtlich. Es gibt keine Verpflichtung des Europäischen Patentamts ordnungsgemäß vorgenommene Zustellungen noch einmal zu wiederholen. Es war vielmehr Pflicht des Vertreters gemäß dem mit dem Anmelder abgeschlossen Beratungsvertrag, den Anmelder über die Zustellung des Hinweises gemäß Artikel 86 (2) EPÜ zu unterrichten. Wenn der Vertreter das unterließ, so fällt das ganz in seinen Verantwortungsbereich.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.