T 0986/00 (Rotierende elektrische Maschinen/ALSTOM UK LTD) 25-02-2003
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Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Grundlage der Entscheidung - weitere Gelegenheit zur Änderung der Anmeldung (verneint)
I. Die Einsprechende legte Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung ein, mit der der Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 697 148 zurückgewiesen worden war.
II. Im Beschwerdeverfahren wurden folgende Dokumente aus dem Stand der Technik angeführt:
D01: GB-A-824 861
D05: "Plasma-sprayed Coatings", H. Herman, veröffentlicht in "Scientific American", September 1988, Seiten 78 bis 83
D06: DE-A-3 832 094
D09: Eintrag "Keramik" in "Lexikon Technik und exakte Naturwissenschaften", veröffentlicht im Fischer Taschenbuch Verlag, Oktober 1972, Band 6, Seiten 1623 bis 1627
D10: "Keramik", veröffentlicht im Springer-Verlag, 1983, Teil 2: "Keramische Werkstoffe", Seiten 166 bis 172 und 233 bis 235
Auf die Dokumente D01, D05 und D06 war in der angefochtenen Entscheidung eingegangen worden; die Dokumente D09 und D10 wurden in der Beschwerdebegründung erstmals angeführt.
III. In Erwiderung auf die Beschwerdebegründung kündigte die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 an, daß sie die in ihren Mitteilungen an die Einspruchsabteilung vom 2. Februar 1999 und vom 6. September 1999 enthaltenen Bemerkungen und Vorbringen erneut vorlege. Im gleichen Schreiben erklärte sie, daß sie die bereits im Einspruchsverfahren bedingt eingereichten Ansprüche C und D nochmals bedingt einreiche und zudem einen neuen Anspruch F bedingt einreiche, dessen Wortlaut im Schreiben wiedergegeben war.
IV. Auf Antrag der Beschwerdeführerin wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt. In einer Mitteilung, die der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügt war, wies die Kammer unter anderem darauf hin, daß sich die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) darauf einstellen solle, die Beschreibung und die abhängigen Ansprüche in der mündlichen Verhandlung zu ändern, falls die Kammer beschließen sollte, das Patent auf der Grundlage eines der Hilfsanträge in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten. Des weiteren hieß es in dieser Mitteilung der Kammer, daß Beteiligte, die Schriftsätze zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vorlegen wollten, die entsprechenden Unterlagen spätestens einen Monat vor dem Termin der mündlichen Verhandlung beim EPA einzureichen hätten.
V. Mit Schreiben vom 28. Januar 2003 teilte die Patentinhaberin mit, daß sie nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen werde. Sie erklärte, sie halte an ihrem bereits geäußerten Standpunkt fest, und forderte die Kammer auf, ihrem Vorbringen bezüglich der geltenden Ansprüche die gebührende Bedeutung beizumessen. Für den Fall, daß die Kammer entscheiden sollte, die geltenden Ansprüche nicht aufrechtzuerhalten, beantragte die Patentinhaberin, daß die Kammer die Patentierbarkeit der bedingt eingereichten Ansprüche prüfen möge.
VI. Die mündliche Verhandlung vor der Kammer fand am 25. Februar 2003 statt. Wie angekündigt, war die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 697 148.
Es wurde vermerkt, daß die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) die Zurückweisung der Beschwerde oder die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der bedingt eingereichten Ansprüche C, D oder F beantragte.
VII. Die Ansprüche des Streitpatents in der erteilten Fassung lauten wie folgt:
"1. Eine rotierende elektrische Maschine, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist und einen Rotor besitzt, der Stableiter aus Kupfer oder aus einem Werkstoff auf Kupferbasis aufweist, die in Schlitzen (5) in einem Rotorkern (7) aus einem magnetischen Material eingesetzt sind und elektrisch miteinander verbunden sind, so daß sie eine Wicklung bilden, wobei die Stableiter (3) mit einer Beschichtung aus einem wärmebehandelten Werkstoff auf Keramikbasis versehen sind und die Leiter beschichtet werden sowie die Keramik wärmebehandelt wird, bevor die Leiter (3) in die Schlitze (5) eingesetzt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei oder oberhalb der Brenntemperatur der Keramik erfolgt und die Beschichtung so angepaßt ist, daß Funkenbildung zwischen den Stableitern (3) und dem Rotorkern (7) verhindert wird.
2. Eine Maschine nach Anspruch 1, wobei die Stableiter durch Schweißen oder Hartlöten an gebräuchliche Endringe (11) elektrisch miteinander verbunden sind, um die Wicklung zu bilden.
3. Eine Maschine nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Beschichtung aus einem Werkstoff auf Aluminiumoxidkeramikbasis besteht.
4. Eine Maschine nach Anspruch 1, 2 oder 3, wobei die Beschichtung eine Dicke von weniger als 500 µm aufweist.
5. Eine Maschine nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Beschichtung einen mikroporösen Werkstoff auf Keramikbasis enthält.
6. Eine Maschine nach Anspruch 5, wobei die Beschichtung unter Verwendung eines Plasmaspritzverfahrens auf den Leiter aufgebracht wurde.
7. Eine Maschine nach Anspruch 5 oder 6, wobei die Beschichtung mit einem synthetischen Harzmaterial imprägniert ist.
8. Eine Maschine nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die Beschichtung durch Brennen auf die Stableiter (3) aufgebracht wurde, nachdem diese in eine flüssige Lösung aus dem Werkstoff auf Keramikbasis eingetaucht wurden.
9. Eine Maschine nach Anspruch 8, wobei der Werkstoff auf Keramikbasis ein Werkstoff auf Glaskeramikbasis ist."
VIII. Die bedingt eingereichten Ansprüche C, D und F lauten wie folgt:
Anspruch C
"1. Eine rotierende elektrische Maschine, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist und einen Rotor besitzt, der Stableiter aus Kupfer oder aus einem Werkstoff auf Kupferbasis aufweist, die in Schlitze (5) in einem Rotorkern (7) aus einem magnetischen Material eingefügt werden und elektrisch miteinander verbunden sind, so daß sie eine Wicklung bilden, wobei die Stableiter (3) mit einer Beschichtung aus einem wärmebehandelten Werkstoff auf Keramikbasis versehen sind und die Leiter beschichtet werden sowie die Keramik wärmebehandelt wird, bevor die Leiter (3) in die Schlitze (5) eingefügt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei oder oberhalb der Brenntemperatur der Keramik erfolgt und die Beschichtung eine mikroporöse plasmagespritzte Beschichtung ist, die so angepaßt ist, daß Funkenbildung zwischen den Stableitern (3) und dem Rotorkern (7) verhindert wird."
Anspruch D
"1. Eine rotierende elektrische Maschine, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist und einen Rotor besitzt, der Stableiter aus Kupfer oder aus einem Werkstoff auf Kupferbasis aufweist, die in Schlitze (5) in einem Rotorkern (7) aus einem magnetischen Material eingefügt werden und elektrisch miteinander verbunden sind, so daß sie eine Wicklung bilden, wobei die Stableiter (3) mit einer Beschichtung aus einem wärmebehandelten Werkstoff auf Keramikbasis versehen sind und die Leiter beschichtet werden sowie die Keramik wärmebehandelt wird, bevor die Leiter (3) in die Schlitze (5) eingefügt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei oder oberhalb der Brenntemperatur der Keramik erfolgt und die Beschichtung eine mikroporöse Beschichtung ist, die so angepaßt ist, daß Funkenbildung zwischen den Stableitern (3) und dem Rotorkern (7) verhindert wird, wobei die mikroporöse Beschichtung nach dem Auftragen der Beschichtung und vor dem Einfügen der Stableiter in die Schlitze mit einem synthetischen Harzmaterial imprägniert wird."
Anspruch F
"1. Eine rotierende elektrische Maschine, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist und einen Rotor besitzt, der Stableiter aus Kupfer oder aus einem Werkstoff auf Kupferbasis aufweist, die in Schlitze (5) in einem Rotorkern (7) aus einem magnetischen Material eingefügt werden und elektrisch miteinander verbunden sind, so daß sie eine Wicklung bilden, wobei die Stableiter (3) mit einer Beschichtung aus einem wärmebehandelten Werkstoff auf Keramikbasis versehen sind und die Leiter beschichtet werden sowie die Keramik wärmebehandelt wird, bevor die Leiter (3) in die Schlitze (5) eingefügt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Wärmebehandlung bei oder oberhalb der Brenntemperatur der Keramik erfolgt und die Beschichtung eine mikroporöse plasmagespritzte Beschichtung auf Aluminiumoxidbasis ist, die so angepaßt ist, daß Funkenbildung zwischen den Stableitern (3) und dem Rotorkern (7) verhindert wird, wobei die mikroporöse Beschichtung nach dem Auftragen der Beschichtung und vor dem Einfügen der Stableiter in die Schlitze mit einem synthetischen Harzmaterial imprägniert wird."
IX. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) brachte im wesentlichen folgendes vor:
Das Dokument D01 beschreibe einen Käfigläufermotor (Beispiel 3), bei dem die Kupferstäbe des Rotors - vor dem Einpassen in die Nuten des Rotors - mit einer Isolierbeschichtung versehen würden, die SiO2 enthalte, das - wie aus Dokument D09 ersichtlich sei - ein keramischer Werkstoff sei. Beispiel 3 in D01 weise alle Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung auf, mit Ausnahme der Angabe, daß der Motor für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt sei. Käfigläufermotoren, wie sie in D01 beschrieben seien, seien in der Industrie für größere Leistungen als 10 Kilowatt aber allgemein gebräuchlich. Daher sei der in Anspruch 1 des Patents angegebene Leistungsbereich für diese Art von Maschinen üblich und nicht mit erfinderischen Überlegungen verbunden. In bezug auf den in D01 offenbarten Stand der Technik bestehe die objektive Aufgabe, die die Erfindung löse, darin, für die isolierende Beschichtung der Rotorstableiter ein mechanisch und elektrisch besser geeignetes Material zu finden und zu verwenden. Die Verwendung eines gebrannten keramischen Werkstoffs, insbesondere von Al2O3, als isolierende Beschichtung sei für den Fachmann - in diesem Fall einen Spezialisten auf dem Gebiet der Werkstofftechnik - naheliegend, was auch aus dem als Dokument D10 angeführten Lehrbuch hervorgehe, dessen Inhalt als Bestandteil des allgemeinen Fachwissens des Fachmanns angesehen werden müsse.
Bezüglich der bedingt eingereichten Ansprüche C, D und F brachte die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, daß die Anträge hinsichtlich dieser Ansprüche nicht klar seien.
X. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) läßt sich wie folgt zusammenfassen:
Das aus dem Stand der Technik bekannte Verfahren zur Herstellung eines Rotors für Maschinen, die in explosiven Atmosphären betrieben werden müßten, bestehe darin, nicht- isolierte Stableiter durch Preßpassung in Schlitze des Rotorkerns einzufügen, damit sich die Stableiter ständig in einwandfreiem elektrischem Kontakt mit dem Rotorkern befänden. Dadurch solle Funkenbildung zwischen den Stäben und dem Rotorkern vermieden werden. Die Patentinhaberin habe herausgefunden, daß nicht garantiert werden könne, daß ein solcher Kontakt während der gesamten Lebensdauer der Maschine bestehen bleibe, weil beispielsweise die Wärmeausdehnung von Stableitern und Rotorkern unterschiedlich sei. In keinem der angeführten Dokumente sei offenbart, daß die relative Verschiebung zwischen den Stäben und dem Rotorkern problematisch werden oder bei Maschinen mit unbeschichteten Stäben mit zunehmender Lebensdauer Funkenbildung auftreten könne; deshalb müsse gebührend beachtet werden, daß die Patentinhaberin bislang nicht bekannte Probleme bei der Verwendung unbeschichteter Stäbe, die in scheinbar einwandfreiem elektrischem Kontakt mit dem Rotorkern stünden, erkannt habe. Die Erfindung löse diese Probleme dadurch, daß die Stäbe mit einer elektrisch isolierenden Beschichtung versehen seien, mit der sich eine Funkenbildung völlig unterbinden lasse. Es sei herausgefunden worden, daß ein gebrannter keramischer Werkstoff, insbesondere von mikroporöser Beschaffenheit, wie er durch Plasmaspritzen erzeugt werde und der insbesondere aus einem Werkstoff auf Aluminiumoxidbasis bestehe, die besten Ergebnisse erziele. Die Verwendung eines gebrannten Werkstoffs auf Keramikbasis führe zu einer Beschichtung, die sehr robust sei, fest an den Stableitern hafte, das zur Vermeidung von Funkenbildung notwendige Maß an elektrischer Isolierung biete, im erforderlichen Umfang die Wärmeübertragung von den Stäben zum Kern ermögliche und den bei der Herstellung der Maschine auftretenden erheblichen Verformungen der Stäbe standhalte. Sie brachte vor, daß der Durchschnittsfachmann bei der Sichtung des verfügbaren Stands der Technik nicht mit diesen technischen Vorteilen rechnen könne. Insbesondere offenbare das Dokument D01 keinen Brennvorgang zur Keramikbeschichtung der Stableiter, sondern lediglich eine Trocknung bei bis zu 350 °C. Die Beschichtung gemäß D01 müsse einem Weichlötvorgang standhalten, bei dem die Enden der Stäbe kurzgeschlossen würden, während die gebrannte Keramikbeschichtung der Patentinhaberin robuster sei und einem Hartlöt- oder Schweißvorgang standhalte. Außerdem lasse die Patentinhaberin nicht gelten, daß die Verwendung von Rotoren, wie sie in D01 beschrieben seien, in Maschinen mit einer Leistung von über 10 Kilowatt bekannt sei. Die Offenbarung von D01 sei in erster Linie auf die Bereitstellung einer sehr dünnen Beschichtung als Grundlage für eine weitere Hauptschicht einer herkömmlichen Isolierung gerichtet. Dieser Schwerpunkt halte von der im Streitpatent beanspruchten Erfindung ab, weil die Gedanken des Fachmanns in eine andere Richtung gelenkt würden als hin zu einer einzelnen, dickeren Schicht aus gebrannter Keramik als einziger Isolierung.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Hauptantrag
2.1 Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) bringt vor, daß es bei der Erfindung darum geht, Funkenbildung zwischen den Stableitern und dem Kern zu vermeiden, aus denen sich der Rotor einer elektrischen Maschine zusammensetzt, und schließt daraus, daß der nächstliegende Stand der Technik, von dem bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit auszugehen ist, aus einem vorbekannten Versuch zur Verhinderung einer solchen Funkenbildung bestehen muß.
Die Kammer kann sich diesem Standpunkt aber nicht anschließen, weil Artikel 56 EPÜ vorsieht, daß eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Daher ist die Kammer der Auffassung, daß Einwände wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit grundsätzlich und von Rechts wegen jeden beliebigen Stand der Technik als Ausgangspunkt haben können, wobei entscheidend ist, ob der Durchschnittsfachmann von dort aus in naheliegender Weise zu einem Gegenstand gelangen würde, der unter den Umfang des betreffenden Anspruchs fällt.
2.2 Das in Dokument D01 beschriebene Beispiel 3 betrifft einen Rotor eines Käfigläufermotors mit Stableitern aus Kupfer, die in Schlitze eines Rotorkerns aus magnetischem Material eingepaßt und durch angelötete Kupferringe elektrisch miteinander verbunden sind, so daß sie eine Wicklung bilden. Die Stableiter werden mit einer Lösung beschichtet, die anschließend luftgetrocknet und einer Wärmebehandlung in einem Ofen unterzogen wird, um eine Beschichtung zu erhalten, die die Stableiter vor Abblättern, Anlaufen und Korrosion schützt. Zudem heißt es in D01, daß diese Beschichtung die Stableiter vor metallischem Kontakt mit den Seitenflächen der Schlitze in den Blechen schützt, die den Rotorkern bilden. Daher ist offensichtlich, daß die Stableiter in Beispiel 3 von D01 mit keiner weiteren Isolierung versehen werden.
Somit geht es in Beispiel 3 von D01 um eine rotierende elektrische Maschine, die abgesehen davon, daß in D01 nicht angegeben ist, daß die Maschine für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist, alle Merkmale des Oberbegriffs von Anspruch 2 des erteilten Streitpatents aufweist. Zudem verhindert - auch wenn dies in D01 nicht angeführt ist - die in Beispiel 3 von D01 auf die Kupferstableiter aufgebrachte Beschichtung zumindest in gewissem Umfang die Funkenbildung zwischen den Stableitern und dem Rotorkern, weil sie die Stableiter gegen den Kern isoliert.
2.3 Nimmt man Beispiel 3 von D01 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit, so unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung von diesem nächstliegenden Stand der Technik dadurch, daß
a) die Maschine für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist und
b) die auf die Stableiter aufgebrachte Beschichtung bei oder oberhalb der Brenntemperatur des keramischen Werkstoffs wärmebehandelt wird, d. h., daß die Stableiter mit einem gebrannten Werkstoff auf Keramikbasis beschichtet sind.
2.4 Für den Fachmann ist es offensichtlich, daß das Überziehen der Stableiter mit einer Beschichtung, die sie gegen die Seitenflächen der Bleche isoliert, die den Rotorkern bilden, die Verluste in der Maschine unabhängig von ihrer Nennleistung reduzieren kann. Außerdem sind Maschinen, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt sind, in der Industrie gebräuchlich. Daher gelangt die Kammer zu dem Schluß, daß es für den Fachmann naheliegend ist, die Lehre von D01 auf eine Maschine anzuwenden, die für größere Leistungen als 10 Kilowatt ausgelegt ist, wie es in Anspruch 1 des Streitpatents angegeben ist.
2.5 In Beispiel 3 von D01 werden die Stableiter nach dem Einpassen in den Rotorkern an die Endringe gelötet. Im Streitpatent heißt es, daß die gebrannte Keramikbeschichtung fest an den Stableitern haftet und robust genug ist, um den erheblichen Verformungen an den Enden der Stableiter standzuhalten, die insbesondere beim Anschweißen an die Endringe auftreten. Somit läßt sich die objektive Aufgabe, die durch das oben angeführte Merkmal b vor dem Hintergrund des in D01 offenbarten Stands der Technik gelöst wird, als die Bereitstellung einer robusten Isolierbeschichtung betrachten, die ohne besondere Vorkehrungen einer rauhen Behandlung standhalten kann. Nach Auffassung der Kammer ist diese Aufgabe naheliegend für den Fachmann, der zwangsläufig merken würde, wenn eine nicht ausreichend robuste Beschichtung Probleme verursachen würde.
2.6 Das Dokument D10 ist für die oben genannte objektive Aufgabe relevant, weil es offenbart, daß ein gebrannter keramischer Werkstoff als elektrisch isolierende Schicht auf einem Kupfersubstrat verwendet werden kann. Daher ist es angebracht, die Lehre von D10 bei der Erörterung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Laut D10 können keramische Werkstoffe insbesondere Metalle vor Erosion und Abrieb schützen. Mithin ist bekannt, daß Keramikbeschichtungen widerstandsfähig sind und fest an Metallsubstraten haften. Des weiteren sagt D10 aus, daß hochtemperaturbeständige Keramikbeschichtungen insbesondere durch Plasmaspritzverfahren hergestellt werden können und die Haftung einer plasmagespritzten Beschichtung in der Regel durch die mechanische Verankerung auf dem Substrat bedingt ist. Dokument D05, das Plasmaspritzen zum Gegenstand hat, bestätigt, daß eine plasmagespritzte Beschichtung durch eine mechanische Bindung fest auf dem Substrat verankert werden kann, auf das sie aufgebracht wird. D10 ist ein Lehrbuch und D05 ein Artikel aus einer populärwissenschaftlichen Zeitschrift, so daß von beiden angenommen werden kann, daß sie allgemeines Fachwissen offenbaren, das der Durchschnittsfachmann berücksichtigen würde. Angesichts des allgemeinen Fachwissens auf dem Gebiet der Isolierbeschichtungen wäre es für den Durchschnittsfachmann also naheliegend gewesen, die in D01 beschriebene Beschichtung durch eine plasmagespritzte Keramikschicht zu ersetzen und dadurch zum Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents zu gelangen. Somit gilt der Gegenstand des Anspruchs 1 des Patents in der erteilten Fassung nicht als erfinderisch im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
2.7 Aus diesem Grund ist die Kammer der Auffassung, daß die in Artikel 100 EPÜ angeführten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form entgegenstehen.
3. Hilfsanträge
3.1 Die bedingt eingereichten Ansprüche C, D und F, die vermutlich den Anspruch 1 in der erteilten Fassung ersetzen sollen, umfassen Merkmale - insbesondere die mikroporöse Struktur des Werkstoffs auf Keramikbasis -, die in den abhängigen Ansprüchen des erteilten Patents angeführt sind. Zu den abhängigen Ansprüchen wurden keine Änderungen eingereicht. Infolgedessen sind die Ansprüche der Hilfsanträge nicht einheitlich und somit nicht klar. Die Ansprüche C und F, die das Auftragen mittels Plasmaspritzen betreffen, sind außerdem nicht kompatibel mit den abhängigen Ansprüchen 8 und 9 und der zweiten im Patent beschriebenen Maschine, bei der die Beschichtung durch einen Brennvorgang auf die Stableiter aufgebracht wird, nachdem diese in eine flüssige Lösung eines Werkstoffs auf Keramikbasis eingetaucht wurden. Im übrigen besagt die Beschreibung des Streitpatents, daß die Beschichtung vorzugsweise einen mikroporösen Werkstoff auf Keramikbasis enthält, und ist daher mit den Ansprüchen C, D und F unvereinbar. Damit erfüllt das Patent in der Fassung gleich welchen Hilfsantrags nicht die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ.
3.2 Deshalb ist die Kammer der Auffassung, daß das Patent auch unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin vorgeschlagenen Änderungen den Erfordernissen des EPÜ nicht genügt.
3.3 Die Kammer fügt hinzu, daß die bedingt eingereichten Ansprüche C, D und F eine geeignete Grundlage für die Erörterung der entsprechenden Hilfsanträge hätten sein können, wenn die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen wäre und die abhängigen Ansprüche sowie die Beschreibung hätte ändern können. Allerdings zog die ordnungsgemäß geladene Patentinhaberin es vor, in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten zu sein, und obwohl sie in Absatz 7 der zusammen mit der Ladung ergangenen Mitteilung darauf hingewiesen worden war, daß sie sich darauf einstellen sollte, die Beschreibung und die abhängigen Ansprüche in der mündlichen Verhandlung zu ändern, falls die Kammer beschließen sollte, das Patent auf der Grundlage eines der Hilfsanträge in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, reichte sie keine weiteren Änderungen des Streitpatents ein. Wie in Absatz 6 der Mitteilung angegeben, hätten Schriftsätze jeder Art spätestens einen Monat vor der mündlichen Verhandlung eingereicht werden müssen. Nach Artikel 113 (2) EPÜ hat sich die Kammer bei den Entscheidungen über das Patent an die vom Patentinhaber vorgelegte oder gebilligte Fassung zu halten. Darüber hinaus sollte eine Sache gemäß den Artikeln 11 (1) und (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern in der Regel am Ende der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif sein, und die Beteiligten sollten vor der mündlichen Verhandlung die erforderlichen Informationen und Unterlagen einreichen. Daher hat ein Patentinhaber, der es vorzieht, nicht in der mündlichen Verhandlung vertreten zu sein, sicherzustellen, daß er vor der mündlichen Verhandlung alle Änderungen eingereicht hat, die er berücksichtigt haben möchte. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als die Patentinhaberin in der Mitteilung der Kammer ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß Ansprüche und Beschreibung möglicherweise geändert werden müßten. Daher kann die Kammer ihre Entscheidung ohne weitere Umstände treffen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.