T 0126/04 (Maschine zum Biegen/BLM S.p.A.) 29-06-2004
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Maschine zum Biegen länglicher Teile, wie Rohre, Stangen oder Profile
Zulässigkeit der Beschwerde
Übersetzung der Beschwerdeschrift
I. Am 22. Januar 2004 hat der Beschwerdeführer (Einsprechende) per Telefax - am 23. Januar 2004 durch Schreiben bestätigt - gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 24. November 2003, mit der sein Einspruch zurückgewiesen wurde, Beschwerde eingelegt. Am 23. Januar 2004 wurde die Beschwerdegebühr bezahlt. Die Beschwerdebegründung wurde nicht eingereicht.
II. Der Beschwerdeführer hat seinen Geschäftssitz in Italien und die Beschwerdeschrift vom 22. Januar 2004 war auf Italienisch verfaßt. In einem Bescheid vom 24. März 2004 hat die Kammer darauf hingewiesen, daß eine Übersetzung der Beschwerdeschrift in eine Amtssprache nicht eingegangen war. Mit der Erwiderung auf diesen Bescheid, die am 6. April 2004 eingegangen ist, reichte der Beschwerdeführer eine Übersetzung der Beschwerdeschrift in die englische Sprache ein.
Er behauptete, die Übersetzung sei bereits mit dem Telefax und mit dem Bestätigungsschreiben eingereicht worden.
III. Der Beschwerdeführer beantragt, die Entscheidung der ersten Instanz aufzuheben und das Patent Nr. 0 872 292 zu widerrufen.
Der Beschwerdegegner hat zum Bescheid der Kammer nicht Stellung genommen.
1. Die Beschwerdeschrift wurde auf Italienisch eingereicht.
Der Beschwerdeführer behauptet, eine Übersetzung ins Englische sei dem Telefax und dem Bestätigungsschreiben beigefügt worden. Er hat dies aber weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen.
Die Wahrscheinlichkeit, daß die Übersetzung sowohl beim Eingang des Telefax als auch beim Eingang des Bestätigungsschreibens beim EPA verloren gegangen ist, scheint der Kammer erfahrungsgemäß sehr niedrig zu sein. Deswegen kann die Kammer den Verlust dieser Schriftstücke durch das Amt als Erklärung für ihr Fehlen ausschließen.
Die Kammer stellt daher fest, daß die Übersetzung erst am 6. April 2004 d. h. außerhalb der Beschwerdefrist eingegangen ist.
2. Die Beschwerde erfüllt nicht die Erfordernisse des Artikels 14 (4) i.V.m. Regel 1 (1) und Regel 6 (2) EPÜ, wonach Personen mit Wohnsitz oder Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates, in dem eine andere Sprache als Deutsch, Englisch oder Französisch Amtssprache ist (in diesem Fall Italien), fristgebundene Schriftstücke zwar in einer Amtsprache des betreffenden Vertragstaates einreichen dürfen (in diesem Fall Italienisch), jedoch eine Übersetzung in eine Amtssprache des Europäischen Patentamts innerhalb eines Monats nach Einreichung des Schriftstücks gegebenenfalls bis zum Ablauf der Beschwerdefrist einreichen müssen.
3. Die Anforderungen einer Beschwerde und die Rechtsfolgen bei Mängeln sind in Regel 65 EPÜ geregelt. In Regel 65 (1) EPÜ wird ausdrücklich Regel 1 (1) EPÜ erwähnt, die ihrerseits auf Artikel 14 (4) EPÜ verweist. Dieser Verweis läßt nach Auffassung der Kammer keine andere Auslegung zu, als daß Regel 65 (1) EPÜ die Rechtsfolge der Nicht-Einreichung der gemäß Artikel 14 (4) EPÜ erforderlichen Übersetzung der Beschwerdeschrift bestimmt (zu den Erfordernissen einer zulässigen Beschwerde vgl. T 460/95 (ABl. EPA 1998, 587, Punkt 4 der Entscheidungsgründe). Diese Rechtsfolge ist die Unzulässigkeit der Beschwerde.
Da Regel 65 (1) EPÜ eine spezielle Vorschrift für die Beschwerde ist, hat sie nach den allgemeinen Regeln der Auslegung von Gesetzesvorschriften Vorrang gegenüber der allgemeinen Vorschrift in Artikel 14 (5) EPÜ, die die Rechtsfolge für andere Schriftstücke bestimmt, für die die erforderliche Übersetzung nicht eingereicht wurde.
Es liegt daher kein Fall der mangelnden Übereinstimmung zwischen Vorschriften des Übereinkommens (Artikel 14 (4) und (5) EPÜ) und Vorschriften der Ausführungsordnung (Regel 65 (1) und Regel 1 (1) EPÜ) vor, bei welchem die Vorschriften des EPÜ gemäß Artikel 164 (2) EPÜ vorgehen sollen.
Daraus ergibt sich, daß die vorgesehene Rechtsfolge bei diesem Mangel nach Regel 65 (1) EPÜ die Unzulässigkeit der Beschwerde ist.
4. Aus den oben genannten Gründen kann sich die Kammer der in der Entscheidung T 323/87 (ABl. EPA 1989, 343) vertretenen, ausschließlich auf Artikel 14 (5) EPÜ basierten Ansicht nicht anschließen, wonach bei nicht fristgerechter Einreichung der Übersetzung der Beschwerdeschrift keine Beschwerde vorläge, über die die Kammer entscheiden könne, mit der Folge, daß die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten sei.
Diese Interpretation führt außerdem nach Meinung der Kammer dazu, daß dem in Artikel 14 (2) EPÜ erwähnten Personenkreis die Möglichkeit gewährt wird, durch Nicht- Einreichung der Übersetzung der Beschwerdeschrift die Beschwerde im Ergebnis zurückzunehmen und die Rückzahlung der Beschwerdegebühr zu bekommen. Diese Möglichkeit steht jedoch in Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung der Beschwerdekammern, wonach die Rücknahme der Beschwerde die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht begründen kann.
Die Gewährung dieser Rücknahmeoption geht offensichtlich über den Zweck von Artikel 14 (4) EPÜ hinaus, der dafür geschaffen wurde, um den betroffenen Personen die Möglichkeit zu geben, die im EPÜ für die Einreichung von Schriftstücken vorgesehenen Fristen voll ausschöpfen zu können (siehe G 6/91 ABl. EPA 1992, 491, Punkt 11 der Entscheidungsgründe) und ist daher nicht gerechtfertigt.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.