T 1697/07 20-09-2011
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Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren für die Polymerisation von Olefinen mit verbesserten Produktivitäten im Particle-Form-Verfahren
Übertragung der Einsprechendenstellung
Erfinderische Tätigkeit (verneint)
I. Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen die am 24. Juli 2007 verkündete Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 1 218 102 widerrufen wurde. Das erteilte Patent umfasste 7 Ansprüche, wobei die unabhängigen Ansprüche 1 und 6 wie folgt lauteten:
"1. Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren, bei dem ein Silicagel in einer Suspension mit einer Chromsalzlösung behandelt und anschließend, nach Entfernung des Lösungsmittels, in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre bei Temperaturen oberhalb 300 ºC calciniert wird, dadurch gekennzeichnet, dass das Silicagel vor dem Calcinieren und/oder der Katalysator nach dem Calcinieren so lange zerkleinert wird, bis eine mittlere Korngröße von < 100 mym erreicht ist, wobei der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liegt."
"6. Verfahren zur Olefinpolymerisation bei dem Homopolymere von Ethylen oder Copolymere von Ethylen und einem Comonomer mit 3 bis 12 C-Atomen in einer Menge von bis zu 10 Gew.-% Comonomer hergestellt werden, dadurch gekennzeichnet, dass die Polymerisation in Gegenwart eines Phillips-Katalysators hergestellt nach einem Verfahren der Ansprüche 1 bis 5 bei Temperaturen im Bereich von 30 bis 150 ºC unter einem Druck im Bereich von 0,2 bis 15 MPa durchgeführt wird."
II. Gegen die Erteilung des obigen Patents wurde von Ineos Silicas Limited Einspruch eingelegt, mit dem Antrag, das Patent wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 100 a) EPÜ) in vollem Umfang zu widerrufen.
III. Der angefochtenen Entscheidung lagen das erteilte Patent als Hauptantrag und zwei Hilfsanträge zu Grunde. In Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag wurden ein Wasserextraktionsschritt mit einem Alkohol und eine Trocknung zur Entfernung des Alkohols hinzugefügt; Anspruch 6 wurde als Anspruch 5 umnummeriert. Im zweiten Hilfsantrag wurden in Anspruch 1 die Merkmale aufgenommen, dass das Zerkleinern durch Mahlen erfolgt und dass die Zeitdauer für das Mahlen durch Probenahmen in bestimmten Zeitabständen bestimmt ist.
In der Entscheidung wurden unter anderem folgende Entgegenhaltungen zitiert:
D1: EP-A-0 805 164
D2A-D2G: Beweise einer offenkundige Vorbenutzung
D3: WO-A-93/23438
D4: US-A-4 228 260
D6: DE-A- 25 40 279
IV. In der angefochtenen Entscheidung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
a) Die Einwände bezüglich unzureichender Offenbarung seien nicht in der Einspruchsschrift geltend gemacht worden und seien nicht überzeugend.
b) Das Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren des erteilten Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber der Offenbarung in D1 und D3. Was D1 betreffe, impliziere die Angabe einer mittleren Teilchengröße von 50 mym, dass der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liege. Das Verfahren zur Olefinpolymerisation des erteilten Anspruchs 6 sei nicht neu gegenüber der Offenbarung in D1, D3 und D4.
c) Das Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren des Anspruchs 1 und das Verfahren zur Olefinpolymerisation des Anspruchs 5 gemäß dem ersten Hilfsantrag seien nicht neu gegenüber der Offenbarung in D3 und nicht erfinderisch gegenüber D1 als nächstliegendem Stand der Technik in Kombination mit der Offenbarung in D6, nach der es bekannt sei, Silicagel durch Behandeln mit organischen Lösungsmitteln zu trocknen.
d) Der zweite Hilfsantrag verstoße wegen der Änderungen in Anspruch 1 gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ. Das Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren des Anspruchs 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag sei nicht erfinderisch gegenüber D1 oder D3 als nächstliegendem Stand der Technik, weil es in die übliche Vorgehensweise des Fachmanns falle, das Fortschreiten des Prozesses zu überwachen, um die Zeitdauer zu bestimmen. Das Verfahren zur Olefinpolymerisation des Anspruchs 6 gemäß dem zweiten Hilfsantrag sei nicht neu gegenüber der Offenbarung in D1, D3 und D4, weil die hinzugefügten Merkmale des Herstellungsverfahrens keine Auswirkung auf den hergestellten Katalysator und dessen Verwendung hätten.
V. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin) legte gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Mit der Beschwerdebegründung reichte sie drei Anspruchssätze als ersten bis dritten Hilfsantrag ein. Alle Anspruchssätze enthielten (wie das erteilte Patent) zwei unabhängige Ansprüche betreffend ein Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren bzw. ein Verfahren zur Olefinpolymerisation in Gegenwart des hergestellten Katalysators. Mit Brief vom 19. August 2011 reichte die Beschwerdeführerin zwei Anspruchsätze mit jeweils 4 Ansprüchen als Hauptantrag und Hilfsantrag ein. Die zwei Anträge entsprachen dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten zweiten und dritten Hilfsantrag, wobei die Ansprüche betreffend ein Verfahren zur Olefinpolymerisation gestrichen waren, sodass sie einen einzigen unabhängigen Anspruch enthielten. Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag lautete wie folgt:
"1. Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren, bei dem man
a) in einen unter Drall stehenden Strom einer Mineralsäure längs sowie tangential zur Fliessrichtung des Stromes eine Lösung enthaltend Natrium oder Kaliumwasserglas einbringt und das dabei sich bildende Kieselsäurehydrosol in ein gasförmiges Medium tropfenförmig versprüht, das versprühte Hydrosol dann in dem gasförmigen Medium kugelförmig erstarren lässt und durch Waschen mit Wasser von anhaftenden Salzen befreit, wobei der Feststoffanteil, berechnet als Siliziumdioxid, im Bereich von 10 bis 30 Gew.-% liegt;
b) das kugelförmige Hydrosol danach mit einer organischen Flüssigkeit aus der Reihe der Alkohole mit 1 bis 4 C-Atomen so lange behandelt, bis mindestens 60% des in dem Hydrosol enthaltenen Wassers extrahiert ist;
c) dann das entwässerte und mit der alkoholischen Flüssigkeit behandelte Hydrogel bei Temperaturen von > 160ºC unter Anwendung eines inerten Schleppgases so lange getrocknet, bis der Restalkoholgehalt unter 10 Gew.-% liegt;
d) das so gewonnene Xerogel in einer Suspension mit einer Chromsalzlösung behandelt und anschließend, nach Entfernung des Lösungsmittels, in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre bei Temperaturen oberhalb 300 ºC calciniert, dadurch gekennzeichnet, dass das Silicagel vor dem Calcinieren und/oder der Katalysator nach dem Calcinieren so lange zerkleinert wird, bis eine mittlere Korngröße von < 100 mym erreicht ist, wobei der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liegt."
Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag enthielt zusätzlich die Spezifizierung "wobei alle Angaben zur Korngröße im Einklang mit der DIN 53477, Siebanalyse, bestimmt werden".
VI. Mit Brief vom 11. Mai 2009 reichte Patentanwalt Wolfang Wess, der bisher im Verfahren nicht aufgetreten war, eine Übertragungserklärung (Agreement of transfer of party status in proceedings before the European Patent Office) hinsichtlich des Übergangs der Einsprechendenstellung ein und erklärte, dass Ineos Silica Limited von PQ Silicas UK Limited übernommen worden sei. Gleichzeitig legte er eine Vollmacht von PQ Silicas UK Limited vor und beantragte den Übergang der Einsprechendenstellung. Mit Brief vom 8. Juni 2009 erklärte Herr Terry Instone (Vertreter von Ineos Silica Limited), dass die Vollmacht hinsichtlich des weiteren Vertreters irrtümlich ausgestellt worden sei und dass er weiterhin der Vertreter sein solle. Er reichte eine weitere Vollmacht ein, mit der PQ Silicas UK Limited ihn bevollmächtigte, sie zu vertreten. Mit Brief vom 7. Dezember 2009 beantragte Herr Instone, den Antrag auf Übertragung der Einsprechendenstellung nicht zu berücksichtigen und Ineos Silicas Limited mit ihm als Vertreter weiter als Einsprechende zu betrachten. Im Hinblick auf diese Vorkommnisse beantragte die Beschwerdeführerin mit Brief vom 7. Januar 2010, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, da nicht mehr zweifelfrei feststehe wer Einsprechende sei.
VII. In einer zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung dienenden Mitteilung war die Kammer der Auffassung, dass weiterhin Ineos Silicas Limited als Einsprechende und Beschwerdegegnerin anzusehen sei und dass an der Zulässigkeit des Einspruchs keine Zweifel bestünden. Weiterhin wurde unter anderem die Meinung der Kammer vertreten, dass der nächstliegende Stand der Technik für ein Verfahren zum Herstellen von Philipps-Katalysatoren ein Stand der Technik sein müsse, der ein solches Verfahren unmittelbar und eindeutig offenbare. In diesem Zusammenhang wurde auf die Dokumente D1, D3 und D6 verwiesen.
VIII. Eine mündliche Verhandlung fand am 20. September 2011 statt in der angekündigten Abwesenheit der Beschwerdeführerin.
IX. Die schriftlichen Argumente der Beschwerdeführerin, insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Zulässigkeit des Einspruchs
a) Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 habe ein angeblicher neuer Vertreter der Beschwerdegegnerin einen Wechsel der Einsprechenden beantragt und zugleich eine Vollmacht der neuen Einsprechenden für den neuen Vertreter eingereicht. Mit einem späteren Schreiben habe der alte Vertreter der alten Einsprechenden die Vollmacht der neuen Einsprechenden für die neuen Vertreter als Irrtum bezeichnet und eine Vollmacht der neuen Einsprechenden für den alten Vertreter eingereicht. Später sei vom alten Vertreter der Antrag gestellt worden, den Wechsel der Einsprechenden wieder rückgängig zu machen und den Einspruch von der neuen Einsprechenden auf die alte Einsprechende zurück zu übertragen. Im Hinblick auf die Rechtssprechung, gemäß der die Stellung als Einsprechende prinzipiell nicht rechtsgeschäftlich übertragbar sei und die Person des Einsprechenden am Ende der Einspruchsfrist in nicht mehr austauschbarer Weise feststehen müsse, sei der Einspruch als unzulässig zu verwerfen, weil es nicht zweifelfrei feststehe, wer die Einsprechende/Beschwerdegegnerin und wer ihr Vertreter sei.
Zulässigkeit der verspätet vorgebrachten Dokumente
b) Nur D1 und D2A-D2G seien binnen der Einspruchsfrist eingereicht worden. Alle andere Dokumente seien verspätet vorgelegt worden. Da sie nicht prima facie relevant seien, seien sie mit der Ausnahme von D6, das im Patent zitiert sei, nicht ins Verfahren zuzulassen.
Erfinderische Tätigkeit
c) D6 sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen, weil es viele Merkmale des beanspruchten Verfahrens offenbare. Das beanspruchte Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren unterscheide sich von dem in D6 offenbarten Verfahren dadurch, dass es einen Zerkleinerungsschritt vorsehe, bei dem eine mittlere Korngröße von < 100 mym erreicht werde, wobei der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liege. Die zu lösende Aufgabe sei darin zu sehen, ein Verfahren zum Herstellen eines Phillips-Katalysators zu entwickeln, der erhöhte Polyethylen-Feststoffgehalte innerhalb des Loop-Reaktors bei der Polymerisation von Ethylen erlaube, sodass auch die Produktivität gesteigert werden könne. Durch die Beispiele und Vergleichbeispiele im Patent sei gezeigt, dass die Aufgabe tatsächlich durch die mittlere Korngröße und die bestimmte Partikelverteilung gelöst sei. Die Lösung sei im verfügbaren Stand der Technik nicht zu finden. Insbesondere sei in D1 keine Lehre dahingehend zu finden, dass durch die Auswahl einer kleinen mittleren Korngröße die Produktivität gesteigert werden könne. Darüber hinaus sei in D1 der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym nicht gegeben und das Argument der Einspruchsabteilung, dass dieses Merkmal in D1 inhärent sei, basiere lediglich auf der Wahrscheinlichkeit, dass die Bedingung erfüllt sei. Zum Beispiel habe eine Partikelverteilung mit 1 g von Partikeln mit einer Korngröße von 26 mym, 2 g mit 37 mym, 3 g mit 53 mym, 4 g mit 74 mym und 5 g mit 105 mym eine mittlere Korngröße im Bereich gemäß Anspruch 1, aber ein Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym nur von 20%. Zudem sei D1 nicht relevant, weil es ein Titania enthaltendes Silicagel offenbare, das nicht gemäß Anspruch 1 sei, weil es keine Wasserextraktion mit Alkohol erwähne, wobei dieser erfindungsgemäße Schritt einen Einfluss auf die Katalysatorseigenschaften, insbesondere auf das Porenvolumen habe, und weil es keine Information über die Messmethode für die mittlere Korngröße gebe. In den anderen verfügbaren Entgegenhaltungen sei die vorgeschlagene Lösung der gestellten Aufgabe ebenfalls nicht zu finden. Daher sei die erfinderische Tätigkeit anzuerkennen.
d) Die Spezifizierung der Messmethode für die Korngröße in Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag mache den Unterschied von D6 und D1 noch klarer. Die für den Hauptantrag ausgeführte Analyse der erfinderischen Tätigkeit gelte erst recht für Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag.
Die Beschwerdeführerin trug keine von D1 ausgehenden Argumente über erfinderische Tätigkeit vor.
X. Die Argumente der Beschwerdegegnerin, insofern sie für diese Entscheidung relevant sind, können wie folgt zusammengefasst werden:
Zulässigkeit des Einspruchs
a) Das Patent sei durch die Einspruchsabteilung widerrufen worden. Sowohl bei der Einreichung des Einspruchs als auch bei der Verkündung der Widerrufentscheidung habe kein Zweifel bestanden, wer die Einsprechende und ihr Vertreter sei. Aus diesen Gründen sei der Einspruch zulässig.
In 2008 sei der Geschäftsbetrieb der Einsprechenden Ineos Silicas Limited an PQ Silicas UK Limited verkauft worden. Ineos Silicas Limited bestand aber als Rechtspersönlichkeit fort. In Anbetracht der strengen Bedingungen für den Übergang der Einsprechendenstellung im Verfahren vor dem EPA habe der Vertreter von Ineos Silicas Limited, PQ Silicas UK Limited empfohlen, keinen dahingehenden Antrag zu stellen. Der amerikanische Vertreter sei aber nicht informiert worden und habe eine deutsche Kanzlei beauftragt, eine Vollmacht für PQ Silicas UK Limited zusammen mit einem Antrag auf Übergang der Einsprechendenstellung einzureichen. Sobald der Vertreter von Ineos Silicas Limited darüber informiert worden sei, habe er eine Vollmacht, PQ Silicas UK Limited zu vertreten, eingereicht und den Antrag auf Übergang der Einsprechendenstellung zurückgezogen. Ineos Silicas Limited solle daher weiter als Einsprechende betrachtet werden. Es bestehe kein Zweifel, wer der Vertreter von Ineos Silicas Limited sei.
Zulässigkeit der verspätet vorgebrachten Dokumente
b) Alle verspätet vorgebrachten Dokumente seien zuzulassen, weil sie prima facie relevant seien und weil sie als Reaktion auf die von der Patentinhaberin während des Einspruchsverfahrens vorgebrachten Argumente anzusehen seien.
Erfinderische Tätigkeit
c) D1 könne als nächstliegender Stand der Technik angesehen werden, weil sich das in D1 beschriebene Produkt nicht von dem durch das beanspruchte Verfahren erzeugten Produkt unterscheide. Eine mittlere Korngröße von 50 mym sei in D1 explizit erwähnt und sie impliziere, dass der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liege. Die Beschwerdeführerin habe nicht bewiesen, dass die Partikelverteilung in D1 so asymmetrisch sei, dass diese Bedingung nicht erfüllt sei und die im Patent angegebene DIN-Norm sei nicht geeignet, um eine mittlere Korngröße zu bestimmen. Darüber hinaus schließe der Wortlaut des Anspruchs 1 nicht aus, dass das Silicagel auch andere Oxyde, wie z.B. Titania, enthalte. Das beanspruchte Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren unterscheide sich von dem in D1 offenbarten Verfahren durch die zur Gewinnung des Xerogels vorgesehenen Schritte, einschließlich Versprühung, Erstarrung, Waschen, Wasserextraktion und Trocknung. Da keine Beweise zur Verfügung stünden, dass durch diese Schritte irgendein Effekt auf das Produkt oder Vorteil bei dem Herstellungsverfahren erreicht werde, sei die zu lösende Aufgabe nur die Entwicklung eines alternativen Herstellungsverfahrens für das bekannte Produkt. Die vorgesehenen Schritte zur Gewinnung des Xerogels seien aus D6 bekannt, um ein Xerogel für die Herstellung von Phillips-Katalysatoren zu erzeugen. Ausgehend von D1 würde der Fachmann dann der Lehre von D6 folgen, um ein alternatives Herstellungsverfahren für das Produkt von D1 zu entwickeln, und damit das Verfahren des Anspruchs 1 ohne erfinderisches Zutun erhalten. Mangelnde erfinderische Tätigkeit könne auch ausgehend von D6 als nächstliegendem Stand der Technik bewiesen werden.
d) Das in Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag hinzugefügte Merkmal sei unklar, weil die DIN-Norm keine Methode zur Bestimmung der mittleren Korngröße betreffe. Auf jeden Fall gelte die für den Hauptantrag ausgeführte Analyse der erfinderischen Tätigkeit genauso für Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag.
XI. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hatte im schriftlichen Verfahren beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Basis der Ansprüche des Hauptantrags oder des Hilfsantrags eingereicht mit Schreiben vom 19. August 2011 aufrechtzuerhalten. Mit Schreiben vom 7. Januar 2010 hatte die Beschwerdeführerin beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen und der Beschwerde stattzugeben, weil nicht zweifelfrei feststehe, wer die Einsprechende/Beschwerdegegnerin und wer ihr Vertreter sei.
XII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Zulässigkeit des Einspruchs - Einsprechendenstellung
2. Die Einspruchsabteilung verwirft einen Einspruch als unzulässig, wenn sie feststellt, dass der Einspruch Artikel 99 (1) oder Regel 76 (2) c) EPÜ nicht entspricht oder das eingesprochene Patent nicht hinreichend bezeichnet ist, sofern die Mängel nicht bis zum Ablauf der Einspruchsfrist beseitigt worden sind (Regel 77 (1) EPÜ).
2.1 Im vorliegenden Fall waren die Bedingungen gemäß Regel 77 (1) EPÜ nie in Frage gestellt und es bestand nach der rechtzeitigen Einreichung des Einspruchs und während dem Einspruchsverfahren kein Zweifel, wer die Einsprechende und ihr Vertreter war. Die Tatsache, dass es im Laufe des Beschwerdeverfahrens zu Verwirrungen hinsichtlich der Einsprechenden kam, berührt lediglich die Frage, ob dem Antrag auf Übertragung der Einsprechendenstellung stattzugeben ist, aber nicht die Frage der ursprünglichen Identität der Einsprechenden. Der Einspruch ist somit zulässig.
2.2 Da dem Antrag der Beschwerdeführerin, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, nicht stattgegeben wird, gibt es keinen Grund, der Beschwerde stattzugeben, ohne zu prüfen, ob sie begründet ist. Vor dieser Prüfung bleibt nur festzustellen, wer die Einsprechende/Beschwerdegegnerin und wer ihr Vertreter ist.
2.3 Gemäß der Entscheidung G 2/04 (ABl. EPA 2005, 549) der Grossen Beschwerdekammer ist die Einsprechendenstellung nicht frei übertragbar. Sie kann aber als zum Geschäftsbetrieb des Einsprechenden gehörend zusammen mit jenem Bereich dieses Geschäftsbetriebes an einen Dritten übertragen oder abgetreten werden, auf den sich der Einspruch bezieht (G 4/88, ABl. EPA 1989, 468). Nach der gängigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern wird der Übergang der Einsprechendenstellung im Verfahren vor dem EPA erst dann wirksam, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wurde und hinreichende Beweise für den Rechtsübergang eingereicht wurden (siehe bspw. T 1137/97, Punkt 4).
2.4 Die mit Schreiben vom 11. Mai 2009 eingereichte Übertragungsvereinbarung ist kein ausreichender Nachweis für den Übergang des Geschäftsbetriebs auf PQ Silicas UK Limited, sondern enthält lediglich eine Behauptung, dass der Geschäftsbetrieb übergegangen sei, ohne die Kammer in die Lage zu versetzen dies nachzuvollziehen. Dementsprechend ist Ineos Silicas Limited weiterhin als Einsprechende und Beschwerdegegnerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren anzusehen und Herr Instone als ihr Vertreter.
Zulässigkeit der verspätet vorgebrachten Dokumente
3. In den Gründen der vorliegenden Entscheidung werden nur die Dokumente D1 und D6 in Betracht gezogen (siehe Punkt 4. unten), deren Zulässigkeit von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt wurde. Die Kammer braucht deshalb über die Zulässigkeit der weiteren Dokumente keine Stellung zu nehmen.
Erfinderische Tätigkeit
4. Hauptantrag
4.1 Das Patent betrifft ein Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren, bei dem ein Silicagel in einer Suspension mit einer Chromsalzlösung behandelt und anschließend, nach Entfernung des Lösungsmittels, in einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre bei Temperaturen oberhalb 300ºC calciniert wird (Paragraph [0001]).
4.2 D1 offenbart einen Katalysator auf einem porösen anorganischem Träger enthaltend 99.2 bis 83.3 Gew.-Teile Siliciumdioxid, 0.5 bis 10 Gew.-Teile Titan, 0.85 bis 1.15 Gew.-Teile Chrom (Anspruch 4). Der Träger wird hergestellt durch folgende Schritte: Herstellen eines Siliciumoxid-Titanoxid-Hydrocogels; Waschen des genannten Hydro-Cogels; Alterns des genannten Hydro-Cogels; Flashtrocknung des erhaltenen gealterten Hydro-Cogels (Anspruch 5); Mahlen und Sieben des flashgetrockneten Cogels, so dass eine mittlere Teilchengröße von 50 bis 110 mym erhalten wird (Anspruch 6). Der Katalysator wird hergestellt durch Imprägnierung des Cogels mit Chromacetat, rasche Trocknung zur Entfernung von Wasser und Behandlung bei 700ºC mit Luft (Spalte 4, Zeilen 53 - Spalte 5, Zeile 21). Die Herstellung des Hydro-Cogels erfolgt durch Vermischung einer Titan enthaltenden Schwefelsäurelösung mit einer Lösung von Natriumsilicat unter Verwendung eines Mischers mit hoher Scherung (Spalte 4, Zeilen 11 bis 23).
4.3 Es wurde nicht bestritten, dass der in D1 erhaltene Katalysator ein Phillips-Katalysator ist, auch wenn diese Bezeichnung in D1 nicht explizit verwendet wird.
4.4 Entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin wird vom Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht ausgeschlossen, dass das Silicagel andere Bestandteile, wie z.B. Titan enthält, sodass die Anwesendheit von Titan im gemäß D1 behandelten Silicagel keinen Unterschied darstellt.
4.5 Das Mahlen und Sieben des flashgetrockneten Cogels, bis eine mittlere Teilchengröße von 50 bis 110 mym erhalten wird, gemäß D1 (Anspruch 6) entspricht der Offenbarung eines Zerkleinerungsschritts, bis eine mittlere Korngröße von < 100 mym erreicht wird. Darüber hinaus wird durch die explizite Offenbarung einer mittleren Teilchengröße von 50 mym auch die Bedingung, gemäß der der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liegt, implizit offenbart.
4.5.1 Die mittlere Teilchengröße verteilt die Teilchen in üblichen Fällen in zwei Gruppen, wobei ungefähr 50% der Teilchen unterhalb der mittleren Teilchengröße und ungefähr 50% oberhalb dieser liegen. Auch für asymmetrische Teilchengrößenverteilungen ist es nicht vorstellbar, dass der Partikelanteil unterhalb der mittleren Teilchengröße weniger als 30% oder mehr als 80% darstellt. Das ist auch durch das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Beispiel bestätigt, weil sogar für diese extrem asymmetrische Verteilung (1 g von Partikeln mit einer Korngröße von 26 mym, 2 g mit 37 mym, 3 g mit 53 mym, 4 g mit 74 mym und 5 g mit 105 mym) der Partikelanteil unterhalb der mittleren Teilchengröße (72 mym) im angegeben Bereich (40% der Partikel) liegt.
4.5.2 Bei der in D1 offenbarten mittleren Korngröße von 50 mym, ist dann die Tatsache, dass der Partikelanteil mit einer Korngröße von < 50 mym im Bereich von 30 bis 80% liegt, nicht nur hochwahrscheinlich, sondern sie hat einen Grad an Gewissheit, der jenseits vernünftiger Zweifel liegt.
4.6 D1 offenbart daher ein Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren einschließlich Gewinnung eines Xerogels, Behandlung mit einer Chromsalzlösung und Calcinierung, das zusätzlich die kennzeichnenden Merkmale des beanspruchten Verfahrens enthält, und ist aus diesen Gründen als nächstliegender Stand der Technik anzusehen.
4.7 Das Verfahren des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich vom in D1 offenbarten Verfahren durch die vorgesehenen Schritte für die Produktion des getrockneten Gels und zwar dass "man in einen unter Drall stehenden Strom einer Mineralsäure längs sowie tangential zur Fliessrichtung des Stromes eine Lösung enthaltend Natrium oder Kaliumwasserglas einbringt und das dabei sich bildende Kieselsäurehydrosol in ein gasförmiges Medium tropfenförmig versprüht, das versprühte Hydrosol dann in dem gasförmigen Medium kugelförmig erstarren lässt und durch Waschen mit Wasser von anhaftenden Salzen befreit, wobei der Feststoffanteil, berechnet als Siliziumdioxid, im Bereich von 10 bis 30 Gew.-% liegt; das kugelförmige Hydrosol danach mit einer organischen Flüssigkeit aus der Reihe der Alkohole mit 1 bis 4 C-Atomen so lange behandelt, bis mindestens 60% des in dem Hydrosol enthaltenen Wassers extrahiert ist; dann das entwässerte und mit der alkoholischen Flüssigkeit behandelte Hydrogel bei Temperaturen von > 160ºC unter Anwendung eines inerten Schleppgases so lange getrocknet, bis der Restalkoholgehalt unter 10 Gew.-% liegt".
4.8 Die im Patent gestellte Aufgabe "ein neues Verfahren anzugeben, mit dem sich Phillips-Katalysatoren herstellen lassen, die die Produktivität der Polymerisation von Ethylen im Loop-Fällungs-Verfahren noch weiter steigern und insbesondere erhöhte Polyethylen-Feststoffgehalte innerhalb des Polymerisationsreaktors erlauben" (Absatz [0006]) wird patentgemäß durch die Auswahl der mittleren Teilchengröße und des Partikelanteils unterhalb 50 mym gelöst (Absatz [0007]). Diese Merkmale sind aber in D1 schon enthalten.
4.9 Die Beschwerdeführerin behauptete zwar, dass die Wasserextraktion mit Alkohol einen Einfluss auf die Katalysatorseigenschaften, insbesondere auf das Porenvolumen habe; das wurde aber nicht bewiesen. In der Abwesendheit entsprechender Beweise kann es nicht anerkannt werden, dass ein Effekt durch die spezifischen Schritten für die Herstellung des getrockneten Gels, einschließlich Wasserextraktion mit einem Alkohol und Trocknung unter Anwendung eines inerten Schleppgases, erreicht wird.
4.10 Die gelöste Aufgabe kann deshalb nur darin angesehen werden, ein weiteres Verfahren zum Herstellen von Phillips-Katalysatoren bereitzustellen.
4.11 D6 betrifft die Herstellung von Phillips-Katalysatoren, einschließlich Gewinnung eines Xerogels, Behandlung mit einer Chromsalzlösung und Calcinierung (Seite 3, Zeile 1 bis Seite 4, Zeile 9) und gehört daher demselben Gebiet wie das Streitpatent und D1.
4.11.1 In D6 wird das Xerogel dadurch erhalten, dass man von einem 10 bis 25 Gewichtsprozent Feststoff (berechnet als Siliziumdioxid) enthaltenden Kieselsäure-Hydrogel ausgeht, das weitgehend kugelförmig ist und erhalten wird, indem man in einen unter Drall stehenden Strom einer wässrigen Mineralsäure längs sowie tangential zum Strom eine Natrium- bzw. Kaliumwasserglaslösung einbringt, das dabei entstehende Kieselsäure-Hydrosol in ein gasförmiges Medium tropfenförmig versprüht, das versprühte Hydrosol dann in dem gasförmigen Medium zum Hydrogel erstarren lässt, das so erhaltene weitgehend kugelförmig Hydrogel ohne vorherige Alterung durch Waschen von Salzen befreit (Anspruch 1, Schritt (1.1) mit den Unterschritten (A), (B), (C) und (D)). Danach wird aus diesem Hydrogel mittels einer organischen Flüssigkeit aus der Reihe der C1- bis C4-Alkanole und/oder C3- bis C5-Alkanone mindestens 60% des in dem Hydrogel enthaltenen Wassers extrahiert und das dabei erhaltene entwässerte, mit der organischen Flüssigkeit behandelte Gel wird so lange getrocknet, bis bei 180ºC unter Vakuum von 10 Torr während 30 Minuten kein Gewichtsverlust mehr auftritt, sodass ein Xerogel gebildet wird (Anspruch 1, Schritte (1.2) und (1.3)). Die Trocknung erfolgt in üblichen Trocknungsvorrichtungen, bevorzugt bei Produkttemperaturen von 30º bis 140ºC, durch strömende Schleppgase (Absatz zwischen Seite 8 und Seite 9).
4.12 Die Gewinnung des Xerogels gemäß D6 entspricht daher fast wortwörtlich der Herstellung des Xerogels gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags. Der Fachmann, ausgehend von D1 und auf der Suche nach einem weiteren Herstellungsverfahren von Phillips-Katalysatoren, würde die Lehre von D6, was die Gewinnung des Xerogels betrifft, in Betracht ziehen und durch die Kombination des Verfahrens von D1 mit der Xerogelsgewinnung von D6 zum Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags ohne erfinderischen Tätigkeit gelangen. Auch die bestimmte Bedingungen bei der Trocknung gemäß Anspruch 1, die in D6 nicht explizit offenbarten werden (Temperaturen von > 160ºC und Trocknung, bis der Restalkoholgehalt unter 10 Gew.-% liegt) liegen unter den üblichen dem Fachmann bekannten Verfahrensbedingungen, die er ohne erfinderisches Zutun auswählen würde.
4.13 Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
5. Hilfsantrag
5.1 Anspruch 1 gemäß dem Hilfsantrag unterscheidet sich von Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag nur dadurch, dass es spezifiziert wird, dass "alle Angaben zur Korngröße im Einklang mit der DIN 53477, Siebanalyse, bestimmt werden". Die Beschwerdeführerin hat weder diese DIN-Norm erläutert, noch bewiesen, dass durch diese Norm eine Messmethode definiert wird, deren Ergebnisse sich von den durch andere auf dem Gebiet üblichen Methoden erhaltenen Werten wesentlich unterscheiden können. Unter diesen Umständen kann es nicht anerkannt werden, dass durch das zusätzliche Merkmal ein weiterer Unterschied gegenüber der Offenbarung von D1 erhalten wird, sodass das Verfahren des Anspruchs 1 gemäß dem Hilfsantrag aus den für den Hauptantrag ausgeführten Gründen (Punkte 4.1 bis 4.13, oben) nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.